Urs Tillmanns, 3. November 2013, 07:00 Uhr

Wieso will der Staat jetzt auch die Ausweisbilder selbst machen?

Kleber Ausweisbilder weltweitNachdem die Passbilder der Fotofachhändler nur noch bedingt von den Amtsstellen akzeptiert werden, sollen nun auch Ausweisbilder für die Identitätskarte von den staatlichen Erfassungszentren erstellt werden. Damit entgeht dem Fotofachhandel nochmals ein wichtiger Geschäftszweig, der für viele Firmen existenziell sein könnte. Wir haben darüber mit dem Imagingswiss-Präsidenten Alex Mächler gesprochen.

Herr Mächler, im Jahre 2010 entschied der Bund den biometrischen Pass einzuführen und sagte damit dem Fotofachhandel das Ende des Passbildgeschäftes voraus. Seither scheint die Schweiz geteilt in 15 Kantone, welche die Passbilder in ihren Erfassungszentren selbst machen und zehn Kantone, welche die Ausweisbilder aus dem Fotofachgeschäft für Pass und ID weiterhin zulassen. Was soll nun in nächster Zukunft geschehen?

Alex Mächler: Da sich sehr viele Kunden noch heute über einen Gang in ein meistens weit entferntes Passzentrum ärgern, hat sich der Verband gemeinsam mit einigen Gleichgesinnten entschlossen, die ganze Thematik noch einmal aufzurollen. Ziel des neu gegründeten «Komitees gegen staatliche Fotografie» ist es, den Schweizer Bürgern die Wahlfreiheit wieder zugeben, ihre Ausweisbilder dort machen zu lassen,wo sie schon seit Jahrzehnten hingingen, nämlich zum Spezialisten für Porträts und Ausweisbilder. Selbstverständlich müssen wir aber auch die Verordnung ändern die das Mitbringen von Ausweisbildern zwar erlaubt, nicht aber mit einer Preisreduktion belohnt wird. Dies ist nach unserer Meinung eine grosse Ungerechtigkeit und verdient schon fast das Prädikat «Ausnutzen einer Monopolstellung» oder «unlauterer Wettbewerb». Gleichzeitig wollen wir uns auch gegen ein quersubventioniertes Ansinnen des EJPD wehren, das die Gemeinden gerade dazu auffordert die Ausweisbilder selber herzustellen.

 

Alex  MächlerAlex Mächler (50) ist Inhaber eines Fotofachgeschäftes in Galgenen SZ und Präsident des Fotofachhändler-Verbandes Imagingswiss.ch. Dieser vertritt die Interessen der rund 250 Mitglieder in der Schweiz, die in der gesamten Schweiz Fachgeschäfte und Verkaufspunkte für Fotografie und Digital Imaging-Produkte betreiben.

Es ist kaum nachvollziehbar, dass Fotofachgeschäfte seit Jahrzehnten als gute Partner der Amtsstellen nun ausgerechnet von diesen ernstlich in ihrer Existenz bedroht werden. Wir Fachfotografen stellen reglementskonforme Passbilder für die Botschaften aller Länder in der Schweiz her, doch sollen wir keine Ausweisbilder für den Schweizerpass machen dürfen. Das verstehen die Kunden ebenso wenig wie wir selbst …

Wie schlimm sind die Folgen für den Fotofachhandel und die Fotografen wirklich, wenn es tatsächlich soweit kommen sollte, dass das Einliefern von Ausweisbildern auch für die Identitätskarte nicht mehr zugelassen wird?

Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten, hängt Sie doch auch sehr von der Lage, aber auch betrieblichen Ausrichtung eines Fotofachgeschäfts ab. Grundsätzlich kann man aber davon ausgehen, dass es sehr viele Betriebe gibt, die über Jahrzehnte auf Passbilder spezialisiert waren und nun in ihrer Existenz bedroht sein könnten und dies mit Personalabbau kompensieren müssten. Damit verbunden wäre ein weiterer Abbau von Lehrstellen, was das Berufsbild des Fotofachangestellten in der Schweiz dramatisch schwächen könnte.

Ist es nicht ein Zeichen von Schwäche oder mangelnden Neuausrichtung wenn man Ausbildungsplätze mit dieser Frage verbindet?

Im Gegenteil, da ein Ausbildungsvertrag über eine Dauer von mindestens drei Jahren geschlossen wird, die Ausweisbilder und die damit verbundenen Folgegeschäfte aber eine wichtige Einnahmequelle bilden, sehen da sicher viele keine Zukunftsperspektive mehr und werden ihre Konsequenzen daraus ziehen.

Kleber Ausweisbilder weltweit

Dieses Logo bestätigt, dass in diesem zertifizierten Fotofachgeschäft Pass- und Ausweisbilder für alle Länder reglementskonform erstellt werden

Gibt es Zahlen oder Schätzungen dazu, zum Beispiel wie gross das jährliche Auftragsvolumen aller Imagingswiss-Mitglieder in etwa ist?

Letzte Erhebungen zufolge rechnen wir bei unseren Mitgliedern mit einem Jahresumsatzvolumen von Total 200 Millionen Franken davon dürften etwa fünf Prozent oder zehn Millionen Franken auf das Ausweisbild entfallen. Das ist für eine Branche, die seit Jahren in einem sehr schwierigen Geschäftsumfeld operiert, eine gefährliche Grösse.

Mit dem Projekt «NAVIG» (Neues Antragsverfahren für Identitätskarten bei den Gemeinden) des Bundes sollen künftig nicht mehr die Kantone sondern die Gemeinden entscheiden können, ob vom Antragsteller mitgebrachte Ausweisbilder akzeptiert werden oder nicht. Ist das nicht die Chance für den ortsansässigen Fotofachhändler, sich für diese Zulassungen stark zu machen? Wie wird er dabei von Ihrem Verband unterstützt?

Das sehen wir genauso, es ist die Chance die Passzentren mit all Ihren Nachteilen aufzuheben und den Gemeinden Ihre Kernkompetenz zurückzugeben. Gleichzeitig werden wir uns aber mit allen Mitteln dafür einsetzen, dass nicht die Gemeindeangestellten unsere Arbeiten machen, wozu wir ausgebildet wurden und auch über die nötige Sozialkompetenz verfügen.

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«Easy ID» ist eine neue Initiative des Fotofachhandels, um wenigstens das ID-Bild für den Fotofachhandel zu retten

Wie argumentieren Gemeinden, die durch das Selbsterstellen von Ausweisbildern die Existenz der ortsansässigen und steuerbezahlenden Fotofachhändler gefährden?

Mit dem Vorwand eines «Service Public» und strafen somit jeden, der sich seriös vorbereitet und alle nötigen Unterlagen zur Erstellung eines neuen Passes oder einer neuen ID, darunter auch ein korrektes Ausweisbild, mitbringt. So kann eine Person, die sich selbst mit einem Handy ablichtet und das Bild mit dem eigenen Drucker ausgibt darauf hoffen, dass die Amtsstelle das Bild nicht annimmt und halt ein neues kostenlos erstellt. Dabei wird der Inhaber des neuen Passes unter Umständen dadurch bestraft, dass er ein Bild von sich für die nächsten zehn Jahre im Pass oder auf der ID hat, dass er zuvor gar nicht gesehen hat und das ihm nicht gefällt.

Jetzt stellen ja nicht nur Fotofachhändler Ausweisbilder her, sondern auch Fotografen, und man kann diese auch in Fotoautomaten machen lassen. Sind Sie mit den entsprechenden Interessengruppen auch in Kontakt?

Dies ist geschehen und wir sind in sehr regem Austausch untereinander. Die Zusammenarbeit verläuft sehr positiv.

Imagingswiss ist in dieser Sache sehr aktiv. Wie stellen sich andere Verbände dazu, zum Beispiel die SWICO oder der Schweizerische Gewerbeverband?

Eine grosse Befriedigung ist der Rückhalt auch der grossen Organisationen, mit denen wir gemeinsam am Projekt arbeiten. Die SWICO aber auch der Schweizerische Gewerbeverband stehen uns mit Rat und Tat zur Seite. Insbesondere dürfen wir durch die Unterstützung des Lieferantenverbandes imaging.ch – Nachfolgeorganisation der ISFL – die Dienste der SWICO vollumfänglich benutzen. Dort stehen uns sehr kompetente Personen unter der Leitung von Jean Marc Hensch zur Verfügung. Nach einem Presse Communiqué der SWICO wurden auch bereits einige Medien aktiv und die Sache kommt langsam ins Rollen.

Zwei Szenarien: Erstens, der Bund will, wie ursprünglich geplant, die Herstellung der Pass- und ID-Bilder über die kantonalen Erfassungszentren nun doch selbst übernehmen, und zweitens, der Bund überlässt die Beschaffung der Ausweisbilder für Pässe und IDs den Gemeinden? Welches Szenario halten Sie für wahrscheinlicher, und wie würde Ihr Verband darauf reagieren?

Ein Blick in die Zauberkugel? Wenn überhaupt, dann das zweite! Ich denke der Bundesrat wird sich hüten weitere, unnötige Einschränkungen in Bezug zur Wahlfreiheit der Bürger vorzunehmen. So oder so werden wir mit einem ganzen Strauss an Reaktionen aufwarten, dies mit konkreten Lösungsvorschlägen für die jeweiligen Gemeinden, aber auch mit rechtlichen Schritten um unsere Grundrechte zurückzufordern. Wir wollen auch Ungerechtigkeiten wie Quersubventionierung aber auch Bevormundung von unbescholtenen Bürgern bekämpfen.

Herr Mächler, wir danken Ihnen bestens für dieses Gespräch.

Interview: Urs Tillmanns

 

 

4 Kommentare zu “Wieso will der Staat jetzt auch die Ausweisbilder selbst machen?”

  1. will der Staat wieder „Fischen“ auffrischen.
    Da will man weniger „mobilisieren“ und der Staat zwingt einem dazu.
    Sicher für Behinderte sehr Aufwendig.
    der Staat soll Arbeitgeber sein, nicht „Arbeitwegnehmer“

  2. Es geht simpel und einfach um die bisher NICHT öffentlich kommunizierte aber geplante Codierung der Passbilder unter anderem. Gleichzeitig sollen Personalfichen mit Foto von sämtlichen Bürgern angelegt werden, die einen Pass beantragen. Es geht also um die vollständige Kontrolle und klar geht es den Ausgabestellen zusätzlich auch um das Abzocken von exorbitanten Gebühren!

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