Anlässlich der 22. Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi zeigt das Olympische Museum in Lausanne vom 24. Januar bis 11. Mai 2014 eine Ausstellung zum Thema Sport in der Sowjetunion im Zeitraum von 1920-1930. Die Ausstellung ist einer spannenden Kunstperiode in der jungen UdSSR gewidmet und will mit Filmen und Fotografien daran erinnern wie die Avantgardisten das Bild des Sports in der ganzen Welt veränderten.
Die Ausstellung zeigt Werke avantgardistischer Künstler aus den Bereichen Fotografie, Kino und Grafik einerseits aus den Archiven des Olympischen Museums aber auch beeindruckende Leihgaben aus Privatsammlungen darunter Drucke, Fotografien oder Originalcollagen von Rodtschenko, Kubeev, Korbut, Krassinski, Riebicke, Steiner, Grschebina, Boucher, Staub, László Moholy-Nagy, Klucis und Skizzen von Varvara Stepanova entworfener Sportbekleidung.
Nikolai Kubeev: «Parade auf dem Roten Platz in Moskau» 1936, © courtesy Musée de l’Elysée
Auf dem Weg in die Moderne
Die Ausstellung beginnt mit der Idee des Sports in der Sowjetunion von 1920 bis 1930. Die gerade erst aus der Revolution hervorgegangene UdSSR beschäftigt sich mit der Körperkultur einerseits aus der Perspektive der körperlichen und moralischen Gesundheit der Bevölkerung sowie aus der Perspektive des kollektiven Wettbewerbs. Die UdSSR möchte das «tägliche Leben» revolutionieren und das Land auf den Weg in die Moderne bringen.
Nach der Revolution von 1917 war es das Ziel, Privilegien in der Gesellschaft abzuschaffen und der gesamten Bevölkerung, alle Arten von sportlichen Aktivitäten zugänglich zu machen. Die Besonderheit in dieser neu geschaffenen UdSSR war der unbegrenzten Zugang zum Sport, ganz im Gegenteil zum elitären Sport in Europa und den USA.
Alexander Rodchenko, «Sportparade», 1936 © courtesy Musée de l’Elysée, 2013, ProLitteris, Zürich
Von Avantgarde bis Massenkunst
Die russischen Avantgardisten nutzen die Sportparaden, Schwimmbäder oder Sportplätze um z.B. einen neuen fotografischen Ansatz auszuprobieren. Das Spiel mit dem Licht, die Erfassung der sportlichen Bewegung durch die Einführung einer künstlerischen Dimension, die Verherrlichung des Körper und seiner Schönheit sowie die Präzision der Bewegung führten sie zu einer neuen Darstellung des Sports, von der sich auch schnell internationale Fotografen und Filmemacher sowie die Massenmedien in ihrer Berichterstattung beeinflussten liessen. Auch Kunstfotografen und Amateure wurden in diese Bewegung involviert. Glücklich darüber, ein Teil dieser neuen Gesellschaft sein und überzeugt von den modernen Idealen fertigten sie Postkarten, Plakate, Textilien, Filme, Medien, Fotografien, Collagen und Zeitschriften an. Dabei kommt es zu einer spannenden Begegnung zwischen der Kunst, einem bis dahin der Elite vorbehaltenden Bereich und den Massenmedien.
Fedor Kislov, «Parade auf dem Roten Platz in Moskau», 12. Juli 1937, © courtesy Musée de l’Elysée
Eine neue Vision des Sports
Die Künstler und sowjetischen Sportverbände vertraten eine andere Auffassung von Sport, als die seit Ende des neunzehnten Jahrhunderts in Europa und Amerika verbreitete. Ihnen ging es nicht darum den Wettbewerb oder die individuelle Leistung zu fördern, sondern die Solidarität, die Gemeinschaft und die gemeinsame Freude in den Vordergrund zu stellen. Von dieser neuen Vision des Sports zeugen die, in der Ausstellung gezeigten Projektionen zweier Avantgarde-Filme von Dziga Vertov (Der Mann mit der Kamera), und seinem Bruder Michail Kaufman (Frühling) sowie die Fotografien von Rodtschenko und anderer Avantgardisten.
Alexander Rodtschenko «Sprung am Reck», 1936, Vintage Print. color pencil, Gouache. Collection Multimedia Art Museum, Moscow © 2013, ProLitteris, Zürich
Die Entwicklung des Bildes des Sports in der Welt
Die Ausstellung untersucht ausserdem, wie sich Mitte der 30er Jahre diese neuen Formen der sowjetischen Sportberichterstattung, auch auf andere Länder ausbreiteten.
Es kommt zu einem Vergleich zwischen der Russischen Vision und der, die Leni Riefenstahl den Olympischen Spielen 1936 in Berlin gab. Während in Berlin Hitler die Olympischen Spiele instrumentalisiert um Stärke und Dominanz zu demonstrieren, versucht die Arbeiterbewegung die Spartakiade auf die Beine zu stellen. Einen Einblick dazu gibt der der Film «Kuhle Wampe» von Dudow, Brecht und Eisler der, in der sportlichen Sequenz, dem «Nazi-Übermenschen» den neuen «Menschen der Arbeitswelt» gegenüberstellt.
Alexander Rodtschenko «Pferderennen, Rennbahn», 1935, Vintage Print. Collection Multimedia Art Museum, Moscow © 2013, ProLitteris, Zürich
Kurator der Ausstellung ist François Albera, Professor für Filmgeschichte und -ästhetik an der Universität Lausanne.
Weitere Informationen finden Sie unter www.olympic.org/museum
Eine Übersicht aktueller Ausstellungen und Veranstaltungsdaten finden Sie laufend auf www.fotoagenda.ch