Seit etwa vier Jahren produziert Oliver M. Strate mehr oder weniger aufwändige Composings und ist damit gelegentlich Gast bei Fotointern.ch. In diesem Beitrag erläutert uns der Digitalkünstler den Entstehungsweg seines neuesten Werkes «Tumulus». Er zeigt uns Schritt fürt Schritt, wie er eine Idee mit Composing- und Digipaint-Technik in ein fantasievolles Werk umwandelt.
Sehr viel Arbeit hat im Vorfeld das Anlegen einer Fotosammlung mit allerlei Grünzeug gemacht. So wurden unzählige Baumstämme, Wälder und Büsche fotografiert. Da von Anfang an klar war, dass Tumulus von hinten bis vorne gestochen scharf sein sollte, mussten die Fotos bei Blende acht abgelichtet werden, um Unschärfen im Randbereich einzugrenzen.
Der Hintergrund besteht aus vier Baumschichten, wobei jede Schicht wiederum aus mehreren Bäumen besteht. Jeder Baum wurde mit einem Pfad freigestellt; da Rinde von Natur aus rauh und gewachsen ausschaut, habe ich mich dazu entschlossen, die Baumrindenstruktur des Randes via Paintingtechnik daranzumalen. Dazu dienten mir diverse selbst entwickelte Pinselspitzen mit Farb-, Grössen- und Winkeljitter. Ich glaube ich habe auf diese Art Bilder von circa 20 Bäumen erstellt.
Zwischen den Baumschichten wurden schwarze Flächen im Verrechnungsmodus «Weiches Licht» eingebaut. Unten viel mehr als oben. Dadurch entsteht der Eindruck, man sei auf einem Hügel oder Berg.
Nachdem die Arbeit am recht komplexen Hintergrund abgeschlossen war, konnten weitere Elemente ins Bild geholt werden. Der Waldboden besteht aus einem halben Dutzend Fotos von Ackerböden, Strassen und Waldwegen. Zufällig ergeben hat sich eine Steinkante, die als Diagonale den Blick des Betrachters auf den Bildmittelpunkt lenkt. Wir sehen hier meine Frau Alexandra, die immer geduldig meine Foto- und Bildarbeiten unterstützt. Das Gesicht wurde im hauseigenen Studio fotografiert. Damit der nach hinten geneigte Kopf vom Kinn bis zu den Haaren scharf ist, wurden nacheinander Bilder gemacht mit einer anderen Schärfeebene. So entstanden sechs Bilder mit unterschiedlichem Fokuspunkt welche via Masken zu einem scharfen Bild zusammengesetzt wurden. An den Wangen habe ich eine künstliche Porenstruktur aufgelegt da diese zu glatt schienen. Ich glaube zur Anwendung kam ein Foto eines Sandsteines. So hatte das Gesicht eine üppige Auflösung und eine akzeptalble Schärfentiefe.
Letzlich habe ich dann das Gesicht mit dem Pfad grob freigestellt, da die Freistellungskante im weiteren Verlauf mit reichlich Geäst und Grünzeugs verdeckt wird.
Unterhalb des Kopfes wurde ein Baumstumpf platziert. Diese beiden Elemente wurden vorerst grob verblendet. Dann habe ich eine Menge Äste und Gestrüpp ins Bild gemalt; gelegentlich wurde eine fotografierte Baumrindenstruktur via «weiches Licht» in das Bild hinein montiert. Längere Äste habe ich öfter mit dem Formgitter-Filter («Marionettenwerkzeug») transformiert und angepasst.
Irgendwann im Workflow habe ich mich spontan dazu entschlossen, das Bild zu beschneiden, um es dramatischer wirken zu lassen. Desweiteren sieht man schon den Schatten des Models im Hintergrund; ich fange jetzt damit an, das gesamte Bild wie aus einem Guss ausschauen zu lassen.
Dazu gehören die obligatorischen Lichtpunkte, eine Sonne im Hintergund und diverse subtile Lichtstrahlen, die durch die verschiedenen Baumschichten hindurch ihren Weg finden. In diesem Stadium habe ich mit einem Testpublikum gearbeitet. Dabei kam heraus, dass die «Risse» im Kinn zu dominant sind. Daher habe ich die hellen Kanten dieser Risse in der Deckkraft reduziert.
Abschliessend habe ich den gesamten Kopf mitsamt Dekoration und Effekten etwas verzerrt bzw. gestaucht, damit der Eindruck entsteht, das Model neige den Kopf etwas stärker nach hinten. Im Vergleich zu vorher entsteht so eine etwas gedrungenere Bildwirkung. Danach habe ich im Vordergrund noch einige Baumstämme platziert. Durch diese Einfassung – die quasi wie eine Vignette fungiert – verstärkt sich der räumliche Eindruck.
Oliver Strate (*1969) beschäftigt sich seit einigen Jahren mit Fotografie und Bildbearbeitung. Die Wurzeln seines Schaffens finden sich in den achtziger Jahren, wo mit C64 und Amiga erste Grafikdemos entstanden. Damals wurden seine Bilder nicht gemalt oder fotografiert, sondern mittels Quellcode in Assembler generiert. Heutzutage ist das Entwickeln eines Bildes weniger kompliziert, aber nicht minder viel Arbeit.