Für das erste «Hands-on» der Lumix GX8 fuhr Fotointern.ch am 1. August 2015 mit dem Roten Pfeil in den Jura, besichtigte dort eine stockdunkle Asphaltmine, dann ging’s zum Feuerwerk nach Neuchâtel und wieder zurück nach Zürich. Die Erlebnisse wurden mit der neuen Lumix GX8 festgehalten.
Eisenbahnfans muss man die Geschichte des Roten Pfeils «Churchill» nicht erzählen. Er wurde 1939 im Hinblick auf die Landesausstellung als Salonwagen gebaut und war – wie ähnlich aussehende Schnelltriebwagen – eine Sensation, wo immer diese aufkreuzten. Den Übernamen «Churchill» hat er nach 1946 bekommen, nachdem der britische Kriegsminister Sir Winston Churchill just in diesem Luxuszug die Schweiz bereiste und dabei Grussbotschaften an die Schweizer Bevölkerung richtete, die noch lange und weltweit nachhallten. Legendär darunter auch seine berühmte Rede vom 19. September 1946 an der Uni Zürich mit seiner Vision der Europäischen Union und der geforderten Koalition von Frankreich und Deutschland – dies nur ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Und mit diesem legendären zweiteiligen Roten Pfeil führt die SBB-Tochtergesellschaft RailAway heute Sonderfahrten durch, welche die Herzen von Eisenbahnfans höher schlagen lassen.
«Churchill», der einst schnellste Triebwagen der SBB, ist der älteste Personenzug der Schweiz, der heute noch – beziehungsweise nach einem Dornröschenschlaf wieder – in Betrieb steht
Oft muss Sir «Churchill» auf seinen Fahrten eine Pause einlegen und irgendwo abseits stehen, um ein paar schnellere IC’s vorbeisauen zu lassen, damit diese ihren engen Fahrplan einhalten können. Es ist eine gemütliche Fahrt, bei der man die Landschaft geniessen und den Leuten zuwinken kann, die dem Veteran ebenso staunend wie neidisch nachsehen.
Zwischendurch darf man auch auf den Führerstand und die Fahrt im nostalgischen Cockpit erleben.
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Diaschau mit Impressionen aus dem Roten Pfeil «Churchill» Rae 4/8 1021
In der Asphaltmine von La Presta
Die Fahrt führt via Biel-Bienne durch das Val St.Imier nach Chaux-de-Fonds, dann mit dem Bus mit Zwischenhalt am kältesten Ort der Schweiz «La Brévine» nach La Presta im Val de Travers. Hier ist die einzige Asphaltmine der Schweiz zu besuchen, die während mehr als einem Jahrhundert ein grosser Teil des Weltbedarfs für Strassenbeläge gedeckt hat. Die «Asphaltkuchen» aus dem Val de Travers wurden vor allem in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts in die ganze Welt exportiert.
Churchill» vor der einzigen Asphaltmine der Schweiz in Presta im Val de Travers. Sie hatte einst bis zu einem Fünftel des Weltbedarfs für den Strassebau abgedeckt
Entdeckt wurde die versteinerte Form von Erdöl bereits im Jahre 1711, doch wurde die schwarze Materie die ersten hundert Jahren vor allem medizinisch genutzt, beispielsweise zur Herstellung von Zugsalbe.
Das Museum der Asphaltmine in La Presta gibt einen umfassenden Einblick in einen wenig bekannten Industriezweig der Schweiz
Der Abbau muss damals gigantisch gewesen sein. Es wurden in La Presta rund 100 Kilometer Stollen auf mehreren Etagen in den Fels getrieben und das schwarze Gestein wurde von Hand ausgebrochen und mit Pferden und Rollwagen ans Tageslicht befördert, bis das Zeitalter der Druckluft und der Bulldozer anbrach. Ein damals gutes Geschäft für die wirtschaftlich schwache Region, bis 1986 der Schweizer Asphalt gegenüber dem industriell gefertigten Bitumen nicht mehr konkurrenzfähig war. Heute ist die stillgelegte Mine eine einzigartige Touristenattraktion, welche an ein ehemals mühsames Handwerk erinnert. Rund ein Kilometer der Mine kann besichtigt werden, der Rest ist bereits unter Wasser und dem allmählichen Zerfall geweiht.
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Diaschau mit Bildern aus der Asphaltmine von La Presta, die alle mit der Lumix GX8 bei Taschenlampenlicht gemacht wurden – mit Ausnahme der Bilder im Museum, wo das vorhandene Licht genutzt wurde.
Übrigens gibt es nichts Dunkleres als eine Asphaltmine – ideal, um die Available Light Eigenschaften und den automatischen Weissabgleich der Lumix GX8 zu testen. Die einstigen Abbaustollen wurden ausschliesslich mit den unterschiedlichsten Scheinwerfern und Taschenlampen der Besuchergruppe ausgeleuchtet.
Blick in die begehbaren Stollen der Asphaltmine in La Presta. Nur ein paar Handlampen erhellen die ewige Nacht, die hier in mystischer Farbenpracht erscheint
Eine hiesige Spezialität sollte man sich nicht entgehen lassen: der Asphalt-Schinken im «Café des Mines». Dieses weltweit einzigartige Gericht geht auf die Mineure zurück, welche den Schinken sorgsam im Asphalt eingepackt bei 160°C stundenlang garen liessen. Das wird heute noch genauso gemacht, nur nicht mehr mit Presta-Asphalt, sondern mit modernem Bitumen. Mit Kartoffelgratin und Salat mundet er köstlich. Und vor dem Essen empfehle ich Ihnen einen für das Val de Travers typischen Absinth, der – obwohl früher verboten – schon immer eine Besonderheit dieser Region war und heute mit zahlreichen geschmacklichen Nuancen angeboten wird.
Das Feuerwerk von Neuchâtel
«Churchill» verweilt noch etwas im Val de Travers und fährt mit uns gemütlich bis nach Les Verrières, wo sich die Zugkomposition besonders schön fotografieren lässt. Leider spielt das Wetter nicht so ganz mit, was für den nächsten Programmpunkt noch wichtig wäre. Doch bei dem leichten Nieselregen kann die GX8 gerademal ihre Spritzwasserdichtheit beweisen – was sie auch klaglos tat.
«Churchill» in Les Verrières – wo vor knapp 150 Jahren die Boubaki-Armee in die Schweiz einwanderte
Gegen 22 Uhr posiert «Churchill» prominent auf Perron 1 in Neuchâtel und gibt seinen Passagieren Gelegenheit, das Erst-August-Feuerwerk am See zu geniessen. Da der Kanton Neuchâtel dieses Jahr den 200jährigen Beitritt zur Eidgenossenschaft feiert, dürfte es ein besonders spektakuläres pyrotechnisches Spektakel werden.
Zur 200-Jahr-Feier des Kantons Neuenburg fand ein grossartiges Feuerwerk auf dem See statt
Für Langzeitbelichtungen muss auf den mechanischen Verschluss der GX8 umgeschaltet werden
Danach setzt «Churchill» zum Galopp nach Hause an, wobei die nächtliche Fahrt auf dem Führerstand der abschliessende Teil eines unvergesslichen Tages wird. Die Reise mit «Churchill» war es Wert und bot Motive noch und noch, um die neue Lumix GX8 in der Praxis zu testen.
Die Lumix GX8 in der Praxis
Wie schon die GX7 fühlt sich die GX8 wertig an und zeigt gewisse Eigenständigkeiten, wie beispielsweise der schwenkbare elektronische Sucher. Dieser ist sehr praktisch und zeigt das Bild in einer sehr guten und ruckelfreien Qualität mit 2,4 Millionen Bildpunkten. Übrigens ein probates Mittel, um bei abgeschalteten oder umgedrehtem Display Batteriestrom zu sparen.
Pluspunkt in vielen Fällen: der schwenkbare Monitor – auch zum Batteriestrom sparen
Die wirklichen Vorteile der GX8 sind die inneren Werte. Panasonic hat den Sensor des jüngsten Micro Four Thirds Topmodells der GX-Serie von 16 auf 20,3 Megapixel aufgebohrt und dem System gleich noch eine neue Engine mit einem 4-Kern-Prozessor verpasst. Damit verspricht Panasonic eine höhere Bildqualität und eine schnellere Bildfolge, die jetzt 8 Bilder pro Sekunde mit dem mechanischen und 10 Bilder pro Sekunde mit dem elektronischen Verschluss ermöglicht.
Gute Rauschunterdrückung: Selbst Aufnahmen mit 25’600 ISO sind noch brauchbar
Um auch höhere Empfindlichkeiten bis 25‘600 ISO «kornlos» ausnutzen zu können, wurde der GX8 eine neue Rauschunterdrückung verpasst, die in der Tat ihren Job gut macht. Bis ISO 6400 sind die Ergebnisse tadellos und selbst bei dem maximalen ISO 25‘600 ist das Ergebnis noch absolut befriedigend. Das zeigt auch obenstehender Test, der auch bei der höchsten ISO-Zahl das feine Netz vor dem mittelalterlichen Wandgrab noch erkennen lässt.
Der schwenkbare Monitor ist für ungewohnte Perspektiven und Selfies geeignet
Neu ist auch die Dual-Bildstabilisierung, die sowohl im Objektiv (sofern es sich um einen O.I.S-Typ handelt) als auch im Gehäuse wirkt, und dies in jeder Richtung um fünf Achsen. Das ist gegenüber der GX7 eine deutliche Verbesserung, denn dort musste man sich entweder für die Bildstabilisierung im Objektiv oder im Gehäuse entscheiden. Schwierig dies zu testen, aber der Eindruck der Bilderergebnisse bei dem schlechten Wetter auf unserer Reise und bei häufig kritischen Verschlusszeiten ist durchaus positiv.
Mehr Einstellmöglichkeiten
Auch die Handhabung wurde gegenüber der GX7 überarbeitet. Die GX8 hat ein neues Einstellrad auf der Oberseite bekommen, unterhalb dessen – auch neu – der Hauptschalter angeordnet ist. Das ist allerdings weniger praktisch, weil es vorkommt, dass man beim Bedienen des Einstellrades die Kamera versehentlich ausschaltet. Das war bei der GX7 besser gelöst.
Anordnung der Bedienelemente der der Lumix GX7 (links) und bei der neuen GX8 (rechts)
Der Nachteil wird aber vielfach aufgewogen durch die Funktion des Einstellrades als Ergänzung zum Frontrad. Es ist praktisch angeordnet und dient je nach Konfiguration verschiedenen Parametern. Mit der Funktionstaste auf der Oberseite des Einstellrades kann blitzschnell auf die ISO-Verstellung oder den Weissabglich umgeschaltet werden.
Unterhalb des Programmwahlrades befindet sich – das ist ebenfalls neu – das Belichtungskorrekturrad, das griffig angeordnet ist und zum feinen Anpassen der Bildhelligkeit dient. Allerdings hat auch dieser Vorteil seinen Preis, denn damit musste der eingebaute Miniblitzer über die Klinge springen. Legt man Wert darauf, dann gehört ein Miniblitz auf den dafür geeigneten Zubehörschuh in Kameramitte.
Die Bedienung der Kamera verteilt sich somit auf sechs frei belegbare Funktionstasten, vier Einstellräder und die Navigationsrosette – alles in allem etwas kompliziert für Einsteiger, doch bietet die GX8 damit ein Vielfalt von Einstell- und Konfigurationsmöglichkeiten.
Good News auch für Videoliebhaber: Die Lumix GX8 zeichnet Videos in 4k-Qualität auf und hat auch für Fotografen noch ein Goodies parat: Aus einer 4K-Fotoserie mit 30 Bildern pro Sekunde kann der Höhepunkt als Einzelbild mit acht Megapixel Auflösung abgespeichert werden. Zudem dürfte es über ein Firmware-Update etwa Ende Jahr möglich sein, in der GX8 die «Post Focus»-Funktion einzusetzen, mit der nachträglich im Bild die Schärfeebene festgelegt werden kann (Fotointern.ch berichtete).
Die Objektivfrage
Kitobjektive haben nicht unbedingt den besten Ruf. Die nur wenige Gramm schweren Drei- bis Vierfachzooms sind in der Regel kompakte Notlösungen, die «einfach so» bei der Kamera mit dabei sind. Qualitativ sind die meisten von ihnen nicht berauschend – doch das G Vario 1:4,0-5,6/14-42 mmm ASPH zur Lumix GX8 ist hier eine löbliche Ausnahme. In unserem Praxistest schnitt es erstaunlich gut ab.
Das Kitobjektiv deckt einen Brennweitenbereich von 14 bis 42 mm ab (entspricht 28-84 mm bei Kleinbild)
Und doch haben wir es auf unsere Reise gar nicht erst mitgenommen, weil es uns das Zehnfachzoom 14-400 mm bei gleicher Lichtstärke angetan hat. Es macht einen wertigeren Eindruck, ist qualitativ doch noch um einen Zacken besser und bietet mit dem grossen Brennweitenbereich viel mehr fotografische und gestalterische Möglichkeiten. Wenn es also nicht unbedingt um eine kompakte Fotoausrüstung geht, wäre das 14-140 mm so etwas wie mein «Normalobjektiv».
Mehr Möglichkeiten bietet das Zehnfach-Zoom 14-140 mm, welches bei Kleinbild 28-280 mm entspricht. Der Mehrpreis lohnt sich …
Hingegen durfte das Lumix G 1:3,5/8 mm auf unsere Reise mit, und es hat grossen Spass gemacht damit zu fotografieren – besonders im Führerstand von «Sir Churchill». Auf Kleinbild umgerechnet ist dies mit dem MFT-typischen Cropfaktor 2,0 ein deftiges 12mm Objektiv, das auf Grund seiner Fisheye-typischen Verzeichnung interessante Bildeffekte bewirkt. Wahrscheinlich gibt es wenige Fälle, wo sein Einsatz wirklich Sinn macht, aber hin und wieder kann dies schon noch einen Weitwinkelfan begeistern.
Die Spritzwasserfestigkeit konnte die Lumix GX8 am 1. August 2015 unter Beweis stellen – leider …
Alles in allem ist die Lumix GX8 eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorgängermodell, und es ist erstaunlich, was die Ingenieure Software-Spezialisten von Panasonic aus dem MFT-Sensor mit 20 Megapixeln an Rauschverhalten und Dynamikumfang herausgekitzelt haben.
Text und Fotos: Urs Tillmanns
Weitere Informationen
• zur Panasonic Lumix GX8 finden Sie auf Fotointern.ch und bei Panasonic.ch.
• zum Roten Pfeil «Churchill» auf Wikipedia und auf RailAway.
• zur Asphaltmine in Presta im Val de Travers.
Um eine Fahrt mit dem «Churchill» erleben zu können, brauchen Sie nicht ein Jahr lang zu warten. Es gibt regelmässig andere Gelegenheiten, z.B. Brunchfahrten. Details dazu finden Sie auf www.sbb.ch/erlebnisreisen.
Das ist ein sehr schöner und aufschlussreicher Test – vielen Dank!