Urs Tillmanns, 27. April 2014, 07:00 Uhr

Panasonic Lumix GH4: Erste Erfahrungen von Pascal Häusermann

Pascal Häusermann mit der GH4Die Lumix GH4 – Paradepferd von Panasonic – ist im Anmarsch. Pascal Häusermann, Leiter der Fotoschule «FotoTime», hat eines der ersten Exemplare in der Schweiz zum Testen gehabt. Wir haben ihn nach seinen Erkenntnissen und nach den Unterschieden zum bisherigen Modell Lumix GH3 befragt. 

Fotointern: Pascal Häusermann, Sie haben eine der ersten Lumix GH4 in der Schweiz in der Praxis erprobt. Welches ist Ihr erster Eindruck?

Pascal Häusermann: Zunächst erkennt man kaum Unterschiede zum Vorgängermodell GH3. Zwei, drei kleine Details, auf die wir noch zu sprechen kommen, aber sonst findet man sich an der neuen Kamera wie an der GH3 sofort zurecht. Die wichtigen Neuerungen spielen sich im Innern ab.

Lumix GH3 und GH4

Äusserlich unterscheiden sich die GH3 und GH4 kaum. Es geht um innere Werte

Und da geht es ja vor allem um die Videofunktionen …

Schon, aber nicht nur. Die Kamera hat einen neuen Sensor, zwar mit gleicher Auflösung von 16 Megapixel aber mit einer viel höheren Ausleserate und einer schnelleren Engine. Ausserdem hat die GH4 einen Monitor mit einer 50 Prozent höheren Auflösung und einem sehr schnellen Bilderwechsel. Dazu kommt ein Sucher mit einer 30 Prozent besseren Auflösung, der sich sehen lässt.

GH4_GH4_Muehlerad

Die GH4 hat einen neuen Sensor und eine schnellere Engine als die GH3. Die GH4 ist vor allem viel schneller und bringt etwas mehr Schärfe.

Wer ist die Kernzielgruppe für diese Kamera?

Der engagierte Hobbyfotograf und der Profi, vor allem jene Anwender, die jetzt in die beste Videoqualität einsteigen wollen – in die Welt von 4K. Es ist die erste 4K-Systemkamera des Marktes, und man kann sich damit jetzt die Videoqualität der nächsten Generation sichern – auch wenn man diese derzeit in Ermangelung entsprechender Peripheriegeräte wahrscheinlich noch nicht voll auskosten kann. Aber das dürfte sich relativ schnell ändern …

4K also ist die grosse Neuerung – und was noch?

Nun, wenn man sich mit den Menüdetails befasst, sieht man, dass die Kamera auf höchste Videoansprüche ausgelegt ist. So gibt es beispielsweise bei der Bildfrequenz ausser 25p und 50p bei PAL sowie 24p (23,98 fps), 30p (29,97 fps), 60p (59,94 fps) bei NTSC auch die Einstellung «24p Cinema», mit welcher die Bildfrequenz von 23,98 fps auf exakt 24 fps eingestellt werden kann, was «echte» Cinema-Produktionen erlaubt. Weiter einen Synchro-Scan zur Unterdrückung von Flackern beispielsweise bei einer Videoaufnahme unter Leuchtstoffröhren. Der Schwarzwert kann verstellt werden (16 – 235 oder 255 anstatt 0 – 255) und der Kreativ-Videomodus erlaubt einen Kinolook als «Digital- oder Videofilm». Die Kamera verfügt in Verbindung mit der optional erhältlichen Dockingstation (DMW-YAGHE) über die Möglichkeit neben dem HDMI-Ausgang einen Rekorder (z.B. den Aja Ki Pro 4K) direkt über den SDI-Ausgang anzuschliessen, um eine wesentlich grössere Datenmenge und ein besseres Signal mit mehr Farbtiefe effizient abspeichern zu können (4:2:2 bei 10 Bit). Für den Ton stehen regelbare XLR-Anschlüsse zur Verfügung. Das sind Eigenschaften, die bei anderen Video-fähigen Spiegelreflex- oder Systemkameras noch fehlen, die aber in der Welt der Videoprofis auch von Fotokameras zunehmend verlangt werden.

Lumix_GH4_H_FS14140_YAGH

Mit der Dockingstation DMW-YAGHE können mit der GH4 weitere Funktionen genutzt werden, die vor allem für das professionelle 4K Videofilmen wichtig sind

Da fallen die Speicherkarten deutlich ab …

Ja, man muss genau darauf achten, was man einsetzt, denn beim Videofilmen mit 4K fallen enorme Datenmengen an, und es sind nicht nur grosse Speicherkapazitäten gefragt, sondern auch sehr hohe Schreibgeschwindigkeiten. Unter 90 MB/s ist eine Karte kaum videotauglich, und mit einer Speicherkapazität von mindestens 64 Gigabyte oder sogar 128, fällt der Kartenpreis langsam ins Gewicht. Die Bitrate beim Filmen beispielsweise kann tatsächlich bis zu 200 Mbit/s betragen, was dann bereits Speicherkarten nach UHS-3-Standard erfordert.

Äusserlich ist die GH4 mit der GH3 fast identisch, und doch gibt es gewisse Unterschiede.

Es sind Kleinigkeiten, die mir aber eigentlich recht gut gefallen. Zum Beispiel ist das Funktionswahlrad jetzt verriegelt und verstellt sich im harten Profieinsatz – und dafür ist die Kamera gedacht – nicht mehr so leicht. Oder die Intervallfunktion wurde auf das linke Einstellrad der Bildfolge/Selbstauslöser gelegt, was für mich sehr praktisch ist. Hier ein kleines Detail: Wenn ich einen Bildintervall einstelle, zum Beispiel 40 Aufnahmen mit einem Intervall von 10 Minuten, zeigt mir die Kamera sofort an, um welche Zeit die Bildfolge abgeschlossen sein wird. Ich kenne keine andere Kamera, die mir diese doch recht nützliche Information angibt.

GH4 neue Elemente

Kleine Details: Die Intervallfunktion ist neu auf dem linken Einstellrad, und das Programmwahlrad ist verriegelt

Die GH4 gleicht ihren Vorgängermodellen im grossen Ganzen. Was sagen Sie zum Handling und zur Kameragrösse?

Zunächst ist die Kamera deutlich kleiner als professionelle Spiegelreflexmodelle. Dieser günstigere Formfaktor hängt natürlich auch mit dem kleineren Sensor und dem substituierten Spiegelkasten zusammen. Vielleicht sieht die GH4 etwas weniger imposant aus als Profi-Spiegelreflexkameras, aber sie ist wesentlich leichter und liegt angenehmer in der Hand. Das merkt man vor allem bei langen Reportagen, wo einem das Handgelenk jedes Gramm dankt. Gerade bei solch langen Einsätzen liegt sie mit dem Handgriff sehr gut in der Hand, und sie ist durch ihre geringeren Abmessungen auch in der Bedienung ergonomischer als vergleichbare Modelle.

Was fehlt an der GH4 Ihrer Meinung nach?

Was an der GH4 im Gegensatz zur GH3 fehlt, sind die Motivprogramme. Nun kann man argumentieren, dass diese vor allem von Amateuren genutzten Programme und an einer Profikamera nicht benötigt werden. Ich bin da nicht ganz dieser Ansicht, weil viele dieser Programme – bei der GH3 sind es 23 – gewisse Parameter verändern, die man an der Kamera gar nicht oder nur sehr umständlich anwählen kann. Die Farbqualität zum Beispiel oder die partielle Unschärfe, die bei gewissen Motiven viel zum besseren Foto beitragen.

GH4 Available Light

Available-Light Aufnahme mit 4 Sekunden Belichtungszeit bei Blende 5,6 und ISO 200. Objektiv: Lumix G-Vario 4.0/7-14 mm

Sie hatten die Kamera nun seit etwa zwei Wochen im Einsatz. Wie sieht es mit dem Energieverbrauch aus?

Dieser ist gegenüber der GH3 und besonders im Vergleich mit der GH2 massiv verbessert worden, obwohl die Kamera durch die höhere Auflösung des Monitors und Suchers sowie der viel schnelleren Engine eigentlich vermeintlich mehr Energie benötigen sollte. Während ich mit der GH2 etwa 380 Bilder mit einer Akkuladung machen konnte, waren es bei der GH3 etwa 500 und bei der GH4 reicht eine Ladung für rund 700 Aufnahmen – dies bei vergleichbarem Einsatz. Die Energieverwaltung ist ganz deutlich besser geworden – aber auch die Akkus werden technologisch laufend optimiert.

GH4 partielle Farbe_750

«Selektive Farbe» ist eine von 21 Creative Control-Funktionen der neuen Lumix GH4

Nun sind ja immer grössere Sensoren im Trend, bis hin zu Vollformat. Fällt da die GH4 mit dem Micro Four Thirds Sensor, erst noch im Seitenverhältnis 4:3, gegenüber anderen Profikameras ab?

Eine Gretchenfrage! Und es kommt sehr darauf an, was man vor allem fotografiert. Ich brauche die Kamera sehr oft im Studio und schätze gerade bei Sachaufnahmen den Gewinn an Schärfentiefe gegenüber einer APS-C oder einer Vollformatkamera. Dort muss ich wesentlich stärker abblenden, um den gleichen Effekt zu erzielen und komme, je nach Objektiv, schon in den Bereich von schärferaubenden Beugungserscheinungen. Auch was das Seitenverhältnis anbelangt, ist der Sensor mit 4:3 auf der sicheren Seite, denn oft wird diese Proportion von den Grafikern geschätzt, nicht zuletzt weil es sich an die amerikanischen Papierformate anlehnt. Ich sehe darin eher einen Formatgewinn, um den ich schon oft froh bin. Und wenn ich mir die jüngste Entwicklung bei den Mittelformatkameras und –Rückteilen anschaue, die fast alle und zunehmend mit 4:3 arbeiten, dann liegt die GH4 goldrichtig.

Aber man will ja nicht immer viel Schärfentiefe. Bei Porträts beispielsweise gibt es doch nichts Schöneres als ein dezentes Bokeh im Hintergrund.

Absolut. Das kommt auf das Objektiv drauf an. Porträtaufnahmen mache ich meistens mit einem 1,2/42,5 mm – das entspricht bei Kleinbild einem hochgeöffneten 85er – und freue mich jedes Mal über den schönen Hintergrundeffekt.

GH4 85mmF1.2 F2.5

Das Leica DG Nocticron 1,2/42,5 mm ist ein ideales Porträtobjektiv mit einer ausgezeichneten Schärfeleistung, hier bei Arbeitsblende 2,5

Was sind nach Ihrer bisherigen Erfahrung die wichtigsten Verbesserungen, abgesehen vom 4K-Video?

Punkte, die wir noch gar nicht angesprochen haben. Mit der neuen Engine ist die Kamera massiv schneller geworden, nicht nur in der Bildfolge – 12 B/s bei voller Auflösung gegenüber der 6 B/s der GH3–, sondern auch bezüglich der Schnelligkeit des Autofokus oder der Verschlusszeiten –1/8000 Sekunde respektive 1/250 Sekunde Blitzsynchronzeit. Zudem bringt der neue Sensor eine Verbesserung in der Schärfeleistung. Die Bilder sind eindeutig schärfer als diejenigen der GH3. Und letztlich ist die Rauschunterdrückung deutlich verbessert worden. Das merkt man vor allem bei Available-Light- und Nachtaufnahmen. Sicher gibt es Kameras mit mehr ISO – aber mir reichen saubere 3’200  bei der GH4, die im Bedarfsfall bis ISO 25‘600 erweitert werden können. Davon abgesehen ist die GH4 nebst WiFi- nun auch NFC-kompatibel und kann via Panasonic Image App von einem Smartphone oder Tablet aus gesteuert werden. Als weitere Weltneuheit kann eine Verbindung sogar über einen auf dem Kameramonitor angezeigten QR-Code aufgebaut werden, was sehr praktisch ist für Smartphones ohne NFC. Die Livebildanzeige auf einem externen Gerät für die Studiofotografie wird so zum Kinderspiel.

Wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Beispielfotos: Pascal Häusermann
Das Interview führte Urs Tillmanns

Die Lumix GH4 wird ab anfangs Mai 2014 im Schweizer Fotohandel verfügbar sein.
Weitere Informationen zur GH4 finden Sie auf Fotointern.ch oder bei Panasonic.ch.

 

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