Mit der Digitalfotografie ist eine neue Kunstform entstanden: das Composing. Dabei kann mit einfachen Hilfsmitteln aus verschiedenen Bildelemente ein neues, eigenständiges Kunstwerk gestaltet werden. Aber nicht die Hilfsmittel sind entscheidend, sondern die Idee und das Können, wie das Composing «Pigeons Tree» von Oliver M. Strate zeigt.
Bei einer Radtour auf dem Radweg R36 zwischen Dausenau und Nassau ist dieser Schnappschuss mit einem Weitwinkelobjektiv (10-22mm) entstanden. Beim Anblick des Baumes habe ich eine Hand assoziiert, und mich gefragt wie es wohl ausschauen würde, wenn man Finger in das Bild montieren würde.
Gesagt getan. Zuhause angekommen habe ich das Foto im Raw-Konverter entwickelt und nacheinander die Finger einer Hand eingebaut. Dazu musste freilich noch meine linke Hand fotografiert werden.
Alle Finger sind nun freigestellt, mit einer Gradationskurve der Lichtsituation angepasst, und ansatzweise mit dem Baum verschmolzen.
Mit dem Abwedler und dem Nachbelichter mussten in stundenlanger Arbeit die Bildelemente verschmolzen werden. Auch wurden die Kontraste weiter verstärkt um dem Bild einen phantastischen Look zu verleihen.
Erstmals sehen wir hier eine Taube, die auf dem Daumen Platz nimmt. Wichtig für das Bild ist der Grösseneindruck des Vogels: Im Vergleich zu einem Baum ist die Taube riesengross. Sieht man sie propotional zu einer Menschenhand, scheint sie kaum zehn Zentimeter gross zu sein. In diesem Bild wurden ebenfalls die im Schwarz untergegangenen Bildbereiche mit zusätzlichen Strukturen überlagert. Es kamen circa ein Dutzend weiterer Bilder (zumeist Fotos von Baumrinde) zum Einsatz.
Nach Überlagerung meiner Lieblingsfarbe ist das Bild schon so gut wie fertig. Was noch fehlt sind Mikrokonstraste im vorderen Bildgeschehen. Die wesentlichen Bildelemente sind bei genauerer Betrachtung noch etwas flau.
Der letzte Schritt bestand aus dem Herausarbeiten der gerade erwähnten Mikrokontraste; Schwerpunktmässig im Bereich der Hand und des Vogels. Alle anderen Bereiche wurden in diesem letzten Schritt vernachlässigt. Die Eisenbahngleise wurden bewusst in Bild gelassen. Zum einen lassen sie dem Betrachter die Möglichkeit unbewusste Grössenvergleiche anzustellen, zum anderen bieten sie einen orthogonalen Strich entgegen der senkrechten Äste und Baumstämme.
Oliver M. Strate befasst sich seit einigen Jahren intensiv mit digitaler Fotografie und Bildretusche. Zu seinem persönlichen Stil gehören surreal anmutende Naturaufnahmen die zumeist monochrom entwickelt werden. Weitere Arbeiten von Oliver M: Strate finden Sie in seiner Flickr-Galerie und auf Twinsearcher. |