Blitzen bei Tageslicht und ultrakurze Verschlusszeiten nutzen – hier stösst man immer wieder an praktische Grenzen. Werner Rolli zeigt in diesem Artikel die Problematik auf und erklärt, wie die HotSync Technik über die Runden hilft.
Warum lechzen Fotografen nach immer kürzeren Blitzsynchronisationszeiten? Ein Grund ist natürlich der Wunsch, schnelle Bewegungen einzufrieren. Je schneller die Bewegung, desto kürzer muss die Verschlusszeit ausfallen, sonst drohen Bewegungsunschärfen. Diese können zwar auch ihren Reiz haben, sind aber nicht immer erwünscht. Trendsportarten wie Ski- und Snowboard Akrobatik werden oft mit ultrakurzen Verschlusszeiten fotografiert.
Bild links: Eine Porträtaufnahme, entstanden mit neutralgrauem Dichtefilter und Blitzlicht. Bild rechts: Porträtaufnahme mit HyperSnyc Technik; Verschlusszeit. 1/8000s (Fotos: Werner Rolli)
Ein anderer Grund liegt in der Schärfentiefe bei Porträts «on location» begründet. An einem sonnigen Sommertag würde sich bei der heute üblichen Blitzsynchronzeit von 250 s selbst mit ISO 100 eine Blende von 16 oder noch kleiner ergeben. Gerade bei Porträts ist aber eine ultrakurze Schärfentiefe erwünscht. Und bei Modestrecken wird bewusst der Hintergrund unterbelichtet, damit die Textilien besser zur Geltung kommen. Auch das ist an einem sonnigen Tag nicht so einfach. Also bleiben zwei Möglichkeiten: Die Verwendung eines neutralgrauen Dichtefilters, was aber unter Umständen zu kompliziert ist, weil es mit zunehmender Dichte kaum noch möglich ist, schnell und präzise zu fokussieren. Ausserdem ist das ständige auf- und abschrauben schlicht nervig. Ideal wäre deshalb eben, eine kürzere Verschlusszeit.
Die Tricks der Blitzgerätehersteller
Die Hersteller von Kameras und Blitzgeräte haben mit verschiedensten Tricks die Synchronzeiten von Systemblitzen verkürzt. Dank der HiSpeed Synchronisation von Canon, dem FP-Modus von Nikon oder der HSS-Funktion von Sony lassen sich Systemblitze mittlerweile so manipulieren, dass mit Zeiten bis zu einer 8000 s geblitzt werden kann. Das Problem dabei: Reizt man diese Funktion aus und belichtet beispielsweise tatsächlich bei einer 8000 s, sinkt die Reichweite des Blitzgeräts unter einen Meter (bei ISO 100/f1:4). Wollte man diese Leistung verdoppeln, bräuchte es ein zweites Blitzgerät (Zugewinn 1 Lichtwert). Um nun einen weiteren Lichtwert zu gewinnen, müsste die Anzahl der Blitzgeräte wiederum verdoppelt werden, usw. In der Praxis bedeutet dies, dass die ISO-Einstellung erhöht werden muss. Trotzdem: Dank der oft eingebauten Fernsteuerung von Systemblitzgeräten oder entsprechenden Zubehören wie etwas Pocket Wizard Funkauslösern, ist es heute einfach geworden, völlig netzunabhängig und mit vergleichsweise leichten Gepäck irgendwo auf der Welt mit Blitzlicht zu arbeiten.
Die Pocket Wizard TT sind speziell für die HiSpeed, bzw. die HyperSync Fotografie entwickelt worden. Herkömmliche Pocket Wizard lassen sich für diese Technk nur eingeschränkt nutzen.
Fotografen wie Dave Black, Joe McNally und andere haben diese Technik perfektioniert. Der Vorteil: Selbst mit «nackten» Systemblitzen wirkt die Lichtquelle grösser (dank der Kombination mehrerer Geräte). Für die Befestigung von bis zu vier Geräten auf einem einzigen Leuchtenstativ gibt es eine grosse Auswahl an Zubehören diverser Hersteller wie Lastolite, Manfrotto und anderen. Diese Halterungen lassen oft auch die Befestigung eines Schirms zu oder passen in eine speziell dafür gefertigte Softbox oder andere Lichtformer. So lässt sich das Licht sehr präzise steuern. Natürlich ist das nicht ganz mit einem Studio zu vergleichen, doch was heute in der Reportage- und Location-Fotografie möglich ist, hätten wir uns vor 20 Jahren noch nicht träumen lassen.
Die Krux mit der kurzen Verschlusszeit
Im Studio gelten andere Gesetze als bei der Locationfotografie. Hier sollen die Bewegungen eines Models, Wassertropfen oder fliegende Rosenblätter eingefroren werden. Deshalb sind professionelle (und deshalb teure) Studioblitzgeräte mit ultrakurzen Abbrennzeiten gefragt.
Trotzdem darf die Verschlusszeit nicht kürzer als 1/250s werden (abhängig vom Kameramodell und Studioblitzanlage), sonst macht sich am unteren Bildrand ein hässlicher, schwarzer Streifen bemerkbar. Das liegt am Schlitzverschluss. Dieser öffnet nämlich das Bildfenster lediglich bei relativ langen Verschlusszeiten ganz. Spätestens ab einer 250 s aber (abhängig vom Kameramodell), schliesst der zweite Verschlussvorhang das Fenster wieder, bevor der erste dieses ganz geöffnet hat.
Der Schlitz des Verschlusses huscht über das Bildfenster. Das System-Blitzgerät löst mehrmals aus (was von blossem Auge wie ein Blitz aussieht). Die Leistung wird bei diesem Verfahren stark eingeschränkt, ermöglicht aber Blitzsynchronzeiten bis 1/8000s.
Die Grösse des Schlitzes wird im Wesentlichen von der eingestellten Verschlusszeit bestimmt. Der Schlitz bewegt sich mit gleichbleibender Geschwindigkeit über das Bildfenster, lediglich dessen Grösse verengt sich mit abnehmender Verschlusszeit. Profifotografen haben jahrelang mit Kameras fotografiert, in deren Objektive ein Zentralverschluss eingebaut war. Im Mittelformat ist dies durchaus üblich. In jüngerer Zeit gibt es auch Kompaktkameras mit Zentralverschluss. Hier öffnet sich das Bildfenster immer ganz. Damit können alle Verschlusszeiten auch zum Blitzen verwendet werden. Moderne Mittelformatkameras bieten mit entsprechenden Objektiven tatsächlich Blitzsynchronisationszeiten bis zu 1/1600 s. Der Nachteil des Zentralverschlusses: Meist ist bei 1/1000 s bis 1/2000 s Schluss, kürzere Zeiten werden nicht erreicht. Schlitzverschlüsse lassen hingegen Zeit von bis zu 1/16’000 s zu.
Links: Pocket Wizard TTeingestellt auf den Modus «Reduced Clipping». Dieser Modus verringert die Gefahr von schwarzen Balken bei Blitzaufnahmen mit kurzer Verschlusszeit. Rechts: Hier sind die PW auf maximale Leistung eingestellt, d.h., man nimmt als Fotograf den schwarzen Balken – verursacht durch den 2. Verschlussvorhang in Kauf, um die maximale Leistung des Blitzgerätes zu nutzen. Bei Aussenaufnahmen an sonnigen Tagen ist diese «schwarze Zone» oft gar nicht zu sehen. Fällt sie doch auf, so muss weitwinkliger fotografiert und das Bild entsprechend beschnitten werden.
HotSync löst das Problem
Seit einiger Zeit macht der Begriff «HotSync» die Runde. Hier werden Studioblitze (oder Akkublitzgeräte wie die Elinchrom Ranger, Protofo B2, Priolite) so manipuliert, dass sie auch mit kürzeren Verschlusszeiten verwendet werden können. Dabei gilt es folgende Tatsache zu beachten: In der Regel wünscht man sich im Studio Blitzgeräte mit sehr kurzen Abbrennzeiten. Für die HotSync-Technik eignen sich aber Blitzgeräte mit längeren Abrennzeiten besser. Bei diesem Trick wird mittels Fernsteuerung (z.B. Pocket Wizard) der Verschluss so gesteuert, dass wahlweise die maximale Leistung des Blitzgeräts genutzt wird, oder, es wird mit einer leichten Verzögerung ausgelöst, um die lange Abbrenndauer zu nutzen. Dabei hat man aber nicht die maximale Leistung des Blitzgerätes zur Verfügung.
Sportaufnahme mit 1/1600s fotografiert. Ausrüstung: Nikon D800, Pocket Wizard TT, Elinchrom Ranger Quadra.
In beiden Fällen entsteht am unteren Bildrand eine leichte Abdunkelung, bei voller Leistung ist diese markanter. Je kürzer die Verschlusszeit, desto mehr macht sich dieser schwarze Balken bemerkbar. Wird mit einem Weitwinkelobjektiv fotografiert, lässt sich dieser Balken in der Postproduktion wegschneiden (vorausgesetzt, man hat dies beim Fotografieren berücksichtigt und entsprechend mehr Raum um das eigentliche Sujet belassen). Beim Fotografieren im Freien ist diese Abdunkelung aber oft gar nicht zu sehen. Sie lässt sich zusätzlich verringern, wenn mit einer etwas längeren Zeit (maximal 1/1000s) fotografiert, bzw. die Auslösung leicht verzögert wird, um das «Nachleuchten» des Blitzgerätes zu nutzen. Diese Verzögerung wird vor der Aufnahme programmiert. Für die Feinabstufung hat Pocket Wizard eine eigene Website eingerichtet, auf der jeweils die aktuelle Firmware für die verwendeten Geräte abtrufbar ist. Über den USB-Anschluss lassen sich die Pocket Wizard problemlos auf die gewünschten Geräte abstimmen.
Modus Reduced Clipping (Standard):Optimiert HyperSync so, dass ein möglichst grosser Bereich des Bildes mit Blitzlicht versorgt wird. Eignet sich am besten für ultrakurze Verschlusszeiten. Kann einen Leistungsverlust in Bezug auf die Lichtausbeute des Blitzlichtes zur Folge haben (Verlust im Bereich von etwa 1 LW). Testaufnahmen anfertigen und ev. Zeit/Blende justieren. Beim Arbeiten mit dieser Methode entsteht ein sichtbarer Helligkeitsverlauf im Bild. Dieser kann durchaus hilfreich sein, etwa um einen sehr hellen Himmel abzudunkeln. Modus Highest Energy:Optimiert HyperSync so, dass eine möglichst hohe Lichtausbeute erzielt wird. Eignet sich am besten für Situationen, in denen möglichst viel Blitzpower gefragt ist. Deshalb nur zu empfehlen mit einer moderaten Verschlusszeit, z.B. 1/500s oder allenfalls 1/1000s. Bei zu kurzen Verschlusszeiten tritt ein schwarzer Balken am unteren Bildrand auf. |
Fotografieren mit der HotSync Technik braucht etwas Geduld, Experimentierfreude und Erfahrung. Wer aber eine moderne Bildsprache wünscht und den Aufwand nicht scheut, sollte es unbedingt ausprobieren.
Werner Rolli (Text und Fotos)
Weitere Infos
• Allgemeine Infos zum Thema Blitzlicht, englisch: http://www.strobist.blogspot.ch
• Website zum Thema HyperSync: http://wiki.pocketwizard.com/?title=Understanding_HyperSync_and_High_Speed_Sync
• Pocket Wizard: http://www.pocketwizard.com/inspirations/technology/hypersync_fpsync/
• Elinchrom Ranger ELB 400: http://www.elinchrom.com/articles/1502-crevasse.html
• Profoto, Hersteller von Blitzgeräten: http://www.profoto.com/blog/category/news-2/
• Priolite, Hersteller von Akku Blitzgerät für HyperSync: http://www.priolite.com/de/home.html
Noch ein TIP bei Abschatung am unteren Bildrand. Kamera auf dem Kopf stellen, der Himmel wird nicht durch den Blitz belichtet. Aber evtl. etwas kompliziert beim Fotografieren. 😉 Viel Glück und Spaß