Urs Tillmanns, 29. April 2012, 07:00 Uhr

Das Samyang 1:1,4/24 mm in der Praxis

Samyang ist in unseren Breitengraden nicht sonderlich bekannt, und vielleicht begegnet man dieser koreanischen Marke mit etwas Skepsis. Genau deshalb haben wir das neue 1:1,4/24 mm, das es für  Canon-, KM/Sony-, 4/3-, Nikon- und Samsung NX-Kameras gibt, einem Praxistest unterzogen. 

Das neue Samyang 1:1,4/24mm ist ein interessantes Objektiv, nicht nur wegen seiner spektakulären Anfanghsöffnung von 1:1,4, sondern auch wegen seinem enormen Bildwinkel von 85 Grad im Vollformat und rund 63 Grad bei APS-C. Interessant auch, weil es das Objektiv vom koreanischen Hersteller mit Anschlüssen für Canon-, KM/Sony-, 4/3-, Nikon- und Samsung NX-Kameras gibt und damit ein sehr breites Feld im Markt abdeckt. Wir haben das Samyang-Objektiv bei unserem Praxistext mit einem Nikon Nikkor 1:1,4/24 mm G ED auf der neuen D800 verglichen.

Um es vorweg zu nehmen: Die Unterschiede sind minim. Beide 1,4/24 mm Objektive, sowohl das Samyang als auch das Nikon, sind absolute Spitzenobjektive. Der grosse Unterschied: Das Nikon-Objektiv hat Autofokus, während das Samyang manuell fokussiert werden muss. Damit verdreifacht sich auch der Preis, denn die automatische Fokussierung benötigt eine aufwändige Mechanik und zusätzliche Elektronikkomponenten, die in miniaturisierter Gestaltung in ein fast gleich grosses Objektiv eingebaut sein wollen. Und damit ist das Fazit auch schon verraten: Wer für ein Objektiv, das er vielleicht nicht alle Tage braucht, nicht allzu viel Geld auslegen will und bei dieser Weitwinkelbrennweite mit manueller Fokussierung über die Runden kommt, ist mit dem Samyang-Objektiv gut bedient.

Ideales Weitwinkel für Vollformat

24 mm Weitwinkel war schon zur analogen Zeit eine faszinierende Brennweite, sei es in der Reportagefotografie, für Landschaften oder bei Architektur-Aufnahmen. Es gelingen damit grossartige Perspektiven mit einem riesigen Bildwinkel, und die grosse Schärfentiefe tut das Ihre dazu. Nur damals, als wir noch mit Film im 24 x 36 mm Format fotografierten, konnten wir von einer Lichtstärke 1:1,4 nur träumen. Dafür passten die Objektive in die Hosentasche, und waren halb so schwer …

Keine Frage, die Technik hat hier riesen Fortschritte gemacht, und es sind heute Konstruktionen möglich, die wir als selbstverständlich hinnehmen, die jedoch bewundernswerte Meisterleistungen sind.

An einer APS-C-Kamera schrumpft das Superweitwinkel zu einer knappen 35mm Brennweite. Das war damals das Übliche, was man sich neben dem 50er-Normalobjektiv und dem 135er-Tele schon bald einmal anschaffte, weil diese Objektive auch relativ günstig waren. Aber sensationelle Perspektiven gab es damit kaum, weil der Unterschied zur Normalbrennweite zu gering war. Auch daran hat sich in der digitalen Welt im APS-C Format wenig geändert. Was sensationell bleibt, und die Objektive massiv verteuert, ist die Lichtstärke von 1:1,4. Sie macht die Nacht zum Tag, egal ob APS-C, Vollformat oder Movie. Gerade in der Reportagefotografie bei spärlichen Lichtverhältnissen spielen die beiden Objektive ihren Lichtriesen-Trumpf aus.

Mit Vollformat (links) nützt man den gesamten Bildwinkel des Objektivs aus, während sich dieser mit APS-C (rechts) dramatisch reduziert.

Technik vom Feinsten

Vorurteile gegenüber koreanischen Industrieprodukten, sind heute kaum mehr angebracht – egal ob bei Autos, Fernseher, Computer, Kameras oder eben Objektiven. Das Samyang 1,4/24mm überrascht durch eine perfekte Mechanik und ein makelloses Finish. Es ist sauber verarbeitet und macht einen äusserst wertigen Eindruck. Dazu gehört auch das äussere Erscheinungsbild mit dem gediegenen Mattlack und dem roten Ring oberhalb des Blendenrings. Das Objektiv verfügt über Innenfokussierung und zeigt bei angesetzten Zustand keine sich bewegenden Teile. Einzig, wenn man das Objektiv von der Kamera nimmt, stellt man fest, dass die Hinterlinse bei Unendlich bedrohlich weit aus der Fassung herausfährt. Deshalb der ultimative Tipp: Stellen Sie das Objektiv unbedingt und konsequent mit der Front nach unten ab!

Der Nikon-typische Blendenring mit Doppelskala. Dahinter sieht man die weit vorstehende Hinterlinse bei Unendlicheinstellung

Da das Objektiv auf manuelle Arbeitsweise ausgelegt ist, darf auch die manuelle Blendeneinstellung am Objektiv nicht fehlen. Bei der Nikon-Version fällt die nikontypische Doppelskala auf, bei den anderen Anschlüssen, wie Canon, KM/Sony, 4/3 und Samsung NX, ist sie auf das entsprechende Objektivdesign abgestimmt. Wichtig im automatischen Modus ist bei der Nikon-Variante, dass der Blendenring auf die rot gravierte Zahl 22 eingestellt ist. Schade, dass sich diese nicht verriegeln lässt.

Die Schärfeneinstellung erfolgt manuell an dem grossen gummierten Einstellring. Er läuft sauber mit einer leichten Hemmung zur exakten Einstellung und lässt sich über Unendlich hinaus fokussieren. Das ist in der Praxis eine grosse Hilfe, weil nur so exakt auf Unendlich fokussiert werden kann und auch minime Temperatureinflüsse ausgeschaltet werden können. Die Fokussierung im Sucher ist etwas Übungssache. Besonders einfach und präzise gelingt sie im Liveview-Modus mit der elektronischen Sucherlupe, was allerdings den Einsatz auf statische Motive reduziert.

Welches ist schärfer?

Wie schon gesagt, sind die bildqualitativen Unterschiede des Samyang- und des Nikon-Objektivs minim und erst in einer 200%-Wiedergabe einigermassen zu erkennen. Das Samyang-Objektiv arbeitet ab Blende 4 etwas kontrastreicher als das Nikon-Objektiv und vermittelt so den Eindruck einer besseren Schärfeleistung. Bei voller Öffnung ist das Nikon-Objektiv leicht überlegen. Ab Blende 11 bis 16 nimmt die Abbildungsleistung bei beiden Objektiven wieder ab, weil hier offensichtlich Beugungserscheinungen zum Tragen kommen.

Nikon 1,4/24 mm bei Blenden 1,4 – 4,0 – 8 – 16 (Vergrösserung 200%)

Samyang 1,4/24 mm bei Blenden 1,4 – 4,0 – 8 – 16 (Vergrösserung 200%)

Was die Verzeichnung anbelangt, ist das Nikon-Objektiv etwas besser, bleibt doch dem Samyang eine leichte tonnenförmige Verzeichnung anhaften. Auch dies bewegt sich jedoch in einem absolut akzeptablen Rahmen. Gesagtes gilt für Anwendungen im Vollformat, da das kleinere APS-C-Format diese kritischen Randzonen bei weitem nicht abdeckt.

 

Das Samyang-Objektiv (links) zeigt eine etwas stärkere Verzeichnung als das Nikon-Objektiv

Manuelles Samyang – für wen?

Das Samyang 1:1,4/24 mm ist optisch zu gut als dass es einfach als manuelle Billigvariante» abkommentiert werden könnte. Es ist für die CHF 880.– (für die Nikon-Variante) durchaus in einer lohnenswerten Preisgrösse für ein bezüglich Lichtstärke und Bildwinkel (bei Vollformat) extremes Objektiv, das man sich für den dreifachen Preis nicht leisten würde, oder für das es für andere Kameranschlüsse schlichtweg keine Alternative gibt.

Ob die manuelle Scharfeinstellung wirklich ein Nachteil ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Logisch ist Autofokus zeitgemässer, bequemer und ein Garant gegen fehlfokussierte Bilder. Aber gerade bei einer Weitwinkelbrennweite mit einer grösseren Schärfentiefe-Reserve lässt sich mit der zusätzlichen Schärfeeinstellung recht gut leben.

 

Technische Daten im Vergleich
Samyang 1:1,4/24 mm Nikon 1:1,4/24 mm
Bezeichnung 24 mm f1.4 ED AS IF UMC Nikkor 24 mm f1.4 G ED
Lichtstärke / Brennweite 1:1,4/24 mm 1:1,4/24 mm
Kleinst Blende 22 16
Anzahl Blendenlamellen 8 9
Konstruktion 13 Linsen in 12 Gruppen, 4 ED, 2 Asph 12 Linsen in 10 Gruppen, 2 ED, 2 Asph
Bildwinkel FX-Format: 84 Grad (DX: 61 Grad) FX-Format: 84 Grad (DX: 61 Grad)
Naheinstellgrenze 0,25 m 0,25 m
Bildstabilisierung nein nein
Autofokus nein ja
Filtergewinde 77 mm 77 mm
Durchmesser / Länge 83 x 87,5 mm 83 x 88.5 mm
Gewicht 680 g 620 g
Anschlüsse Canon, Nikon, KonicaMinolta/Sony, 4/3, Samsung NX Nikon
Exemplar-Nummer D112A2221 210586
Preis CHF 798.– bis 880.– CHF 2’498.–

 

Weitere Informationen

über Samyang 1:1,4/24mm:

Vorstellung auf Fotointern.ch

Produktbeschreibung Samyang

• Schweizer Importeur Foto Zumstein, Bern

 

über Nikon 1:1,4/24 mm:

Vorstellung auf Fotointern.ch

Produktbeschreibung Nikon.ch

 

 

 

 

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