Urs Tillmanns, 16. Juni 2013, 07:00 Uhr

Piero Rossi im Bergell mit der Leica Monochrom

Vom 20. Juni bis 20. September 2013 zeigt die Leica Galerie in Nidau Schwarzweissbilder aus dem Bergell, die Piero Rossi mit der Leica Monochrom fotografiert hat. Wir wollten von ihm wissen, welche praktischen Erfahrungen er mit dieser digitalen Schwarzweisskamera gemacht hat.

Piero Rossi liebt die Schwarzweissfotografie. Da kam die Leica Monochrom gerade richtig, um seine Impressionen des Bergells in einer hervorragenden Qualität festzuhalten, ohne die Bilder hinterher mit Kompromissen von Farbe auf Schwarzweiss wandeln zu müssen.

Das Bergell. Eine traumhafte und unverdorbene Landschaft, die Piero Rossi schon von Kindbeinen auf entdeckt und durchforscht hat. Eine Welt für sich. Rossi weiss, was ihn erwartet: «Freundliche Menschen, Stille, Momente des Innehaltens sowie eine Fülle von anmutigen, durch Menschenhand, der Geschichte und der Natur erschaffenen Schauplätzen, welche mit unendlicher Geduld darauf warten, entdeckt, berührt und fotografisch umgesetzt zu werden».

Heute kehrt er zum unzähligsten Mal wieder ins Bergell zurück, um eine neue Kamera zu erproben. Eine besondere Kamera …

Foto: Piero Rossi

 

Meine Erfahrungen mit der Leica Monochrom

Als Schwarz-Weiss-Fotograf versetzt mich die Leica Monochrom mit ihrer konsequenten «Schwarz-Weiss-Denke» beim Fotografieren stimmungsmässig in meine alten, analogen Schwarz-Weiss-Zeiten zurück. Sie weckt Erinnerungen an Erlebnisse und Emotionen. Etwa an die Begegnung mit dem amerikanischen Bluessänger und Pianisten Champion Jack Dupree, den ich als Fünfzehnjähriger mit meiner ersten Kamera, einer Kodak Retina IIIc, fotografieren durfte. Oder an den Kodak Technical Pan-Kleinbildfilm, welcher – von mir chemisch «weichgeklopft» – wunderbar tonwertreiche und scharfe Vergrösserungen erlaubte. Oder an meinen ersten Job, den ich 1975 – ausgerüstet mit einer Leica M3 – als Flughafenfotograf auf dem Flughafen Berlin Tempelhof ausüben durfte. Oder an meine riesige Toyo Field 8×10“-Laufbodenkamera und die ob der hohen Luftfeuchtigkeit auf einer Insel im indischen Ozean mit den Filmkassetten «verschweissten» und damit bis auf eine Aufnahme verloren gegangenen Planfilme. Oder an den legendären T-Max 400 Schwarz-Weiss-Film, an das warmtonige Agfa Record Rapid-Barytpapier, an die unzähligen Nächte im Fotolabor und an der Heissaufziehpresse.

Foto: Piero Rossi

Die Leica Monochrom ermöglicht mir allein schon durch das gute Feeling, welches mir diese Kamera immer wieder auf ein Neues vermittelt, ein noch entspannteres, konzentrierteres und kreatives Arbeiten. Man kann ohne Weiteres sagen: Sie beflügelt mich. Als Hobby-Fotograf, der seine Bilder nicht verkaufen muss und vorwiegend für sich selbst arbeitet, kann ich mir den Luxus erlauben, mich nicht in erster Linien an formalen und technischen Kriterien oder an Kundenbedürfnissen auszurichten, sondern nach Belieben nach Gefühl und Intuition zu arbeiten.

Foto: Piero Rossi

Zum «guten Gefühl» dieser Kamera passt auch, dass ihr konsequenter Schwarz-Weiss-Algorithmus es wie in der analogen Schwarz-Weiss-Fotografie voraussetzt, dass schon vor der Aufnahme festgelegt werden muss, wie Farben in Grauwerte umgesetzt werden sollen. Farbkanäle zur nachträglichen Umwandlung eines digitalen Farb- in ein Schwarz-Weiss-Bild in der Nachbearbeitung stehen bei Aufnahmen aus der Leica Monochrom nicht zur Verfügung. Dafür kommen wie zu Analogzeiten wieder Farbfilter zum Einsatz, welche auf das Objektiv aufgeschraubt werden. Der Wegfall der nachträglich und digital beliebig modifizierbaren Umsetzung von Farben in Grauwerte bedeutet für mich ein Mehr an Authentizität. Nicht, dass Aufnahmen aus der Leica Monochrom keiner weiteren Ausarbeitung bedürfen. Im Kern aber, also bei der Transformation von Farb- in Grauwerte, ermöglicht es die Leica Monochrom, dass ich mir, meinen Prävisualisierungen und meinen Sujets treuer bleiben kann, als mir dies allen anderen digitalen Kameras mit RGB-Bayer-Filter bisher möglich war.

Neben dem guten Feeling und dem Plus an Authentizität, welches mir diese Kamera vermittelt, kommen auch zahlreiche technische Besonderheiten meinen Bedürfnissen entgegen. Dazu zählen unter anderem folgende Pluspunkte:

Foto: Piero Rossi

• Durch den Wegfall des Bayer-Farbfilters vor dem Sensor der Leica Monochrom liefert jeder Pixel ausschliesslich Helligkeitswerte. Dies ermöglicht digitale Kleinbild-Aufnahmen in bisher unerreichter Schärfe und Dynamik. Das hohe Auflösungsvermögen wird vor allem bei Vergrösserungen im Format A2 (und darüber) evident. Das Plus an Dynamik habe ich erstmals diesen Winter beim Fotografieren auf der Insel Fuerteventura erfahren. Selbst extrem kontrastreiche Situationen im Sonnenlicht, bei denen ich früher auf eine Aufnahme immer verzichten musste, liessen sich mit der Leica Monochrom gut bewältigen. Verloren geglaubte Schattenpartien erwiesen sich in der Nachbearbeitung bis weit in die Zone II hinein als durchzeichnet.

Foto: Piero Rossi

• Die Informationen des Histogramms der Leica Monochrom basieren nicht wie üblich auf JPG-, sondern auf den tatsächlichen Rohdaten. Dies erlaubt mir eine hundertprozentig zuverlässige Kontrolle der Tonwerte, was wiederum dazu beiträgt, unnötigen Workaround zu vermeiden und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Foto: Piero Rossi

• Die eher flach verlaufende Tonwertkurve der Leica M Monochrom erlaubt eine gute Differenzierung der Mitteltöne und vor allem der Schatten. Das erleichtert es mir unter anderem, bei der digitalen Entwicklung und Ausarbeitung der Aufnahmen den von mir angestrebten «tonalen Schmelz» zu realisieren.

Foto: Piero Rossi

• Um den Dynamikumfang der Sensorpixel maximal auszunutzen, arbeite ich nur mit der Grundempfindlichkeit des Sensors (ISO 320). Bei Aufnahmen ab Stativ ist dies sowieso selbstverständlich. Von Kollegen, die ebenfalls mit dieser Kamera arbeiten, höre ich immer wieder, dass das Bildrauschen dieser Kamera selbst bei hohen ISO-Werten sehr moderat ausfallen soll.

Foto: Piero Rossi

Ein entsprechendes Knowhow vorausgesetzt ermöglicht es diese kleine, unauffällige und ganze 600 Gramm leichte Kamera in Verbindung mit den erstklassigen Leica-Objektiven, Schwarz-Weiss-Aufnahmen annähernd in Mittelformatqualität zu realisieren. Was will ich mehr? Als Hobby-Fotograf und angesichts der kurzen Zeit, in welcher die Kamera auf dem Markt ist, habe ich die mit der Leica Monochrom gegebenen Möglichkeiten erst ansatzweise ausschöpfen können.

Foto: Piero Rossi

Das Fotografieren bietet mir seit vielen Jahren die Möglichkeit, der Beschleunigung des Lebens und der zunehmenden Reizüberflutung, welcher auch ich in meinem Beruf als Psychologe und in meinem Lebensalltag ausgesetzt bin, Momente des Innehaltens und der Besinnung entgegenzuhalten. So verstehe ich meine Arbeiten denn auch in erster Linie als Seelennahrung für mich selbst.

Foto: Piero Rossi

 

Piero Rossi

Piero Rossi PorträtGeboren 1957 im Kanton Zürich. Studium der Psychologie an der Freien Universität Berlin. Seit 1985 tätig als Psychologe und Psychotherapeut, ab 1994 in eigener Praxis. Fotografiere seit der Kindheit. Mitte der 90er Jahre besuchte ich mehrere Schwarz-Weiss-Workshops bei Andreas Weidner. Realisierte in den letzten zwanzig Jahren private Fotoprojekte (Landschaftsfotografie) in der Libyschen Sahara, auf verschiedenen Inseln im indischen Ozean, in Marokko sowie im Maggia- und Verzascatal. Seit fünf Jahren fotografischer Schwerpunkt im Bündner Südtal Bergell, ergänzend: Fuerteventura. Bisher keine Ausstellungen.

Um allfälligen Missverständnissen hinsichtlich Interessenkonflikten vorzubeugen: Ich besitze weder Leica-Aktien, noch werden mir für Leica-Produkte irgendwelche «Prozente» oder andere Zuwendungen gewährt.

Sämtliche Fotos von Piero Rossi, www.fotolux.ch

 Weitere Informationen:
• zur Leica Galerie in Nidau
• zur Leica Monochrom

 

 

4 Kommentare zu “Piero Rossi im Bergell mit der Leica Monochrom”

  1. Piero Rossi sagt: „Ich besitze weder Leica-Aktien, noch werden mir für Leica-Produkte irgendwelche «Prozente» oder andere Zuwendungen gewährt.“
    Ich sage: „Dann macht er aber was falsch“!

  2. Es gibt Menschen Herr Palmers, die noch andere Werte kennen und schätzen als nur Geld. Solche findet man noch öfters in der Leica Gemeinschaft.

  3. Wirklich sehr schöne Aufnahmen, was einerseits das Schaffen des Fotografen, aber auch die Wiedergabe durch die Leica Monochrom anbelangt, soweit man dies in Webdarstellung sehen kann.

    Hatte mich letztes Jahr auch für die Kamera interessiert, doch war sie ja gar nicht lieferbar und es gab ja auch nirgends die Gelegenheit sie auszuprobieren.

    Interessant fände ich, wenn Fotointern Bilder aus der Monochrom mit konvertierten aus einer farbigen M oder aus anderen Kameras gegenüber stellen würde.

  4. Obwohl ich selbst seit Jahren nur noch in Farbe fotografiere, haben mich diese Schwarz-Weiss-Aufnahmen sofort fasziniert. Die grosse Spannbreite der Grautöne widerspiegelt sehr authentisch die jeweilige, manchmal fast märchenhafte Stimmung in der Natur. Das liegt sicher auch an der Qualität der Kamera, solche Landschaftsstimmungen wirken in Schwarz-Weiss oft eher sehr künstlich, sehr viel nachbearbeitet eben. Hier wirken die Bilder jeweils sehr natürlich, man kann den Nebel förmlich fühlen. Ich könnte direkt wieder Lust auf Schwarz-Weiss-Fotografie bekommen.

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