Urs Tillmanns, 7. April 2013, 09:17 Uhr

Das Tamron 1:2,8/70-200 mm in der Praxis erprobt

70 bis 200 mm ist als Dreifachzoom ist ein klassischer Zoombereich, der schon zur analogen Zeit sehr beliebt war. Jetzt bringt Tamron eine aufwändige Zoomkonstruktion mit konstanter Lichtstärke von 1:2,8 für Vollformat-Spiegelreflexkameras von Canon, Nikon und Sony. Fotointern hat das interessante Objektiv in der Praxis erprobt.

70 bis 200 mm ist im heutigen zoomverwöhnten Zeitalter keine Besonderheit. Gerade Tamron ist für weitaus grössere Zoombereiche bekannt, mit dem legendären 18 bis 270 beispielsweise oder dem 28 bis 300 mm Zoom. So berauschend diese Daten sind, mit Lichtstärken von 1:3,5-6,3 mm bleiben die Objektive zwar schön kompakt, doch spielen sie ihre Trümpfe weder bei wenig Licht noch bei der Bildtiefengestaltung mit einem schönen Bokeh-Effekt aus. Hierfür ist hohe Lichtstärke gefragt und zwar über den gesamten Brennweitenbereich, wie bei dem zu testenden 1:2,8/70-200mm, auch wenn dieser «nur» von 70 bis 300 Millimeter beträgt.

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Vollformatobjektiv ohne Kompromisse

Die Besonderheit des Tamron 1:2,8/70-200mm Di VC USD ist seine konstante Lichtstärke von 1:2,8 über den gesamten Zoombereich, und dies bei einem Objektiv, das für das Vollformat 36 x 24 mm gerechnet ist. Das geht an Volumen und Gewicht, denn mit seinen rund 1,5 Kilos und einer Baulänge von knappen 20 Zentimetern (ohne Gegenlichtblende), verlangt das Objektiv in vielen Fällen schon nach einer grösseren Fototasche.
Der dreifache Brennweitenbereich von 70-200 mm ist als «Tele-Klassiker» ideal für formatfüllende Porträtaufnahmen, Landschaftsbildern von Normalansichten bis zu einem leicht gerafften Objektraum, bis hin zu Action- und Sportaufnahmen ohne zu extreme Entfernungen oder Bildausschnitte. Auch Peopleaufnahmen gehören zu den prädestinierten Motiven, von Hochzeitsreportagen über Porträtstudien bis hin zu Modeaufnahmen.
Benutzt man das Objektiv auf einer Spiegelreflexkamera mit APS-C-Sensor, kommt der Crop-Faktor von 1,5 zum Tragen, so dass aus dem 70-200 mm ein effektives 105 bis 300mm Objektiv wird. Jetzt legt das «mittlere Tele» noch eine Runde zu und wird durch seinen extremeren Ausschnitt zum Beispiel in der Sportfotografie oder auch bei Nahaufnahmen noch interessanter.

 

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Tamron_Thiergarten_200

Der dreifache Zoombereich in der Praxis: Oben 70 mm, unten 200 mm (jeweils mit 100%-Ausschnitt)

Die Lichtstärke 1:2,8 bietet zusammen mit den heute üblichen hohen ISO-Werten und dem markant verbesserten Rauschverhalten moderner (Vollformat-)Digitalkameras in der Praxis ganz neue Möglichkeiten. Hinzu kommt der ins Objektiv integrierte Bildstabilisator, mit dem man bei Freihandaufnahmen zwei bis drei Verschlusszeitstufen gewinnt.

Tamron 70-200

Der Bildstabilisator zeigt Wirkung: Dämmerungsaufnahme aus freier Hand mit 1/8-Sekunde bei ISO 12’800(Canon EOS 6D)

Das Beispiel dazu liefert diese Dämmerungsaufnahme, die aus freier Hand mit 1/8-Sekunde und ISO 12‘800 mit der EOS 6D entstand. Das Bild wäre im analogen Zeitalter in dieser Qualität nicht denkbar gewesen.
Ein weiterer Pluspunkt der hohen und durchgehenden Lichtstärke ist die unscharfe Auflösung des Hintergrundes, das sogenannte «Bokeh». Mit voller Öffnung oder leichter Abblendung «zerfliessen» die Hintergrundkonturen in einer zarten und gleichmässigen Unschärfe, die durch die kreisrunde Blendenöffnung des Objektivs (bis Blendenwert 5,6, danach hat man meistens sowieso zu viel Schärfentiefe) begünstigt wird.

Tamron 70-200

Mit voller Öffnung löst sich der Hintergrund in harmonischer Unschärfe auf und betont so das Hauptmotiv

Die Schärfenleistung des Objektivs ist über den gesamten Brennweitenbereich und allen Blenden tadellos. Besonders in Kombination mit einer Vollformatkamera – wir testeten das Objektiv mit einer Canon EOS 5D/III und einer EOS 6D – zeigt das Objektiv auch bezüglich seiner Randschärfe schon bei offener Blende seine Stärken. Um diese Leistung zu erreichen, hat Tamron einen grossen konstruktiven Aufwand betrieben.

Aufwändige Technik

Mit 23 Linsen in 17 Gruppen ist das Tamron 1:2,8/70-100 mm eine recht aufwändige Konstruktion. Fünf der Linsen sind bestehen aus speziellen Glassorten, sogenannte LD-Elemente (Low Dispersion), eine davon sogar aus XLD Glas (Extra Low Dispersion), welche mit extrem niedrigen Farbzerstreuungs-Indizes die chromatische Aberration (Farblängsfehler und axiale Vergrösserungsfehler) korrigieren. Dadurch wird die Kontrastwiedergabe gesteigert und die Schärfeleistung insbesondere in den Randzonen optimiert, die sonst bei hochgeöffneten Telekonstruktionen extrem kritisch sind.

Schnitt_70-210

Weiter ist das Objektiv mit einem Ultraschallmotor für eine schnelle und lautlose Autofokussierung (AF) ausgestattet. Diese kann übrigens über einen Schalter auf MF (manuelles Fokussieren) umgestellt werden. Zusätzlich kann im Autofokus-Modus jederzeit manuell eingegriffen werden, um die Bildschärfe von Hand zu korrigieren. In der Praxis haben wir fast ausschliesslich automatisch fokussiert, was auch in kritischen Situationen und bei ungünstigen Motivstrukturen sehr schnell und präzise funktionierte.

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Ergonomisch günstig angeordnet sind die beiden Schalter für den Bildstabilisator und die AF/MF-Umschaltung

Die dritte wichtige technische Ausstattung ist die VC-Bildstabilisierung (Vibration Compensation) des Objektivs, eine mechanische Bewegungskompensation, die von zwei Gyrosensoren und drei Magneten gesteuert mit entsprechenden Gegenbewegungen Verwacklungen reduziert. Gerade bei Freihand-Aufnahmen unter schlechten Lichtverhältnissen und dementsprechend relativ längeren Verschlusszeiten oder hohen ISO-Werten, erweist sich die automatische Bildstabilisierung als eine ebenso nützliche wie praxistaugliche Einrichtung.
Übrigens fehlt der VC-Bildstabilisator bei der Objektivversion mit Sony-Anschluss, da die digitalen Spiegelreflexkameras von Sony mit einem internen Bildstabilisator ausgerüstet sind. Deshalb fehlt hier auch die Abkürzung VC in der Objektiv-Bezeichnung.

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Das Dreifachzzoom ist ideal, um Details des Motivs zu betonen.

Als weitere optische Besonderheit ist die Blende mit neun Lamellen zu erwähnen, welche formlich so gestaltet sind, dass sie bei bis zu zwei Blendenwerten eine kreisrunde Öffnung und damit eine sehr harmonische Unschärfeauflösung ergeben. Es ist eine der Stärken dieses Objektivs, vor allem mit den längeren Brennweiteneinstellungen, das Motiv scharf vom unscharfen Hintergrund loszulösen. Hier empfiehlt es sich logischerweise mit Zeitautomatik zu arbeiten, damit man mit der Blende die gewünschte Hintergrundunschärfe beliebig steuern kann.

Als letzter wichtiger Punkt der Konstruktion ist zu erwähnen, dass das Tamron 2,8/70-200mm mit mehreren Dichtungsringen spritzwassergeschützt und damit für den harten Profieinsatz konzipiert ist, wo man sich gerade beim Sport- oder Aktualitätseinsatz das Wetter nicht immer aussuchen kann. Zusätzlich bewährt sich die leicht strukturierte Oberfläche der Metallfassung für eine sichere Handhabung und eine hohe Resistenz gegen mechanische Einflüsse.

Das Objektiv wird mit einem für Hoch- oder Querformataufnahmen drehbaren Stativanschluss geliefert, der das Objektiv mit angesetzter Kamera auf dem Stativ gut im Gleichgewicht hält. Der Stativanschluss kann auch abgenommen werden, obwohl dieser in der Praxis kaum stört, sondern eher noch zur besseren Haltung beiträgt.

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Mit 200 mm und offener Blende lässt sich die Bildschärfe auch bei grösseren Distanzen selektiv einsetzen. Typische Bildwirkung für lange Brennweiten: der «geraffte» Motivraum

 

Das Tamron 2,8/70-200mm in der Praxis

Ein Dreifachzoom dieses Bereichs lässt sich enorm vielseitig einsetzen. Vor allem ist es ein ideales Objektiv in der Porträt- und Peoplefotografie, doch erweist es sich mit seiner hohen Lichtstärke auch im Reportagebereich als äusserst nützlich, ebenso wie in der Landschaftsfotografie, wo mit relativ langen Brennweiteneinstellungen der Objektraum leicht gerafft oder die Schärfe bei voller Öffnung auf gewisse Motivebenen konzentriert werden kann.
Mit dem dreifachen Zoombereich können interessante Details aus dem Vollbild herausgezoomt werden. Gerade bei solchen Architekturaufnahmen überrascht das Objektiv durch eine sehr gute Detailschärfe.

Tamron 70-200

Die Nahgrenze von 1,3 Meter erschliesst einen interessanten Nahaufnahmebereich – natürlich nicht nur für Tonengelis, sondern auch beispielsweise für Kleintiere ausserhalb ihrer Fluchtdistanz und Pflanzen.

Tamron 70-200

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Tamron 70-200

In der Landschaftsfotografie ist der Brennweitenbereich 70 bis 200 mm sehr beliebt

 

Zu guter Letzt

Das 1:2,8/70-200mm passt sehr gut in das Tamron Gesamtsortiment und findet im unteren und oberen Brennweitenbereich logische Anschlussobjektive. Bei den Kurzbrennweitigen wäre es das 1:2,8/24-70mm Di VC USD ebenfalls mit durchgehender hoher Lichtstärke, und bei den Teles schliesst das allerdings nicht ganz billige Ultra-Telezoom SP AF 1:5-6,3/200-500 mm Di LD [IF] lückenlos an das 70-200mm an. Aber das sind nicht die einzigen Rosinen, die es bei Tamron gibt. Weitere Infos zum gesamten Tamron-Sortiment finden Sie hier.

Urs Tillmanns

 

Technische Daten: Tamron 1:2,8/70-200 mm Di VC USD
Brennweite 70 bis 200mm
Lichtstärke 1:2,8 durchgehend
Kleinster Blendenwert 32
Gruppen / Linsen 17 / 23
Konstruktion Drehzoom
Formatabdeckung 36 x24 mm
effektiver Bildwinkel 34 bis 22 °(Vollformat)
Kürzeste Entfernungseinstellung 1,3 m
Max. Abbildungsmassstab 1:8
Anzahl Blendenlamellen 9
Filtergrösse 77 mm
Grösster Durchmesser x Baulänge 85,8 x 196,7 mm
Gewicht 1‘470 g
Farbausführung schwarz
Anschlüsse Canon, Nikon, Sony (Sony ohne Bildstabilisierung)
Preis CHF 2‘100.—(inkl. Mwst)

Tamron-Produkte werden in der Schweiz vertrieben durch
Perrot Image SA
CH-2560 Nidau
Tel. 032 332 79 79

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