UPDATE Dass gute Porträtfotografie nicht nur in grossen Agglomerationen gefragt ist, zeigt das Studio von Peter Zbinden und Ruth Clalüna-Zbinden in Schwarzenburg. Sie sind mehr als nur die Dorffotografen, denn die Kunden kommen aus Freiburg und Bern zu ihnen, um andersartige Porträts zu bekommen.
Um in der Porträt- und Peoplefotografie erfolgreich zu sein, ist nicht unbedingt der Standort entscheidend. Schwarzenburg, ein Sechstausend-Seelendorf, eingebettet in eine sanfte Hügellandschaft, liegt mittig zwischen Freiburg, Thun und Bern. Und vielen ist Schwarzenburg auch bekannt von ihren Militär- und Zivildiensten. Die Geschwister Peter Zbinden und Ruth Clalüna-Zbinden betreiben hier ein Fotostudio bereits in der dritten Generation. Nein, Verkauf hätten sie keinen mehr. Schon seit zwanzig Jahren nicht mehr, «wir konzentrieren uns auf unsere kreativen Stärken» meint Ruth Clalüna-Zbinden, die kürzlich als erste Frau Europas mit dem Gold Master of ColourArt Photo International ausgezeichnet worden ist, wo beide Mitglied sind. Ihre Stärken, das sind Porträts, Baby-, Kids-, Gruppen- und Familienbilder, Akt- und Paaraufnahmen, aber auch Schülerfotografie, Bilder für Banken, Immobilien-Generalunternehmen und für das lokale Gewerbe.
Peter Zbinden und Ruth Clalüna-Zbinden sind in ihrem gemeinsamen Betrieb in Schwarzenburg auf People-Fotografie spezialisiert
Ob dazu das Einzugsgebiet von Schwarzenburg reicht? «Der Eindruck täuscht» erklärt Ruth, «denn in den letzten Jahren hat es sehr viele Neuzuzüger in Schwarzenburg gegeben. Viele Familien kommen auch alle paar Jahre wieder zu uns, meistens wenn es wieder Nachwuchs gegeben hat.» Zudem reiche das Einzugsgebiet von Bern bis Freiburg, das nur eine Viertelstunde entfernt sei. Dort gäbe es eine gute, aber auch sehr anspruchsvolle Kundschaft, die auch einen andern Zugang zu guter Fotografie hätte.
Ruth Clalüna-Zbinden «Vom Leben gezeichnet», Gold-Auszeichnung 2005
Die Konkurrenz im eigenen Hause?
Das Fotostudio Zbinden kann auf eine langjährige Tradition zurückblicken. 1934 hat Vater Robert Zbinden – der als gelernter Elektromechaniker und Fotograf noch viele andere Begabungen, wie Konditor und Büchsenmacher besass – hier in Schwarzenburg das alteingesessene Fotogeschäft von seinem früh verstorbenen Onkel Paul Zbinden übernommen. Damals war die Arbeit des Dorffotografen noch vielseitiger als heute, denn man holte den Fotografen immer dann, wenn im Dorf etwas los war, an Volksfesten, an Hochzeiten, aber auch bei Unglücks- und Kriminalfällen war er dem Dorfpolizisten ein unverzichtbare Hilfe.
Dann war auch die Berufswahl am Familientisch kaum ein Thema? «Für mich nicht» meint Peter, der seine Lehre bei Vater absolvierte. Anders Ruth: Sie hatte in Bern bei Foto Zumstein eine Lehre gemacht und hat danach ihre Fotografenausbildung in Deutschland weiterverfolgt. Irgendwann habe es sich dann aufgedrängt, den Familienbetrieb gemeinsam zu übernehmen und weiter zuführen, «weil wir uns einerseits sehr gut gegenseitig ergänzen, obwohl heute jeder seine Stammkundschaft pflegt und seine besonderen Vorlieben hat.»
Peter Zbinden «Corinne»
Das Hauptgeschäft sind Personenbilder – Porträts, Paaraufnahmen, Gruppenbilder, aber auch Aktaufnahmen, welche Kundinnen und Kunden von sich bestellen. «Und dies zunehmend, und ohne, dass wir diesen Bereich besonders bewerben. Es spricht sich herum, dass wir aussergewöhnliche und ästhetische Aktbilder machen, und da wollen immer mehr Frauen, aber auch Männer, Aktdarstellungen von sich. Oft sind es junge Leute, die ihrem Partner ein besonderes Geschenk machen wollen, aber auch ältere, sogar Paare, die sich nochmals so im Bild in Erinnerung behalten möchten. Die Leute sind heute freier und offener als früher und mögen unsere zeitlose aber immer modern bleibende Fotografie…» meint Ruth.
«Gold Master» für Ruth
Foto Zbinden ist seit 1983 Mitglied von Colour Art Photo, eine europäische Vereinigung führender Porträtfotografen mit über tausend Fotostudios in zehn europäischen Ländern davon 60 in der Schweiz. Ruth Clalüna-Zbinden hat mit ihrer 10. Medaille aus verschiedenen nationalen und internationalen Portrait-Wettbewerben dieses Jahr als erste Frau in Europa den «Gold-Master» als höchste Auszeichnung der Colour Art Photo International errungen. Herzliche Gratulation!
Ruth Clalüna-Zbinden «Chaos», Gold-Auszeichnung 2012
Nützt einem ein solcher Titel etwas im Geschäftsleben? «Das kann ich nicht so beurteilen aber auf jeden Fall ist es beste und langanhaltende PR» meint Ruth. «Wir zeigen natürlich überall in unserem Erscheinungsbild das CAP-Logo, und dieses wird als Label für gute Porträtfotografie schon wahrgenommen. Was mir im Zusammenhang mit der Colour Art Photo unter anderem sehr viel wichtiger ist, ist der Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen im In- und Ausland ,andere Länder, andere Sichtweisen und der Wettbewerb, der daraus entsteht. Das spornt an und motiviert, immer noch bessere und andersartige Arbeiten zu schaffen. Dadurch wir die Porträtfotografie auch kreativer, sie bleibt nicht stehen und die Ideen fliessen auch in Kundenaufträge ein.»
Ruth Clalüna-Zbinden «Korpulent», 2011 Gold-Auszeichnung
Das Fotogeschäft im Wandel
Die digitale Revolution hat natürlich auch vor den Toren Schwarzenburgs nicht Halt gemacht. «Mit dem Aufkommen der Digitalkameras war uns schnell klar, dass der Verkauf dieser neuartigen Produkte wohl kaum nur auf den Fotofachhandel beschränkt bleiben würde, und dass damit ein konsequenter Preiszerfall die Folge sein würde» erinnert sich Peter. Und genau so kam es. «Wir haben rechtzeitig mit dem Geräteverkauf aufgehört und uns auf unsere Stärken, das Handwerk, konzentriert» fügt Ruth hinzu.
Peter Zbinden «du nord»
Und heute arbeiten die beiden natürlich digital – wie alle. «Ja, schon» meint Ruth, «aber meine schönsten Bilder sind Barytabzüge, die ich selbst im Labor vergrössert habe. Die haben einen Tonwertreichtum und eine Haptik, die mit dem besten Finart-Papier nicht zu erreichen ist.»
Dafür ist digital schneller und effizienter … «Ich weiss nicht» winkt Peter ab. «Heute macht man bei jedem Shooting zehnmal mehr Aufnahmen und hat damit eine Bilderselektion, die zum Auswählen auch zehnmal länger dauert und auf dem Monitor umständlicher ist als früher mit Leuchtpult und Blattkopie.» «Dann kommt das Entwickeln der RAW-Daten und die Bildbearbeitung und letztlich das Ausprinten hinzu» ergänzt Ruth, «das alles in allem kaum weniger zeitraubend ist, als früher die Laborarbeit. Zudem hatte das Bild in der Entwicklerschale, das langsam zum Vorschein kam, seine ganz besondere Faszination, die mit dem digitalen Umbruch völlig abhanden gekommen ist. Vielleicht wird die ‚Slow-Fotografie‘ wieder mal aufleben!»
Peter Zbinden «Mensch und Architektur»
«Was der Fotografie auch verloren ging, ist die Authentizität», fährt Ruth weiter. «In der analogen Fotografie hat man auf jedes Detail geachtet, weil man genau wusste, dass der kleinste Fehler später definitiv auf dem Bild störend ist. Heute ist man nachlässiger geworden und verschiebt oft die Feinarbeit leichtfertig auf die Nachbearbeitung im Photoshop. Oder man tauscht in einem Gruppenbild ein Gesicht aus oder fügt eine Person hinzu, die beim Shooting gefehlt hat. Einige Kunden wollen das, weil sie wissen, dass man das kann … wir halten uns damit jedoch sehr zurück.»
Peter Zbinden, «Zuckersüss»
Schwarzweiss im Trend
Die Tatsache, dass heute jeder fotografiert, und dazu noch in Farbe, bewirke einen Trend zurück in den Ursprung der Fotografie, nämlich hin zu Schwarzweiss. «Wir stellen immer wieder fest» konstatiert Ruth, «dass sich die Kunden immer häufiger wieder für Schwarzweiss-Porträts entscheiden – vorausgesetzt, dass die Prints auf einem passenden Papier in Finart-Qualität ausgeführt werden. Haben sich die Leute an der Farbe sattgesehen? Ist die Farbe zu realistisch? Oder ist dies ganz einfach eine Qualität, die weit über derjenigen liegt, die man mit dem Heimprinter erzielt?»
Ruth Clalüna-Zbinden «Cool Kits», 2008 internationale Auszeichnung Gold
Schwarzweiss war schon immer die Spezialität bei Foto Zbinden. Davon zeugen auch Abertausende von alten Glasplatten und Negativen, die seit Vaters Zeiten auf dem Dachboden schlummern.
Auf dem Dachboden warten zahllose Archivschachteln darauf für die Nachwelt gesichtet zu werden
«Ja, eines Tages müssen wir wohl dahinter, und diesen Bestand sichten und uns dann entscheiden was wir damit machen werden. Jedenfalls befindet sich hier ein Archiv, welches achtzig Jahre Zeitgeschichte lückenlos dokumentiert – denn Vater hat peinlich genau Buch geführt, und wir wissen von fast jedem Negativ genau wann es aufgenommen wurde und wer darauf zu sehen ist. Das ist wohl weitherum einzigartig.»
Urs Tillmanns
Bilder gehen ans Berner Staatsarchiv
Wie die Berner Zeitung am 10. Oktober 2021 berichtete, geht ein Teil der Bilder an das Berner Staatsarchiv. Dort werden sie digitalisiert und archiviert. (via 42mm.ch)
Wichtige Links:
Die Webseite von Foto Zbinden, Schwarzenburg,
von Ruth Clalüna-Zbinden und
von ColourArt Photo International