Martin Becka ist spezialisiert auf frühe fotografische Papierverfahren, und stellt im Kameramuseum Vevey damit «Gebiete» dar, die Motive der Region am Genfersee auf eine einzigartige Art und Weise zeigen. Die Ausstellung wird parallel mit «Dubai Transmutations» von Martin Becka noch bis 10. Januar 2016 im Kameramuseum Vevey gezeigt.
Seine Arbeit, die von der «angehaltenen Zeit» geprägt ist, gewinnt durch die Nutzung von Verfahren aus dem 19. Jahrhundert zusätzlich an Wert und Aussagekraft. Mit den zeitgenössischen Sujets und dem leidenschaftlichem Engagement für fotohistorisch interessante Techniken, liegt die Ausstellung von Martin Becka perfekt auf der Linie der Themenausstellungen des Kameramuseums in Vevey.
Parallel zur Schönheit dieser Bilder ist es für das Museum eine ideale Gelegenheit, näher auf das Verfahren von Gustave Le Gray einzugehen, das 1851 entwickelt wurde. Martin Becka wurde eingeladen, Vevey und seine Umgebung auf seine Art und Weise zu fotografieren, wobei die Realisierung dieses Werks durch ein Video dokumentiert wurde.
Martin Becka: Territore Breitengrad 46,432045 – Längengrad 6,908982
Die Idee zu dieser Serie entstand im Sommer 2014 nach einem Treffen mit Martin Becka anlässlich der Ausstellung in Dubai, die einige Monate später im Schweizer Kameramuseum stattfinden sollte. Im ersten Projekt, bei dem einige Aufnahmen von Vevey und Umgebung mit didaktischen Zielen behandelt wurden, kam rasch der Wunsch nach einer weiteren Serie auf.
Martin Becka: Territoire Breitengrad 46,109233 – Längengrad 7,005907
Martin Becka zu seinen Bildern «Territoire»
«Dieses Gebiet ist weder auf einem Stadtplan noch auf einer Landkarte zu finden und lässt sich auch nicht auf eine bestimmte Landschaft der Region eingrenzen. Es stimmt mit keiner Grenze oder formell errichteter Gebietsbegrenzung überein. Es setzt sich aus einer Vielzahl von Fragmenten und kleinen Bereichen zusammen, die durch die Fotos abgesteckt sind. Hierauf lassen sich meine unterschiedlichen Stationen nachverfolgen, die ich in einem Teil des Kantons Waadt zurückgelegt habe.
Martin Becka: Breitengrad 46,458778 – Längengrad 6,842351
Die Interpretation dieses hier ausgestellten Gebietes soll in erster Linie dazu anregen, der standardisierten und erwarteten Vorstellung von Landschaften und Denkmälern zu entfliehen. Sollten hier dennoch einige bekannte Orte und Denkmäler abgebildet sein, säumen sie alltägliche Orte, unscheinbare Plätze, industrielle oder funktionale Denkmäler, die von den meisten Menschen nicht beachtet werden.
Durch die gewollte Veränderung der Bilder wird der Betrachter dazu eingeladen, von realen, teilweise vertrauten Orten in mysteriösere und geheimnisvollere Welten abzutauchen, die von Licht durchflossen und durch das Wachspapier-Negativ verändert sind.
Die Bildlegenden zu diesen Fotos sind ausschliesslich mit ihren GPS-Koordinaten verknüpft und laden zu (möglicherweise fotografischen) Spaziergängen ein. Hierbei kann der Betrachter diese Gebiete (neu) entdecken und schätzen lernen, die am Ende zu einem einzigen Gebiet mit unterschiedlichen poetischen Facetten verschmelzen.»
Martin Becka: Territoire Breitengrad 46,278030 – Längengrad 6,960993
Das Verfahren
Gleichzeitig mit Daguerre hat der Engländer William Henry Fox Talbot Versuche durchgeführt, um das Bild der Camera obscura zu verewigen. Er begann seine Experimente schon 1834, indem er Objekte auf Papier legte, das mit Silbernitrat sensibilisiert worden war, womit ihm Abbilder gelangen, die er «photogenic drawings» nannte. Er verwendete dieses Papier auch in der Kamera und erzielte damit ein negatives Bild. Die Bilder nannte er «Kalotypien» (von «kalos», griechisch «schön») und erhielt darauf am 8. Februar 1841 ein Patent. Der Vorteil seines bereits im September 1840 erfundenen Verfahrens gegenüber der Daguerreotypie bestand darin, dass von einem Negativ beliebig viele positive Bilder hergestellt werden konnten, während die Daguerreotypie ein Unikat war.
In Frankreich fand eine Variante der Kalotypie rasch Verbreitung, nachdem Louis-Désiré Blanquart-Evrard 1847 eine vereinfachte Rezeptur publiziert hatte. Es waren vor allem Zeichner und Maler, die sich des Verfahrens bedienten, darunter auch Gustave Le Gray, der 1851 nicht nur die Papiernegative mit Wachs transparenter machte, sondern auch eine deutliche Verbesserung der Haltbarkeit des latenten Bildes erzielte. Damit wurde der Aktionsradius der Fotografen vergrössert.
Auch Martin Becka hat das Verfahren von Le Gray mit den eingewachsten Papiernegativen angewandt, was ihm Reisen zwischen Paris und Vevey ermöglicht hatte, ohne dass das latente Bild an Qualität einbüsste.
«Territoire» ist als zweiter Teil der Ausstellung von Martin Becka bis 10. Januar 2016 parallel zu «Dubai Transmutations» im Kameramuseum Vevey zu sehen und wird mit einer Begleitpublikation dokumentiert.
Zur Ausstellung «Territoire» von Martin Becka ist eine Begleitpublikation entstanden, die für CHF 29.00 (zzgl. Versandspesen CHF10.00) hier bestellt werden kann.
Über Martin Becka
Martin Becka, geboren 1956 in Brno in der Tschechoslowakei, lebt seit 1968 in Paris. Nach seiner Matura und einer Fotografenausbildung spezialisiert er sich auf die Reportagen und Porträt berühmter Persönlichkeiten sowie auf die Vertiefung früher fotografischer Verfahren und der Geschichte der Fotografie. Seit 2002 unterrichtet er frühe Papierverfahren am «Institut National du Patrimoine» in Paris sowie an der Kunstakademie in Versailles von 2011 bis 2013.
Martin Becka hat seine Arbeiten häufig in Gruppen- und Einzelausstellungen präsentiert und wurde von der Galerie Baudoin Lebon (Paris) von 2004 bis 2010, von 2008 bis 2012 in der Galerie Empty Quarter in Dubai und gegenwärtig von der Galerie East Wing in Dubai vertreten.
Schweizer Kameramuseum
Grande Place 99
CH-1800 Vevey
Tel. 021 925 34 80
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 11.00 Uhr bis 17.30 Uhr