Nikon hat kürzlich die Konstruktionslösung einer Kamera mit Weitwinkelobjektiv und gewölbtem Sensor zum Patent angemeldet. Allerdings ist die Idee, den Sensor durch eine sphärische Form dem Strahlengang optimiert anzupassen, keineswegs neu. Es scheinen sich verschiedenste Forschungsabteilungen seit Jahren damit zu beschäftigen. Ein kleine Übersicht zu einem aktuellen Thema.
Ein Patent macht noch keine neue Kamera, doch hat die Meldung, dass Nikon eine Kamera mit einem gewölbten Sensor plane, in den Medien eine alte Idee neu aufleben lassen. Tatsache ist, dass gewölbte Sensoren, deren Form das möglichst rechtwinklige Auftreffen der Randstrahlen begünstigen, gewisse Vorteile in der Optikonstruktion und im Kamerabau mitsichbringen würden. Ein erstes diesbezügliches Patent soll laut Sonyalpharumors.com von Sony auf das Jahr 2012 zurückgehen, das 2014 näher erläutert wurde.
Der Sony-Sensor mit gewölbter Oberfläche aus dem Jahr 2014
Seither hat Canon zwei Patente für gewölbte Sensoren genommen. Bei einem werden nur die Randzonen verändert, beim anderen Patent 2016-201425 soll die Wölbung in der Kamera elektronisch der gewählten Brennweite angepasst werden. Dies scheint verlockend, doch dürfte der konstruktive Aufwand dafür beträchtlich sein.
Ein Canon-Patent sieht vor, dass die Wölbung des Sensors in der Kamera der Zoombrennweite angepasst wird
Neben den drei Fotomarken Canon, Nikon und Sony sind noch weitere Forschungsinstitute auf diesen Zug aufgesprungen. Es erstaunt kaum, dass im Januar Apple eine Lösung mit einem sphärischen Sensor patentierte, denn schliesslich ist Apple mit dem iPhone heute einer der weltgrössten Kameraanbieter.
Patentschrift-Darstellung des sphärischen Sensors von Apple
Und wo Apple ist, das ist auch Microsoft nicht fern. Microsoft Research hat am 12. Juni 2017 im «Optical Express» eine Lösung präsentiert, bei der – ähnlich wie beim Sony-Verfahren – der Sensor in eine gewölbte Form gepresst wird.
Auch Microsoft publizierte ein Verfahren zum sphärischen Pressen eines Sensors – ähnlich wie Sony
Das Bildergebnis eines Prototyps von Microsoft soll deutlich besser sein als dasjenige einer Canon 1Ds mit dem 1,2/50mm Objektiv. Naheliegend, dass sich auch andere Handy-Anbieter, wie z.B. Samsung, mit dieser neue Technologie befassen.
Die jüngste Meldung kommt aus Frankreich von Leti-CEA, die zusammen mit den Laboratoires d’astrophysiqiue de Marseille (LAM) einen gewölbten CMOS-Sensor 36 x 24 mm mit 20 Megapixel als funktionsfähiger Prototyp entwickelt haben und dafür von der European Astronomical Society (EAS) mit einem Forschungspreis ausgezeichnet worden sein. Leti-CEA ist auf Industriesensoren spezialisiert, doch erscheint es interessant, dass der funktionsfähige 20MP CMOS-Sensor grossenmässig dem Vollformat von Kamerasensoren entspricht, was ein Indiz dafür sein könnte, dass Leti-CEA damit die Kamerahersteller im Auge hat.
Auch die französische Leti-CE forscht in diesem Bereich und soll einen funktionsfähigen Vollformatsensor mit 20 MP als Prototyp haben
Wer letztlich das Rennen machen und zuerst mit einem gewölbten Sensor auf dem Markt sein wird, überlassen wir den Spekulanten. Dennoch scheint diese Technologie sehr vielversprechend zu sein, zumal dadurch Objektive kompakter und vor allem kostengünstiger produziert werden könnten. Es dürfte künftig zu Lösungen kommen, bei denen der gewölbte Sensor eine wichtige Komponente der Optik ist, die durch kompaktere Objektive ergänzt wird, deren Restfehler elektronisch korrigiert werden. In welchem Zeitrahmen sich dies abspielen könnte, steht in den Sternen. Vom ersten funktionsfähigen Prototyp bis hin zu einer kostengünstigen Serienproduktion ist in der Regel ein langer Weg.
Urs Tillmanns