Urs Tillmanns, 7. Dezember 2014, 12:32 Uhr

Fujifilm X30 – der Philipp Lahm unter den Kameras

Seit Kurzem ist die Fujifilm X30 auf dem Markt. Peter Schäublin hatte eines der ersten Exemplare für einen Erfahrungsbericht mit auf einer Kurzreise nach San Francisco. Die Kamera erwies sich als ideale Reisebegleiterin mit einer guten technischen Ausstattung und einer sehr hohen Datenqualität. Hier seine Eindrücke.

 

Wenn ich meine Neffen nach den Namen berühmter Fussballer frage, zählen sie sofort die Namen der Weltstarts Messi, Ronaldo, Müller, Reus & Co. auf. Alles Stürmer. Irgendwann kommt dann noch Torwart Manuel Neuer. Und dann ist fertig. Doch es gibt die Fussballer, die sich ganz unauffällig in den Dienst der Mannschaft stellen und deren Namen in den Listen der Stars fehlen. Sie sind unentbehrlich, doch das merkt man erst, wenn sie nicht mehr da sind. Philipp Lahm ist so ein Spieler. Ein Weltklassefussballer, doch er fehlt eben meist, wenn man die Grossen des Spiels mit dem runden Leder aufzählt. Die Fujifilm X30 ist so eine Art Philipp-Lahm-Kamera. Sie drängt sich nicht auf, aber man merkt erst, wie unentbehrlich sie ist, wenn man sie wieder zurückgeben muss …

Fuji X30 Prod01

 

Liebe auf den ersten Klick

Ich gebe es zu – eigentlich bin ich kein Fan von Kompaktkameras. Irgendwie bin ich mit den meisten, die mir schon in die Hände geraten sind, nicht richtig zurechtgekommen. Ich möchte beispielsweise in gewissen Situationen einfach die Möglichkeit haben, das Bild im Sucher zu sehen. Und genau hier beginnt meine kleine Liaison mit der Fujifilm X30: Ich packe sie aus der Box und stelle positiv überrascht fest, wie wertig sich die kompakte Kamera anfühlt. Ich schalte sie ein, schaue durch den Sucher und bin platt: Ich bin ich über die Qualität des elektronisch eingespielten Sucherbildes – gelinde ausgedrückt – sehr erfreut. Es ist (noch) nicht auf dem Level eines optischen Suchers, aber es ist verblüffend gut. Chapeau Fujifilm, das habt ihr hervorragend hingekriegt.

Fuji X30 Zoomring

Zum Einschalten wird einfach der griffige Zoomring gedreht. Dahinter ist der Steuerring, der individuell belegt werden kann

Das Zoom lässt sich mechanisch verstellen und nicht über irgendwelche munzigkleine Tipptasten. Warum machen das andere nicht auch so? Ist das Objektiv ganz eingefahren, ist die Kamera ausgeschaltet. Ein Dreh am Zoomring, und die X30 erwacht zum Leben. Mit der Kamera am Auge lässt sich der Zoomring sehr gut drehen, und ich kann problemlos den Ausschnitt verändern. Hinter dem Zoomring befindet sich ein zweiter Ring, der sogenannte Steuerring. Dieser kann mit einem gewünschten Parameter belegt werden, z.B. Verstellung des ISO-Wertes oder der Weissabgleich. Der gewählte Parameter kann dann über diesen Steuerring blitzschnell verstellt werden. Mit Supermakro kann ich bis auf wenige Zentimeter ans Objekt rangehen. Toll. Und wenn der Philipp Lahm unter den Kameras mal Regeneration – sprich Strom – benötigt, kann ich die Kamera nebst dem Verbinden mit der Steckdose auch über ein USB-Kabel am Computer zum Auftanken anhängen. Viele schlaue Details also, über die sich die X30 ganz unauffällig zur geliebten Begleiterin mausert …

Fuji X30

Einfach und übersichtlich präsentieren sich die Einstellelemente. Das grosse Rad rechts für die Belichtungskorrektur lässt schnelle Eingriffe zu, ohne die Kamera vom Auge nehmen zu müssen

 

Fuji X30 Details

Nützliche Details: Das Schwenkdisplay für extreme Kamerapositionen und der Ausfahrblitz für die Gegenlichtaufhellung. Stärkere Blitzgeräte können mit dem Zubehörschuh verwendet werden

 

Autofokusfelder, soweit das Auge reicht

Ja, buchstäblich. Über das ganze Bildfeld verteilt hat die Fujifilm X30 von ihren Erbauern 49 Autofokusfelder spendiert bekommen. Über die Bedientasten auf der Rückseite der Kamera lässt sich das gewünschte Autofokusfeld blitzschnell anwählen.

Fuji X30 Autofokusfelder

Der Autofokus selbst – ein Kontrast- und Phasendetektions-Hybrid-System – macht auf mich einen sehr guten Eindruck. Ich habe keine Sportbilder mit der Kamera gemacht, doch im Reportagealltag hat das Scharfstellen immer schnell und präzise geklappt. Genial ist meines Erachtens auch der «Q»-Button auf der Kamerarückseite. Dabei steht «Q» wohl für «Quick», denn mit einem Druck auf diese Tasten erhalte ich die wichtigsten Parameter auf den Monitor, die ich dann über die Pfeiltasten und das Bedienrad schnell und unkompliziert einstellen kann.

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Faszinierende Architektur von San Francisco. Das kleinbildentsprechende 28mm-Zoom erweist sich als ideal

fujix30_Testbild02_1000

Dank dieser Qualitäten ist sie schnell zu meiner Alltagsbegleiterin geworden. Sie durfte sogar mit nach San Francisco, wo ich im Auftrag von fotointern.ch die neue Lytro Illum kennengelernt habe. Ganz in Philipp-Lahm-Manier war sie immer unaufdringlich an meiner Seite, bereit, im entscheidenden Moment einzugreifen, den Pass zu spielen und mir mein Bild zu ermöglichen. In den Strassen von San Francisco haben wir das eine oder andere Spontanfoto zusammen realisiert, und auch die Filmfunktion habe ich getestet und für sehr gut befunden.

fujix30_Video

Dass man den Monitor nun im Gegensatz zum Vorgängermodell X20 etwas schwenken kann, ist in manchen Aufnahmesituationen durchaus hilfreich. Die zweite Zeitzone, die man in der Kamera programmieren kann, kam mir natürlich bei der Reise über den grossen Teich sehr entgegen. Der Auslöser ist buttersanft, und wenn man das lästige Gepiepse abschaltet, kommt beim Fotografieren sogar so etwas wie Leica-M-Feeling auf. Oder eben wieder ganz wie Philipp Lahm – unauffällig, aber immer präzise und elegant.

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Die Nachtaufnahme rauscht mit ISO 3200 merklich. Dies dürfte inzwischen bei den finalen Kameras verbessert sein 

 

Darauf kann ich verzichten, aber sie lieben es vielleicht

Wie die meisten Kompaktkameras stecken auch in der Fujifilm X30 diverse Programme wie Porträt, Sport, Nacht, Nacht mit Stativ, Feuerwerk, Sonnenuntergang undsoweiterundsofort. Wer’s braucht, soll’s brauchen. Ich mache einen weiten Bogen darum herum. Deswegen kann ich dazu nichts sagen. Aber ich bin sicher, sie funktionieren genau so gut wie die getesteten Funktionen.

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Auch Freunde von Nahaufnahmen kommen voll auf ihre Rechnung: minimaler Objektabstand bei Supermakro: 1 Zentimeter

 

Ein erster Blick in die Daten

Ich fotografierte parallel in RAW und JPG. Trotz Cloud und permanenten Updates dauerte es eine ganze Weile, bis ich den RAW-Konverter für die X30-Files in meiner Photoshop-Software vorfand. Das ist wohl das Schicksal derjenigen, die Kameras vorab testen dürfen ;-). Schon die JPG-Files sehen sehr schön aus. Es ist einiges in den Daten drin, was nicht weiter verwundert, denn wegen der tiefen Auflösung von 12 Megapixeln sind alle übrigen Parameter – eben ausser der Auflösung – entsprechend besser. Übrigens verzichtet die X30 auf einen Tiefpassfilter, um auch damit mehr Qualität in die Daten zu bringen. Das mag bei gewissen Motiven Probleme mit Moiré ergeben, doch ist uns dies nicht aufgefallen.

fujix30_Testbild06

Wegen einer verlorenen Wette musste bzw. durfte ich meine Frau zum Essen ausführen. Die Fuji X30 kam mit und hat ganz unauffällig das feine Essen festgehalten. Bei vorhandem Licht mit ISO 1600 und Blende 2,8 – wirklich appetitlich …

Die 12 Millionen Bildpunkte reichen auch für den Alltagsbereich alleweil. Dachte ich. Bis vor Kurzem. Denn jetzt möchte ich einen iMac mit 5K-Retina-Display kaufen und stelle fest, dass die Datenmenge der X30 selbst ohne zu croppen nicht mehr reicht, um den ganzen Bildschirm mit seinen 14,75 Megapixeln zu bespielen. Ein kleiner Wermutstropfen, wenn man – zugegeben – sehr hohe Ansprüche an sein Equipment stellt. Der X30 wäre ein etwas höher auflösender Sensor wahrscheinlich sehr gut angestanden. Aber möglicherweise hätte darunter der Dynamikumfang der Kamera gelitten oder es hätte die Kamera so verteuert, dass sie über die psychologische Schwelle des offiziellen Listenpreises von 699 Franken zu stehen gekommen wäre. Zu diesem Preis ist die X30 eine richtig tolle Kamera mit einem überzeugenden Preis-/Leistungsverhältnis und einem sehr hohen Praxiswert.

Wer mehr Auflösung will, muss sich halt die Fujifilm X100 anschaffen – und dann aber auf das Zoom verzichten – oder sich die Fujifilm X-Pro 1 kaufen – und dann den schönen elektronischen Sucher entbehren und die Weihnachtsferien streichen, weil die Kamera mit Objektiven das Konto massiv mehr belastet.

Wie Sie sehen – die eierlegende Wollmilchsau gibt es auch bei den Kameras nicht, und die Fujifilm X30 wird sicher viele Fans finden, die genau das suchen, was dieses schnucklige Ding zu bieten hat.

Peter Schäublin, Fotograf, Texter, Filmer, Werber, Inhaber der 720 Grad GmbH

Die wesentlichen Merkmale der Fujifilm X30:

  • Elektronischer Echtzeit-Sucher mit 2,36 Millionen Pixeln
  • 12 Megapixel 2/3 Zoll X-Trans CMOS II Sensor
  • Sehr schneller Autofokus (0,06 Sekunden)
  • EXR Prozessor II
  • Hochwertig vergütetes FUJINON Objektiv mit manuellem 4-fach Zoom und  einer Brennweite von 28-112mm (äquivalent zu KB)
  • Lichtstärke F2,0 (W) – F2,8 (T)
  • Klappbares 7,6 cm (3 Zoll) LC-Display (920’000 Pixel)
  • Integrierter Super Intelligenter Blitz
  • Schnelle Einschaltzeit von 0,5 Sekunden
  • Schnelle Auslöseverzögerung von 0,01 Sekunden
  • Super Makro-Modus (1cm)
  • Motion Panorama-Modus 360°
  • Filmsimulationsmodi (Neu: «Classic Chrome»)
  • Kreative Filtereffekte
  • Q-Taste für häufig genutzte Menü-Einstellungen
  • Full HD-Video (1080p) mit 60 Bildern/s (alternativ: 50 Bilder/s, 30 Bilder/s, 25 Bilder/s oder 24 Bilder/s)
  • Manueller Fokus beim Filmen
  • Fokus Peaking Funktion (rot, weiß, blau)
  • Elektronische Wasserwaage
  • Live Histogramm
  • RAW-Format
  • Viele manuelle Einstellmöglichkeiten
  • Belichtungskorrektur (+/-3.0 EV)
  • Bis zu 470 Aufnahmen mit nur einer Akkuladung

Weitere Infos zur Fujifilm X100 finden Sie unter www.fuji.ch

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