Urs Tillmanns, 11. Dezember 2011, 07:00 Uhr

Polaroid ist wieder da

Die neue digitale Sofortbildkamera Z340 kommt rechtzeitig zur Weihnachtszeit. Die Bilder lassen sich digital speichern und jederzeit und in beliebiger Anzahl ausdrucken. Wenn Polaroid vor ein paar Jahren ein solches Modell gebracht hätte, hätte das Polaroid Sofortbild wahrscheinlich überlebt …

Wahrscheinlich hat der Erfolg von Impossible die Manager der amerikanischen (Handels-) Firma Polaroid dazu bewogen, wieder eine Sofortbildkamera auf den Markt zu bringen. Diesmal eine digitale, mit der die Bilder auf einer SD-Karte oder intern gespeichert und bei Bedarf mit dem integrierten Drucker geprintet werden können.

Das hat gegenüber den früheren Polaroid-Kameras den Vorteil, dass ich jederzeit gespeicherte Bilder ausdrucken kann, und dazu so viele von einem Bild wie ich will. Damit kann man mehr Freude gewinnen – doch hat das Sofortbild damit auch seinen unikaten Wert eingebüsst. Und ob man damit wirklich mehr Freunde gewinnen kann? Naja, wenn ich mir die Farbqualität der Bilder ansehe, bin ich mir da nicht so sicher … aber dazu später.

Gute Kameratechnik

Die technischen Möglichkeiten der Polaroid Z340 (die Bezeichnung kommt von Z für ZINK und 340 für das Format 3 x 4 Zoll) entsprechen denjenigen einer modernen Digitalkamera, wobei auf ein optisches Zoom verzichtet wurde und der Zoomeffekt digital und mit dem entsprechenden Auflösungsverlust bewerkstelligt wird. Dennoch bietet das Bedienungsmenü einiges an Besonderheiten:

• Die Kamera besitzt einen internen Bildspeicher von 30 Megabyte. Mit einer Kopierfunktion können die Bilder aus dem internen Speicher auf die Speicherkarte verschoben werden, falls man vergessen hat, diese einschieben oder keine Speicherkarte verfügbar hat.

• Es gibt vier verschiedene Betriebsarten: Fotoaufnahmen, Videoaufnahmen, Betrachten und Ausdrucken. Zudem können auch Sprachnotizen aufgenommen werden.

• Die Kamera bietet verschiedene Motivprogramm: Porträt, Landschaft, Sonnenuntergang, Gegenlicht, Kinder, Nachtszene, Lomo-Effekt, Feuerwerk, Schnee, Sport, Party, Kerzenlicht, Nachtszenenporträt, weiche Hauttöne, fliessendes Wasser, Lebensmittel, Gebäude, Text, Laub, Auktion (Bildkomposition), Vorlagegestaltung, Romantikporträt, Selbstporträt, D-Lighting, Fischaugen-Effekt, Sprachaufnahme sowie Lächeln- und Blinzelnerkennung. Mit dem Auktions-Programm können eine, zwei, drei oder vier Aufnahmen kameraintern zu einem Bild zusammenmontiert werden.

• Weiter verfügt die Kamera über automatischen oder manuellen Weissabgleich, sowie über automatische oder manuelle ISO-Einstellung von 100 bis 6400. Über ISO 800 zeigen die Bilder ein starkes Rauschen und bei 3200 und 6400 starke Farbabweichungen.

• Es sind verschiedene Farbmodi wählbar, die dem früheren Polaroid-Material angeglichen sind: Normal, Farbe 1 (ähnlich Polaroid SX70), Farbe 2 (ähnlich Polaroid Trennbildfime), Schwarzweiss 1 (hoher Kontrast), Schwarzweiss 2 (ähnlich Polaroid Typ 55), Sepia und Schwarzweiss-Negativ.

Details der Polaroid Z340: Aufklappbares 2,7″-Display, Einschub für die Speicherkarte und Anschlüsse sowie Akkufach

• Es gibt eine Belichtungsreihen-Funktion, mit der drei unterschiedliche Belichtungen nacheinander vorgenommen werden.

• Videoaufnahmen können in verschiedenen Qualitäten aufgenommen werden: HDTV (1280×720), 640×480, 320×240 und Web-Qualität. Zudem gibt es die Funktion «Voraufnahme», bei der die letzten drei Sekunden vor der Auslösung mit aufgezeichnet werden.

• Die Bilder können einzeln, gezoomt, in neun Miniaturbildern oder als Diaschau betrachtet werden. Zudem lasen sich rote Augen in der Kamera korrigieren und es können zu den Bilder Sprachnotizen aufgezeichnet werden. Auch ist es möglich nachträglich Bildausschnitte festzulegen.

• Es ist möglich den Bildern verschiedene (eher kitschige) Rahmen hinzuzufügen, darunter auch der klassische Polaroid-Rahmen mit dem weissen Sockel. Hommage an Polaroid … Eine persönliche Note kann man den Bildern verpassen, indem man eigene Rahmen in einem Bildbearbeitungsprogramm gestaltet. Diese werden als BMP-Datei abspeichert und über die Speicherkarte in die Kamera hochgeladen. (Beachten Sie hierzu die Bedienungsanleitung auf der CD, pdf-Seite 55).

• Die Kamera kann über ein USB-Kabel mit einem Computer verbunden werden, oder die Bilder werden mit einem Druckerkabel auf einem externen PictBridge Drucker ausgedruckt.

Das ZINK Printmedium muss mit dem blauen Schutzblatt nach unten in die Kamera eingelegt werden. Der Barcode kalibriert den Drucker

 

Objektiv gesehen

Das Objektiv ist eine Festbrennweite 1:3,5/7,5 mm, die etwa 45 mm bei Kleinbild entspricht. Mit dem fünffachen Digitalzoom wird daraus ein 45-225 mm, was die Weitwinkelfans nicht gerade vom Hocker reisst. Digitalzooms haben leider generell den Nachteil, dass mit dem Zoomeffekt die Auflösung reduziert wird und die Bilder körnig werden. Zudem fehlt für 225 mm Telebrennweite ein Bildstabilisator – auch wenn man die Kamera mit ihrer ergonomischen Form gut in den Händen hält.

Fotografiert man mit der extremen Telebrennweite, so stellt man fest, dass das Sucherbild nach dem automatischen Fokussieren unscharf erscheint. Doch keine Panik: Das Digitalbild ist wesentlich schärfer. Weshalb? – keine Ahung … Ich habe diesen Effekt noch bei keiner anderen Kamera festgestellt.

Übersichtliche und ergonomische Anordnung der Bedienelemente

Auch die Anordnung der Bedienungselemente, mit der Zoomeinstellung für die linke und der Auslösung für die rechte Hand ist sehr benutzerfreundlich. Der ausklappbare 2,7-Zoll Monitor gibt zwei verschiedene Kamerahaltungen vor: Einmal mit ausgeklapptem Monitor und der Kamerahaltung durch die Handschlaufe für Bilder aus Augenhöhe, oder mit versenktem Monitor mit 90-Grad-Einblick aus Hüfthöhe. Letzteres ist praktisch, um unbemerkt zu fotografieren und erinnert etwas an die analogen Rollei- und Hasselblad-Zeiten.

Unbemerkt fotografieren ist allerdings nicht ganz so einfach, denn die Kamera fällt erstens wegen ihrer ungewöhnlichen Form auf, die an die Zeit der «echten» Polaroid-Kameras erinnert, und zweitens wegen ihrer Grösse, denn im Vergleich zu den heute üblichen digitalen Kompaktkameras wirkt die Polaroid Z340 massig und klobig.

Der erste Punkt ist dabei augenfälliger. Die Kamera fällt auf, vielleicht auch deswegen, weil sie zur Zeit erst sehr spärlich im Handel zu finden ist. Auf der Strasse wurden wir jedenfalls verschiedentlich auf die Kamera angesprochen, so à la «ach, gibt es die wieder …».

Das ZINK-Bild (rechts) der Polaroid Z340 ist sogar noch ein paar Millimeter grösser als das Polaroid 600-Bild (links)

 

Gute Bilder – sofern sie Lila mögen

Sofortbild setzt voraus, dass die Kamera mit einer Bildausgabe versehen ist – und das macht sie zwangsläufig gross und klobig. Das war schon bei den Polaroid SX- und 600er-Modellen so, und das ist auch bei der Z340 kein wirklicher Nachteil. Auch dass es bis zu einer Minute dauert, bis das Farbbild die Kamera verlässt, ist kein Problem. Das ist immer noch «sofort», wenn man danach ein fertiges Farbbild in den Händen hält. Und bei den Polaroid-Sofortbildern dauerte es ja mehrere Minuten, bis die Farben endlich ausentwickelt waren. Auch die Bildgrösse ist mit randlosen 7,5 x 10 cm aktzeptabel. Erinnerungsmässig scheinen sie kleiner als die Polaroid-Bilder, doch wenn man den damaligen weissen Rand wegdenkt, der notwendig war, um die Prozesschemie unterzubringen, so sind sie sogar noch einige Millimeter grösser als die 600er-Bildchen.

Was hingegen Geschmacksache ist – um es gelinde auszudrücken – sind die Farben. Polaroid hat «ZINK» als Partner ausgewählt. ZINK steht für das unabhängige Unternehmen ZINK Imaging Inc. Diese ist auf Farbchemie spezialisiert und brachte vor rund zwei Jahren das tintenlose Verfahren «Zero Ink» auf den Markt. Leitgedanke war, Fotos von Digitalkameras und Handys jederzeit abfalllos ausdrucken zu können.

Bildergebnisse im Vergleich
(links Digitalbild, rechts ZINK-Ausdruck)

Abendstimmung am Rheinfall – aber nicht auf dem lilafarbenen ZINK-Bild

Die Ausschnitte unten machen es deutlich: Die ZINK-Prints sind unscharf

Bei ZINK handelt es sich um ein Thermoverfahren: Im Papier sind unter einer Polymer-Schutzschicht in drei Schichten Cyan, Magenta- und Yellow-Farbstoffe eingelagert, die beim Ausdrucken durch Wärme aktiviert werden. Vorteil: Das Bild ist trocken, fertig und sogar spritzwasserfest, wenn es aus der Kamera kommt. Und es verbraucht keine Tinte und verursacht kaum Abfall. Nachteil: Die Farbqualität entspricht nicht dem heutigen Stand der Technik – und darum hatte sich das Verfahren schon vor zwei Jahren nicht am Markt durchsetzen können.

Die Farbcharakteristik des Materials weist zudem sehr grosse Abweichungen auf. In jeder 10er-Packung Papier ist ein blaues Deckblatt mit Barcodes enthalten, welches beim Einschub in die Kamera nach unten gerichtet sein muss, damit der der Drucker für das Material kalibriert kann. Leider haben wir festgestellt, dass trotzdem die Farbwiedergabe nicht nur von Packung zu Packung geringfügig abweicht, sondern sogar innerhalb einer 10er-Einheit. Zudem kommt es vor, dass mit dem blauen Kalibrationsblatt auch gleich das erste Fotopapier unbedruckt herauskommt oder dass versehentlich ein leeres Blatt statt eines Farbbildes die Kamera verlässt. Weisse Blätter sind jedoch nicht verloren, sondern sie können erneut in den Papierschacht eingelegt und nochmals verwendet werden.

Seit den ersten ZINK-Bildchen ist viel Zeit ist vergangen, aber deswegen sind die ZINK-Bilder nicht besser geworden. Auch nicht im Format 7,5×10 cm und in der neuen Polaroid-Kamera. Leider. Sie haben einen Rot-Lila-Stich und tendieren in den Schatten zu Blau. Und dies bei Tageslicht, bei Kunstlicht, bei Blitzlicht – einfach immer. Zudem sind die Bilder unscharf – aber das waren die Polaroid-Bilder auch schon, nur merkte dies kaum jemand, weil die Bilder kaum vergrössert oder beim Digitalisieren verbessert wurden.

Polaroid GL10 Instant Printer

Die Printereinheit der Z340 gibt es auch als eigenständiges Produkt, dem Polaroid GL10. Er ist als mobiler Drucker gedacht, mit dem unterwegs 7,5 x10 cm grosse ZINK-Bilder ausgedruckt werden können. Gleiches Material – gleiche Qualität. Die Bilddaten können via Bluetooth von einem Handy oder über ein USB-Kabel aus einer Digitalkamera sowie aus einem Computer (Windows oder Mac) kommen. Das Gerät wiegt 420 g und kostet CHF 179.–. Weitere Informationen finden Sie hier.

 

Fazit

Abgesehen davon, dass die Polaroid Z340 nur mit einem Digital- und nicht mit einem optischen Zoom ausgerüstet ist, macht sie einen guten Eindruck und bietet viele interessante Features. Auch die Digitaldaten, die aus dem 14 Mpix-Sensor kommen, entsprechen der üblichen Qualität von Kompaktkameras der Mittelklasse. Allerdings sollte man die oberen Empfindlichkeiten von ISO 1600, 3200 und 6400 nicht benutzen. Die Idee, sofort Papierprints über einen Thermodrucker anfertigen zu können, ist faszinierend und schliesst an die einstige Polaroid-Philosophie an, mit dem Vorteil, dass pro Aufnahme mehrere Prints hergestellt werden können und dies von den gespeicherten Daten auch nachträglich möglich ist. Was dem Produkt nachteilig anhaftet, ist die unrealistische Farbwiedergabe mit einer starken Rot-Lila-Dominante. Die Bildqualität wird letztlich über Erfolg oder Misserfolg der Kamera entscheiden, zumal der Preis von CHF 349.– auf eine anspruchsvolle Käuferschaft abzielt.

Urs Tillmanns

 

Die Preise

Polaroid Z340 Digitale Sofortbildkamera CHF 349.–
Polaroid GL10 Instant-Printer CHF 179.–
Polaroid Zink Papier 3×4″ 30 Blatt CHF 24.–

 

Weitere Informationen finden Sie hier, die technischen Daten gibt es hier als Download.

 

Polaroid Produkte werden in der Schweiz vertrieben durch
Engelberger AG Wahl Trading AG
CH-6362 Stansstad FL-9493 Mauren
Tel. 041 619 70 70 Tel. 00423 377 17 27

 

8 Kommentare zu “Polaroid ist wieder da”

  1. Die Drucktechnik wurde 1998? an der Photokina unter dem Namen Cycolor gezeigt. Hahe noch das Dtenblatt. Externer Drucker sowie Fotolabor-Express-Drucker. Das damalige Presse-Bild-Beispiel ist nach kurzer Zeit verblasst, vermutlich weil es nicht randversiegelt schien. Hoffen wir Besseres für Zink. Ich hab noch irgendwo ein Stereo-Doppelbild vom Stand, gedruckt auf dem portablen Printer. Meines Wissen kam die Technik nie auf den Markt. Hab eine andere Erinnerung an die Schärfe. Details schienen ganz scharf.

  2. Schärfe der Cycolor-Technik ist noch da, aber die beiden Bilder, evtl. weil zerschnitten, sind total entfärbt rsp nur noch monochrom. Details sensationell scharf. Hochglanz-oberfläche.
    Wurde nicht bei den Po Go-Produkten (Kamera, separater Drucker) auch Zink eingesetzt? Von daher habe ich unterschiedliche Kritiken gehört. Ich vermute es lag an Emulsionsschwankungen.

  3. Unscharf und unnatürliche Farben vermeiden heisst Fuji Sofortbild Kameras kaufen und benutzen. Fuji hat auch 600er packfilme Farbe und SW. Polaroid izone(24x36mm) ist derselbe Schrott. Emulsionsschwankungen oder unstabile Emulsion. Gibts den Film noch? Hab den mal in der SRL belichtet(mühsame Sache) und in der izone entwickelt. Gestochen scharf.

  4. Ich vermute das die Kamera vor Gebrauch NICHT mit dem blauen Papier kalibriert wurde. Das ist unbedingt notwendig! Ich hatte das selbe Problem aber nachdem ich die Kamera kalibriert hatte war alles in Ordnung. Ich galube da muss der Tester der Redaktion nochmals ran.

    1. @Michael:
      Die Kalibrierung läuft automatisch nach dem Einlegen des Papiers ab. Zudem trat der Farbstich praktisch identisch bei mehreren Papierpackungen auf.

  5. Hoffen wir auf Besserung. Portraits dürfen ruhig etwas unscharf sein. Probiere bald ein alte Bigshot-Portrait-Polaroid aus für Packfilm. Die „andi-wahrhol“-Kamera hat eine lange Optik um 200mm und kleine Blende. Die Blitz- Bilder sind etwas weich.

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