Markus Zitt, 2. Januar 2017, 16:31 Uhr

Trend: wachsendes Angebot an Ciné-Objektiven

Immer mehr Herstellerinnen von Fotoobjektiven erweitern ihr Sortiment um Ciné- bzw. Cinema-Objektive, die sich an die wachsende Gruppe von versierten Video- und Filmschaffenden richtet. Für ihre Cine-Objektive greifen manche Hersteller dabei gerne auch auf ihre vorhandenen, bewährten Fotoobjektiv-Konstruktionen und verpacken die Linsen in andere, ciné-taugliche Gehäuse.

 

Bei Wechselobjektiven lässt sich seit einigen Jahren ein Trend zu immer hochwertigeren Objektiven ausmachen. Viele Herstellerinnen setzen vermehrt auf lichtstarke Festbrennweiten (z.B. Lichtstärke 1:1,4), von denen viele in der extra teuren Premiumklasse angesiedelt sind. Beispiele sind die Milvus- und vor allem die exklusive Otus-Reihe von Zeiss oder auch die Art-Reihe von Sigma sowie die im Frühling 2016 gestartete neue «G Master»-Objektivreihe von Sony und die neue Premium-Reihe von Samyang.

Auch bei Zooms, bei denen vor einigen Jahren eher die Kompaktheit oder ein grosser Zoomfaktor im Vordergrund standen, sind inzwischen hohe Lichtstärken scheinbar stärker gefragt. Dabei soll die Lichtstärke zudem über den ganzen Brennweitenbereich konstant bleiben (Beispiel Sigma 50-100mm F1,8 DC HSM | Art für APS-C-Sensoren).

Da eine hohe Lichtstärke einen grossen Linsendurchmesser verlangt, fallen entsprechende Objektive dick und schwer aus, wobei die Anforderung der Digitaltechnik bzw. der Bildsensoren ohnehin zu grösseren Durchmessern führte. Wenn dann eine Optik auch noch einen grossflächigen Bildsensor bedienen muss, kommt man um einen fetten Glasbrocken nicht herum, der gleichermassen besonders schwer im Geldbeutel und in der Fototasche wiegt.

Trendige, teure Cine-Objektive

Neben dem verstärkten Engagement in Premiumoptik entdecken immer mehr Objektivhersteller die Film- und Videoschaffenden als lukrativen Markt und präsentieren für diese Anwender besondere Cine- bzw. Cinema-Optiken, wie sie früher fast nur von Cine-Spezialisten wie Angénieux und Cooke, aber auch schon lange von Zeiss sowie seit Jahren auch von Fujifilm (vor allem TV), Leica, Canon (ursprünglich nur TV) und anderen zu haben sind. Gerne werden diese Objektivmodelle auch entsprechend mit «Cinema» oder «Cine» (englische Kurzschreibweise) oder «Ciné» (französische Schreibweise) benannt.

Spezielle Objektive zum Filmen erleichtern das Arbeiten. Links ein 28-135mm-PowerZoom von Sony an einer Alpha 7s und rechts ein 85mm-Cine-Objektiv von Zeiss an einer Canon EOS 5D Mark III. (Das Sony ist kein richtiges Cine-Objektiv, aber fürs Videofilmen mit Foto- und Videokameras konzipiert.)

Cine-Objektive von Zeiss (CP.2-Reihe) flankieren eines von Canon (EOS Cinema EF). Zeiss bietet seit langer Zeit Objektive für Cinematographie an, wobei die CP.2-Festbrennweiten die günstigsten sind. Wechselobjektive produzierte Canon lange nur für ihre Camcorder im TV/ENG-Bereich, hat mit dem Start des EOS Cinema-Systems im Herbst 2011 auch Cine-Objektive lanciert.

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Jüngster Neuzugang unter den Anbietern von Cine-Objektiven ist Sigma (siehe Ankündigung zur Photokina 2016), die eine Cine-Reihe per 2017 angekündigt. Andere wie Tokina (Cine-Produktübersicht) sind nur wenig länger auf diesem Markt. Gerade bei den jüngeren Anbietern basieren viele dieser Cine-Optiken auf bereits entwickelten Fotoobjektiven, die jedoch in einem speziellen Gehäuse stecken. Die südkoreanische Herstellerin Samyang (in den USA als Rokinon bekannt) bietet seit Jahren beinahe jedes ihrer Objektive für (D)SLRs und CSCs auch in einer Video-DSLR- bzw. VDSLR-Variante an und lancierte im Sommer 2015 mit der Xeen-Reihe auch eine professionelle und teurere Ciné-Objektive-Reihe. Die Xeen-Objektive weisen im Gegensatz zu den VDSLRs-Modellen eine einheitliche Gehäusegrösse auf, wie es für den professionellen Einsatz ideal ist. Zur Photokina 2016 wurde die Xeen-Reihe auf sieben Modelle ausgebaut (siehe Newsmeldung).

Leica hat einerseits dafür extra die Schwesterfirma CW-Sonderoptik gegründet, 2015 für ihre Summilux-C-Objektive bereits einen Technik-Oscar abgeräumt und zur Photokina die Fabrikation der M-Objektive als «M 0.8»-Reihe für Cine-Zwecke angekündigt.

Objektive der «M 0.8»-Reihe von Leica neben und an einer digitalen Filmkamera von Red (Red Digital Cinema)

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Sogar die Mittelformatobjektive von Hasselblad werden zu Cine-Modellen umgebaut, allerdings nur für die spezielle Filmkamera Arri Rental Alexa 65, die das monumentale 65mm-Kinofilmformat digital wiederbeleben soll.

Der aktuelle Trend, dass immer mehr Hersteller von Fotoobjektiven nun auch Ciné-Objektive lancieren, dürfte mehrere Ursachen haben. Dazu gehören eine wachsende Nachfrage, denn immer mehr Anwender entdecken das Filmen (Profi- und Hobbyfotografen besonders seit Fotokameras auch filmen können) und durch YouTube, Vimeo, Blogs und Soziale Medien gibt es auch Plattformen zur einfachen Verbreitung. (siehe Fotoapparate als Videostars von 2009 zum damals neuen Trends filmender Fotoapparate). Auf der anderen Seite dürften bei den höheren Verkaufspreisen lukrative Margen und Erträge locken.

Da scheint es nur eine Frage der Zeit bis weitere Marken einsteigen. Ob dieser Markt allerdings für Massen von Ciné-Optiken gross genug ist, scheint fraglich.

Typisch für Ciné-Objektive

Die Ciné-Objektivgehäuse haben meist einen einheitlichen Aussendurchmesser und ihre Fokusringe verfügen über einen Zahnkranz anstelle einer griffigen, meist gummiüberzogenen Oberfläche. (Die Zahnkränze folgen meist dem Standard mit eine Abstand der Zähne von 0.8 Modul.) Dank den Zahnkränzen lässt sich mit einer Schärfeziehvorrichtung (Follow Focus) die Distanz auch während einer Aufnahmen präzise und sanft verstellen – bei professionellen Drehs sogar von einem Kameraassistenten oder einem Focus Puller.
Der einheitliche Frontdurchmesser vereinfacht zudem die Verwendung von Filtern und Kompendien (Matte Boxes). Die einheitliche Gehäusegrösse und stets gleich positionierte Einstellringe (Fokus, allenfalls Zoom, Blende) vereinfachen das Wechseln der Objektive auf einem Tragsystem (Video-Rig oder in Cage), ohne dass etwa das Follow Focus neu positioniert werden muss.

Eine einheitliche Objektiv- bzw. Gehäusegrösse trotz unterschiedlichen Brennweiten und Lichtstärken vereinfacht das Wechseln von Objektiven auf einem Video-Rig und anderen Tragsystemen. (Follow Focus muss nicht neu platziert werden.)

 

Typische Merkmale von Ciné-Objektiven sind zudem Blendenwerte in T-Stops statt als F-Werte (F-Stops, siehe Artikel mit Objektiv-Fachbegriffen), seitlich ablesbare Distanz- und Blendenskalen (seitlich ist ideal für Bedienung durch Assi) sowie rasterlose und somit stufen- und geräuschlose Blendenringe. Die Objektive ermöglichen zudem mit einem grossen Regelbereich der Fokus- und allfälliger Zoomringe eine äusserst präzise und «ruhige» Verstellung von Fokus und Brennweite.

Fotoobjektive zum Filmen

Im Zuge des Trends Fotokameras für Videofilme zu benutzen, kommen übrigens immer mehr normale Fotoobjektive wie das neuen Zeiss Loxia 2,4/85mm oder die neuen Festbrennweiten Zeiss 1,4/50mm und Sony 1,4/85mm zur Sony Alpha 7 mit einem De-click-Schalter, um die Blendenrasterung bei Bedarf auszukuppeln. Dann lässt sich die Blende während der Videoaufnahme stufenlos und auch geräuschlos verstellen.

Ebenfalls nützlich zum Filmen können PowerZooms sein – wie die Zooms mit motorischer Brennweitenverstellung genannt werden. Sie ermöglichen während der Videoaufnahme das gleichmässige – und hoffentlich geräuscharme – bei manchen Filmschaffenden verpönte Zoomen, wogegen das Zoomen von Hand nur selten gleichmässig und sanft gelingt.

Manuelles Fokussieren ist beim Filmen in verschiedenen Fällen – wie beispielsweise beim kreativen Spiel mit der Schärfentiefe – angesagt. Um normale Fotoobjektive temporär mit einem Zahnkranz bzw. Zahnriemen aufzurüsten, lassen sich flexible Zahnkränze aus Plastik zum Überstülpen verwenden.

Zahnkränze bzw. -riemen zum Überstülpen und Festzurren auf dem Fokusring (oder auch einem allfälligen Zoomring) erlauben die Verwendung mit Follow Focus.

 

Die Variante links erlaubt auch über den Hebel die komfortablere Fokussierung als das direkte und oftmals eher rucklige Drehen am Fokusring.

 

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Ciné-Objektive mieten

Wer Ciné-Objektive nur bei Bedarf benötigt, kann solche auch mieten.

Hier einige Anbieter:

Light + Byte AG
CH-8048 Zürich
Tel. 043 311 20 30

Foto Video Zumstein – Zumirent
Casinoplatz 8
CH-3011 Bern

Schweizer AG Professionelle Videotechnik
Rütistrasse 12
CH-8952 Schlieren (bei Zürich)
Tel. 043 810 37 37

Octamas AG
Werdinsel 4
CH-8049 Zürich
Tel. 044 401 58 00

Weitere Infos

Canon EOS Cinema Objektive (Übersicht)

Canon Schweiz
8304 Wallisellen
Tel. 0848 833 835

 

Samyang Xeen (Übersichtsseite)
Samyang (Herstellerseite)

Objektive von Samyang werden in der Schweiz über Perrot Image vertrieben:
Perrot Image SA
CH-2560 Nidau
Tel: 032 332 79 79

 

Sigma (Herstellerseite)

Sigma-Produkte werden in der Schweiz vertrieben durch:
Ott+Wyss AG
CH-4600 Zofingen
Tel. 062 746 01 00

 

Zeiss Cinema-Objektive (Übersichtsseite)
Zeiss.de (Herstellererseite)

Zeiss-Objektive werden in der Schweiz vertrieben durch:
Light + Byte AG
CH-8048 Zürich
Tel. 043 311 20 30

 

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