Urs Tillmanns, 10. Juli 2014, 07:00 Uhr

Bericht über DGPh-Symposium: «Wie managen wir die Bilderflut?»

Die «Deutsche Gesellschaft für Photographie» (DGPh) veranstaltete zusammen mit dem Studiengang «Fotojournalismus und Dokumentarfotografie» der Hochschule Hannover am 20. Juni 2014 ein Symposium zum Thema «Wie managen wir die Bilderflut?». Der vorliegende Bericht enthält einige interessante Aspekte zu einem wichtigen Thema, das alle Bildschaffenden betrifft.

 

Zum zweiten Mal fand parallel zum Lumix-Festival im Juni ein  Symposium der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) und der Hochschule Hannover im Planet MID auf dem Expo-Gelände in Hannover statt. Dr. Reiner Fageth, Vorsitzender der DGPh-Sektion Wissenschaft & Technik eröffnete das gut besuchte Symposium.

Peer Rüdiger, Gründer des visuellen Dienstleisters Medienhaven, fokussierte im ersten Vortrag auf seine Wahrnehmung der Probleme von Fotografen mit der Bilderflut. Photographen sollten sich nicht nur als visuelle Rohstofflieferanten verstehen, sondern den gesamten Workflow beachten, damit eine höhere Wertschöpfung erreicht werden könne. Handlungsbedarf sieht Rüdiger jedoch nicht nur bei den Fotografen, die Gefahr laufen, die Bildhoheit zu verlieren, sondern auch bei der Industrie, insbesondere den Softwareherstellern, die ein handhabbares Rechtemanagement entwickeln sollte. So könnten digitale Originale und Kopien voneinander unterschieden und verwaltet werden.

Juristischen Aspekten widmete sich Alexander Koch, Justiziar des Bundesverbandes professioneller Bildanbieter e.V. (BVPA). Der BVPA ist, wie die DGPh, Gründungsmitglied des gemeinnützigen Vereins Netzwerk Fotoarchive. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, zwischen Institutionen und Fotografen bzw. deren Erben zu vermitteln. Daher widmete der Referent sich vor allem Fragen im Umgang mit Bildbeständen und Archiven.

Eine medienwissenschaftliche Perspektive nahm Prof. Dr. Susanne Boll von der Universität Oldenburg ein. Durch die Digitalisierung habe es auch einen Wandel in den Forschungsschwerpunkten gegeben. Sei es in der vor-digitalen Ära vornehmlich um die Analyse von Bildinhalten gegangen, wären die Fragestellungen heute vor allem kontextbezogen, etwa bei der Untersuchung der Entwicklung hin zum zunehmend anspruchsvoller werdenden Kunden, der auch selbst als Autor auftritt. Nicht gelöst sei die private Archivierung. Selbst wenn die langfristige Speicherung von Fotos gelöst sein sollte, stelle die Bewahrung des mit den Bildern verbundenen Wissens ein ungelöstes Problem dar.

Ebenfalls aus der Sicht der Forschung berichtete Bernhard Reinert vom Max-Planck-Institut für Informatik. Er konzentrierte sich auf Fragen, wie einander ähnliche Bilder gefunden werden können. Neue Entwicklungen erlaubten es, Bilder anhand von Zeichenskizzen zu finden oder dreidimensionale Szenerien aufgrund der Bildkombinationen von vielen Photographien zu erzeugen.

Ganz aus dem Blickwinkel des erfahrenen Praktikers sprach der nicht zuletzt auf  Unterwasserthemen spezialisierte Fotograf Heinz Krimmer, Dozent an der Hochschule Hannover. Eine Bilderflut habe es eigentlich schon immer gegeben. Schon im 19. Jahrhundert habe man sich gefragt: «Wohin mit all den Glasplatten?» Neben der Einfachheit, mit der heute digitale Photos hoher Qualität herstellbar sind, sei das Internet die zweite Säule, auf der die Fotografie ruhe, denn noch nie sei es so einfach gewesen, Bilder zu veröffentlichen.

Aus dem realen Wahnsinn des redaktionellen Alltags berichtete plastisch und humorvoll Jörg Buschmann, seit zehn Jahren Fotochef der Süddeutschen Zeitung. Er schilderte einen typischen Arbeitstag, der mit 18’000 neuen Bildern seit dem Vortag begonnen hatte. Die Qualität der Fotos sei heute sehr gut. Nur gäbe es paradoxerweise keine Fotoikonen mehr, wie wir sie beispielsweise noch aus dem Vietnamkrieg kennen. Das tolle Foto von heute wird durch das tolle von morgen verdrängt. Aber auch unperfekte Bilder, vorzugsweise mit dem Handy fotografiert, gäbe es inzwischen sehr häufig, nicht zuletzt zu propagandistischen Zwecken.

Ebenfalls ganz aus der Praxis berichtete Andreas Gebhard, Director of Content Development bei Getty Images. Getty Images, wozu auch iStockphotos gehört, verfüge derzeit über etwa 90 Millionen digitale Bilder. Würden diese Fotos auf Fotopapier vorliegen und übereinander gestapelt, ergäbe dies einen Turm von 27 km Höhe! In seinem Vortrag gab Andreas Gebhard eine Menge praktische Tipps für die tägliche Arbeit des Fotojournalisten. Model und, in vielen Ländern notwendig, Property Releases seien für die Vermarktung kommerzieller Bilder unerlässlich. Ganz besonders ans Herz legte Gebhard den Fotografen, Arbeitsabläufe zu dokumentieren. Gerade vermeintlich alltägliche Vorgänge sollten nachvollziehbar beschrieben werden.

Im abschliessenden Vortrag referierte Axel Kossel, langjähriges Mitglied des Heise Verlags und Leiter des Ressorts Internet des c’t magazin für computertechnik über die Cloud als Photo-Archiv. Insgesamt riet er dazu, Cloud-Datenspeicher nur eingeschränkt und gezielt einzusetzen, und für die Archivierung auf bewährte, Festplatten-basierte Lösungen zu setzen.

Informationen zur DGPh: www.dgph.de

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