Bièvres, ein Landstädtchen eine Zugstunde ausserhalb von Paris in der Nähe von Schloss Versailles, ist mit dem weltgrössten Fotoflohmarkt so etwas wie das «Mekka der Photographica-Sammler». Immer am ersten Juni-Wochenende pilgern sie hierher und suchen fotohistorische Kostbarkeiten oder nützliche Gebrauchtartikel. Dieses Jahr ist auch eine Gruppe von Fotohistory.ch dabei.
Fotohistory.ch ist auf Bildungsreise in Frankreich unterwegs. Nachdem wir einen Tag in der Region von Chalon-sur-Saône den Spuren von Nicéphore Niépce folgten (Bericht kommt noch), ist die Schweizer Gruppe Fotogeschichts-Begeisterter jetzt in Paris. Gestern ging es nach Bièvres, um den weltgrössten Fotoflohmarkt zu erleben, der jährlich am ersten Juni-Wochenende stattfindet. Rund 300 Anbieter – von Sammlern aus Leidenschaft bis zu Spezialhändlern – kreuzen hier aus allen Ländern mit ihren Kostbarkeiten auf.
Der Fotojahrmarkt findet im Stadtparkt von Bièvres statt, auf einer Fläche, die etwas mehr als zwei Fussballfeldern entspricht unter prachtvollen alten Bäumen, die an dem heissen Sommertag willkommenen Schatten spenden. Organisiert wird das Ganze bereits zum 52sten Mal von Fotoclub «Val de Bièvre», der neben der Infrastruktur für den Fotomarkt auch ein beachtliches Workshop- und Ausstellungsprogramm organisiert. Dieses Jahr ist die kulturelle Hauptattraktion eine Bilderschau der amerikanischen Fotografin Jane Evelyn Atwood, die noch bis 28. Juni 2015 zu sehen ist.
Bièvres ist auch bekannt für das «Französische Fotomuseum», das 1964 von Jean and André Fage gleichzeitig mit den Fotoflohmarkt gegründet wurde.Da es derzeit renoviert und völlig neu organisiert wird, kann es erst nächstes Jahr wieder besichtigt werden.
Nach einem ersten Rundgang ist sich die Schweizer Gruppe einig: Das Angebot ist überwältigend – vor allem quantitativ. Man findet fotografische Sammelobjekte aus allen Sparten, von der einfachen Boxkamera über ein uferloses Angebot an Sucher- und Spiegelreflexkameras, bis hin zu echten Raritäten, die in Mahagoni- oder Nussbaumholz mit blitzblanken Messingobjektiven die Gunst der vielen Besucher auf sich ziehen. Bièvres ist bekannt dafür, dass es hier noch seltene und gesuchte Stücke gibt – mehr als auf anderen Flohmärkten. Allerdings haben die schönen Stücke auch ihren Preis. Was schöne und gepflegte Ware ist, ist deutlich teurer geworden als noch vor wenigen Jahren.
Kameras soweit das Auge reicht. Der Fotoflohmarkt in Bièvres ist bekannt dafür, dass es hier noch seltene Stücke zu entdecken gibt …
… wie beispielsweise die komplette Fotoausrüstung mt den dazugehörenden Chemikalien aus den 1920er Jahren
Reisekameras sind noch erstaunlich viele zu finden – diese 13×18 cm sogar mit Verschluss, der sehr oft fehlt
Hier funkelt wieder altes Holz und poliertes Messing. Die teureren Stück befinden sich im Hintegrund und werden nur auf Verlangen hervorgeholt
Ein seltenes Stück (rechts): Die «Parvo» des französischen Konstrukteurs Joseph Jules Debrie gehörte in den 1920er Jahren zu den besten 35mm Filmkameras. Hier eine komplette Ausrüstung mit acht Objektiven – für 18’000 Euro.
Kostbare Leicas, Contax‘ und die Schweizer Alpas sind an vielen Ständen zu finden. Ob die Preise so hoch sind, weil sich die Besitzer eigentlich nur ungern davon trennen?
Professionelles Equiment, vor allem Laborgeräte, gibt es en masse. Obwohl die meisten noch in Top-Zustand sind, gibt es kaum noch Liebhaber dafür – oder vielleicht noch nicht?
Eine Top-Rarität ist dieses Vallentin-Porträtobjektiv aus dem Jahre 1858. Ob es wirklich für anvisierten 6000 Euro den Besitzer wechselt?
Fotos mehr oder weniger bekannter Fotografen gibt es an vielen Ständen. Oft macht man hier interessante Entdeckungen und kann für ein Schnäppchen einen Klassiker erstehen
Daguerreotypien und Ambrotypien gehören zu den seltenen Stücken. Allerdings sind die schönsten Stücke bereits in festen Händen.
Fotobücher kistenweise. Die Nachfrage ist mit dem Aufkommen des Internet enorm zurüchgegangen und auch Bildbände finden kaum noch Käufer
Kameras, das Stück für 10 Euros. Na ja, bevor die billigen Sucherkameras in schlechtem Zustand im Müll landen kann man ja nochmals versuchen, ob das eine oder andere Stück doch noch für einen Zehner geht …
Stereokameras und -betrachter finden eine steigende Nachfrage. Ob man sich am 3D-Fernsehen schon satt gesehen hat und wieder zu den Wurzeln zurückkehrt?
Bièvres ist für ein breites und gutes Angebot bekannt. Der Besuch lohnt sich und macht grossen Spass.
Nach einem spannenden Tag sind sich die Fotohistory-Mitglieder einig: Den weltgrössten Fotoflohmarkt im idyllischen Städtchen Bièvres muss man mal gesehen haben, und wer wirklicher Fan von Photographica ist, wird öfters hierhin zurückkehren – das nächste Mal am 4. und 5. Juni 2016.
Text und Bilder: Urs Tillmanns (mit einer Samsung NX1)
Weitere Informationen über den Fotoflohmarkt in Bièvres gibt es unter www.foire-photobievres.com
Weitere Veranstaltungstermine von Fotomärkten, Sammlerbörsen, Messen, Fotokursen und Reisen finden Sie regelmässig aktualisiert auf www.fotoagenda.ch