Urs Tillmanns, 4. März 2012, 07:00 Uhr

Business Forum Imaging Cologne: Trends und Innovationen

Am 29.Februar und 1. März 2012 fand in Köln das Business Forum Imaging Cologne statt, eine alljährliche Standortbestimmung der Fotoindustrie und des Fotohandels. Auch dieses Jahr standen eine Reihe hoch interessanter und zeitgemässer Referate im Programm, aus denen wir hier einige Highlights zusammenfassen.

Thomas Blömer (CAT-Verlag), der zusammen mit Don Franz (Photo Imaging News) den jährlich stattfindenden Anlass ins Leben gerufen hat, ging in seiner Begrüssung auf einige interessante und aktuelle Fakten ein: Nokia habe vor zwei Tagen am Mobile World Congress 2012 in Barcelona das Handy 808 Pureview vorgestellt, das eine Auflösung von 41Megapixel bieten soll – das ist mehr als jede Konsumerkamera. Apple habe im vierten Quartal weltweit 37 Millionen iPhones verkauft, Facebook habe 845 Millionen aktive User, von denen 438 Millionen diese Kommunikationsplattform täglich nutzen und rund 250 Millionen Bilder uploaden würden – täglich, wohl verstanden.

Mit diesen beeindruckenden Zahlen war das rund 200 Teilnehmenden bestehende Auditorium bereits thematisch eingestimmt, denn Smartphones, soziale Netzwerke und drahtlose Datenübertragung sollten zu den wichtigen Themen der angesagten Vorträge gehören.

 

WVIL – Ein Konzept für die Zukunft der Fotografie

Der Eröffnungsvortrag von Olen Ronning (Senior Designer, Artefact, Seattle) war gleich schon der erste Höhepunkt. Das Designerstudio Artefact in Seattle hatte sich mit einer neuartigen Kamera befasst, die sich nicht von ihrem Aussehen her von allem Bisherigen absetzte, sondern auch bezüglich ihrer Funktionen.

Die «WVIL» (Wireless Viewfinder Interchangeable Lens) besteht grundsätzlich aus drei Teilen: Einem Objektiv, das mit dem Bildsensor fest verbunden ist und die Fähigkeit hat, über WiFi mit dem in einem Gehäuserahmen untergebrachten Smartphone zu kommunizieren.

Der Gehäuserahmen verbessert die Haltung der Kamera, ist mit einem Auslöser versehen und nimmt das Smartphone oder iPhone auf, das von Hause aus schon alle wichtigen Funktionen zur Bildspeicherung und Bildübermittlung mitbringt. Spiegelreflexkameras seien zu gross und zu kompliziert in der Bedienung, Smartphones würden eine zu schlechte Bildqualität aufweisen, bemerkte Olen Ronning, und die Wvil würde genau dazwischen liegen und beste optische Qualität mit den bekannten Eigenschaften des Smartphone verbinden.

Das einzigartige Konzept eröffnet völlig neue Möglichkeiten und basiert auf einer offenen Software-Plattform, so dass die Kamera jederzeit mit Apps an neue Anforderungen angepasst werden kann. WVIL ist ein Konzept, das einfache Bedienung und die Stärken moderner mobiler Geräte mit bester Bildqualität und Flexibilität verbindet. Ob dualer Stereo 3D Sensor, das Ultra-Weitwinkel-Panorama- oder 360° Party-Cam Objektiv – mit WVIL ist alles möglich. Ob und wann daraus ein käufliches Produkt entsteht, ist zur Zeit noch unbestimmt. Zwar wären Artefact mit den wichtigen Kameramarken im Gespräch, erklärte Olen Ronning, doch hätten diese ihre eigenen Designer und zeigten kaum grosses Interesse für fremde Inputs …

 

Welches sind die Verkaufstrends des letzten Jahres?

Die Ausführungen von Marion Knoche (Global Director, Imaging and Stationary, GfK Retail and Technology) und ihrer amerikanischen Kollegin Liz Cutting (Executive Director, Imaging Sector Consumer Technology, The NPD Group) sind traditionell fester Bestandteil dieser Veranstaltung und werden von den Zuhörern immer mit grossem Interesse erwartet.

Während der Weltmakt der Digitalkameras 2010 noch 12% zulegte, ging er 2011 um -3% zurück. Stückmässig büsste Amerika -4% ein, Europa hingegen konnte noch um 2% steigern

Dass das Jahr 2011 keine brillanten Zahlen vorweisen könne, war auf Grund der Naturkatastrophenin Japan und Thailand sowie der dadurch bedingten fehlenden Neuheiten im zweiten Halbjahr zu erwarten. So erstaunt es nicht, dass die einzigen positiven Bereiche bei den Smartphones (+25%), bei den Wechselobjektiven (+18%) und bei den spiegellosen Systemkameras (+76, aber auf sehr tiefem Niveau) liegen. Spiegelreflexkameras haben volumenmässig weltweit noch um 1% zugelegt, während die Kompaktkameras um -1% und die Camcorder sogar um -13% rückläufig waren. In Europa sei dieser Trend bei den Kameras ohne Wechselobjektive noch stärker, was einerseits auf eine gewisse Marktsättigung, mangende Neuheiten und den Erfolg der Smartphones zurückzuführen sei. Der Markt brauche bessere und attraktivere Kompaktkameras, die beispielsweise mit WiFi und GPS ausgerüstet sein müssten, damit getaggte Bilder von überall über ein Netzwerk verschickt werden könnten, so MarionKnoche. China sei diesbezüglich fortschrittlicher als Europa und die USA, da bereits 20% der Kameras mit WiFGi ausgestattet wären.

Übrigens ist interessant, dass China weltweit den höchsten Durchschnittspreis von 240 US-Dollar pro Kamera aufweist. Weltweit ging das Volumen der Digitalkameras um -3% zurück (Europa +2%, Amerika -12%, Japan -9%, China -5% und Rest +7%). Anders sieht es bei den Smart- und Mobilphones aus, die 2011 um 15% zulegten (Europa +3%, Amerika+ 9%, Japan +6%, China +23% und Rest +21%).

Zusammenfassend stellte Marion Knoche fest, dass die Anzahl fotofähiger Geräte unverändert zunehme, allerdings wären Smartphones, spiegellose Systemkameras, Spiegelreflexkameras sowie der Zubehörbereich die Gewinner, nicht mehr die Kompaktkameras. Digitalkameras seien den Smartphones bezüglich ihrer Fotoqualität immer noch deutlich überlegen, doch würden letztere attraktivere Möglichkeiten bieten, wie beispielsweise die Bildübermittlung. Der Fortschritt sei in den nächsten Jahren weniger kameratechnisch zu erwarten, sondern vor allem im Bereich der Software.

Liz Cutting ging in ihrem Referat vor allem auf das amerikanische Konsumverhalten ein. Dieses zeigte zwar im Bereich der CE-Produkte im zweiten Halbjahr einen Rückgang von generell -9%, doch wären rund 50% der Amerikaner allgemein positiv gestimmt und glauben an einen Aufschwung. Betrachtet man die Entwicklung der grossen CE-Konzerne, so legte nur Apple zu, und zwar gleich um +36%. Alle anderen Unternehmen mussten teils massive Einbussen hinnehmen (HP -3%, Samsung -6%, Sony -21% und Dell -17%). Im direkten Vergleich mit 2010 hätten vor allem die Tablets und Lesegeräte zugelegt (von 5% auf 11%) dann die Smartphones (von 6% auf 7%, jedoch auf sehr hohem Niveau), während die übrigen Bereiche gleich blieben oder rückläufig waren – Kameras von 5% auf 4% und TV von 15% auf 14%. Der Umsatzanteil von e-Commerce beträgt in den USA zur Zeit rund 23% mit leichtem Zuwachs, während beim Einzelhandel mit einer Einbusse von 1,1% 77% der Umsätze getätigt werden.

Der Fotobereich hat gegenüber 2010 in Amerika rund -12.2% Umsatzeinbussen hinnehmen müssen, vor allem die Camcorderbereich (-29,6%, zum Teil bedingt durch den Wegfall von «Flip») und im Sektor der Kompaktkameras (-20%). Positiv entwickelt haben sich die Spiegelreflex- und Kompaktsystemkameras mit +7% sowie die Kompaktkameras mit grossem Zoombereich (sog. Bridgekameras) mit +3%. Eine Konsumentenumfrage der NPD hat übrigens ergeben, dass sich 34% der Amerikaner eine WiFi Bildübertragung direkt aus der Kamera wünschen, wobei der Anteil bei den fotografierenden Müttern sogar 47% beträgt und damit 4% höher liegt als im Vorjahr.

Rückgängig sind in den USA übrigens auch die Bereich der MP3-Player, Navigationsgeräte und Spielkonsolen, weil diese als Apps für die Smartphones interessanter sind und in digitaler Form nur gerade einen Bruchteil kosten. Und dass die Kopfhörer deutlich zulegen (62% gegenüber 38% im Vorjahr) ist wohl auch auf die popularität der Smart- und iPhones zurückzuführen.

In einem zweiten Referat präsentierte Liz Curling eine Studie über das Nutzungsverhalten amerikanischer Mütter, aus der hervorgeht, dass der Anteil der Smartphones-Benutzerinnen von 2010 bis 2011 um 11% zunahm, während Kompaktkameras im gleichen Zeitraum 7% weniger häufig genutzt wurden.

 

Sozial Netzwerke und Fotografie – ein neues Paradigma

Darren Johnson (Regional Director und Vice President Retail Systems Solutions, Paper Output Systems and Film Capture EAMER, Eastman Kodak Company) ging in seinem Referat auf das veränderte Kaufverhalten der Bildbesteller via Internet ein, doch sieht er darin eine grosse Chance für die Anbieter. In Grossbritannien hätte der Zuwachs des Internethandels letztes Jahr +12% betragen, wobei sich über die Hälfte aller Konsumenten (55%) vor einem Kauf im Internet informiert hätten. Gefördert werde dieser Trend insbesondere durch bessere und kundenfreundlichere Webseiten und schnellere Netzwerke, dann aber auch durch die totale Preistransparenz im Internet. Diese werde auch durch spezielle Webseiten unterstützt, die sich auf Preisvergleich spezialisiert hätten und die Differenzen automatisch anzeigten. Hinzu kommt die Rolle der Foren und sozialen Netzwerke, wo sich Kunden intensiv austauschen und gegenseitig beraten, was bis hin zum direkten Verkauf gehen würde. Das Marketing würde heute von den Kunden betreiben, nicht mehr von den Firmen. Bestellen könne man – mit den trendigen Smartphones – heute jederzeit und überall.

Die Art und Weise, wie die Konsumenten mit ihren Bildern umgehen, ändert sich rasant. Das starke Wachstum der sozialen Netzwerke bietet für Bilddienstleister grosse Chancen, um auf neuen Wegen mit den Kunden in Kontakt zu kommen. Dazu ist es notwendig, sich auf die Veränderungen einzulassen und aktiv auf die Kunden zuzugehen. Mit aktuellen Daten stellte Johnson dar, wie Bilddienstleister in dieser neuen Welt erfolgreich sein können.

Kodak nutzt in England die Blogs intensiv für Publikumsumfragen. Sie hat auf diese Weise kürzlich über 3’000 Bloggers 32,5 Millionen Mütter und Eltern erreicht, mit einem effektiven Rücklauf von 250’000 Posts und 1,1 Millionen Impressions auf ihrer App. Zudem betreibt Kodak ein eigenes Analyse-Programm für Soziale Netzwerke, um zu untersuchen, welche Reichweite solche Aktionen erzielen, welchen Einfluss diese auf die Meinungsbildner haben und ob das gesteckte Ziel mit der Kampagne erreicht wurde. Soziale Netzwerke sind demzufolge heute weit mehr als ein blosses Kommunikationsmittel, sondern sie werden immer mehr zu einem wichtigen Marketinginstrument für die Industrie und ihre Anbieter.

 

«Social Memories» – so werden digitale Erinnerungen zum Buch

Es mag erstaunen, dass auch die Deutsche Post DHL auf der Vortragsliste stand, aber der Hintergrund wird schnell verständlich. Jürgen Motz (Senior Expert Innovations Mail, Deutsche Post DHL) erklärte die neue App «Social Memories» als neue Dienstleistung für Facebook-Freunde, um ihre Lieblingsbilder nicht nur in einer Datenwolke zu wissen, sondern um diese physisch in einem Fotobuch zu verewigen. Dabei tritt die Deutsche Post nicht als Herstellerin auf – dafür hat sie ihre Vertragslabors – sondern sie bleibt bei ihrer Kernkompetenz, in dem sie sich um den Datenverkehr kümmert und die fertigen Bücher dem Besteller zustellt. Auch kann man das Fotobuch als pdf bestellen oder seinen Freunden Geschenkgutscheine für «Social Memories»-Fotiobücher schenken.

Das Angebot: Über www.socialmemories.com kann man seine liebsten Fotos auswählen und daraus ein 28 Seiten starkes Fotobuch mit festem Umschlag im Format 20 x 20 cm auf 170 g Glanzpapier gestalten lassen, und dieses sich selbst oder seinen Freunden irgendwo auf der Welt zukommen lassen. Kaum gestartet erwies sich die neue Dienstleistung als grosser Erfolg, denn innerhalb von fünf Tagen gingen Tausende Bestellungen aus allen Kontinenten ein. Die Deutsche Post will diesen Service, der übrigens nicht unter ihrem Erscheinungsbild läuft, in nächster Zeit stark ausbauen.

 

Neues aus dem Netzwerk: Facebook und die anderen …

Wie in den Vorjahren brachte die amerikanische Netzwerk-Spezialistin Alexandra Gebhardt (Chief Social Media Strategist, Inside Media Networks, New York) die neuesten Imaging-Trends in sozialen Netzwerken mit nach Köln. Gebhardt ging zunächst auf die zahlenmässige Entwicklung von Facebook ein. Es sind heute weltweit rund 850 Millionen Besucher pro Monat, bzw 483 Millionen, welche Facebook täglich (mehrmals) besuchen – 425 Millionen davon mit mobilen Geräten. Das Ganze übrigens in 70 verschiedenen Sprachen. Angemeldet dürften weltweit rund eine Milliarde Teilnehmer sein. Und dies auf einer Plattform, die  vor acht Jahren vor vier Studenten gegründet wurde …

Was tun die Leute auf Facebook? Der grösste Anteil mit 27% nutzen es für den Newsfeed, 21% studieren die Profile ihrer Freunde, denn jeder hat ja durchschnittlich etwa 500 davon, 17% nutzen Facebook für das Hochladen von Fotos, 10% erproben die verschiedenen Apps und Tools und 25% tun anderes. Auch bezüglich der Nutzungsdauer erfreut sich Facebook mit 405 Minuten pro Besucher höchster Beliebtheit, gefolgt von tumblr mit 89 Minuten, Pinterest ebenfalls mit 89 Minuten (übrigens ein Senkrechtstarter), Twitter mit 21 Minuten, Linkedin mit 17 Minuten, myspace mit 8 Minuten und Google mit 3 Minuten.

Weshalb Pinterest ein Senkrechtstarter ist? Es ist ein junges soziales Netzwerk, in welchem die Nutzer beispielsweise Bilder-Kollektionen ihrer Hobbies mit Beschreibungen an virtuelle Pinnwände heften, die danach öffentlich oder privat abgespeichert werden können. Gemäss Alexa-Bewertung ist Pinterest gegenwärtig auf Platz 72 der meistbesuchten Webseiten der Welt und gehört laut TIME Magazine zu den «50 besten Websites» des Jahres 2011.

Übrigens werden in Amerika mobile Apps bereits mehr genutzt als Webseiten: Im Dezember 2011 verbrachte der Durchschnittsamerikaner 72 Minuten im Web, während auf die mobilen Apps 94 Minuten entfielen. Das war ein Jahr zuvor noch umgekehrt: 70 Minuten im Web und 66 Minuten bei mobilen Apps.

Demnächst wird Facebook übrigens ein Feature mehr bieten: Auf dem Mobile Word Congress 2012 in Barcelona sollen Vereinbarungen mit den weltweit wichtigsten Kommunikationsprovidern (AT&T, Deutsche Telekom, Orange, Telefónica, T-Mobile USA, Verizon, Vodafon KDDI und Softbank Mobile) getroffen worden sein, dass Facebook Credits künftig als Zahlungsmittel akzeptiert werden.

 

Digitiale Erinnerungen kabellos erleben

In einem Punkt sind die Smartphones den Kompaktkameras klar überlegen: Die Bilder können von überall direkt übermittel und «geshared» werden. Da halten nur wenige Kameras mit, es sei denn, man verwende eine spezielle Speicherkarte in welcher ein WiFi-Sender eingebaut ist.

Simon Faulkner (EMEA Business Director, Eye-Fi Inc.) hat auf dem BFI die neueste Eye-Fi Karte und ihre praktischen Möglichkeiten erläutert. Wichtig zu wissen, dass nahezu alle Kameras des Marktes softwaremässig für die Verwendung von WiFi-Zubehör vorgerüstet sind, und dass die Eye-Fi Karte in der Lage ist, die Bilder automatisch nicht nur auf einen Rechner, sondern auch auf ein Smartphone, in eine Cloud, bzw Sozialnetzwerk oder auf ein interaktives TV-Gerät zu übertragen. Dabei kann der Benutzer wählen, ob alle seine Bilder oder nur eine bestimmte Auswahl übermittelt werden sollen. Mit gewissen Eye-Fi Karten werden die Koordinaten des Aufnahmestandortes mitregistriert, so dass nachträglich exakt ermittel werden kann, wo welche Aufnahme entstanden ist. Die Karte kann auch so konfiguriert werden, dass sie automatisch bei jeder Gelegenheit Bilder übermittelt und die Daten auf der Karte löscht, wodurch die Speicherkapazität nie knapp wird.

Diese automatische Übertragung ist ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor für die Bilder, da eine Kamera oder Speicherkarte mitsamt den Bildern verloren gehen kann. Zudem hätten Untersuchungen ergeben, so Faulkner, dass die Bilder oft erst nach vier bis sechs Wochen auf den PC manuell übertragen würden, meistens dann, wenn die Speicherkarte voll sei. Mit der automatischen Übermittlung könne die Datensicherung problemlos täglich erfolgen.

 

«Social Retailing» – das neue Einkaufserlebnis im Fotohandel

Christian Schubert (Business Development Manager, Fujifilm Europe GmbH) zeigte ein neues Kiosk-Konzept, mit welchem Bilder für Fotobücher oder andere Bildaufträge einfach und auf moderne Art und Weise ausgewählt und zusammengestellt werden können.

Beim «Order-it» von Fujifilm handelt es sich um einen interaktiven Multi-Touch HD-Bildschirm mit einer 360° Foto-Software, die in Zusammenarbeit mit Microsoft entwickelt wurde und über eine direkte Objekterkennung verfügt. So können die Bilder aus der Kamera oder dem Smartphone direkt auf den Leuchttisch übertragen, dort ausgewählt, bearbeitet und zu einem Fotobuch zusammengestellt werden. Dabei können die Bilder beliebig auf dem Tisch verschoben, gedreht, verkleinert, vergrössert oder gelöscht werden. Das Fujifilm «Order-it» unterstützt zur Zeit über 20 verschiedene Arten und Grössen von Fotobüchern und kommuniziert mit den meisten Bildverarbeitungsgeräten.

Da der Tisch mit einer Objekterkennung ausgestattet ist, lässt er sich auch für andere Einsätze verwenden. So wäre es zum Beispiel möglich, dass «Order-it» für ein Verkaufsgespräch eine bestimmte Kamera erkennt und gleich deren Verkaufsargumente «auf den Tisch» legt. Auch kann der Tisch beispielsweise in Fotostudios, Bildredaktionen und Gestaltungsagenturen nützlich eingesetzt werden.

Zum Abschluss präsentierte Christian Schubert noch den Corning-Film «A Day Made of Glass» der einen interessanten Einblick in futuristische Glas- und Elektronikanwendungen gibt. Ein Blick in unsere nahe Zukunft? Sehr sehenswert …

 

Philipp Riederle: «Meine Erinnerungen und ich»

Auch der zweite Tag begann gleich mit einem Höhepunkt – und wahrscheinlich mit einem Augenöffner für viele Anwesende im Saal. Augenöffner deshalb, weil der 17-jährige Philipp Riederle (New Media Enthusiast, Phipz Media) den Industrie- und Fachhandelsvertreter ebenso unverblühmt wie rethorisch perfekt darlegte, wie seine Generation kommuniziert, weshalb Facebook, Xing‘, Twitter und Konsorten so existenziell wichtig sind, und weshalb er keine Fotoapparat braucht, sondern alles mit dem iPhone festhält. Nämlich deshalb, weil sich die schönsten Momente nicht planen lassen und weil seine schlechtesten Fotos diejenigen wären, die er verpasst hätte. Und weil er seine Fotos nicht zuerst in einem Laden bestellen oder dort für seine eigenen Bilder noch bezahlen wolle, sondern weil er seine Momentaufnahmen hier und gleich seinen 500plus Freunden schicken möchte. Das wären übrigens sehr gute und tiefe Freundschaften – nicht nur virtuelle und flüchtige, die im weltweiten Beziehungsnetz täglich und damit intensiver gepflegt würden als dies frühere Generationen konnten.

Philipp Riederle produziert übrigens wöchentlich einen Podcast «Mein iPhone und ich» und erklärt regelmässig Top-Managern grosser Unternehmen die Welt der sozialen Netzwerke und wie man darin mit Jugendlichen kommunizieren kann. Zu seinen Kunden zählten bisher unter anderem Audi, Bertelsmann, BMW, Deutsche Telekom, McDonalds Deutschland, Microsoft, Telefonica O2 und die Universität St. Gallen.

 

Mit Innovationen Nachfrage schaffen

«dm-drogerie markt» ist mit knapp 1’300 Verkaufspunkten in Deutschland angeblich der grösste europäische Einzelhändler für Bilddienstleistungen und Fotoprodukte. Er spricht seine Kunden auf allen etablierten Vertriebskanälen an: an der Bildertheke mit Produkten aus dem Grosslabor, mit Sofortdrucken im Geschäft, über das Internet und über soziale Netzwerke. Tommy Bacherle (Category Manager Imaging Products and Services, dm-drogerie markt) zeigte in seinem Referat auf, was an den Dienstleistungen von dm so aussergewöhnlich ist.

Übrigens interessant, dass ein Unternehmen dieser Grösse keine Umsatzziele hat, weil «Umsatz kein Ziel sein kann, sondern immer nur eine Folge» lautet die Begründung. Auch gibt es bei dm keine Zielgruppe, «weil sich diese immer selbst bildet». Dennoch sind 80% der Einkaufenden bei dm Frauen, die neben Kosmetik, Baby- und Gesundheitsprodukten eben auch Fotos ausdrucken lassen – zu 50% direkt am Kiosk, von denen es in einer Filiale meistens gleich eine ganze Reihe gibt – damit die Kundinnen nicht warten müssen. Der Rest mit grösseren Formaten oder Spezialitäten wird in vertraglichen Grosslabors produziert. Seit kurzem gibt es auch Drylabs bei dm für Kalender, Grusskarten und Poster beispielsweise. 155 sind es zur Zeit in Deutschland, und jede Woche kommen zwei bis vier neuinstallierte hinzu.

Einladung für die kostenlose Teilnahme an einem Workshop und Fotoecke in einer dm-Filiale

dm bietet grundsätzlich alles, was andere auch anbieten. Zu den Besonderheiten von dm gehört beispielsweise die Fotowerkstatt, ein halbtägiger Workshop unter Leitung eines Profifotografen, in welchem die Kundinnen lernen mit ihrer Kamera besser umzugehen. Kostenlose Teilnahme – versteht sich! Denn die Kundinnen kommen ganz bestimmt wieder zu dm, um ihre Bilder auszudrucken. Oder ein Fotowettbewerb, bei dem man ein Wochenende in Paris gewinnen kann – und garantiert jede Teilnehmerin printet zuvor ihre Bilder am dm-Fotokiosk aus … Der jüngste Clou ist die selbstgestaltete Balea-Duschflasche: Senden Sie das Foto Ihres Partners ein, und Sie erhalten eine (oder mehrere zum Verschenken) Duschflaschen mit seinem Porträt drauf – wetten, dass Ihr Partner nur noch dieses Duschmittel braucht? Vor allem bei jungen Kundinnen ist das 10×15 cm Softcover Minifotobuch der grosse Renner. Und bald soll etwas komplett Neues hinzu kommen. Was hat uns Tommy Bacherle allerdings nicht verraten …

Podiumsdiskussion: Wie wird der Fotohandel «cool»

Eine ebenso gute wie anspruchsvolle Frage – auch für die Diskussionsrunde, welche aus namhaften Vertretern von Fotofachgeschäften und Industriefirmen bestand und von Martin Wagner (Ringfoto) moderiert wurde. Soll der Fotohandel deshalb «cool» werden, um netzwerkorientierte Jugendliche in die Läden zurückzuholen – und falls ja, wie?

Eine Seite fehlte allerdings für eine ausgewogene und angeregte Diskussion, nämlich diejenige der Konsumenten, der Kunde des Fotohändlers. Philipp Riederle hätte mit aufs Podium gehört, und vielleicht noch jemand, der eine realistisch-konservativere Haltung vertreten hätte. Dennoch gab es einige interessante Ansätze, wie die Fotogeschäfte wieder attraktiver – eben «cooler» – werden könnten:

Schulung und Fotokursen gehört zu jenen Dienstleistungen, die im Fachgeschäft gesucht werden, und wer dabei eine kompetente und verlässliche Beratung findet, wird wahrscheinlich auch für die nächste Anschaffung hierher zurückfinden.

Wie rekrutieren Fotohändler ihre Verkäufer? Sind diese von den modernen Kommunikationsformen ebenso begeistert und verfügen sie über die gleichen praktischen Erfahrungen wie ihre jungen Kunden? Pflegen sie einen entsprechenden Freundeskreis in Facebook, in welchem sie ihre Kompetenz beweisen und die Kundenbeziehungen pflegen können?

Wie informiert der Fachhandel seine Kunden? Mailings und E-Mails sind von gestern – wahrscheinlich hat eine Facebook-Seite einen unvergleichlich besseren Rücklauf (siehe Kodak-Aktion).

Wie «cool» ist das Erscheinungsbild der Verkaufspunkte? Sind die Läden modern, zeitgemäss und einladend für Jugendliche? Welche Produkte werden präsentiert – und in welcher Art? Sind die gezeigten Artikel attraktiv für den Bedarf und die Wünsche von 12- bis 16-Jährigen? Wo kann man sich das Podcast über Fotografieren herunterladen, das vom Fotohändler XY gesponsert ist?

Kaum jemand wird von der Podiumsrunde ein Geheimrezept erwartet haben, wie man in Null-komma-Nichts ein Traditionsgeschäft zu einem «coolen» Treffpunkt für fotointeressierte Jugendliche wandelt. Dennoch hat das Gespräch interesasante Denkanstösse vermittelt mit Ideen, wie man vielleicht doch einen Philipp Riederle ins Geschäft locken könnte …

Urs Tillmanns

 

Das Business Imaging Forum Cologne stand unter dem Patronat der Koelnmesse GmbH, welche vom 18. bis 23. September 2012 die photokina durchführt.
Weitere Informationen zur photokina finden Sie hier:

 

Ein Kommentar zu “Business Forum Imaging Cologne: Trends und Innovationen”

  1. WVIL wird unter verschiedenen Namen schon seit geraumer Zeit präsentiert. Es dürfte noch für eine ganze Zeit ein Zukunftskonzept bleiben und dann möglicherweise ganz unvermittelt eine historische Begebenheit gewesen sein. Das Konzept enthält einfach zuviele „Denkfehler“.

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