Die Lumix FZ1000 hat mit ihrem 16fach-Zoom 25 bis 400 mm, der hohen Lichtstärke von 1:2,0-4,0 und der 4K-Videofunktion im letzten Juni Schlagzeilen gemacht. Kürzlich konnten wir die Kamera auf ihre Stärken und Schwächen testen. Hier unsere praktischen Erfahrungen.
Die Lumix FZ1000 wirkt mit ihren wuchtigen Zoom und dem massigen Handgriff gross und klobig. Zum Glück hat mal irgendjemand den Ausdruck «Bridgekamera» erfunden, denn die FZ1000 ist ganz sicher keine Kompaktkamera, aber auch konstruktionsbedingt keine Spiegelreflex. Sie macht gewissermassen die «Brücke» zwischen beiden Kameraklassen. Auf den ersten Blick würde man sie leicht letzterer Kategorie zuordnen, und die Kritiker waren nach der Erstvorstellung der Ansicht, man würde sich für dieses Geld eher eine Spiegellose mit einem Kitobjektiv kaufen. Doch die Überlegung war falsch, denn es gibt kein 16-fach Zoom 25 bis 400 mm (entsprechend Kleinbild) mit Lichtstärke 1:2,8-4,0 im Markt! Und wenn es eines gäbe, dann wäre es nicht nur deutlich grösser als dasjenige an der FZ1000, sondern es wäre auch sehr viel teurer als diese Kombination. Kommt noch hinzu, dass die damaligen Meinungsbildner die Bildqualität gar nicht beurteilen konnten, weil sie die Kamera nur auf dem Papier gesehen hatten – beziehungsweise auf ihrem Bildschirm. Sonst hätten sie nämlich zugestehen müssen, dass das Objektiv der FZ1000 nicht nur bezüglich seiner Grösse und Spezifikationen, sondern auch qualitativ bisher einzigartig ist.
Möglich ist die Konfiguration 1:2,8-4,0/25-400mm allerdings nur, weil der 1-Zoll Sensor (gleiche Grösse wie Nikon CX und Sony RX-10 und andere) mit 13,2 x 8,8 mm trotz seiner 20 Megapixel gerademal ein Drittel von APS-C gross (bzw. klein) ist, was die Konstruktionsbedingungen für ein Objektiv dieses Lichtstärken- und Brennweitenbereiches begünstigte.
Gross, aber trotzdem handlich
Dass die Kamera zu den grössten Modellen der Bridgeklasse gehört, will niemand totreden. Doch auch hier muss relativiert werden. Erstens ist sie mit ihrem lichtstarken Riesenobjektiv und etwas mehr als 800 Gramm nicht nur verhältnismässig leicht, sondern man hält sie mit dem grossen Handgriff und der Daumenmulde auf der Rückseite fest und sicher in der Hand – im Quer- als auch im Hochformat. Dabei sind die Bedienelemente, sowohl das Programmwahlrad und die Funktionstasten auf der Oberseite als auch die Tasten und das Einstellrad auf der Rückseite der Kamera, ergonomisch platziert und gut bedienbar. Auch die Gummierung des Objektivs zeigt sich sehr griffig und bedienungsfreundlich.
Das Programmwahlrad bietet eine Auswahl von zehn Positionen, darunter auch intelligente Programmautomatik mit automatischer Motivanpassung, manuellen Motivprogrammen und Schwenkpanorama bis hin zu 22 Kreativfiltern sowie zwei Positionen für benutzerspezifische Einstellungen und natürlich die Videofunktion. Auf der linken Kameraoberseite findet man ein Einstellrad für die Anwahl von Einzel- und Serienbild bis zu 12 Bilder/s, Selbstauslöser, Reihenaufnahmen und Intervallfunktion.
Das hintere Einstellrad lässt sich nicht nur drehen, sondern es erreicht durch Drücken programmabhängig andere Parameter, z.B. die Belichtungskorrektur oder Blenden- und Verschlusszeitverstellung. Diese Doppelfunktion ist an sich vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, jedoch ist sie von den Lumix G-Modellen her allgemein bekannt.
Die insgesamt fünf Funktionstasten machen die Bedienung nicht unbedingt einfacher, zeigen aber anderseits die vielen Einstellmöglichkeiten auf, welche die FZ1000 für «Nicht-Grün-Fotografen» bietet. Die Funktionstasten lassen sich beliebig belegen, wobei die Funktionstaste 3 sinnvollerweise das Quickmenu in der Grundeinstellung zeigt, über welches alle wichtigen Einstellungen der Kamera erreicht werden können. Eine separate Funktionstaste dient der Zuschaltung auf WLAN, welche eine schnelle Bildübertragung über eine App (für iOs und Android) zulässt oder per NFC oder QR-Code oder mit manueller Adresseingabe die Verbindung herstellt. Die einfache Bedienung gilt grundsätzlich auch für den grossen Einstellring, der rund um das Objektiv angeordnet ist und entweder der manuellen Zoomverstellung oder der Fokussierung dient – bei Letzterem empfindlichkeitsgesteuert, je nachdem wie stark sie diesen andrehen. Allerdings steht der Einstellring relativ weit vor, so dass es schon vorkommen kann, dass man ihn versehentlich verstellt. Auch steht die Frage im Raum, ob zwei Ringe mit damit getrennten Funktionen besser bedienbar gewesen wären.
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Diaschau: Mit der Lumix FZ1000 auf dem Stanserhorn. Ein Erlebnistag mit Cabriobahn, Panoramafunktion, Extremzoom und Murmeltieren
RAW-Verarbeitung in der Kamera
Arbeitet man mit RAW-Daten, so ist es möglich die aufgenommener Bilder schon in der Kamera zu verarbeiten und den Farbraum (sRGB / AdobeRGB), den Weissabgleich, die Belichtungskorrektur, den Kontrast, das Lichter-/Schattenverhältnis, die Farbsättigung, die Rauschreduzierung und die Schärfe zu korrigieren. Auch die nachträgliche Anwendung der Lumix-Fotostile, der intelligenten Dynamik-Bereichskontrolle sowie der «Intelligent Resolution»-Funktion sind möglich. Das ist recht aussergewöhnlich und macht dann Sinn, wenn man seine Bilder gleich mit korrigierter Qualität und ohne die standardisierte JPG-Abspeicherung über die WLAN-Funktion weitersenden oder ins Netz stellen möchte.
Als Display hätte man sich gerne einen Touchscreen gewünscht, was heute schon mehr oder weniger «State of the Art» ist und ein probates Mittel, um Funktionstasten und Mehrfachbelegungen zu umgehen. Oder auch um das Autofokusfeld zu steuern. Auch die Auflösung des 3″-Monitors (7,6 cm Bilddiagonale) mit 921’000 Bildpunkten ist im Jahre 2014 eher an der unteren Grenze angesiedelt. Allerdings ist der Monitor nach oben, unten und zur Seite schwenkbar und lässt sich – für Selfie-Freunde – nach vorne drehen, wobei die dazu erforderliche Mechanik auf Kosten der Grösse ging. Hingegen ist der helle Bildschirm von allen Seiten her sehr gut einsehbar.
Der Schwenk- und Drehmonitor ist für aussergewöhnliche Perspektiven und Selbstporträts geeignet.
Den kleinen Minuspunkt beim Monitor macht dafür der elektronische Sucher wieder wett. Mit 2,36 Millionen Bildpunkten und einer angenehm schnellen Wiederholfrequenz von 60 B/s zeigt dieser ein klares und sehr helles Bild mit OLED-Qualität. Auch kann der elektronische Sucher in zwei Stufen heller und dunkler eingestellt werden. Der Augensensor sorgt dafür, dass der elektronische Sucher ein- und der Monitor ausgeschaltet wird, sobald man sich dem Suchereinblick nähert. Zudem können verschiedene Hilfsmittel eingeblendet werden wie das Histogramm, die Gitterlinien, eine 3D-Wasserwaage, die verstellbare Sucherlupe, das Fokuspeak und die Spitzlichtwarnung.
Eine Gradationskontrolle erlaubt es, entsprechend dem Live-View-Bild von Sucher oder Monitor, die Belichtung von Lichtern und Schatten über die vorderen und hinteren Einstellräder separat zu regeln. Drei Gradationskurven können als Voreinstellung zum schnellen Wiederaufruf gespeichert werden.
Erste «Kompaktkamera» mit 4K-Video
Die FZ1000 ist auch die erste Kamera mit fest eingebautem Objektiv, mit der 4K Videos (QFHD 4K 3‘840 x 2‘160 Pixel, bis zu 25 B/s, MP4-Format) mit 100 Mb/s aufgenommen werden können. Das ist ein Schritt in die nächste Videogeneration, die uns definitiv bevorsteht und auch auf der Photokina ein ernsthaftes Thema sein wird. Für 4K braucht es auch schnelle Speicherkarten, weshalb die FZ1000 die Verwendung der SDXC-Klasse U3 zulässt, was eine Aufzeichnungsgeschwindigkeit von mindestens 30 MByte/s ermöglicht. Mit der FZ1000 ist man hier bereits auf der trendigen Seite. Daneben werden auch konventionelle Video-Formate unterstützt, wie 1080/60p, 60i, 24p mit AVCHD. Videofilmer könnten an der FZ1000 einen integrierten ND-Filter vermissen.
Das Extremzoom 25-400 mm hat seine Stärken vor allem im Telebereich
Universelles 16-fach Zoom mit schnellem Autofokus
Das bereits eingangs erwähnte Zoomobjektiv Leica DC Vario-Elmarit 1:2,8-4,0/9,1-146 mm sucht seinesgleichen. Der Zoombereich von kleinbildäquivalenten 25 bis 400 mm (plus vierfach digital) deckt wohl die meisten Praxissituationen ab, abgesehen davon dass Nahaufnahmefreunde bis 3 cm mit Makrofunktion ans Motiv herangehen können. Dies allerdings mit dem Vorbehalt, dass man dabei in den wohl meisten Fällen in den Schattenbereich des Objektivs kommt. Bei diesem grossen Brennweitenbereich ist die Hybrid-Stabilisierung, welche die Verwacklungen um fünf Achsen kompensiert, ebenso nützlich wie akkurat. Die Qualität des Objektivs überraschte auch bei unseren Testaufnahmen, die wir hier mit einen 200%-Ausschnitt zeigen, weil die Unterschiede mit 100% zu wenig deutlich zum Ausdruck gekommen wären. Die obigen Testaufnahmen zeigen, dass das Objektiv vor allem im Telebereich seine Stärken hat, sogar mit dem vierfachen Digitalzoom, das besser ist als deren Ruf im allgemeinen.
Neben dem Zoombereich fällt auch der sehr schnelle Autofokus auf, der zudem flüsterleiser arbeitet. Zur schnellen und präzisen Scharfeinstellung verhelfen 49 Autofokus-Sensoren, doch lässt sich mit einem Autofokuspunkt die Schärfe auch manuell auf eine gewünschte Motivpartie legen. Laut Panasonic bringt ein neues Linearmotor-Fokussiersystem bei der FZ1000 eine bis zu 275 Prozent schnellere Fokussierung als bei der FZ200. Basis für die beschleunigte Fokussierung sei ein Hybrid-Kontrast-AF-System mit DFD-Technologie (Depth From Defocus). Es berechnet die Entfernung zum Motiv durch die Auswertung von zwei Aufnahmen mit unterschiedlichen Schärfeebenen unter Berücksichtigung der vom Objektiven kommenden charakteristischen Daten. Davon profitiert vor allen die Fokussierung mit längeren Brennweiten. So erreicht laut Hersteller die FZ1000 eine superschnelle AF-Zeit von nur 0,09 Sekunden bei Weitwinkel und 0,17 Sekunden bei Tele. Bei manueller Scharfstellung ist die elektronische Fokussierlupe eine ebenso grosse Hilfe wie die farbigen Kontrastkanten, welche die scharfen Partien deutlich farbig anzeigen.
Das Rauschverhalten der Lumix FZ1000 bei verschiedenen ISO-Werten
Bezüglich der Rauschunterdrückung bei hohen Empfindlichkeiten sind die Resultate der FZ1000 bis ISO 800 erwartungsgemäss gut. Aufnahmen mit ISO 1600 und 3200 zeigen bereits ein stärkeres Rauschen und eine damit verbundene Schärfeeinbusse. Bei ISO 6400 bis 12800 ist die Rauschunterdrückung voll in ihrem Element, so dass nicht etwa das Rauschen störend wäre, sondern eher der Schärfeverlust. Das ist in unseren Testaufnahmen deutlich an dem feinen Gitter vor dem mittelalterlichen Wandgrabmal zu erkennen, welches übrigens verhindert, dass dieses von den Tauben als Landeplatz missbraucht wird. Tipp: Über ISO 3200 sollte man mit der FZ1000 besser nicht gehen.
Fazit
Die Lumix FZ1000 ist aufgrund ihrer technischen Ausstattung eine ziemlich einzigartige Kamera, die am ehesten noch mit der Sony RX10 verglichen werden kann, die sich vor allem mit ihrem Achtfachzoom 24 bis 200 mm mit durchgehender Lichtstärke 1:2,8 von der FX1000 unterscheidet. Allerdings hat die FZ1000, durch ihr gigantisches Objektiv, annähernd die Grösse einer kleinen Spiegelreflexkamera und ist damit kaum eine «Immer-dabei-Kamera». Dennoch ist sie durch ihren Handbriff, den ergonomisch platzierten Bedienelementen und dem Gewicht von nur rund 800 Gramm sehr handlich. Sie bleibt trotz der vielfältigen technischen Features verhältnismässig einfach in der Bedienung, doch hätte man diese über ein Touchscreen noch verbessern können. Mit der 4K-Videofunktion dürfte sie sich als Bridgemodell den Platz eines Meilensteins sichern. Die FZ1000 macht als Topmodell dieser Kamerareihe von Panasonic einen allgemein guten Eindruck, auch was die Verarbeitung und die äussere Qualität betrifft.
Alles in allem ist die Kamera nicht nur bedienungsfreundlicher als ihr erster Eindruck, und man sieht in Anbetracht der vielfältigen fotografischen Möglichkeiten und der reichhaltigen technischen Ausstattung gerne über die etwas massige Form hinweg. Die FZ1000 fühlt sich an wie eine Spiegelreflexkamera, mit dem Vorteil, dass man einen riesigen Zoombereich durchgehend ohne Objektivwechsel nutzen kann und – im Gegensatz zu einer DSLR – nie Staub auf dem Sensor hat.
Urs Tillmanns
Hier finden Sie weitere Informationen:
• Erstvorstellung auf www.fotointern.ch
• Preodukteseite auf www.panasonic.ch
• Stanserhorn und Cabriobahn auf www.stanserhorn.ch
„Nie Staub auf dem Senso hat…“ ist eine falsche Aussage, welche ich schmerzlich feststellen musste. Das große Objektiv bringt beim Verfahren erhebliche Druckunterschiede im Gehäuse mit sich. Beim Ausfahren saugt der entstehende Unterdruck massig Luft ein und … Staub … Die FZ1000 ist sehr anfällig in staubiger und sandiger Umgebung. Das Fotografieren eines Ballspiels am Strand aus der Nähe sollte man tunlichst lassen. Das brachte mir eine Reparatur ein. RW