Foto Ernst an der Badenerstrasse 211 ist ein Relikt aus der analogen Zeit. Jetzt soll das legendäre Fotohaus aus dem Dornröschenschlaf erweckt und einer neuen Bestimmung zugeführt werden. Und damit es Platz gibt, findet heute, Samstag 2. April 2016 von 11 bis 17 Uhr ein grosser Fotoflohmarkt statt – mit Raritäten, von denen man nur träumen kann.
Welcher Zürcher kennt Foto Ernst nicht? Das Fotogeschäft an der Badenerstrasse, an dem die Zeit stehengeblieben ist? Da strahlen Agfa-Rhomben und Werbeschriften für Dunkelkammer-Bedarf, und wer schon einmal drin gewesen ist, erinnert sich an ein Eldorado von Filmschachteln, Entwicklungsdosen, Chemikalien, Vegrösserungsgeräten, Stativen, Kameras und jeder Menge überlagertes Zubehör. Morgen Samstag, 2. April 2016 von 11 bis 17 Uhr ist grosser Flohmarkt.
An der Liegenschaft Badenerstrasse 211 ist die Zeit stehen geblieben: ein seit 77 Jahren unberührtes Fotogeschäft (Foto: Nicole Gerber)
Das 1939 gegründete Fotogeschäft hatte Franz Ernst nach seiner Lehrzeit von seinem Vater übernommen – und seither stand er, heute über 80, täglich hinter der Theke und verkaufte Filme, Kameras und Zubehöre, die zwar in der modernen Fotografie kaum noch zu gebrauchen, doch die von Sammlern oder zur Ergänzung analoger Ausrüstungen wieder gesucht sind. Franz Ernst war in seiner Umgebung ein Phänomen, nicht nur, weil man bei ihm Dinge fand, die es längst nicht mehr gab, sondern weil er genau wusste wo was war. Zudem blühte sein Gedächtnis wenn es darum ging aus alter Zeit und Episoden der Schweizer Fotoszene zu erzählen.
Franz Ernst (80) war jeden Tag in seinem Laden und wusste genau wo was war … (Foto: Urs Tillmanns)
Was sich in den Räumen alles stapelt weiss nur Franz Ernst, der im Herbst das Haus mitsamt Inventar verkauft hatte und sich danach zurückzog. Zum Glück haben sich, auf Grund einer Initiative von Nicole Gerber, einige Interessenten gefunden, die diesen Schatz jetzt ans Licht bringen und jenen Interessierten zuspielen wollen, die mehr VVerwendung dafür haben als der Container. Denn für Sammler und Liebhaber der analogen Fotografie gibt es hier zu Hauf Raritäten der Fotogeschichte zu entdecken – und für wenig Geld zu erstehen.
Fotoraritäten noch und noch: Was sich hier bis unter die Decke stapelt kommt morgen auf den grossen Flohmarkt (Fotos: Urs Tillmanns)
Im Rahmen der Manifesta 11, der europäischen Biennale für zeitgenössische Kunst (Zürich, 11. Juni bis 18. September 2016), sollen die Räumlichkeiten als ein «Zentrum der analogen Fotografie» genutzt werden, um besonders wertvolle Objekte aus dem Ernst-Fundus auszustellen, aber auch um Begegnungen, Vorträge oder Fotokurse durchzuführen. Bevor dies jedoch realisierbar ist, muss zuerst einmal geräumt werden – und dazu veranstalten die Initianten drei Fotoflohmärkte, den ersten am Samstag, 2. April, den zweiten am 9. und den letzten am 16. April 2016, jeweils von 11 bis 17 Uhr.
Was nach der Manifesta 11 mit der Liegenschaft und dem verbleibenden Bestand passiert, ist noch unklar. Es wäre schade, wenn diese «analoge Fotoinsel» aus der Stadt Zürich verschwinden würde.
Urs Tillmanns
Heute: Grosser Fotoflohmakt bei Foto Ernst
Badenerstrass 211, Zürich
von 11 bis 17 Uhr
nicht verpassen.
Lesenswerter Artikel im Tagesanzeiger
Wär’s nicht am 31.3 im Tagi gestanden, hätt ich’s beinahe für einen 1.4-Scherz gehalten.
Ja FEZ war stadtbekannt, aber das Image welches FEZ in den vergangenen Jahren erhielt, beruhte eher darauf, dass FEZ einer der letzten Läden dieser Art war.
Erhaltung des Kulturgut’s finde ich wichtig und auch das ist Kultur. Aber mir scheint das eher ein hochsterilisieren.
Persönlich nahm ich F.Ernst als fachkundigen Verkäufer war. Es schien aber in den vergangenen 10-15 Jahren eher so, als wäre die Zeit im Laden irendwo zwischen 1988-’95 stehen geblieben. Teilweise auch preislich, Aber viel mehr das mangelnde Bewusstsein dass die Analogfotografie eben mehr ist als „Vergangenes“.
Das Projekt mit der Manifesta11 ist an sich ja ok, aber auch hier wird mir persönlich die Analogfotografie in ein museales Klischee gedrängt.
Die Analogfotografie als museales Accessoire, gebetsmühlenartige Beschwörung auf’s Handwerk – nein, Analogfotografie war mal die ganz normale Fotografie, sie war auch Masse, ständige Weiterentwicklung & Veränderung und damit integraler Bestandteil des ständigen technischen Fortschritts. Alleinig mit Nostalgie-Klischees‘ und in der Praxis blossem (teils teurem) Verkauf lässt sich die Analogfotografie nur schwer in’s „digitale Zeitalter“ überführen – aber das ist zum grossen Teil auch den verharzten Strukturen der Branche zu verdanken. Denn das Potenzial wäre m.A.n. da – auch und gerade für Läden wie eben auch einst FEZ.
Sowohl Herrn F.Ernst als auch den Initianten alles Gute & viel Erfolg
Als junger Mann war ich ein guter Kunde bei Foto-Ernst. Es war immer spannend mit Herrn Ernst zu fachsimpeln. Meine erste bei ihm gekaufte Kamera war eine Minolta. Dann folgten die verschiedenen Modelle von Konica. Die hatten als fast erste ein Modell mit Motor. Dann folgte meine 6×6-Phase. Eine zweiäugige Yashica musste her. Sie machte Superbilder auf Rollfilm. Selber entwickelt und Poster gemacht. Leider besass diese keine auswechselbaren Objektive. Also kaufte ich die Spiegelreflexkamera Pentacon-Six. Ein Monstrum. Schwer aber mit tollen Zeiss-Objektiven. Echte Qualität also. Diese Ausrüstung habe ich immer noch schlummernd im Keller. Kann gekauft werden. Durch die Unterwasserfotografie bin ich dann wieder auf Kleinbild umgestiegen. Die Nikon F4 hat mir viele Jahre in einem tollenUnterwassergehäuse von Rene Hugenschmidt treue Dienste geleistet. Heute ist die kleine Kamera in einem kleinen Unterwassergehäuse Trumpf.Aber auch mit hochwertigen Objektiven und Unterwasserblitzen. Mit einer solchen Ausrüstung kann man sehr unbeschwert fotografieren oder Videosdrehen. Aber die Zeit mit Film bleibt unvergesslich. Immer musste ich genau abwägen ob ich denn noch ein Foto machen wollte, denn man wusste ja nie was einem vor die Linse schwimmt.
Die Besuche bei Herrn Ernst sind unvergesslich und die Stimmung in diesem Haus auch. Doch leider war der Laden immer geschlossen wenn ich mal daran vorbei kam. Herrn Ernst wünsche ich alles Gute.
Guten Tag! Mein Name ist Ulf Barthel, ich bin Mitglied der Historischen Tauchergesellschaft Deutschland e.V..
Mit Interesse habe ich Ihre Ausführungen bzgl F4 und dem Hugenschmidt Gehäuse gelesen. Ich bin derzeitig dabei, eine größere Abhandlung über das Wirken und Schaffen René Hugenschmidts zu erstellen. Dazu suche ich Rat und Hilfe von Anwendern seiner legendären Gehäuse.
Ich würde mich freuen, wenn Sie mit mir in Kontakt treten und wir ein wenig über Ihre Erfahrungen mit der F4 im Hugy Gehäuse fachsimpeln könnten.
Sie erreichen mich unter ulf@flossentraeger.de oder 0049(0)170 317 36 24.
beste Grüße
Ulf Barthel
Nachdem Herr Ernst erkrankt ist, blieb der Laden einfach geschlossen. Und zig tausende Zürcher, welcher jeden Tag an der belebten Stelle vorbeikamen, fragten sich immer, was mit dem Laden los ist. Grundsätzlich ist anzumerken, dass sich finanziell nicht viele Ladenbesitzer das selbe hätten leisten können. Herr Ernst aber schon, ihm gehörte ja schliesslich das Haus. Die Initiantin, Nicole Gerber, eine ehemalige Angestellte von mir, war von diesem Laden fasziniert, wie manch anderer auch. Sie selber wohnt ja im gleichen Kreis. Und die Ware im Schaufenster wurde von der Sonne jeden Tag bleicher. Ihre Frage war, was passiert, wenn man den Laden einfach wieder aufmachen würde ? Wer käme dann hinein ? Nun, ich habe bei meinen Foto Kollegen herum gefragt, und ich habe niemanden gefunden, welcher nur im geringsten sich hätte dafür im gleichen Masse begeistern können. Aber Nicole Gerber hat drei Jahre daran gearbeitet, verhandelt, nicht locker gelassen, war einmal ganz nah am aufgeben. Aber ihr begeisterungsfähiges Wesen hat eine aufgestellte Gruppe von Helfer zusammen gebracht, mich inklusive, welche ohne finanzielle Interessen und mit der gleichen Begeisterung am Projekt mitwirken. Noch am Freitag Nacht wussten wir nicht, was uns am Samstag erwarten würde. Aber dann blieb uns die Spucke weg, die Menschenmenge reichte weit in die Badenerstrasse hinein, nahm bis zwei Stunden Wartezeit in Kauf, und zahlte noch 5.– Franken Eintritt, damit sie überhaupt etwas kaufen durfte. Man musste eine Verweildauer von 30 Minuten einführen, damit alle Interessenten zum Zuge kamen. Am nächsten Samstag 9. April und am übernächsten Samstag 16. April geht es mit dem Flohmarkt weiter. Es hat noch Berge voller Ware, Einzelstücke, richtige Seltenheiten und wahre Schätze. Fotografen sind auch gekommen, und haben Artikel für Ihre Sammlung gekauft. Als Quintessenz bleibt nur noch die Frage, ob wir Fotohändler vielleicht die letzten Jahre den Ueberblick verloren haben. Anstatt das 17396ste Onlineportal ins Netz zu stellen und die Preise noch billiger zu rechnen wäre es vielleicht nicht sinnvoller, sich wieder auf das alte Handwerk zu konzentrieren, oder wie Apple Gründer Steve Jobs betonte, nicht anderen Fussstapfen nachzutreten, sondern eigene Fussstapfen zu setzen ? Ich halte es auch lieber wie der grosse Erfinder Thomas A. Edison: “Many of life’s failures are people who did not realize how close they were to success when they gave up.” „Viele Misserfolge im Leben sind von Menschen, welche nicht erkannten, wie nah sie am Erfolg waren, als sie aufgaben !“
@fotoleu:
Vielen Dank für diese ausführliche & Einblick gewährende Stellungsnahme.
Ihrer Schlussfolgerung stimme ich gerne zu. Ja, da wurde etwas verpasst. Verpasst wurde, eine solche Geschäftskulur aufrecht zu erhalten.
Meine Beobachtung allerdings: betreffend Analog ist das aber in jeweiligem Alleingang auch schwierig. Hier bräuchte es Zusammenarbeit. Die Branche gibt sich schon sehr Mühe, auch zB mit diesen Events. Doch dieser verkommen zusehends zu Herstellerplattformen. Für die Digitalfotografie sind einstige Vernetzungen kaum mehr von Belang. Das, vermutlich eine der Ursachen für den heutigen Zustand.