Gastautor/-in, 14. Februar 2016, 08:03 Uhr

Spieglein, Spieglein in der Kamera …

… wie lange wird es Dich noch geben? Dies ist die Geschichte einer Verführung – und eines Praxistests mit zwei Kamerasystemen: einer Spiegelreflexkamera und einer Spiegellosen. Beides vom Feinsten. Peter Schäublin arbeitet parallel mit beiden Systemen. Interessant, wann und für welche Arbeiten er die eine oder Kamera einsetzt. Hat der Spiegel ausgedient …?

 

LandRover_AstonMartinIch liebe englische Autos. Am liebsten hätte ich einen Land Rover Defender und einen Aston Martin Vanquish in der Garage. Doch eigentlich möchte ich einen Artikel zur Leica SL und nicht zu englischen Autos schreiben. Obwohl das eine mit dem anderen schon etwas zu tun hat. Doch alles der Reihe nach …

 

Ein erster Schock

«Die Tage der Spiegelreflexkamera sind gezählt». Mit diesem Satz schockierte mich mein guter Freund Urs Tillmanns vor etwa zwei Jahren. «Aber klar doch», ergänzte er auf meinen fragend-verzweifelten Blick. «Der Spiegel hat ja nur Nachteile: Er macht die Kamera grösser, schwerer, teurer und fehleranfälliger. Nenne mir einen Grund, der die Weiterexistenz des Spiegels in einer Kamera rechtfertigt.» – «Das klare Sucherbild, lieber Urs, das durch den Spiegel in den Sucher geworfen wird, ist um Welten schöner als diese Pixelbilder, die ich in einem elektronischen Sucher sehe. Wenn ich eine Kompaktkamera dabei habe, lebe ich mit diesem Kompromiss, aber um mein Bild zu komponieren, ist die Magie des klaren Sucherbildes einer DSLR durch nichts zu schlagen.» Urs meinte damals, ich gehöre zu einer aussterben Rasse von Fotografen, die halt noch am optischen Sucherbild festhalten. Damit war die Diskussion beendet, und ich war optimistisch, dass der Spiegel noch lange überleben wird. Bis – ja bis zu diesem verhängnisvollen Tag im Oktober 2015.

 

Ein zweiter Schock

Digitalevent 2015: Die Neugier treibt mich, einen Blick auf die Leica SL und durch deren Sucher zu werfen. Mit einem leisen Lächeln überreicht mir Mathias Gfeller von Leica Schweiz das Vorserienmodell. Ich nehme sie in die Hand – ein erster Fehler.

 

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Das war die schicksalshafte Stunde: Mathias Gfeller von Leica Schweiz präsentiert mir und Ursulas Nichte Angélique am Digitalevent die Leica SL. (Foto: Urs Tillmanns)

Die Haptik der Kamera ist, wie es bei Leica nicht anders zu erwarten ist, grandios. Wie bereits bei der Leica S habe ich das Gefühl, dass ich die Kamera nicht mehr aus der Hand legen will. Dann begehe ich den zweiten Fehler und schaue durch den elektronischen Sucher, der mit 4.4 Megapixeln etwa doppelt so hoch wie alle anderen elektronischen Sucher auflöst. Ich bin beeindruckt. Ein klares Sucherbild, das praktisch verzögerungsfrei nachgerechnet wird. Zum ersten Mal vermisse ich den Spiegel nicht. Die SL – eine Art «spiegellose Spiegelreflexkamera». Ich frage nach dem Preis und erlebe den zweiten Schock. Mit dem 2.8–4/24–90 mm wird‘s fünfstellig. Autsch.

 

Leica is back

1914, vor ziemlich genau 100 Jahren also, hat Oskar Barnack die Fotografie mit der «Leitz Camera», der ersten Leica, revolutioniert. 20 Jahre später wurde die erste Canon vorgestellt, und bald haben Canon und Nikon den Markt der Kleinbildkameras dominiert. Leica wurde vom Innovator zum Nischenplayer und galt – bis auf die hervorragenden Objektive – je länger je mehr als Firma mit wenig Innovationspotenzial. Dem war aber eigentlich gar nicht so. Denn – was ganz wenige wissen: Leica hat 1976 den Autofokus erfunden (mehr darüber in einem englischsprachigen Artikel auf cultofmac.com. Es war vielleicht die grösste Fehlentscheidung von Leica, diese Erfindung an Minolta zu verkaufen. 1985 präsentierte Minolta die erste Spiegelreflexkamera mit Autofokus, die Minolta 7000. Der Rest der Geschichte, nämlich dass der Autofokus einen grandiosen Siegeszug angetreten hat und unterdessen in praktisch allen Kameras eingesetzt wird, ist bekannt.

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Von der Idee zur Perfektion: Mehr als 100 Jahre Entwicklung liegen zwischen der Ur-Leica von Oskar Barnack und der heutigen Leica SL (Montage von Leica-Pressebildern)

Leica hat dann unter grossem Einsatz das M-System ins digitale Zeitalter gepusht und mit dem S-System eine Mittelformatkamera mit dem Bedienungskomfort einer Kleinbild-DSLR auf den Markt gebracht. Beide Systeme sind hervorragend, jedoch aufgrund unterschiedlicher Faktoren Nischenprodukte. Die SL wurde dann unter dem gewagten Slogan «Die neue Sicht professioneller Fotografie» in Anlehnung an die Innovationskraft von Oskar Barnack beinahe als eine Art Neuerfindung der Fotografie zelebriert. Es ist schon etwas hoch gegriffen, den jetzigen Innovationsschritt mit demjenigen von 1914 zu vergleichen. Tatsache ist aber, dass die Leica SL die erste professionelle Digitalkamera ist, bei der ich die Spiegelreflexkonstruktion nicht vermisse: Die SL zeigt Leicas Stärke in Bezug auf Innovationskraft. Die Pioniere aus Wetzlar sind wieder back on the top.

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Leica hat sich bei der SL für eine spiegellose Konstruktion entschieden. Dabei wird das Bild nicht über den Spiegel wie bei einer DSLR in den Sucher umgelenkt, sondern vom Sensor aufgefangen, elektronisch aufbereitet und dann über ein Minidisplay in den Sucher eingespielt (Pressebild Leica).

 

Und – was spricht jetzt noch für den Spiegel?

Nach einigen schlaflosen Nächten ringe ich mich dann durch und bestelle die SL. Eigentlich ist es verrückt, denn ich bin mit meiner Nikon DSLR mehr als zufrieden. Doch ich träume schon seit 36 Jahren von einer Leica. Als Teenager wollte ich mir eine R kaufen. Mit Zeitungen austragen hat das dann einfach irgendwie nicht gereicht :-(.

Dann rückte die M in meinen Fokus, aber irgendwann musste ich mir eingestehen, dass ich kein M-Fotograf bin. 2012 testete ich die S auf einem Roadtrip durch Irland. Ich war sehr angetan von der Kamera, doch war mir der verfügbare Brennweitenbereich zu klein, und ich vermisste die Möglichkeit des flexiblen AF-Punktes bei der Durchsicht durch den Sucher stark. Vom Preis der S sprechen wir jetzt lieber einmal nicht … Doch mit der SL passte plötzlich alles, und im Vertrauen, dass das 24–90er wirklich so gut ist wie in den ersten Onlineberichten beschreiben, war‘s dann um meinen Widerstand geschehen. Ziemlich genau an meinem runden Geburtstag (der findige Leser kann jetzt mein Alter ausrechnen) brachte der Postbote ein Paket von der Firma mit dem roten Punkt.

Hält die Kamera, was sie verspricht? Männer bauen ja oft fast eine persönliche Beziehung zu Geräten auf, mit denen sie gerne arbeiten. Ich bin da keine Ausnahme. Nach knapp zwei Monaten kann ich vertiefter auf die Frage eingehen, was denn jetzt für und was gegen eine Spiegelkonstruktion spricht und auch, ob es sich lohnt, die Leica SL zu kaufen.

 

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Mit oder ohne Spiegel? Bei grösseren Events fotografieren Ursula und Peter gleichzeitig mit beiden Systemen. Kein eindeutiger Sieger: Für gewisse Aufgaben ist die Nikon, für andere wieder die Leica besser. 

 

 

Spiegel oder kein Spiegel – das ist die Frage

Ich habe nun zwei grössere Fotoshootings mit gemischtem Equipment – mit Nikon DSLRs und der Leica SL – durchgezogen. Hier zuerst meine Beurteilung, was für und was gegen den elektronischen Sucher (electronic viewfinder, kurz EVF) spricht:

Was für den elektronischen Sucher spricht:
• Man hat immer ein helles Sucherbild, egal wie hell das Motiv beleuchtet ist. Das ist meist ein Vorteil. Ich sehe stets, wie das Bild nachher belichtet sein wird. Diese Funktion kann ich auch deaktivieren, denn wenn ich beispielsweise im Studio mit Blitz arbeite, brauche ich ein helles Sucherbild, auch wenn die eingestellten Werte ohne Blitz ein dunkles Sucherbild ergäben.
• Keine Erschütterungen durch den hochklappenden Spiegel im Moment der Auslösung und dadurch weniger Verwicklungsgefahr
• Ich kann mir bei Bedarf das geschossene Bild kurz in den Sucher einspiegeln lassen. Manchmal ist das ein Vorteil. Bei schnellen Bildserien ist es ein Nachteil, und man deaktiviert diese Funktion dann einfach.
• Ich kann bei Bedarf die Schärfentiefe gleich im Sucher mit hellem Sucherbild beurteilen. Bei der SL reicht ein kurzer Druck auf die Abblendtaste dafür.
• Es gibt keine Dunkelpause beim Auslösen. Will heissen: Der absolut entscheidende Moment, nämlich der Sekundenbruchteil, in dem das Bild entsteht, ist im Sucher sictbar, während es bei der DSLR in diesem Augenblick zappenduster wird.
• Beim Filmen kann ich die Schärfe gleich im Sucher beurteilen und muss nicht mit mühsamen Zusatzhilfsmitteln das hintere Bildschirmbild vergrössern.
• Schnellere Bildraten sind möglich.
• Das Auslösegeräusch ist wesentlich leiser. Natürlich kann man bei der DSLR auch den Spiegel vorauslösen, doch dann ist das schöne Sucherbild weg.
• Und dann sind da ja noch Urs‘ Argumente: Die Kamera kann kompakter gebaut werden, weniger Verschleiss­teile, weniger Gewicht, günstigere Konstruktion (wobei die letzten zwei Argumente auf die SL nicht zutreffen …)
• Die Objektive müssen nicht mehr für alle Parameter korrigiert werden, da das Sucherbild vor der Anzeige noch elektronisch korrigiert werden kann. Mehr dazu später.

Was für die Spiegelkonstruktion spricht:
• In wenigen Situationen kann es von Vorteil sein, in einer dunklen Umgebung auch ein dunkleres Sucherbild zu haben, damit das Auge im Dunklen weiterhin gut sieht (z.B. bei der Beobachtung von Tieren in der Dämmerung). Logisch, dass man aber in diesem Fall den Rückschaumonitor auch ausschalten muss.
• Ich muss die Kamera nicht extra anschalten, wenn ich schnell durch den Sucher schauen möchte, um eine Bildkomposition anzudenken.
• Der Stromverbrauch der Kamera ist beträchtlich tiefer.
• Der Sensor steht nicht permanent unter Strom, was für seine Lebensdauer sicher vorteilhaft ist. Zudem bleibt er kühler, was eigentlich zu besserem Rauschverhalten führen sollte. In der Praxis konnte ich diesbezüglich aber keinen Unterschied zwischen der Leica SL und meinen beiden Nikon-Kameras feststellen.

Für mich ist klar: Wenn ein EVF so gut wie derjenige der Leica SL ist, sind die Vorteile einer spiegellosen Konstruktion grösser als ihre Nachteile. Ich denke, dass sich die EVF noch weiter entwickeln werden und wir das Bild in Zukunft mit sechs, acht oder noch mehr Megapixeln eingespiegelt bekommen. Bei normalen Lichtverhältnissen habe ich beim Fotografieren mit der Leica SL oft vergessen, dass das Sucherbild elektronisch eingespiegelt wird. Bei knappen Lichtsituationen und hohen Kontrasten kommt der EVF manchmal an seine Grenzen, und ich bevorzuge das optische Bild.

 

Schaeublin_leicasl_Performance1_750

Bei starken Kontrasten und wenig Licht hat mich manchmal das elektronische Sucherbild etwas irritiert. Hier habe ich lieber mit dem DSLR-Sucher gearbeitet. Noch gibt es Verbesserungspotenzial für elektronische Sucher. (Leica SL mit Vario-Elmarit 1:2.8–4.0/24–90mm ASPH, 1/500 sec, f 5.6, 6400 ISO, 31 mm, Lichtstrahl nachtäglich etwas betont)

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Die Leica SL liefert – das ist nicht anders zu erwarten – auch bei schwierigen Lichtverhältnissen exzellente Resultate. (Leica SL mit Vario-Elmarit 1:2.8–4.0/24–90mm ASPH, 1/60 sec, f 2.8, 1600 ISO, 24 mm, Tiefen im Photoshop geöffnet)

 

Wann ziehen die Giganten nach?

Die etwas kleineren – und damit vielleicht flinkeren – Hersteller setzen schon lange auf spiegellose Konstruktionen. Mit den Alpha-Kameras hat Sony ein richtig ausgewachsenes spiegelloses System mit Vollformatsensoren im Programm. Und ohne Verkaufszahlen zu kennen, gehe ich davon aus, dass sie den beiden grossen DSLR-Anbietern damit richtig weh tun. Im Gegensatz zu Sony hat Leica die SL nicht kleiner oder leichter als eine konventionelle DSLR konstruiert. Das ist positiv für die Akku-Lebensdauer und – zumindest für mich – fürs Handling. Mit ihrem Panzergehäuse ist die SL eh kein Leichtgewicht und darf deshalb ruhig etwas grösser sein. Nun sind die beiden Branchenriesen Canon und Nikon gefordert. Gerade haben sie es nach langer Wartezeit fertig gebracht, 4K in ihre DSLR‘s einzubauen. Nikon bringt mit der D500 sogar eine APS-C Semipro-DSLR mit 4K. Früher oder später werden auch von den beiden Grossen spiegellose Kameras à la Leica SL kommen. Der Vorteil dieser beiden Riesen wäre, dass die User über einen Adapter alle bereits existierenden Objektive an die Kamera anschliessen könnten, und parallel dazu könnten sie in aller Ruhe ein neues Objektivprogramm aufbauen. Denn in der Objektivkonstruktion liegt ein weiterer Riesenvorteil einer spiegellosen Kamera:

 

Schaeublin_leicasl_sport

Die Leica SL glänzt mit 11 Bildern pro Sekunde (in RAW) und 4K im Videobereich. Hier zwei Bilder aus einem Unihockeytraining, wo ich dank der schnellen Bildfolge den entscheidenden Moment nicht verpasst habe. Der Nachführ-Autofokus arbeitet sehr gut. Leica wird – besonders dann im Zusammenspiel der SL mit dem 90–280 mm Objektiv – noch den Beweis antreten müssen, dass der AFc-Modus so schnell ist, dass die SL sich auch bei schnelleren Sportarten als valable Alternative zur Nikon D5 und zur Canon EOS 1DX Mk II aufdrängt. Für professionelle Sportfotografen müssten dann noch ein paar lange Festbrennweiten wie beispielsweise ein 2.8/400 mm mit sehr schnellem Autofokus verfügbar sein. 
Oberes Bild: Leica SL mit Vario-Elmarit 1:2.8–4.0/24–90mm ASPH, 1/250 sec, f 2.8, 2000 ISO, 24 mm, Ausschnitt, ansonsten ist das Bild unbearbeitet.
Unteres Bild: Leica SL mit Vario-Elmarit 1:2.8–4.0/24–90mm ASPH, 1/320 sec, f 2.8, 3200 ISO, 25 mm, Ausschnitt, ansonsten ist das Bild unbearbeitet.

 

Schaeublin_leicasl_Auge

Porträt und Extremausschnitt, links mit der Leica SL 24–90er Zoom auf 85 mm fotografiert,  rechts mit der Nikon D 810, AF-S Nikkor 1.4/85mm G. Die Parameter habe ich identisch gesetzt: 1/60 sec, f 5.6, 400 ISO, Auto White Balance. Trotz weniger Auflösung und Zoom kommt die SL nahe an die D810, verliert aber bei genauer Betrachtung auf dem Bildschirm in den Details etwas. Ich wage zu behaupten, dass Leica mit einer Festbrennweite die geringere Auflösung gegenüber dem 36 Mpx-Sensor beinahe wettmachen kann. Dies würde meine These stützen, dass Sensorauflösung allein eben nicht alles ist, sondern das «Gesamtpaket» – Sensor, Sensoraufbau, Kamera, interne Bildberechnung und Objektiv – für die Bildqualität verantwortlich ist. Interessantes Detail noch zum Schluss dieser zwei Bilder: Beide sind mit Auto White Balance (AWB) aufgenommen. Die Leica SL hat ein akkurateres Ergebnis geliefert. Wer viele Bilder in kurzer Zeit verarbeiten muss, schätzt eine möglichst natürliche Farbwiedergabe bei AWB. 

 

Objektivbauer können völlig neu denken

Im Frühling 2015 haben Urs Tillmanns und ich Leica in Wetzlar einen Besuch abgestattet (Fotointern berichtete). Mir brannte die Frage unter den Nägeln, ob die Objektive überhaupt noch mit dem Auflösungsvermögen der Sensoren mithalten können. «Können sie», sagten uns damals die Leica-Chefingenieure, «wenn man sie entsprechend konstruiert.» Und Peter Karbe, Leiter der Optikabteilung von Leica, machte damals eine interesssante Bemerkung, die nun im Zusammenhang mit der SL noch mehr Sinn macht: «Chromatische und monochromatische Verzeichnung können über Software Processing (Imaging Enhancement) recht gut korrigiert werden», hat er uns damals ausgeführt – und für mich als Laien ergänzt: «Das sind die Farbsäume und die Objektivverzeichnung». Bei Spiegelreflexkameras kann man gerade die Objektivverzeichnung allerdings nicht allzu sehr vernachlässigen, denn der Fotografierende sieht ja das vom Objektiv über den Spiegel gelieferte Bild. Wäre es allzu verzerrt, würde dies die Bildbeurteilung sehr stören. Bei spiegellosen Kameras sieht das ein wenig anders aus: Das vom Objektiv gelieferte Bild kann vor der Anzeige auf dem Display rechnerisch korrigiert werden. Das gibt mehr Freiräume für Konstruktionen, bei denen andere Parameter, wie z.B. Astigmatismus oder Koma besser korrigiert werden können. Ich gehe davon aus, dass das neue Vario Elmarit SL 1:2.8–4/24–90 mm unter diesen Aspekten konstruiert worden ist. In allen Testberichten liest man, es sei das beste Zoom in diesem Bereich. Ich habe keine ausgiebigen Vergleichstests gemacht, muss aber sagen, dass die Bildresultate hervorragend sind, auch wenn sie nicht ganz an ein Bild meiner Nikon D810 mit Festbrennweite herankommen. Aber das erste SL-Objektiv ist halt ein Zoom, und die D810 macht keine 11 Bilder in der Sekunde und kann nicht 4K filmen. Und die D810 hat 1/3 mehr Auflösung. Man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Wenn wir die SL mit anderen Kameras vergleichen wollen, müsste es wohl die Nikon D5, die Canon EOS 1 DX Mk II und allenfalls noch die Sony Alpha 7 RII sein. Doch dazu später noch mehr.

 

Schaeublin_leicasl_Brautpaar

Dieselbe emotionale Szene von meiner Frau Ursula und von mir fotografiert. Links mit Leica SL und Vario-Elmarit 1:2.8–4.0/24–90mm ASPH auf 71 mm, 1/100 sec., f 7.1, 200 ISO, AWB, rechts mit Nikon D810 1/160 sec, AF-S Nikkor 2.8/70–200mm G ED VR II auf 70 mm, 1/160 sec, f 9.0, 250 ISO, AWB. Ohne uns abzusprechen haben wir kurz nacheinander ein beinahe gleiches Bild gemacht. Allerdings sieht der aufmerksame Betrachter, dass die Lichtsituation nicht ganz identisch ist. Ursula hat sich mit der Nikon für das 70–200er entschieden, während ich für die Leica SL sowieso nur das 24–90er zur Verfügung hatte. Sie hat die Blende etwas mehr geschlossen und dafür die ISO etwas höher gewählt, während ich etwas tiefer in den ISO ging und die Blende etwas mehr geöffnet hatte. Manche enthusiastische Fotografen verbringen Stunden, um irgendwelche fotografierte Testtafeln zu studieren, damit sie herausfinden, ob Objektiv X oder Kamera Y noch ein kleines Quentchen besser ist. In der Praxis sind diese kleinen Unterschiede aber oft vernachlässigbar. Mit einer Spitzenkamera und sehr guten Objektiven lassen sich immer technisch hervorragende Bilder schiessen, egal ob vorne drauf Canon, Leica, Nikon oder Sony oder sonstwas steht. Die Marketingabteilungen der verschiedenen Hersteller möchten uns natürlich etwas anderes glaubhaft machen. Viel wichtiger sind folgende Dinge:
• Setze ich meine Füsse in Bewegung, um dorthin zu gelangen, wo es etwas zu fotografieren gibt?
• Nehme ich mir die Zeit um zu warten, bis sich mir mein Motiv erschliesst?
• Schule ich mein Auge immer wieder, um meine fotografische Sehfähigkeit weiter zu entwickeln?
• Bietet mir das System alle Objektive und alles Zubehör, das ich für meine Art von Aufnahmen benötige?
• Ist die Bedienung und die Haptik meiner Kamera so ausgelegt, dass ich gerne mit ihr fotografiere und sie im Schlaf bedienen kann?

 

Bereits angekündigt hat Leica ja ein weiteres Zoomobjektiv, das ebenfalls eine Benchmark setzen soll – das Leica Apo Vario Elmarit SL 1:2.8–4/90–280 mm. Ich bin sicher, dass es genauso wie das 24–90er die hohen Erwartungen erfüllen und einen weiteren Krater ins Bankkonto reissen wird … Und wo liegt das Limit für eine Festbrennweite? Das bereits angekündigte Summilux SL 1.4/50 mm ASPH dürfte wohl rechtzeitig zur Photokina auf dem Markt sein und darauf eine Antwort liefern. Es soll, so habe ich einen Leica-Vertreter auf Youtube sagen hören, besser als das Leica Apo-Summicron M 1:2/50 mm ASPH werden. Und das will etwas heissen. Insgeheim denke ich auch, dass Leica die Krone des besten 50ers wieder von Zeiss zurückerobern und das Otus 1.4/55 mm übertreffen will. Denn das ist zur Zeit so etwas wie die Benchmark bei den Normalobjektiven. Über den Preis der Festbrennweite schweigt sich Leica zur Zeit noch aus. Um vorauszusagen, dass er massiv über dem Otus liegen wird, muss man kein Prophet sein.

Alle SL-Objektive sind gross und schwer. Das hat verschiedene Gründe: Es liegt auf der Hand, dass die Wetzlarer keine Plastik-Spielzeugteile liefern sondern solides Metall und Glas verbauen. Bei unserem Besuch in Wetzlar haben wir erfahren, dass Leica 50 (!) verschiedene Glassorten einsetzt. Die Autofokusmotoren, die meines Wissens unterdessen bei allen Herstellern im Objektiv sitzen, bringen weiteres Gewicht und Grösse. Je schneller fokussiert werden muss, desto kräftiger und damit auch grösser muss der AF-Motor sein. Und wir wollen ja alle Objektive, die schnell fokussieren. Dann weiss jeder Foto-Enthusiast, dass eine höhere Anfangsöffnung eine grössere Objektivkonstruktion zur Folge hat. Und wir wollen ja alle Objektive mit hoher Anfangsöffnung. Dann haben uns die Leica-Ingenieure erklärt, dass mehr Auflösungsvermögen ebenfalls zu grösseren Objektiven führt. Und da es nun mal keinen Sinn macht, Objektive zu konstruieren, die das hohe Potenzial des Sensors nicht ausschöpfen, werden die wirklich leistungsfähigen Linsen für die Pixelgiganten grösser und grösser werden. Wer sich aber gerne selbst betrügen will, kann auch weiterhin eine 50-Megapixel-Kamera kaufen und einen kleinen Plastikscherben vorne drauf schrauben. Das ist vielleicht dann gut fürs Selbstbewusstsein, die Bilder werden aber trotz der hohen Pixeldichte nicht viel besser als mit der Vorgängerkamera, die die Hälfte an Auflösung hatte.

Ausserdem einmal Hand aufs Herz: Wie gross zeigen oder printen Sie denn ihre Bilder überhaupt? Mit einer einwandfreien – sprich scharfen – Datei der Leica SL, aufgenommen in tiefen ISO-Bereichen (bis 400 ISO), erstelle ich auf meinem HP Z3200ps einen 150 x 100 cm grossen Print in hervorragender Qualität. Wer braucht mehr? A propos ISO: In den tiefen ISO-Zahlen – eben bis 400 ISO – liefert die SL traumhafte Files. Im Reportagebereich kann ich für mein Empfinden bis 6400 ISO gehen. 12’500 ISO gehen zur Not auch noch. Danach ist für mein Geschmack Schluss. Jeder setzt aber diese Limite wieder anders. Ich denke, dass die Flaggschiffe von Canon und Nikon in den tiefen ISO-Zahlen gegenüber der SL im Nachteil sind, jedoch im fünfstelligen ISO-Bereich bessere Resulate liefern werden. Diese Annahme kann ich zur Zeit nicht verifizieren, da die D5 und die EOS 1DX Mk II noch nicht verfügbar sind. Die Sony A7 RII kenne ich zu wenig. Die hohe Pixeldichte lässt mich aber vermuten, dass sie eher in den tiefen ISO-Werten punktet.

Wenn die ersten drei SL-Objektive erst einmal verfügbar sind, kann man damit einen grossen Teil der fotografischen Aufgaben lösen. Noch ein Ultraweitwinkel, ein 14–24er würde hervorragend in die Serie passen, ein Extremtele und ein Makroobjektiv – dann kann man langsam von einem System sprechen. Dazu vielleicht noch ein paar weitere lichtstarke Festbrennweiten … Wie wäre ein solches System im Umfeld der Mitbewerber zu positionieren?

 

Leica SL, Sony Alpha 7 RII, Nikon D5 oder Canon EOS 1DX MkII?

Lassen Sie es mich gleich zu Anfang sagen: Jede dieser vier Kameras ist ein absoluter «Leckerbissen». Wer mit einem dieser vier Modelle unterwegs ist, hat keine Ausrede mehr, wenn er schlechte Bilder nach Hause bringt ;-). Doch wo sind die Stärken und Schwächen der vier Primusse? Was die Nikon D5 und die Canon EOS 1DX MkIII anbelangt, müssen wir noch spekulieren. Wohl kennen wir die Daten der neuen Flaggschiffe schon, doch die beiden neuen Spitzenmodelle von Canon und Nikon sind noch nicht verfügbar. Ich habe mal versucht, eine kleine Vergleichstabelle zu erstellen, wie sich die vier Kameras aus meiner Sicht zueinander verhalten:

Schaeublin_Kameratabelle2_750(Für grössere Darstellung anklicken)

 

 

Fazit

Das Lager ist geteilt – zwei DSLR und zwei spiegellose Systeme. Beide haben Vor- und Nachteile. Für mich ist die Kombination meines Nikon-Systems mit der Leica SL ideal. Es ist – kameratechnisch gesprochen – der Land Rover Defender und der Aston Martin Vanquish. Und damit schliesst sich der Kreis. Im Kameraschrank habe ich nun beides, in der Garage steht leider nur der Land Rover ;-).

Der Vergleich mit den beiden Autos ist gar nicht abwegig: Mein Nikon-System ist der Land Rover. Damit komme ich überall durch – kann alle meine fotografischen Aufgaben erledigen. Ein hervorragendes Objektivprogramm, High-Speed Synch mit meiner Profoto B1-Anlage und je nach Aufgabenschwerpunkt kann ich auf die D750, die D810 und bald auch auf die D5 und die D500 zurückgreifen. Ob Still-, People-, Travel-, Sport- oder Tierfotografie – ich kann mir meine Ausrüstung je nach Bedarf zusammenstellen. Das Preis-/Leistungsverhältnis ist meines Erachtens bei Nikon hervorragend.

Die Leica SL ist mein Aston Martin Vanquish. Ich habe zur Zeit ein Gehäuse und ein Objektiv. Wenn die fotografische Aufgabe für die SL «passt», fotografiere ich extrem gerne mit ihr. Leica hat sich ja entschlossen, den Bereich des Standardzooms nicht auf 24 – 70 sondern auf 24 – 90 mm zu setzen. Zusätzlich kann man mit dem Objektiv sehr nah rangehen. Dafür muss in Kauf genommen werden, dass die Lichtstärke nicht durchgehend 2.8 ist. Dies hätte das Objektiv wohl noch schwerer und teurer werden lassen. Ich persönlich bevorzuge den erweiterten Brennweitenbereich. Er gibt mir die Möglichkeit, mit einem Objektiv einiges mehr abzudecken als mit einem 24 – 70er.
Die Bedienung der SL ist anfangs etwas ungewohnt. Ausser der On-/Off-Taste ist kein Button angeschrieben. Dies weil man die Mehrzahl von ihnen individuell mit Funktionen belegen kann. Hat man die Kamera aber erst einmal auf seine Arbeitsweise abgestimmt, ist das Arbeiten mit der SL ein Traum. Die Bildkomposition mit dem EVF macht riesig Spass, und das Auslösen ist so butterweich, dass es süchtig machen kann. Ich warne Sie: Rühren Sie die Kamera nie an. Es kann sein, dass Sie danach schlaflose Nächte haben ;-).

Es ist natürlich ein Luxus, diese beiden Marken parallel zu benützen. Beide bieten mir extrem viel. Wohin die Reise des SL-Systems geht, werden die kommenden Jahre zeigen. Ebenfalls bin ich gespannt, wann und ob Nikon und Canon die erste spiegellose Vollformatkamera mit Wechselobjektiven präsentieren werden. Wer sich diesen Luxus von zwei Systemen nicht leisten kann oder will, sollte sich überlegen, ob er/sie mit dem Aston Martin überall hinfahren kann, wo er/sie hinfahren muss. Dann könnte der Aston Martin der Erstwagen werden, wenn er ins Budget passt. Ansonsten empfehle ich den Land Rover. Damit kommt man überall hin und bekommt viel für sein Geld.

Zum Schluss sei es wieder einmal gesagt: Alle Kamerahersteller leisten einen hervorragenden Job und bieten uns Fotografen immer bessere Kameras an. Das machen sie ja nicht ganz uneigennützig. Doch ich ärgere mich, wenn ich irgendwo auf dem Netz lese, der und der Kamerahersteller hätte versagt, sei rückständig und ich weiss nicht was. Bei all dem ganzen Technikkram sollten wir nie vergessen, dass es noch nie so leicht war, ein gutes Foto zu schiessen. Und wenn nichts Gescheites rauskommt, liegt es wohl weniger am Versagen der Kamerahersteller, sondern an etwas ganz anderem … Aber auch das ist meine ganz persönliche Meinung.

Peter Schäublin
www.720.ch // www.photoriginals.com // peterschaeublin.com
© für alle Bilder ohne anderen Vermerk, by Peter und Ursula Schäublin

6 Kommentare zu “Spieglein, Spieglein in der Kamera …”

  1. Vielen Dank für den interessanten Vergleich.
    Was mich interessieren würde, ist die Sichtbarkeit im Sucher wenn man an einem sonnigen Tag Fotografieren möchte. Ich selber habe bei kleinen Kameras bisher nichts mehr genau erkennen können.

    1. Die Leica SL verhält sich diesbezüglich wie eine DSLR. Ich denke, auch andere spiegellose Kameras wie z.B. die Sony a7-Serie, liefern hier sehr gute Ergebnisse. Gute Fachgeschäfte leihen Ihnen gerne eine Kamera aus. Sony bei Light+Byte, Leica bei Graphicart.

  2. Wenn man sich so das Sortiment der wenigen Grossen unter den Kamerabauern ansieht, dominieren im professionellen Sektor, allen Unkenrufen zum Trotz, noch immer die Spiegelreflex-Systeme. Dies, obwohl die Unternehmen auch Spiegellose im Programm haben.
    Woran liegt das wohl?
    Die Topmodelle Nikon D5 und Canon EOS-1DX Mk II zeigen, dass das Spiegelreflex-Prinzip in Kombination mit unglaublich reaktionsschnellen Autofokus-Mechanismen noch keineswegs «fertig» ausentwickelt ist. Beide Firmen leisten sich, seit Jahren, ein Kopf-an-Kopf-Rennen und bauen Eigenschaften in ihre Kameras, die nun wirklich allen Situationen gewachsen sind. Dazu gehören indessen nicht nur die eigentlichen Aufnahmegeräte sprich Kameragehäuse, sondern eben auch umfangreiche Systeme – mit Hochleistungsobjektiven in allen Brennweiten, Blitzgeräte, Makro-Zubehör und vielem mehr.
    Wer sich, beruflich oder privat, über die Jahre hinweg eine grössere Ausrüstung zugelegt hat, wechselt nicht so mir-nichts-dir-nichts den Gerätepark. Sondern erwartet mit Recht die Integration der innovativen neuen Maschinen ins bestehende System. Diesbezüglich verhalten sich die Marktführer vorbildlich, nämlich investitionsschonend.
    An Innovationskraft mangelt es weder Nikon, Canon und Sony noch Fujifilm, Olympus oder Pentax, die demnächst mit der K-1 eine (sic!) Spiegelreflexkamera auf den Markt bringt. Kein Zweifel, dass alle diese Firmen das Zeug hätten und haben, professionelle spiegellose Kameras zu produzieren. Und vielleicht treibt die Leica SL die Branche diesbezüglich weiter voran, ihr Paroli zu bieten. Dass dies möglich ist, zeigt Sony mit seinen Top-Modellen, Systemtreue inklusive.
    Allerdings müssen sich solche Kameras dann nicht nur an ihren grossartigen Spiegelreflex-Konkurrentinnen messen lassen, sondern mit diesen gleichziehen oder übertreffen, und zwar in allen Belangen. Ganz offensichtlich ist dies noch nicht der Fall und daher ist es für die Götterdämmerung des Spiegelreflex-Prinzips wohl noch zu früh.

  3. Ich war der grosse Skeptiker als Sony die A-77 und A-99 mit transparenten Spiegel und Monitor ankündigten. Ich hatte vor allem Angst vor Kopfschmerzen bei langen Einsätzen, keine Schärfekontrolle etc. Nun ich habe mir so ein Ding zugelegt und würde dieses jetzt nicht mehr hergeben, die Vorteile eines elektronischen Suchers sind einfach zu gross. Ich denke es liegt an uns Anwendern das „neue“ zuzulassen und uns weiterzuentwickeln.
    Nicht vergessen dürfen wir, das jeder Hersteller seine Kameras nicht zu 100% selber baut und so auf die Gunst seiner Konkurrenten angewiesen ist und vieles nur für Lizenzgebühren zu haben ist. Da liegt es nahe auf das Traditionelle zu setzten und dieses „schönzureden“.
    Ich bin auch von den spiegellosen A-7 Kameras von Sony begeistert auch wenn ich diese wegen ihrer Grösse noch nicht einsetze, da mir das Body zu klein ist. Also liebe Kollegen, gebt dem neuen eine Chance oder gehört ihr auch noch zu denen die behaupten ein 6×6 Dia sei besser als jedes digitale Bild?

    1. Vielen Dank für diese ersten sehr interessanten Kommentare. Ich gehe mit Henri Leuzinger einig, dass die DSLR durchaus noch weiterentwickelt werden kann. Die Frage ist aber, ob der Spiegel noch eine Berechtigung hat. Alex Haui bringt das sehr treffend auf den Punkt. Die investitionsschonende Modellpflege ist ein wichtiges Argument. Weil spiegellose Kameras ein schmaleres Auflagemass haben, ist es jedoch überhaupt kein Problem, um via Adapter bereits existierende DSLR-Objektive an eine DSLM zu koppeln. Canon und Nikon könnten also problemlos eine Vollformat-DSLM-Kamera bringen, neue und bessere Objektive dafür lancieren (s. mein Artikel) und gleichzeitig einen Adapter anbieten, mit denen sich die ganze bestehende Objektivpalette mit null Funktionseinschränkungen an der neuen spiegellosen Kamerageneration einsetzen lässt. Wie Alex Haui schreibt, überwiegen die Vorteile einer spiegellosen Konstruktion. Und seit der Leica SL wissen wir auch, dass es möglich ist, die Qualität des Sucherbildes auf einen Level zu bringen, der dem optischen Sucherbild sehr nahe kommt. Ich bin überzeugt, dass sich der EVF noch weiterentwickeln wird und die Zukunft den DSLM gehört. Dass der Technologiewechsel nicht automatisch bedingt, dass man alle seine Objektive ersetzen muss, ist aber sehr wichtig und wie oben ausgeführt problemlos machbar.

  4. Ein enormer Vorteil des elektronischen Suchers ist die manuelle Scharfeinstellhilfe, Peaking genannt, die selbst bei Dämmerlicht sehr gut funktioniert. Denn mit den Adaptern von Metabones, Commlite und anderen ist der Autofokus mit vielen Objektiven unbrauchbar. Als Tierfilmer draussen in der Natur verwende ich derzeit in erster Linie die Sony A7s und die Lumix GX8 von Panasonic. Letztere hat einen fantastischen Sucher und bietet eine hervorragende Videoqualität trotz des kleineren MFT-Sensors. Mit der A7s + Sigma 120-300/2,8 filmte ich Dachfamilien in der Abenddämmerung und erzielte mit dem Ninja Blade-Rekorder von Atomos eine Bildqualität, von der ich bis anhin nicht einmal zu träumen wagte. Der elektronische Sucher hellt das Bild auf und wirkt wie ein Restlichtverstärker. Die Zeit der Spiegelreflexkameras ist für mich endgültig vorbei.

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