Das Landesmuseum Zürich hat letze Woche die Schwerpunktausstellung «Ideen Schweiz» eröffnet, welche die Frage erörtert, was die Schweiz zu dem macht was sie ist. Als Wechselausstellung dazu wird die vor 75 Jahren gegründete Kulturzeitschrift «du» erstmals als Gesamtschau präsentiert.
Die Kulturzeitschrift «du» könnte man schon fast als Phänomen in der Zeitschriftenlandschaft bezeichnen. Gegründet 1941, mitten im Zweiten Weltkrieg, zu einer Zeit also, wo sich angesichts der kriegerischen Bedrohung unseres Landes die wenigsten Leute für die kulturelle Entwicklung interessierten und wohl auch die Mittel kaum hatten, eine Zeitschrift darüber zu kaufen. Und doch hat sie nicht nur die Kriegsjahre durchgestanden, sondern nun auch noch sieben Jahrzehnte mehr. Sie konnte sich – allerdings in einer bewegten Geschichte und mit vielen Wechseln der Verlage und Redaktionen – in einem hart umkämpften Zeitschriftenmarkt nicht nur behaupten, sondern stetig weiterentwickeln.
Noch bis 19. März 2017 präsentiert das Landesmuseum ein Ausstellung über das Gesamtwerk der Kulturzeitschrift «du» von 1941 bis 2008
Die Fotografie war von jeher ein tragendes Element des «du». Es gibt bis heute nur wenige Ausgaben, in denen kein fotografisches Thema enthalten oder ein Bericht von namhaften mit hervorragenden Bildern illustriert ist. Die Fotografie wurde der Zeitschrift gewissermassen in die Wiege gelegt von ihrem ersten Chefredaktor Arnold Kübler, welcher aus seiner Vorgängerzeit bei der «Zürcher Illustrierten» mit vielen guten Fotografen zusammengearbeitet hatte. So verwundert es nicht, dass bekannte Namen, wie beispielsweise Jakob Tuggener, Paul Senn oder Hans Staub schon von Anfang an in den «du»-Nummern erschienen und viel zum optischen Eindruck dieser Zeitschrift, und damit zu ihrem Erfolg, beigetragen haben. Kommt noch hinzu, dass damals sehr viel weniger Bilder in den Druckerzeugnissen gezeigt werden konnten als dies heute der Fall ist, und dass der Druck des «du» von Conzellt & Huber die Fotos in einer vorbildlichen Qualität zeigte, die schon fast an Originalfotos heranreichte.
Auch nach der Ära Kübler, die von 1941 bis 1957 dauerte und in einem unschönen Streit mit dem Verlag endete, übernahm Manuel Gasser, der Begründer der «Weltwoche», die Chefredaktion. Gasser pflegte den thematischen Aufbau der Hefte noch strenger und liess einen stärkeren literarischen Inhalt einfliessen, was vor allem auf die Zusammenarbeit mit Hugo Loetscher zurückzuführen war. Dies ging keineswegs auf Kosten der fotografischen Beiträge – im Gegenteil, diese wurden mit jungen Fotografen, wie René Burri, Robert Frank und Henri Cartier-Bresson massiv ausgebaut.
Charakteristisch für die redaktionelle Phase des «du» unter der Leitung von Dominik Keller, die von 1975 bis 1979 von relativ kurzer Dauer war, war die internationale Ausrichtung des Magazins als «Europäische Kunstzeitschrift». Unter Beibehaltung der Fotografie als ständiger Redaktionspfeiler, führte Keller zunächst das «du» ohne grosse Veränderungen bezüglich Gestaltung und Inhalt weiter, doch konzentrierte er noch stärker auf eigentliche Themenausgaben als dies früher schon der Fall war.
Von 1980 bis 1988 zeichnete Wolfhart Draeger, der von einem Münchner Kunstverlag nach Zürich kam, für das «du» verantwortlich. Zwar wurde das bewährte Konzept der Themenhefte grundsätzlich beibehalten und durch weitere Elemente ergänzt, doch finden sich in diesen Jahren weniger Ausgaben mit ausgesprochen fotografischen Themen. Zudem hatte Draeger mit einem ständigen Kostendruck zu kämpfen und musste seine Ausgaben mit einem reduzierten Redaktionsstab über die Runden bringen. Es schien im Gebälk von Conzett & Huber schon mächtig zu knistern, so dass diese einst bedeutendste «Graphische Anstalt» 1987 an die Tages-Anzeiger AG überging – mit unsicheren Zukunftsaussichten für ein «du» mit schwindenden Leserzahlen.
Dieter Bachmann, der 1988 mit der Leitung des «du» betraut wurde und die Redaktion bis 1998 leitete, trat kein einfaches Erbe an. Sein neues Konzept lehnte sich stark an die Erfolgszeit von Arnold Kübler und Manuel Gasser an, mit einer stärkeren Ausrichtung zu vorwiegend kulturellen Themen und einem stärkeren inhaltlichen Bezug zur Fotografie. Jetzt fand man auch wieder bekannte Namen in den «du»-Ausgaben, welche das Heft schon früher geprägt hatten: Werner Bischof, René Burri, Emil Schulthess, Horst Munzig oder Bruce Davidson, doch kamen auch neue hinzu, wie Gabriele Basilico, Sabastião Salgado, Thomas Kern, Manuel Bauer oder, auch als fotografischer Berater der Redaktion, Daniel Schwartz. Das neue Konzept bewährte sich schnell, was die wieder steigenden Abonnentenzahlen bestätigten. Nicht zuletzt dürfte die neue Ausrichtung mit einem stärkeren fotografischen Erscheinungsbild für diesen Erfolg verantwortlich gewesen sein.
Nach zehn Jahren ging die Leitung des «du» an Marco Meier über, der bereits mehrere Jahre mit Dieter Bachmann zusammengearbeitet hatte und die Redaktion bis 1998 leitete. Marco Meier hatte den Erfolgskurs von Bachmann an seiner Seite miterlebt, und so ist es nicht verwunderlich, dass er zunächst im gleichen Kielwasser weiterfuhr. Marco Meier setzte stärkere Akzente auf Personenvorstellungen mit Interviews vor Ort, was sich in vielen Fällen in einer noch stärkeren Authentizität niederschlug.
Christian Seiler, der die Redaktion des «du» 2003 antrat, gestaltete das Heft mit einem neuen Grafik- und Fototeam um und brachte in der Folge eine Reihe sehr erfolgreicher Ausgaben heraus. Allerdings war seine Ägide von kurzer Dauer, denn mit dem Übergang des «du» von Tamedia zum Niggli Verlag in Sulgen zeichnete sich eine schwierige Zeit für die Schweizerische Kulturzeitschrift ab.
Nach Christian Seiler wurde die Redaktion im Kollektiv seiner Mitglieder geführt, mit Camille Schlosser als deren Sprecher. Ende 2008 gab Niggli die wenig rentable Zeitschrift auf, was eine neue Chance für den Verleger Olivier Prange darstellte, der seither «du» in der «Du Kulturmedien AG» mit vielen neuen Ideen und bewährten Strukturen herausgibt.
Die Geschichte des «du» im Landesmuseum
Die temporäre Ausstellung zur Geschichte des «du», welche bis 19. März 2017 die Schwerpunktausstellung «Ideen Schweiz» im Landesmuseum begleitet, ist eine erstmalige Gesamtschau sämtlicher «du»-Ausgaben von 1941 bis 2008. Es sind rund 800 Ausgaben, die als Titelreihe auf einem grossen Ausstellungstisch präsentiert sind, die aber anderseits auch in Jahrbüchern aufliegen, damit die Besucher in allen Ausgaben blättern können. Grundsätzlich ist die Ausstellung in vier Elemente unterteilt:
Eine grosse Ausstellungswand widmet sich mit einer Auswahl von beispielhaften Ausgaben dem Wandel des grafischen Erscheinungsbildes des «du» von den Anfängen bis 2008. Dabei fällt einerseits die thematisch Konstanz der Zeitschrift über die 75 Jahre auf, anderseits aber auch der durchwegs hohe Anteil an fotografischen Themen mit herausragenden, international bekannten Fotografen.
Ein grosser Ausstellungstisch zeigt eindrücklich die Reihe sämtlicher Ausgaben aus 75 Jahren Redaktionsgeschichte. Zudem werden mit eingelassenen Leuchttafeln und aufgelegten Dokumenten die Grundsätze und Biografien der Verantwortlichen aller Perioden vorgestellt. Die Besucher können sich damit einen schnellen Überblick über die bewegte Vergangenheit des «du» verschaffen.
Wer über mehr Zeit verfügt, kann sich in den Jahrgangsbüchern eingehend mit den Inhalten der einzelnen Heften auseinandersetzen. Hier sind alle über 800 Ausgaben gesammelt vorhanden und stehen den Besuchern zur Lektüre frei zur Verfügung.
Als viertes Element liegt eine von Dieter Bachmann verfasste Broschüre auf, welche interessante Detail zur Geschichte des «du» und seiner Herausgeber vermittelt. Sie beleuchtet die verschiedenen Perioden der Zeitschrift und ihre Macher, bespickt mit vielen persönlichen Erinnerungen. Die Publikation bildete übrigens auch eine wichtige Grundlage des historischen Überblicks in diesem Artikel.
Text und Bilder: Urs Tillmanns
Die Ausstellung «du – seit 1941» ist noch bis 17. März 2017 zu sehen im
Landesmuseum Zürich
Museumstrasse 2
CH-8001 Zürich
Tel. 058 466 65 11
Weitere Informationen zur Ausstellung finden Sie unter www.nationalmuseum.ch