Urs Tillmanns, 17. Juni 2012, 07:00 Uhr

Stefan Forster in Südostasien (2)

Nachdem uns Stefan Forster in der ersten Folge in die Zauberlandschaften der Philippinen und Mikronesien führte und dabei die beiden Topmodelle Canon EOS 5D MkIII und Nikon D800E einem Praxistest unterzog, geht der zweite Teil seiner Reise in die Vulkanregion Jawas. Ein lebensgefährliches Abenteuer …

 

Indonesien – Bali – ein kurzes Abenteuer

Nach einigen Flügen erreichte ich den Internationalen Flughafen von Bali in Indonesien. Da sich meine fotografischen Ziele in Indonesien vor allem auf die Vulkane von Jawa konzentrierten, engagierte ich einen ortsansässigen Vulkanologen, der mich während den kommenden neun Tagen zu den Vulkanen der beiden Inseln bringen sollte. Adi informierte mich bereits im Vorfeld der Reise darüber, dass Bali nebst einigen sehr schönen Tempeln und wundervollen Reisterrassen und Küsten an einer touristischen Überbevölkerung leide. Wir entschieden uns daher, nachdem sich diese Überbevölkerung als war herausstellte, die Insel Bali bereits nach zwei Tagen zu verlassen und direkt per Fähre nach Jawa überzusetzen.

 

Indonesischer Reisbauer

 

Indonesien – Jawa – im Reich der Vulkane

Auf Jawa ging es mir anfänglich etwa gleich wie bei der Ankunft in Palau. Jene Vulkane, die ich anfänglich geplant hatte zu besteigen, waren in Level 3, was eine bevorstehende Eruption signalisierte und es streng verboten war, den Vulkanen nahe zu kommen. Mein Glück war jedoch der äusserst clevere und engagierte Vulkanologe namens Adi. Beim ersten Tor zur Hölle in der Klasse 3, dem Ijen, einem im Osten Jawas liegenden Vulkans, wusste er nämlich, dass die Ranger, welche das Gebiet um den Vulkan absicherten, erst um 03.30 Uhr aufstanden und kontrollierten, wer den Berghang hinaufstieg. Um sicher zu sein, dass wir mit dem verbotenen Einstieg in den Vulkankrater nicht zu 100prozentig lebensmüde waren, besuchten wir wie anschliessend vor jeder Vulkanbesteigung das vulkanologische Institut. Dort sprachen wir mit dem Verantwortlichen und begutachteten auf dem Seismografen die Aktivität der vergangenen Tage. Aufgrund dieser Daten stellte sich für uns heraus, dass unser Vorhaben, den Krater des Ijen in Klasse 3 zu besteigen nur zu 70% lebensmüde war.

Um die Kaldera erheben sich einige hundert Meter hohe Gebirgszüge

Um 02.00 Uhr Nachts begannen wir dann auch unseren rund zweistündigen Aufstieg zum Kraterrand des Ijen. Keine Ranger, keine Polizei, niemand, der uns hätte sehen können. Vor dem Erreichen des Kraterrandes zückte ich bereits die Kamera und das Stativ, denn meine Augen warteten darauf, die einzigartige Blue Flame, welche inmitten des Kraterrandes aufsteigen sollte, zu erblicken.

Der Ijen wird in aktivitätsschwachen Zeiten von zahlreichen Schwefelsammlern bestiegen, welche im Krater, nahe der blauen Flamme Schwefel abbauen und ins Tal hinuntertragen. Aufgrund der aktuellen Klasse 3 war es Ihnen jedoch nicht erlaubt, Ihrer Arbeit nachzugehen. Am Rand angekommen, traute ich dann meinen Augen nicht, als wirklich inmitten der absoluten Dunkelheit zahlreiche blaue Flammen in der Tiefe des Kraters den Nachthimmel erhellten.

Ein unvergessliches Erlebnis: Blaue Lava am Ijen Krater

Nun musste alles sehr schnell gehen; laut dem Vulkanologen Adi geht die grösste Gefahr des Ijen Kraters vom hochgiftigen Gas aus, welches jeweils morgens in der Früh in erhöhter Dosis auftritt und je nach Wind nach 15-20 Minuten tödlich folgen hat. Mit modernen Gasmasken und Augenschutz ausgerüstet wagten wir trotz plötzlich einsetzendem starkem Regen den Abstieg die Felswand hinab zur «Blue Flame» des Ijen. Nach rund 35 Minuten kamen wir unten an und der Regen liess nach. Der Wind meinte es an jenem Morgen gut mit uns, denn anfänglich hatten wir ihn im Rücken. Aufgrund dieses Windglücks war es uns möglich bis auf wenige Meter zur Blue Flame heranzukommen und die blaue Lava zu fotografieren, welche hier aus der Erde tritt. Der Anschein jener «Blauen Lava» entsteht durch dickflüssige kleine Schwefelbäche, deren Verbrennung zur blauen Flamme führt. Ein Erlebnis der Spitzenklasse.

Die blaue Lava nimmt immer bizarrere Formen an

Doch wie Adi der Vulkanologe bereits beim Aufstieg erwähnte, hatten wir nicht viel Zeit, denn der Level des hochgiftigen Gases stieg sichtlich an und so wich schlussendlich auch mein, fast schon besessener Drang nach guten Bildern dem gesunden Menschenverstand. Kurz vor Anbruch des Tages stiegen wir wieder hinauf zum Vulkanrand. Die letzten 15 Minuten des Aufstiegs änderte sich dann die Windrichtung und wir hatten die Gase direkt um uns herum.

Hoch giftige Gase schlagen sich auf dem Gestein gelblich nieder

Ein Aufstieg in hochgiftigem, kaum durchsichtigen Nebel inmitten der Felswand. Und wieder geisterten mir dieselben Gedanken durch den Kopf; Wer würde mir nur abkaufen, dass wir wirklich unten im Krater waren und die Blue Flame aus nächster Nähe erleben konnten. Doch dies ist eine der schönsten Eigenheiten der Fotografie; ein Bild ist eine Erinnerung, eine Momentaufnahme und für einige Menschen auch noch ein Beweis.

Unser nächstes Ziel, der Semeru, ein 3‘670 Meter hoher Vulkan in Klasse 3, konnten wir bereits von weit her sehen und, man glaube es kaum, hören. Jeder Vulkan hat laut dem Vulkanologen seinen eigenen Charakter. Der Semeru beispielsweise eruptiert immer kurz vor Sonnenaufgang. Und im Gegensatz zum IJjen, welcher giftige Gase und Dämpfe in die Höhe schiesst, spuckt der Semeru Lavafontänen aus. Diese konnten wir dann aufgrund der aktuellen Aktivität leider nicht vom Kraterrand (zwei Tage Aufstieg), sondern nur vom Basislager aus erleben.

Märchenstunde der Vulkanvegetation

Also ging’s gleich am nächsten Morgen weiter zum bekanntesten Vulkan Indonesien, dem Mount Bromo. Jeder Tourist, der Jawa besucht, muss den Sonnenaufgang am Bromo miterleben und so wimmelt es hier auch nur so von Bussen, Hotels und Jeeps, deren einzige Aufgabe darin besteht, die Touristen morgens um 05.00 Uhr auf den Aussichtsberg zu karren.

Die Dünenlandschaft um den Vulkan ist fast interessanter als der Bromo selbst

Jene Sonnenaufgangsfahrt beginnt in der Regel um 03.50 Uhr, also fuhr unser Jeep bereits um 02.30 los. Nach rund einer Stunde des Gerüttels kamen wir am oberen Aussichtspunkt an und die am Tag zuvor noch über 30 Grad Celsius warme Temperatur sackte ab auf über fünf Grad. Nun hatten wir eine Stunde Zeit um zu frieren und den optimalen Punkt für das Stativ zu suchen. Kurz nach dem Aufbau der Kamera sahen wir die Jeep-Schlangen von den umliegenden Dörfern und Hotels auch schon auf uns zusteuern. Insgesamt zähle ich über 130 Jeeps à zwei bis vier Personen, welche in spätestens einer Stunde allesamt auf dem engen Plateau stehen würden.

Märchenhafte Vulkanlandschaft: Sonnenaufgang über dem Bromo-Massiv mit dem Semeru-Vulkan im Hintergrund

Das Gewusel bei Sonnenaufgang war unbeschreiblich, jedoch nie und nimmer so einmalig wie das Naturschauspiel dass ich zusammen mit rund 300 weiteren Touristen erleben durfte. Das Stativ und meinen früh am Morgen gefunden Platz verteidigend, betrachtete ich mit offenem Mund den Sonnenaufgang, der an Kitsch nicht einmal vom Morgenrot bei den Chocolate Hills übertroffen wurde. Ein Nebelmeer um die Aschedünen des letzten Ausbruchs, darüber die Vulkane Bromo und Semeru, von den ersten Sonnenstrahlen und den darüber rot angeleuchteten Wolken angestrahlt. Im Vordergrund die alten Bäume und saftigen, grünen Wiesen, von den ersten Strahlen des Tages goldig angeleuchtet. Was für ein Erlebnis; was für Bilder.

 

Das grosse Abenteuer – Anak Krakatau

Bereits beim ersten Abendessen mit dem Vulkanologen Adi forderte ich ihn auf, mir Lava zu zeigen. Als Antwort auf diese Forderung hörte ich zum ersten Mal den Namen Anak Krakatau. Wenn ich Lava sehen wolle, müssten wir zum Anak Krakatau, aber das sei zu gefährlich da er in Level 3 / 4 stehe und ein Ausbruch in Kürze zu erwarten sei.

«Jurassic Park»-Landschaft auf der Insel Krakatau. Im Hintergrund steigen die Hügel zum mächtigen Anak Krakatau an

Nach drei Tagen eiserner Überredungskunst hatte ich ihn dann so weit. Ein weiteres Problem war jedoch die geografische Lage des Vulkanes. Der Anak Krakatau liegt nämlich zwischen den Inseln Jawa und Sumatra und kann nur mittels Schiff erreicht werden. Nach rund zwei Tagen hatte Adi jedoch einen Fischer gefunden, der bereit war, mit uns zum Vulkan zu schippern und dort gar zu übernachten.

Was man zur Vulkaninsel Anak Krakatau wissen muss: Die Insel ist kaum grösser als der Vulkan selbst. Bei einem allfälligen Ausbruch fliegen die Lavabomben über die ganze Insel. Der letzte Ausbruch des Vulkans war so heftig, dass man die Explosion gar im 3000 Kilometer entfernten Australien noch gut hören konnte. Und wieder einmal ideale Vorraussetzungen Bilder zu schiessen, die sonst niemand hat. Das ist wie eine Sucht, ein Wahn, der erst gestillt werden kann wenn das Bild auf der Speicherkarte sitzt.

Bei unserer Ankunft an der Westküste Jawas war bereits alles organisiert; das Boot und die Crew war startklar und unser Besuch des Vulkanologischen Instituts am Festland erfolgreich (Ausbruchschance in den kommenden Tagen / Wochen laut anwesendem Vulkanologen 60 Prozent möglich). Die Fahrt zum Anak über das offene Meer war eine Herausforderung. Die See war alles andere als ruhig und das Boot bis auf den Trockenraum, in dem die Kameras lagen, von oben bis unten nass – mitunter auch ich.

Eine mächtige Rauchsäule zeigt von weitem an, dass ein grossartiges Erlebnis auf uns warten würde

Die Rauchsäule, die vom Krater ausging, sah ich schon von weither und beim nahen Anblick des Vulkans verstarb meine Sucht nach einzigartigen Bildern für einen kurzen Moment. Rund 15 Minuten vor dem Erreichen der Insel erhaschte ich einen Blick auf ein grösseres Boot, welches hinter dem Anak hervorkam und auf uns zu steuerte. Adi wurde sichtlich nervös und befahl dem Captain die Urwaldinsel neben Anak Krakatau anzusteuern. Diese erreichten wir dann rund 10 Minuten später und gingen dort an Land. Bei meiner Frage an Adi, warum wir nicht direkt nach Anak Krakatau gingen, erklärte er mir, dass dieses vorhin gesehene Schiff die Küstenwache wäre, welche dafür sorgte, dass kein Schiff dem Anak Krakatau zu nahe kommt.

Nach rund einer Stunde entzog sich das Patrouillenschiff unserer Sichtweite und wir wagten die Überfahrt zum Krakatau. Beim einzigen leicht bewaldeten Abschnitt von Anak Krakatau setzten wir an Land und begannen sofort mit der Erkundung der Insel und der Situation um den Vulkan.

Spätnachmittags nach unserer Rückkehr bei Lager wurden wir von der Crew fürstlich mit frischem Fisch am Spiess und Reis bekocht und legten uns anschliessend aufs Ohr. Rund zwei Stunden vor Sonnenuntergang packten wir unsere Hitzekleidung sowie die Gas- und Schutzmaske und begannen den Aufstieg zum Kraterrand. Obwohl der Aufstieg von weitem relativ einfach aussah, hatten wir extrem Mühe, den steilen Vulkan hinaufzuklettern.

Oben angekommen werden wir von einem stimmungsvollen Sonnenuntergang belohnt. Gleichzeitig hiess es «Schutzbrille und Gasmaske auf …»

Der Boden war so heiss, dass wir uns nicht mit den Händen festhalten konnten und die Aschestellen zu brüchig für die Füsse. Nach rund eineinhalb Stunden hatten wir es dann doch geschafft. Der Lavadome lag direkt vor uns und ich war wie elektrisiert von der Gewalt, welche vom kontinuierlich steigenden Lavasee unter uns ausging. Die Hitze war unerträglich und die giftigen Gase zwangen uns dazu, die Schutzbrille und Gasmaske aufzuziehen. Der Sonnenuntergang hinter dem Lavadome war einmalig. Die Rauchsäulen des Anak und die glühende Lava in Kombination mit dem roten Himmel überforderten meine Kameras ein weiteres Mal.

Lohn der Mühe! Aber das Arbeiten mit Gasmaske ist beschwerlich. Ohne sie hätten wir nicht überlebt …

Während dem Fotografieren vergesse ich grundsätzlich die Zeit und so ist es auch kein Wunder, dass der erstmals sichtlich ängstliche Adi mir fünfmal rufen musste und mich schliesslich mehr zum Abstieg zwang. Kurze Zeit vor dem Abstieg schien der Vollmond durch die Wolken und der Vulkankrater schien wie ein roter See inmitten weisser Wolken.

An jenem Abend schleppte ich sowohl die Canon als auch die Nikon Ausrüstung auf den Vulkan, was zumindest der Canon Ausrüstung nicht sehr gut bekam. Aus irgendwelchen Gründen setzte sich dieses Gas auf den Frontgläsern der drei benutzten Objektive ab und verätzte diese so stark, dass sie nicht mehr zu retten waren.

Das Stativ hat wohl seine besten Zeiten gehabt – und auch ein paar Objektive waren nicht mehr zu retten

Nach meiner Rückkehr vom Anak Krakatau verarbeite ich die Erlebnisse und stelle fest, dass ich während der vergangenen Wochen jeden Morgen zwischen 02.00 und 04.30 Uhr aufgestanden war, täglich rund 400 Bilder schoss und aufgrund der vielen Bewegung und des wenigen Schlafs beinahe 8,5 Kilogramm Körpergewicht verloren hatte. Was mich jedoch am meisten faszinierte, ist die Tatsache, dass ich in der Schweiz bei nur sechs Stunden Schlaf nach bereits drei Tagen beinahe im Stehen einschlafe, ich dies jedoch auf meinen Fotoreisen ohne weiteres über mehrere Wochen durchhalte.

Neugierig wagt sich ein Varan in unsere Nähe …

 

… und züngelt respekteinflössend

Die Natur und die Freude an der Fotografie gibt mir offensichtlich jene Energie zurück, die ich in Sie investiere. In jenen Momenten, in denen der Himmel beginnt zu brennen verändert sich mein Wesen und ich bin nur noch ein Fotograf, der durch Wände geht, um das eine Bild und die Schönheit der Natur in der schönsten Form festhalten zu können. Die Landschaftsfotografie ist für mich mehr als nur ein Beruf, es ist meine Berufung, mein Leben.

Stefan Forster

Beachten Sie auch den ersten Teil dieses Artikels mit dem Praxistext der Canon EOS 5D MkIII und der Nikon D800E.

 

Benutzte Ausrüstung:

Kameras:
• Canon EOS 5D Mk III / Canon EOS 1Ds Mk III
• Nikon D800E / D800

Objektive:
• Canon L-Serie Objektive 16 bis 300mm Brennweite
• Nikon N-Serie Objektive 16 bis 200mm Brennweite

Weiterführende Links:
• Website von Stefan Forster Photography – www.stefanforster.com
• Fotoschule und Fotoreisen von Stefan Forster – www.photocube.ch

 

Stefan Forster

hat sich in den letzten Jahren in der internationalen Landschaftsfotografieszene mit einer Vielzahl von einzigartigen Bildern und einem eigenen Stil einen Namen gemacht. Was den erst 26-jährigen Fotografen auszeichnet, ist seine spezielle Art des Reisens und Fotografierens. Schon im Alter von 18 Jahren liess er sich 150 Kilometer von der nächsten Siedlung entfernt im isländischen Hochland aussetzen und trekkte während 15 Tagen alleine, nur mit grossem Rucksack, Proviant und seiner Kamera bewaffnet zurück in die Zivilisation. Bereits zwei Jahre später startete Stefan Forster dann seine erste grosse Fotoweltreise mit mehrtägigen Trekkingreisen in Patagonien, Neuseeland und den USA. Mittlerweile umfasst sein Portfolio 32 Länder in fünf Kontinenten. Erleben Sie in Form von Bildern die Welt mit seinen Augen: www.stefanforster.com

 

 

 

2 Kommentare zu “Stefan Forster in Südostasien (2)”

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