Eine Gruppe von Fachlehrern der Berufsschulen haben diese Woche eine Exkursion nach Dänemark unternommen, mit den Ziel die Wiege der bekannten Phase One Kameras und Digitalrückteile zu besichtigen. Abgesehen von der Werksbesichtigung resultierten aus den Gesprächen und Vorträgen viele Erkenntnisse, die zu einem wichtigen Hintergrundwissen beitragen.
Es hat bereits Tradition, dass die Fachlehrer der Schweizer Berufsschulen alle zwei Jahre eine Reise unternehmen und dabei beispielsweise ein Werk besuchen, das Fotogeräte herstellt. Vor zwei Jahren war die Gruppe bei der Leica Camera AG in Wetzlar (Fotointern berichtete) und dieses Jahr ging es nach Dänemark, um als Schwerpunkt in Kopenhagen «Phase One» zu besuchen, Herstellerfirma von Premium Mittelformatkameras und Digitalbacks. Viele der Teilnehmenden haben ihren Aufenthalt frei gestaltet und waren deshalb unterschiedlich lange in diesem Städtejuwel des Nordens – nicht zuletzt um die vielen Sehenswürdigkeiten dieser prachtvollen Stadt zu geniessen. Vorab gab es jedoch einen ganz besonderen Programmpunkt, den sich kaum jemand nehmen liess:
Empfang in der Schweizer Botschaft
Als besondere Ehre wurde die Gruppe in der Schweizer Botschaft im etwas nördlich gelegenen und sehr gediegenen Stadtteil Hellerup (Danke, Andy für‘s Organisieren) vom Schweizer Botschafter Benedikt Wechsler persönlich empfangen. Aussergewöhnlich ist die Lage der Landesvertretung in einem vornehmen Villenquartier mit einem grossen Garten direkt am Strand des Öresund. Benedikt Wechsler ist seit rund anderthalb Jahren hier, wissend, dass er in drei Jahren mit seiner Familie wieder weiterziehen wird, in ein anderes Land und vielleicht in eine ganz andere Kultur – Diplomatenschicksal.
Die Botschaft ist sehr geschmackvoll eingerichtete mit Designmöbel und stilgemässen Gebrauchs- und Dekorationsobjekten, die vom Schweizer Designer Alfredo Häberli ausgesucht wurden. Dazu gehören auch Fotos mit berühmten Namen, welche die Wände zieren, wie Ernst A. Heiniger, Herbert Matter und Joël Tettamanti. Kuratiert wurde die Auswahl in Zusammenarbeit mit der Fotostiftung in Winterthur.
Ein Rundgang bei Phase One
Dass man bei Phase One keine Massenfertigung sieht, ist für diese Art der Produkte selbstredend. Jedes mechanische und elektronische Teil sowie die Baugruppen werden in Kleinserien gefertigt, in Handarbeit zusammenmontiert und in stundenlanger Feinarbeit justiert und nach präzisesten Vorgaben kalibriert. Das gilt sowohl für die Kameraproduktion bei der Tochterfirma Mamiya in Japan, als auch für das Werk in Kopenhagen, wo nicht nur die Digitalbacks hergestellt werden, sondern wo auch der Hauptsitz der Firma und die gesamte Softwarekompetenz sowie die Forschungs- und Entwicklungsabteilung angesiedelt ist.
Damit hatte 1996 alles angefangen: Das erste Scanner-Back von Phase One
Die Einzelteile werden zu einem hohen Anteil von spezialisierten Zulieferfirmen nach exakten Spezifikationen von Phase One produziert, die in etwa zehn Ländern rund um den Globus verteilt sind, darunter Japan, Taiwan, Singapur, Schweden dann natürlich Dänemark und auch die Schweiz; bei uns wird beispielsweise der Infrarotfilter hergestellt.
Ein Montage- und Prüfplatz. Zwischenkontrollen sichern die Qualität des Produkts
Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 300 Mitarbeitende, wovon 50 in der Produkte-Entwicklung – Tendenz stark ansteigend: In Kürze sollen doppelt so viele in R+D beschäftigt sein. Phase One hat grosse Zukunftspläne, denn Wachstum ist angesagt, damit die teilhabenden Investoren bei der Stange bleiben. Hier im Hauptsitz treffen sich übrigens die verschiedensten Kulturen mit Mitarbeitern aus 18 Nationen. Dieser Mix ist für ein kosmopolitisches Unternehmen, das über 90 Prozent auf den Export ausgerichtet ist, eine gute Voraussetzung.
Hier werden die fertigen Digitalrückteile exakt kalibriert.
Ein Digitalrückteil ist ein hoch präzises Produkt, dem man seine Kompexität nicht ansieht. Alleine der Elektronikteil eines Digitalbacks besteht aus über 10’000 Einzelteilen. Damit diese reibungslos ihren Dienst tun, ist eine ausgeklügelte Software notwendig, die inhouse von einem Team mit etwa 20 Programmierern entwickelt und laufend optimiert wird. Die Software ist über die Jahre immer komplexer geworden: Diejenige der Phase One XF Kamera umfasst heute rund 250’000 Zeilen, während das Programm für einen IQ-Back mit etwa 800’000 Zeilen zu Buche schlägt. Dabei handelt es sich um ein offenes System, das speziellen Anforderungen leicht angepasst oder über Updates auf den neuesten Stand gebracht werden kann.
Die Reinigung und das Montieren des IR-Filters vor dem Sensor geschieht unter Rein-Bedingungen
Einer der heikelsten Prozesse ist übrigens das Reinigen und Montieren des Infrarotfilter und des Schutzglases im Digitalback. Dies erfolgt unter Rein-Bedingungen mit einem atmosphärischen Überdruck, denn jedes noch so kleine Staubkorn wird in unmittelbarer Sensornähe scharf und störend abgebildet. Anfänglich hat dieser Vorgang bis zu zwei Stunden pro Digitalback gedauert, mittlerweile ist das Verfahren so optimiert, dass nur noch etwa 12 Minuten pro Back aufgewendet werden müssen, bis die beiden Glaskomponenten völlig staubfrei montiert sind. Interessant zu wissen, dass auch Digitalbacks ohne Infrarotfilter als Spezialanfertigungen für wissenschaftliche Zwecke und Spezialaufgaben zum Einsatz kommen.
Ein Digitalback besteht au vier wichtigen Baugruppen: Gehäuse, Elektronikplatinen, Sensor sowie IR- und Schutzfilter
Ein besonders wichtiger Teil der Produktion entfällt auf die zahlreichen Justierungen, sowie Zwischen- und Endkontrollen. Jedes Digitalrückteil wird vor der Auslieferung ausgiebig geprüft, messtechnisch Vergleichswerten gegenübergestellt, es werden verschiedene Kalibrierungen vorgenommen, und letztlich erfolgt mit jedem Exemplar ein Praxistest mit mehreren unterschiedlichen Aufnahmen und einer kritischen Einzelauswertung.
Jedes Digitalrückteil wird auch praktisch getestet. Das Bildergebnis wird genau auf Pixelfehler geprüft
Mit gleicher Akribie wie in der Produktion arbeitet auch die Reparaturabteilung.. Häufig sind es Fehler, die durch Fallenlassen oder unsachgemässe Bedienung entstanden sind, seltener solche die andere Ursachen haben. Grundsätzlich können auch alle älteren Backs repariert werden, solange die zu ersetzenden Teile noch an Lager sind. Oft lohnt sich dies jedoch kaum, weil der Kunde nach jahrelangem Gebrauch inzwischen höhere qualitative Erwartungen hat – denn der Fortschritt geht in der digitalen Welt rasant voran. Reparaturen werden bei Phase One sehr schnell abgearbeitet, mit dem Ziel, dass ein Back innerhalb von fünf Arbeitstagen das Werk wieder verlässt.
In der Endkontrolle werden die Funktionen sowie das Finish des Produktes geprüft
Nach der interessanten Werksbesichtigung durften die Fachlehrer noch ein paar Stunden die Schulbank drücken, um in die Geheimnisse und Besonderheiten der Bildbearbeitung mit der Phase One-eigenen Bildbearbeitungs-Software «Capture One» eingeweiht zu werden. Diese erfreut sich einer immer stärkeren Verbreitung mit weltweit über 100’000 Lizenzen, nicht zuletzt weil sie sich sehr intuitiv und mit einer hohen Effizienz bedienen lässt. Diese von den Gurus-Vorort vorgeführt zu bekommen, mit vielen Tricks und Tipps, die man nicht so ohne weiteres kennt, war ein besonderes High-Light.
Der Ausflug nach Kopenhagen war für die Fachlehrer-Gruppe einmal mehr ein Erlebnis, mit vielen wichtigen Erkenntnissen, welche nun an die jüngere Generation weitergegeben werden kann. Herzlichen Dank an Phase One und Profot für diese bereichernde Erfahrung.
Text und Bilder: Urs Tillmanns
Die Bilder wurden mit einer Lumix FZ2000 aufgenommen.
Weitere Infos über Phase One, deren Produkte in der Schweiz durch Graphicart AG und Profot AG vertrieben werden