Urs Tillmanns, 15. Januar 2017, 13:00 Uhr

Canon EOS M5 im Praxistest

Die Canon EOS M5 stand uns kürzlich im Kit mit dem neuen 18-150mm Zoom plus Adapter für EF-Objektive zum Testen zur Verfügung. Mit der EOS M5 hat Canon ihr Spiegellossystem auf Vordermann gebracht und bietet jetzt ein 24-Megapixel-Topmodell mit schnellem Autofokus, elektronischem Sucher und Touchscreen an. Und doch gibt es einige Kritikpunkte …

 

Vier Jahre nach ihrer ersten Spiegellosen hat Canon nun das Topmodell EOS M5 herausgebracht, damit mit neuem Sensor und schnellerem Autokussystem kräftig aufgebohrt wurde. Ein elektronischer Sucher ist jetzt integriert, der Autofokus ist mit der Dual-Pixel-Technologie deutlich verbessert und schneller geworden, mit dem 24-MP-Sensor (wahrscheinlich identisch mit demjenigen der EOS 80D) soll die Auflösung besser sein und der Touchscreen sorgt für eine einfachere und zeitgemässe Bedienung. Auch die 7 Fotos pro Sekunde in der Serienbildfunktion mit Autofokus (ohne AF sind es 9) erlauben flotte Bildreihen, hingegen enttäuschen die Videospezifikationen mit «nur» Full-HD (1920×1080, 60p) – wo heute eigentlich 4K State-of-the-Art wäre.

 

Zur Zeit gibt’s den Mount Adapter EF-EOS M kostenlos im Kit

Mit der reichhaltigen technischen Ausstattung der EOS M5 hat Canon massiv zur Konkurrenz aufgeholt und kann sich durchaus neben den Mitbewerbermodellen von Fujifilm, Olympus, Panasonic, Sony oder Nikon sehen lassen. Allerdings ging die bessere technische Ausstattung, vor allem der integrierte elektronische Sucher, zu Lasten der Kompaktheit. Dieser sieht nicht nur aus wie das Prismengehäuse bei einer Spiegelreflexkamera, sondern sein Okular steht hinten satte 13 mm heraus, was fast schon ausreicht, dass die M5 nicht mehr so komfortabel in die Fototasche passt wie angenommen.

 

Dennoch möchte man nicht auf dieses grosse Plus der M5 verzichten, denn der Sucher ist mit seinen 2,36 Millionen Pixel von mehr als ausreichender Qualität, ruckelt kaum, hat eine hohe Auffrischungsrate von 120 B/s und ist immer dann ein nützlicher Helfer, wenn es sehr hell ist und auf dem Display spiegelt.

 

Übrigens ist im Suchergehäuse auch noch ein aufklappbarer Miniblitz untergebracht – nicht gerade ein Lichtprotz, aber Retter in der Not, wenn man keinen grösseren dabei hat, oder wenn man bei einem Gegenlichtporträt die Schatten aufhellen möchte.

 

Einfache Bedienung und griffiges Handling

Die EOS M5 macht einen ergonomisch guten Eindruck. Mit dem Daumenwulst auf der Rückseite der Kamera und dem Griff auf der Vorderseite hat man die Kamera fest und sicher im Griff und erreicht alle relevanten und sinnvoll angeordneten Bedienelemente schnell und sicher. Besonderes Plus ist das gut platzierte Einstellrad für die Belichtungskorrektur. Dafür ist der Videoauslöser an einem etwas ungünstigen Ort, was häufig zu versehentlichem Einschalten führt.

 

Praktisch ist die Beweglichkeit des Monitors in vertikaler Richtung, was bei tiefen Standpunkten und Über-Kopf-Aufnahmen geschätzt wird. Selfie-Freunde werden Spass daran haben, dass sich der Monitor um 180 Grad nach unten schwenken lässt und so von vorne gut eingesehen werden kann.

Das Schnelleinstellmenü auf dem Touchscreen lässt sich benutzerspezifisch konfigurieren. So stehen die am häufigsten verwendeten Funktionen immer auf Knopfdruck der Q-Set-Taste oder über die Q-Ecke auf dem Touchscreen zur Verfügung. Bei entsprechender Einstellung kann die Kamera auch über den Touchscreen ausgelöst werden.

Es ist übrigens ein echter Touchscreen, der bei der Bildbetrachtung auch zum Wischen für den Bildwechsel und Fingerspreizen zum Vergrössern der Bilddetails genutzt werden kann. Auch eine Bildbewertung mittels Vergabe von Sternen ist kameraintern möglich.

Die EOS M5 hat ein weiteres Einstellrad auf der rechten Seite erhalten, das mit verschiedenen Funktionen (ISO, AF/MF, Weissabgleich, Auflösung und Format) belegt werden kann.

 

Das Modus-Wahlrad links ist mit einem Knopf in der Mitte verriegelt. Das ist sehr praktisch, denn häufig verstellen sich seitliche Einstellräder, wenn man die Kamera in die Fototasche steckt. Hier können alle wesentlichen Funktionen wie P, Tv, Av, M und zwei benutzerdefinierte Einstellungen gewählt werden, sowie die Effektprogramme «Kreativfilter», «Besondere Szenen», «automatische Motiverkennung» oder der «Kreativassistent». Ob und wieviel man damit «spielen» will, ist jedem selbst überlassen. Mir persönlich fehlt dabei die Panoramafunktion, denn ich nutze sie bei anderen Kameras relativ häufig als Ersatz für ein extremes Weitwinkelobjektiv.

 

Über den «Kreativassistenten» kann man gewisse Präferenzen festlegen, wie z.B. schärferer oder unschärferer Hintergrund (Pseudo-Bokeh), Helligkeit, Kontrast, Farbsättigung, wärmere oder kältere Farbwiedergabe und fünf verschiedene Monochrom-Optionen (Schwarzweiss, Sepia, Blau, Lila, oder Grün). Die Konfiguration lässt sich als benutzerdefiniertes Profil abspeichern, so dass Benutzer X die Kamera immer für Aufnahmen mit seinem persönlichen Aufnahmestil einsetzen kann.

Das «Szenenprogramm» umfasst die Porträtfunktion (mit Weichzeichnereffekt), die Nahaufnahmefunktion, Sportprogramm mit Serienbildfunktion, Nachtaufnahmen ohne Stativ mit gestitchten Mehrfachbelichtungen, Selbstporträts mit Glättung der Hauttöne mittels der internen Nachbearbeitung, Aufnahme von Speisen mit höherer Farbsättigung und Anpassung der Farbtöne, Geschwindigkeit durch Bewegungsunschärfe des Hintergrunds sowie HDR-Funktion bei Gegenlichtaufnahmen mit drei unterschiedlichen Belichtungen. Einige dieser Programme sind recht nützlich, andere gehören eher in die Spielkiste – ebenso wie die meisten der «Effektfilter»: Monochrom-Modus mit erhöhter Körnigkeit, variabler Weichzeichnereffekt, Fischaugeneffekt mit variabler Verzerrung, Ölgemälde- und Aquarell-Effekt, Spielzeugeffekt (Miniaturisierung mit farblich variierbarer Vignettierung), HDR-Funktion bei hohen Kontrasten und das Hinzufügen künstlerischer Effekte. Mit an Bord ist auch der «Hybrid Auto»-Modus, mit welchem die Kamera vor jeder Aufnahme zwei bis vier Sekunden lang ein Video aufzeichnet, die danach zu einem Filmtagebuch zusammengefügt werden.

 

Die ISO-Einstellung der EOS M5 reicht von 100 bis 25600. Allerdings haben unsere Tests gezeigt, dass die Detailwiedergabe mit mehr als 3200 ISO bereits kritisch wird; das Schutzgitter vor dem mittelalterlichen Wandgrab – unser standardmässiges Testmotiv für das Rauschverhalten einer Kamera – ist ab 6400 nur noch dürftig und ab 12800 ISO kaum noch zu erkennen.

 

Bildoptimierung in der Kamera

Die Nachbearbeitung der Bilder findet immer mehr Einzug in die Kameras, und die EOS M5 ist ein gutes Beispiel dafür. Die Bilder lassen sich nicht nur in der Kamera durch Sterneverteilen bewerten, sondern sie können auch mit einer speziellen Suchfunktion gefunden werden. Auch Bildausschnitte können in den fertigen Bildern festgelegt werden, es können nachträglich gewisse Effektfilter angewandt werden, rote Augen können entfernt werden, die RAW-Bilder können ins JPEG-Format konvertiert werden um diese komprimiert zu übermitteln und Movieszenen können in der Kamera geschnitten werden.

Zum Teilen der Bilder und die Übertragungs auf ein Smartphone ist die EOS M5 mit WLAN NFC ausgestattet, und mit ImageSync lässt sich die Kamera fernbedienen oder die Fotos können gleich in einer Cloud als Backup deponiert werden. Mit einer App kann die M5 auch fernbedient werden.

 

Diaschau: Streifzug durch Marseille mit der Canon EOS M5 und nur einem Objektiv – dem 18-150 mm Zoom

 

Kit mit dem 18-150 Zoom und Gratis-Adapter

Zum Test stand uns die Canon EOS M5 zusammen mit dem neuen EF-M 3.5-6.3/18-150mm zur Verfügung – nicht gerade das kompakteste aller Objektive, dafür eines, das mit seinem 8,3fachen Zoombereich einen sehr hohen Praxisnutzen hat. Das Objektiv ist bildstabilisiert und verfügt über einen sehr schnellen Autofokusmotor. Nur die Lichtstärke von 1:3,5 bis 6,3 ist nicht gerade brillant – was leider für die gesamte Linie der EF-M Objektive zutrifft. Ein weiterer Nachteil ist die fehlende Umschaltung des Autofokus auf manuelle Fokussierung, die an der Kamerarückseite vorgenommen werden muss, wenn man sich nicht auf die automatische Fokussierung verlassen möchte oder diese aufgrund fehlender Motivstrukturen nicht brauchbar ist.

18 bis 150 mm – entsprechend 29 bis 240 mm bei Kleinbild, weil ja Canon mit ihren etwas kleineren APS-C-Sensoren mit dem Cropfaktor 1,6x umrechnet – ist ein sehr guter, geradezu universeller Brennweitenbereich, der von der Übersichtsaufnahme bis zum extremen Teleausschnitt alles zulässt.

 

Brennweitenvergleich 18 und 150 mm an der Canon EOS M5

Ein empfehlenswerter Ausbau wäre ein stärkeres Weitwinkel, zum Beispiel das EF-M 4–5.6/11–22 mm IS STM, um extreme Perspektiven und Bilder mit einer stärkeren Tiefenwirkung erzielen zu können. Übrigens ist beim EF-M 3.5-6.3/18-150mm die Streulichtblende EW-60F nicht im Lieferumfang enthalten, obwohl diese bei diesem Objektiv eigentlich kaum verzichtbar ist.

Die Bildstabilisierung des EF-M 3.5-6.3/18-150mm Objektivs macht einen sehr effizienten Eindruck, gerade auch bei langer Brennweite. Der Autofokus arbeitet auch hier erstaunlich zügig.

 

Mit dem Mount Adapter EF-EOS M können die EF- und EF-S Objektive an der EOS M5 verwendet werden

Derzeit – und nur solange Vorrat – gibt es die EOS M5 mit dem Mount Adapter EF-EOS M in zwei Sets wahlweise mit dem 15-45 mm oder dem 18-150mm Zoom. Der Adapter erlaubt die Verwendung der EF-Objektive an der EOS M5, was für manchen Canon Spiegelreflexfotografen, der sich zusätzlich nun eine kleinere und leichtere Spiegellose zulegen möchte, ein unverzichtbares Zubehör ist.

Das eher spärliche Objektivsortiment des M-Programms ist ein häufiger Kritikpunkt an diesem System. Für Canon im Vordergrund stehen möglichst kompakte und leichte Objektive für eine ebensolche Fotoausrüstung, die man eher mitnimmt als eine grosse Spiegelreflexausrüstung. Das gegenwärtige Objektivsortiment des M-Systems umfasst fünf Zooms und zwei Festbrennweiten:

EF-M 4-5,6/11-22mm IS STM
EF-M 3,5-6,3/15-45mm IS STM
EF-M 3,5-5,6/18-55mm IS STM
EF-M 3.5-6.3/18-150mm IS STM
EF-M 4,5-6,3/55-200mm IS STM
EF-M 2,0/22mm STM
EF-M 3,5/28mm Makro IS STM

In Verbindung mit besagtem Adapter kann das gesamte EF-Sortiment mit rund 50 Objektiven an der Canon EOS M5 verwendet werden.

 

Unser Fazit

Die Canon EOS M5 macht einen soliden und währschaften Eindruck. Als Topmodell der spiegellosen M-Reihe hat sie durch den integrierten Elektroniksucher etwas an der EOS-M-Kompaktheit eingebüsst, doch fällt sie, was Bedienung und Handlichkeit anbelangt sehr positiv auf. Der grösste Kritikpunkt dürfte von der Seite der Videoanwender kommen, die eine 4K-Qualität erwartet hätten. Das eher bescheidene M-Objektivsortiment macht Canon mit dem Mount Adapter EF-EOS M wett, der zur Zeit in zwei Kits (mit 15-45 mm oder mit 18-150mm Zoom) kostenlos enthalten ist und dazu dient alle EF- und EF-S Objektive an der EOS M verwenden zu können. Das ist vor allem für EOS-Spiegelreflexfotografen interessant, die sich ein kleineres, spiegelloses Gehäuse zulegen möchten. Besondere Pluspunkte sind das schelle Dual-Pixel Autofokussystem und der Touchscreen, welcher die Bedienung der Kamera besonders für Einsteiger vereinfacht.

Text und Bilder: Urs Tillmanns

Die aktuellen Preise

Canon EOS M5 Gehäuse: CHF 1119.99
Canon EOS M5 Kit* mit 15-45mm Zoom: CHF 1239.00
Canon EOS M5 Kit* mit 18-150mm Zoom: CHF 1479.0
* inkl. Mount Adapter EF-EOS M (solange Vorrat)

Weitere Informationen, sowie die technischen Daten, finden Sie unter www.canon.ch

 

 

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