Urs Tillmanns, 11. September 2017, 00:33 Uhr

Dias. Zur Geschichte der projizierten Fotografie

Noch bis 24. September 2017 zeigt das Musée Elysée in Lausanne eine sehenswerte Ausstellung über die Geschichte des projizierten Bildes. Die Projektion von Diapositiven war während Jahrzehnten die beliebteste Art der Bildpräsentation, die von der Digitalrevolution überholt wurde. Jetzt gedenkt das Musée Elysée dieser wichtigen Epoche der Fotografie.

Das Musée de l’Elysée präsentiert eine der ersten Ausstellungen zur Geschichte des Diapositives von dessen Anfängen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis heute. Obwohl für die Geschichte der Fotografie stets die Frage des Abzugs massgeblich war, erlebte das an die Wand projizierte Bild, das die Tradition der Laterna Magica-Vorführungen fortschrieb, ab dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts eine entscheidende Entwicklung.

Projizierte Fotografie war lange Zeit dem Einflussbereich der Lehre, dem öffentlichen Vortrag und der Unterhaltung des breiten Publikums vorbehalten, entwickelte sich dann allerdings auch im Gebrauch der Amateurfotografen rasch weiter. Zwar verwendeten einige renommierte Fotografen das Diapositiv bereits in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts, doch ihren eigentlichen Durchbruch im künstlerischen Bereich erlebte diese Präsentationsform erst in den 1960er und 1970er Jahren, als die Konzeptkünstler ihn als alternatives Bildmedium für sich entdeckten.

Anzeige für Kodachrome Film von Kodak, 1982 © Kodak / Photo Musée de l’Elysée, Lausanne

Die Ausstellung im Musée Elysée gliedert sich in vier grosse Themenblöcke, die auf die Besonderheiten dieser fotografischen Präsentationsform eingehen: das Lichtbild, die Einrichtung, die Bildfolge und die Bildvorführung. Die Auswahl berücksichtigt die Vielseitigkeit der Praxis, um ihren Einfluss auf unsere Sehgewohnheiten zu veranschaulichen. Sie umfasst über zwanzig Projektionen und versammelt unterschiedliche Medien – verschiedene Arten von Diapositiven, Papierabzüge, Projektoren, einzigartige Dokumente und Filme (historische Rekonstruktionen).

 

«Le Studio»

Der speziell für die jungen Besucher konzipierte Entdeckungsraum «Le Studio» schlägt verschiedenste spielerische und vielseitige Sinneserlebnisse vor. Die Installation «Road Trip», die sich vom spontanen Schreibstil von Jack Kerouac und der allgebräuchlichen Tätigkeit des Fotografierens inspiriert, ist eine auf eine Diaprojektion basierte Schreibwerkstatt. Die Bildfolge stellt einen «Road Trip» zum Thema der Selbstfindung dar und erlaubt es eine Reise von New York nach San Francisco zur jener Zeit zu machen, wo diese Strassentrips ein wichtiger Bestandteil der amerikanischen Kultur wurden und wo auch der Gebrauch des Diapositivs seinen Höhepunkt feierte.

Der Raum «Comme à la maison» («wie Zuhause») rekonstruiert eine 40-jährige Anwendungsweise des Diapositivs: die Bildprojektion für die Familie im eigenen Wohnzimmer. Eine Auswahl an Diapositiven aus privaten Hinterlassenschaften wird dem Publikum zur Verfügung gestellt. Tatsächlich haben mehrere Schweizer Fotografen ihre Sammlungen an Diapositiven von ihren Reisen zwischen den 1950er und den 1980er-Jahren durch die Schweiz und Europa dem Museum gestiftet.

Runo Lagomarsino «Sea Grammar», Installation view, 2015 © Runo Lagomarsino / Photo Agostino Osio / Courtesy of the artist, Mendes Wood DM, São Paulo, Nils Staerk, Copenhagen and Francesca Minini, Milan

 

Der Austellungskatalog

Der zu Ausstellung erschienene Katalog erzählt die faszinierende Geschichte des Diapositivs, von den Anfängen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis heute. Das in vier grosse Themen (das Lichtbild, die Einrichtung, die Bildfolge und die Bildvorführung) unterteilte Buch präsentiert die Besonderheiten des Diapositivs. Die Publikation beinhaltet vier Essays und ein Interview mit dem Künstler Krzysztof Wodiczko, der international bekannt ist für sein kulturelles und soziales Engagement anhand von grossformatigen Aussenprojektionen.

Entstanden ist der Katalog unter der Leitung von Anne Lacoste, Nathalie Boulouch, Olivier Lugon und Carole Sandrin in Zusammenarbeit mit «les Editions Noir sur Blanc». Er umfasst 240 Seiten mit 213 Bildern und ist zweisprachig französisch und englisch.

Weitere Informationen sowie das vollständige Programm mit den Führungen finden Sie unter elysee.ch

 

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