Markus Zitt, 5. Juli 2017, 13:00 Uhr

Die neuen Superweitwinkelzooms für die Spiegellosen von Sony im Hands-on

Zu ihren Vollfomatkameras der «Alpha 7/Alpha 9»-Reihen hat Sony kürzlich die beiden Weitwinkelzooms FE 4/12-24mm (SEL-1224G) und FE 2,8/16-35mm GM (SEL-1224G) angekündigt, die nun in den Handel kommen. Wir hatten die Gelegenheit beide kurz auszuprobieren und schildern hier unsere Eindrücke.

Sony ist mit ihren spiegellosen Systemkameras der «Alpha 7»-Reihe schon länger auf der Überholspur und greift inzwischen mit der neuen Alpha 9 die letzte Bastion der SLR-Kameras an. Die A7/A9-Kameras gelten als die fortschrittlichsten, weshalb nicht nur viele versierte Hobbyfotografen, sondern auch immer mehr Profis diese Spiegellosen als Zweitsystem nutzen oder gar umgestiegen sind. Passend für die gewachsene Zahl anspruchsvoller Nutzer hat Sony ihr Objektivsortiment in den vergangenen Monaten stark ausgebaut – und zwar vor allem mit hochwertigen Objektiven.
Die jüngsten derartigen Zugänge sind das FE 4/12-24mm G (SEL-1224G) und das FE 2,8/16-35mm G Master (SEL-1224G), die gemeinsam vor rund einem Monat vorgestellt wurden (siehe Meldung samt Tabelle mit den Spezifikationen).

Links ist das 4.0/14-24mm abgebildet. Rechts ist das neue lichtstarke 2,8/16-35mm zu sehen, das der «G Master»-Premium-Objektivlinie angehört.

 

Die neuen Weitwinkelzooms

Alleine in den vergangenen anderthalb Jahren hat Sony ihr Angebot an vollformattauglichen E-Mount-Objektiven mit 14 Neuheiten auf nun insgesamt 27 Objektive erweitert, wobei diese Zahl auch zwei Telekonverter und zwei Weitwinkelkonverter-Vorsatzlinsen umfasst. (Eine Übersicht mit all diesen Sony-Objektiven sowie jene von anderen Herstellern finden sich in der kürzlich aktualisierten Übersicht der E-Mount-Vollformatobjektive.)

Mit den beiden Zooms wurde nun endlich der Weitwinkelbereich im Sortiment der vollformatigen E-Objektive (Fullformat E-Mount: FE) nach unten zu den kurzen Brennweiten ausgebaut. Bislang stellte das im November 2014 eingeführte Zeiss T* 4/16-35mm ZA OSS das stärkste Weitwinkel der Objektivpalette dar. Nur mit der Kombination aus dem Sony FE 28mm und einer der beiden erhältlichen Weitwinkel-Vorsatzlinsen (SEL075UWC und SEL057FECl), die aus dem 28mm ein 21mm oder ein 16mm-Fisheye machen, gelangte man ansonsten in solch extreme Weitwinkelgefilde.

Das neue FE 2,8/16-35mm GM gehört zur besonders hochwertigen «G Master»-Linie. (Weitere GM-Objektive sind das 2,8/24-70mm, das 2,8/70-200mm OSS, das 100-400mm OSS, das 1,4/85mm und das 2,8/100mm STF).) Sony hat diese mehrheitlich lichtstarken Objektive auf Höchstleistung getrimmt. Sie sollen ein hohen Auflösungsvermögen bzw. detailscharfe Abbildung bis in die Ecken schon bei geöffneter Blende gewährleisten. Desweiteren wurden die GM-Objektive auf ein besonders schönes Bokeh ausgelegt, was durch XA-Linsen (XA steht extrem asphärisch) mit ihrer speziell glatten Oberfläche erreicht wird.

Schematische Darstellung von Linsenoberflächen (Ausschnitt zeigt etwa 2 Mikron): Oben ist zum Vergleich die Oberfläche einer konventionellen asphärischen Linse abgebildet, unten die einer XA-Linse.

 Die geordnetere bzw. glattere Oberfläche sorgt für schöneres Bokeh. Im unscharfen Hintergrund werden Lichtflecke bei einer XA-Linse gleichmässiger dargestellt, während sie sonst «unruhige» wirken. (Zwiebelmuster)

 

Die kompromisslos auf Höchstleistung getrimmten Objektivkonstruktionen fordern allerdings ihren Tribut. So sind all dies GM-Objektive voluminös und schwer sowie im obersten Preisbereich angesiedelt. Das FE 2,8/16-35mm GM wiegt 680 Gramm und misst 88.5 x 121.6 Millimeter. Es besitzt einen 82mm-Filtergewinde und zum Lieferumfang gehört eine aufsteckbare Streulichtblende. Die Konstruktion enthält 13 Linsengruppen mit 16 Linsen (2 XA-Linsen). 

Das 4/12-24mm ist auch nicht gerade ein Schnäppchen, aber doch günstiger. Es bietet mehr Bildwinkel als jedes Sony E-Vollformatobjektiv und erweitert den Brennweitenbereich des E-Sortiments nach unten. So bringt es mit seinem Erscheinen den A7/A9-Fotografen neue Möglichkeiten. Die blütenförmige Streulichtblende ist Teil des Gehäuses, einen Filterring besitzt das Objektiv nicht. Landschaftsfotografen, die mit Grau- und Verlaufsfiltern arbeiten wollen, müssen also auf einen überstülpbare Halter warten. Filteranbieter wie Lee Filters, Haida und andere haben solche Halter für ähnliche Objektive (wie z.B. das Nikkor 2,8/14-24mm) im Angebot und werden wohl in absehbarer Zeit auch einen passenden für das Sony FE 12-24mm anbieten.

Beide sind als als Weitwinkelzooms prädestiniert für Landschafts-, Architektur- und Innenarchitekturaufnahmen. Wobei das 16-35mm mit seinen gemässigten Weitwinkelbereich (107°–63°) relativ vielseitig einsetzen lässt. Eine Brennweite von 30 bis 35mm eignet sich für Gruppenbilder oder auch für Porträts, bei denen Menschen in ihrem Umfeld gezeigt werden. Dagegen ist das extreme  4,0/12-24mm (122°–84°) beinahe schon ein Spezialist. Besonders nützlich ist es bei Innenaufnahmen, wo der Fotograf – anders als bei Landschafts- und Architekturfotos – selten noch ein paar Schritte zurück gehen kann, um mehr ins Bild zu kriegen.

Foto mit 12-24: Eine besondere Stärke des 12-24mm sind Innenaufnahmen, denn mit einem Bildwinkel von 84° bis zu 122° bekommt man beinahe jeden Raum ins Bild. (Aufnahme: bei  12mm , Blende 8, ISO 800, Sony A7R II) 

Foto mit 12-24mm: Das Superweitwinkel lässt sich auch als Reportageobjektiv einsetzen, wenn man sehr nahe am Motiv bzw. mitten im Geschehen ist. (Aufnahme: bei 18mm, Blende 5.6, ISO 400, Sony A9)

 

Die Objektive in den Händen

Beide Zooms sind fette Glasbrocken, die jeweils über ein halbes Kilogramm in der Fototasche wiegen (12-24mm: 565 g, 16.-35mm 680 g) und mit stolzen Preisen von 2100 und 2900 Franken (UVP) auch das Portemonnaie belasten. Während die spiegellosen A7/A9-Kameragehäuse ausgesprochen kompakt sind, entsprechen Grösse der Objektive den vergleichbaren Typen aus der DSLR-Vollformatwelt. Wobei das Sony 4/12-24mm (565 g) halb so schwer wier das lichtstärkere Nikkor AF-S 2,8/14-24mm G ED (ca. 1000 g) oder das Canon EF 4/11-22mm L USM (ca. 1180 g) ist.

Zwei Mal ein16-35mm aus dem Sony-Sortiment: Links ist das Zeiss mit Lichtstärke 4.0 und Bildstabilisator an einer A7s zu sehen, rechts das neue 2.8er an der etwas grösseren A9.

 

Die Verarbeitung der Objektive wirkt hochwertig. Ihr Design ist sehr reduziert und modern. Das Objektivgehäuse aus Kunststoff weisen eine glatte seidenmatte Oberfläche und griffige Gummi-überzogenen Ringen für Fokussierung und Drehzoom. Beide Objektive besitzen auf ihrer linken Seite einen Schiebesschalter, um zwischen AF und MF umzuschalten, sowie eine runde AF-Stopp-Taste, die sich beim 16-35mm vorne beim Fokusringe, beim 12-24mm – wohl aus Platzgründen – hinten befindet. Auf Distanzsskalen muss man leider verzichten, wie dies bei Objektiven mit elektronischer anstelle von mechanischer Fokussierung üblich ist. (Selbst im MF-Modus dient der Fokusring lediglich zur Fokussteuerung.)

Leider hat Sony beim GM-Objektiv 16-35mm – wie bei allen GM-Zooms – auf einen manuellen Blendenring verzichtet, wie er bei den Festbrennweiten Sony 1,4/85mm GM und Zeiss 1,4/50mm vorhanden ist und dort auch per De-Click-Schalter bei Bedarf (Vidoeaufnahmen) eine raster- und geräuschlose Verstellung von Hand erlaubt. Auch verzichten beide Objektive auf bewegliche Linsen zur Bildstabilisation (Optical Steady Shot), wie sie das «alte» Zeiss 4/16-35mm OSS hat. Denn kann man auch Weitwinkelaufnahmen verwackeln, so zum Beispiel bei Innenaufnahmen in einem Museum, wo der Einsatz von Biltz und Stativ nicht möglich oder erlaubt ist. Ein Stabi in Objektiven ist zudem sinnvoll für Filmaufnahmen oder im kombinierten Einsatz mit der sensorbasierter Stbilisierung der Kameras extrem wirksam. Immerhin können die Besitzer von «Alpha 7»-Modellen der zweiten Generation oder einer Alpha 9 auf deren kameraintern Bildstabilisierung per Sensorshift setzen.

16-35mm: Bei Innenaufahmen zeichnet das Zoom bis in die Ecken scharf und gibt alle Details des  Palazzo Borromeo (Isola Bella Lago Maggiore) gleich scharf wieder. In solchen Situationen ist man froh um den beweglichen Sensor (Sensor Shift), der als Bildstabilisator die Gefahr von Verwacklungen  reduziert. (Aufnahme: bei 16mm, Blende 3.2, ISO 1000, A/R II)

 

Der Sony Event fand am Lago Maggiore statt und die Journalisten hatten dort die Gelegenheit die Objektive in der Praxis kurz auszuprobierem und zwar nicht nur im und um den Veranstaltungsort, sondern auch bei einem kurzen Ausflug auf die dortigen Inseln. Beide Objektive lieferten an der Sony A7R MII gute Bildresultate ohne auffälligen Mängel. Beim Bildebetrachten waren allenfalls  minimale Vignettierungen bei offenen Blenden oder minimale Verzerrungen auszumachen, die aber in der Natur der Konstruktion bedingt und sehr unauffällig sind und sich zudem leicht in der Postbearbeitung oder schon durch Aktivierung der «Objektivkorrektur» in der Kamera kompensieren lassen.

Das 16-35mm ist nicht nur mit seinem Brennweitenbereich, sondern auch mit seiner für Zooms hohen Lichtstärke auch vielseitig einsetztbar. Es wurde auf hohe Schärfe und schönes Bokeh getrimmt. Die hohe Lichtstärke ermöglich in gewissem Masse trotz Weitwinkel unscharfe Hintergründe, wo seine Bokeh-Stärken zu tragen. Für solche kreativen Anwendungen bieten allerdings Weitwinkelfestbrennweiten mit ihren sehr hohen Lichtstärken von 1:1,8 oder 1:1,4 mehr Gestaltungsspielraum. Selbst starkes Gegenlicht und Lichtquellen im Bild meisterte das Objektiv.

16-35mm: bei 16mm, Blende 8

Das 4/12-24mm bietet reichlich Bildwinkel, so dass man bei 12mm darauf achten muss, eigene Finger und Füsse nicht ins Bild zu bekommen. Bei 12mm verzeichnet das Objektiv etwas tonnenförmig, was aber nur bei geometrischen Motivstrkturen zu sehen. Es zeichnet zum Rand hin und in den Ecken bei offener Blende 4 etwas weicher. Abblenden sorgt für mehr Schärfe. Bei 24mm ist die Verzeichnung minimal kissenförmig und die Schärfe gleichmässig gut.

Beide Objektive verrichten ihre Aufgaben sehr gut und liefern in ihrer Klasse ausgezeichnete Bilder soweit sich dies in dem kurzen Hands-on ausmachen liess. Das lichtstarke 2.8/16-35mm beeindruckt durch seine Abbildungsleistung und dient anspruchsvollen Fotografen durch seine vielfältige Einsatzmöglichen. Das extreme 4/12-24mm beeindruckt vor allem durch seinen 122°-Bildwinkel. Zwar ist nicht ganz so stark wie das GM-Objektiv, aber ein echt gutes Objektiv und alternativlos für Fans extremer Winkel.

Markus Zitt

 

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