Markus Zitt, 31. Juli 2016, 07:00 Uhr

Die neuen Sony E-Mount Vollformat-Objektive in der Praxis

Sony hat kürzlich neue Vollformatobjektive für professionelle Anwender mit E-Mount vorgestellt. Wir konnten die neuen Objektive der «G Master»-Reihe, das 2,4/24-70mm (SEL2470GM), das 1,4/85mm (SEL85F14GM)sowie das 2,8/70-200mm G Master (SEL70200GM) und das Zeiss 1,4/50mm (SEL50F14Z) in der Praxis erproben. Hier unsere Eindrücke.

Die kurze Geschichte des im Herbst 2013 lancierten «Alpha 7»-System ist eine erfolgreiche. Die inzwischen sechs Kameramodelle mit fortschrittlichsten und leistungsstarken Merkmalen haben viele Anhänger unter versierten Fotografen gefunden. Längere Zeit ein Kritikpunkt war aber das magere Objektivsortiment von Sony in der Einführungsphase und auch das Fehlen von spezielleren Objektiven wie lichtstarken Festbrennweiten. Diese Kritik scheint Sony gehört zu haben, denn in den vergangenen Monaten wurde das Sortiment deutlich ausgebaut.

Insgesamt bietet Sony inzwischen 21 Objektive an, von denen einige das Zeiss-Label tragen. Darüber hinaus gibt es von anderen Anbietern noch zahlreiche vollformattaugliche Foto-, aber auch Cinemaobjektive mit E-Mount. Ausführlich mit dem Angebot passender Objektive befasst sich die Marktübersicht in Form eines PDF-Dokuments, die in einem Artikel mit wissenwerten Infos zum Herunterladen bereit steht.

Im Frühling hat Sony zwei Etappen mehrere Objektive sowie zwei Tele-Konverter angekündigt, wobei die Profimodelle der Objektive erst in den vergangenen Wochen in den Markt kamen.

Am 11 Juli 2016 wurde noch ein weiteres 50mm angekündigt und auch gleich eingeführt:

Von diesen Neuheiten konnten wir die vier lichtstarken «Profi-»Objektive ausprobieren.

Mit den Neuankündigung hat Sony ihr Sortiment auf ordentliche 21 Objektive ausgebaut, dabei jedoch Brennweiten-mässig einige Doppelspurigkeiten eingeführt. Hinsichtlich der Normalbrennweite hat man nun die Wahl zwischen drei Objektiven, wie dem brandneuen Zeiss 1,4/50mm, dem ebenfalls neuen Sony 1,8/50mm sowie dem bisherigen Zeiss 1,8/55mm.
Auch das 2,8/24-70mm GM steht in Konkurrenz zu zwei anderen Standardzooms: dam Zeiss 4.0/24-70mm sowie dam Sony 28-70mm.

Bei den Telezooms stehen nun zwei 70-200mm, das frühere kompaktere mit Lichtstärke 4.0 und optischer Bildstabilisierung sowie das neue 2,8/70-200mm zur Wahl. Auch das günstige 70-300mm deckt diesen Brennweitenbereich ab und bietet zusätzlich einen grösseren Telebereich. Das 4.0/70-200mm und das 70-300 wiegen mit rund 850 Gramm etwa 60% des 2,8/70-200mm. Ähnliches gilt auch für das 24-240mm, das als Superzoom jedoch  in einer anderen Anwendungsklasse spielt.

Es stellt sich die Frage, ob statt diesen Doppelspurigkeiten nicht mehr Gewicht auf unterschiedliche Brennweiten gelegt werden sollte. Klar ist, dass die neuen Objektive in der Profiliga spielen und gerade den Bedürfnissen oder zumindest den Erwartungen von Profis und ambitionierten Hobbyfotografen gerecht werden sollen.

 

Objektiv-Neuheiten im Praxiseinsatz

Das Sony 2,8/24-70mm GM (SEL2470GM) und das 1,4/85mm GM (SEL85F14GM) konnten wir fast drei Wochen ausgiebig erproben. Beide waren zusammen mit 2,8/70-200mm G Master (SEL70200GM) als erste Vertreter der neuen besonders hochwertigen «G Master»-Reihe anfangs Februar 2016 vorgestellt worden (siehe Meldung). Das 85 und das Standardzoom bilden den Schwerpunkt dieses Artikels.

Im Anschluss an eine Pressekonferenz, an der das Zeiss 1,4/50mm (SEL50F14Z) vorgestellt wurde (Meldung vom 11. Juli 2016), hatten wir zudem noch die Gelegenheit dieses brandneue 1,4/50mm sowie erstmals das erst im Juli in den Markt gelangte 2,8/70-200mm G Master (SEL70200GM) während eines kurzen Ausflugs in den Berliner Zoo auszuprobieren. (Da ein 50mm Objektiv nicht gerade die optimale Brennweite für Tiere in Freigehegen darstellt, konzentrierten wir uns vor allem auf das 70-200mm.)

Die beiden Festbrennweiten besitzen eine Lichtstärke von 1:1.4 und sind äusserlich sehr ähnlich, obwohl das 85er ein Sony-GM-Modell und  das 50er dagegen als Zeiss gelabelt ist. Die beiden Zooms, das 24-70mm und das 70-200mm, verfügen jeweils über eine durchgehende  Lichtstärke von 1:2,8. Sie verzichten im Gegensatz zu früheren Vollformat-E-Objektiven – oder auch zu vergleichbaren Optiken andere Marken – auf einen optischen Bildstabilisator. Sony kann sich dies erlauben, da die A7-Kameras seit der zweiten Generation über einen beweglichen Bildsensor verfügt, der leichte Bewegungen des Fotografen kompensieren kann und die Bildstabilisierung übernimmt.

Alle vier KB-Vollformat-Objektive sind sehr hochwerig gefertigt. Sie sollen  eine hohe Abbildungsleistung, einen feinen Schärfeverlauf und ein schönes Bokeh vereinen. Ermöglicht wird dies durch neue optische Technologien, ein neues Design und eine besondere optische Kalibrierung. Per Nanotechnologie konnte die auf mikroskopischer Eben nicht ganz glatte Oberfläche der asphärischen Linsen weiter geglättet werden, was gleichmässige «Lichtflecken» im unscharfen Hintergrund und somit ein schönes Bokeh gewährleisten soll.

Das 85mm und 24-70mm – und vermutlich auch das 50mm und das 70-200mm – kommen jeweils mit Streulichtblenden und in einer wertigen gepolsterten Objektivtasche daher, die sich mit dem Schultertragegurt auch umhängen lassen. Die Taschen verfügen über Reissverschlüsse und Klettverschluss.

Sony Objetivtaschen 2016-0724-E04-16

Linke Bildhälte zeigt die Objektivtasche neben dem 85mm GM. In der rechten Hälfte ist das 24-70mm in der offenen Tasche verstaut.

Sony Beutel vs Tasche 2016-0724-E04-26

Deutlich wertiger und praktischer: Die neuen Objektive kommen in gepolsterten Taschen, während z.B. das 16-35mm (links) noch in einem billig anmutenden Kunstlederbeutel ausgeliefert wurde.

Alle vier Objektive sind mächtige Glasbrocken – gross und schwer. Irgendwie passen sie nicht so richtig an die eher zierlichen A7-Kamera, wobei sie sich an den minimal grösseren Modellen der zweiten A7-Generation, die eine grössere und griffigere Griffwulst besitzen, dennoch gut zu halten sinf und sich handhaben gut lassen. Jene Fotografen, die sich aber einst für ein A7-Modell wegen dessen besonders kompakten Abmessungen entschieden hatten, sind mit diesen Objektiven nicht gerade optimal bedient. Die Kamera-Objektiv-Kombination entspricht ungefähr jener einer Vollformat-DSLR. (Nebenbei: Zu diesen Sony Glasbrocken fehlt jetzt eigentlich nur eine passende Profikamera – gross, robust, wetterfest und mit hoher Leistung sowie mit mehr Akkupower. Aber die photokina 2016 ist schliesslich nicht mehr fern.)

Alle vier Objektive besitzen an der linken Seite einen Schiebeschalter, um zwischen AF- und MF-Modus umzuschalten. Unweit davon befindet sich jeweils auch die kreisrunde Fokussperrtaste. Die Objektive liefern Bilder von sehr hoher Schärfe, die sich gleichmässig von Bildmitte in die Randbereiche erstreckt. Schon bei offener und weit geöffneter Blende sind die Ergebnisse gut bis sehr gut. Die Schärfe wirkt in den Bildern dabei nicht technisch, übertrieben oder abgehackt, sondern organisch. Auch die Vignettierung oder die Verzeichnung ist bei allen Objektiven gering. Einzig das 24-70mm gibt in Weitwinkelstellung parallel Linien leicht tonnenförmig wieder.

 

Das 1,4/85mm GM

Sony SEL85F14GMAls lichtstarkes, aber minimales Tele ist das Objektiv natürlich ein ideales Porträtobjektiv, das kaum verdichtet und vorallem mit offener Blende das Loslösen vom Hintergrund erlaubt. Das Objektiv ist jedoch auch für Available-Light-Fotografie bestens geeignet. Für kleinere Sachaufnahmen ist seine Naheinstellgrenze zu einschränkend.

Das Objektiv ist als eines der wenigen im E-Mount-Sortiment vorne mit einem Blendenring ausgestattet. Die Blenden lassen sich in Drittelwerten verstellen.

Für Blenden- und Programmautomatik gibt es eine A-Postion. In dieser lassen sich die Blendenwerte alternativ wie bei allen anderen Objektiven an der Kamera über den vordere Einstellrad verstellen.

Sony SEL8514GM 2016-0730-E04-04

Filmschaffende dürften den «Declick»-Schalter unten auf der rechten Seiten schätzen, den man sich heutzutage auch an Neuheiten anderer Objektivmarken wünschen würde. Der Schiebeschalter erlaubt das Ausschalter der Blendenrasterung für eine stufen- und geräuschlose Blendenverstellung. Damit erinnern sowohl das 85mm wie auch das neue 50mm an das motorische PowerZoom 28-135m, das fürs Videofilmen konzipiert und dazu auch mit Zahnkränzen für ein Follow Fokus (Schärfeziehvorrichtung) ausgestattet ist. Auf Zahnkränze wurde bei den beiden lichtstarken Fotoobjektiven jedoch verzichtet.

 

Diaschau von Aufnahmen, die mit dem Sony 1,4/85mm GM entstanden sind.

Sony 2,8/24-70mm GM

Sony SEL2470GMDas 50mm Standardzoom mit durchgehender Lichtstärke von 1:2,8 ist das Universalwerkzeug für den Fotoalltag, während seine Extrempositionen von 24mm einen ordentlichen Weitwinkel- und mit 70mm im Telebereich einen nützlichen Brennweitenbereich abdecken. Dank einer Nahgrenze von 0,38m lässt sich das Zoom auch gut im Nahbereich verwenden. Auf einen Blendenring wie beim 1,4/85mm hat Sony leider verzichtet.

Aufnahmen mit dem Sony FE 2,8/24-70mm GM.

Sony FE 2,8/70-200mm GM

Sony SEL70200GMDas Telezoom mit durchgehender Lichtstärke von 1:2,8 ist bei anspruchsvollen Fotografen die optimale Ergänzung zum 2,8/24-70mm-Zoom und reicht für Motive im nahen bis mittleren Telebereich. Vom Gewicht und Volumen her ist es nicht gerade die erste Wahl für die Reisefotografie, sondern kommt eher dann zum Einsatz, wenn für bestimmte Shootings eine variable Telebrennweite von Vorteil ist. Auf einen Blendenring hat Sony leider auch bei diesem Profiobjektiv verzichtet, dafür trumpft aber die Streulichtblende mit einem sinnvollen Mermal auf. Die aufsteckbare hat nämlich eine Öffnung an der Seite, über die der Fotograf einen Polarisationsfilter auch bei angesetzter Streulichtblende verstellen kann.

Aufnahmen, die mit dem Sony 2,8/20-200mm GM gemacht wurden.

 

Zeiss FE 1,4/50mm ZA

Sony SEL50F14ZADas brandneue 50mm konnten wir ebenfalls kurz im Berliner Zoo erproben, wobei die Motive im Zoo tendenziell nach längerer Brennweite verlangen. Die Verarbeitung des Gehäuses und dessen Bedienelemente (inkl. Deklick-Schalter) und somit auch seine Handhabung entsprechen denen des oben beschriebenen Sony FE 1,4/85mm GM.

Freundlicher Zoo-Bewohner fotografiert mit dem 1,4/50mm bei Blende 1:1,6.

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Sony Objektive (E-Mount-Vollformat)
Modell L x Ø, Gewicht Filter Nahdistanz CHF
2,8/24-70mm GM 136 x 87.6 mm, 886 g 82 mm 0,38 m 2749.-
Zeiss 1,4/50mm ZA 108 x 84 mm, 778 g 72 mm 0,45 m 1999.-
1,4/85mm GM 101 x 78 mm, 610 g 72 mm 1 m 2249.-
2,8/70-200mm GM 200 x 88 mm, 1480 g 77 mm 0.96 m 3299.-

Weitere Informationen zu den neuen Sony-Objektiven finden Sie auf www.sony.ch

FaZitt

Mit den neuen Objektiven stehen den Besitzern einer A7-Kamera nun auch zwei lichtstarke Zooms zur Verfügung, wie sie im Fotografenalltag und von versierten Hobbyisten für viele Aufgaben bevorzugt werden. Mit dem 1,4/85mm und dem brandneuen 1,4,/50mm sowie dem bereits 2015 eingeführten Zeiss 1,4/35mm ZA steht nun auch das Standardtrio an lichtstarken Festbrennweiten zur Verfügung. (Es fehlen eigentlich nur noch die heute üblichen 24mm/ 28mm und das 105mm mit 1,4er Lichtstärke.) Das Trio ist ideal für Available-Light-Fotografie, wobei in der Digitalfotografie die lichtempfindlichen Bildsensoren und der elektronische Sucher mit seinem stets hellen Sucherbild (im Gegnsatz zu SLRs/DSLRs) grösstmögliche Lichtstärke weniger dringend machen. So sind es vor allem die kreativen Möglichkeiten einer grossen Blendenöffnung, die für lichtstarke Zooms und Festbrennweiten sprechen. Eine hohe Lichtstärke macht jedoch wenig Sinn, wenn die Qualität bei weit geöffneten Blenden nicht stimmen würde. Die neue Sony Objektive können nicht nur mit hoher Schärfe überzeugen, sondern liefern ansprechende Schärfe selbst mit weiten Blendenöffnungen auch im Randbereich und weisen zudem eine geringe Randabschattung auf. (Bei Bedarf kann zusätzlich auch die Objektivkompensation im Kameramenü aktiviert werden – vor allem, da in Bildprogrammen noch keine passenden Objetivkorrekturprofile verfügbar sind.) Die vier Objektive gefallen durch schöne Bokehs in den Unschärfebereichen. Überhaupt bieten die neuen Sony Objektive eine hohe Bildschärfe, geben sich keine Blösse mit Abbildungsfehlern, überzeugen mit schnellem AF im Rahmen der Kameramöglichkeiten und gefallen in der Handhabung. Das 85er und das 50er können Filmschaffende zudem mit ihrer auf Wunsch rasterlosen Blendenring gefallen. Einzig das Gewicht und die Grösse der vier Objektive sind Handicaps, die die Mobilität des Fotografen erschweren und gegen den Einsatz sprechen. Ausserdem stellen auch die hohen Preise eine Anschaffungshürde dar.

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