Paris war letzte Woche im Fotofieber. Neben der gigantischen «Paris Photo», der grössten Fotokunstmesse der Welt, gibt es in der ganzen Stadt unzählige Galerien, welche die Präsenz der vielen ausländischen Kunstliebhaber als Gelegenheit nutzen, in ihren Räumen ebenfalls Fotokunst zu präsentieren. Daraus ist beispielsweise die «Photo Saint-Germain» http://www.photosaintgermain.com/ entstanden, eine Gleichgesinnung von mehr als 40 Galerien, die noch bis 19. November 2017 im gleichnamigen Quartier Fotokunst aller Stile zeigen.
Als kleineres Pendant zur «Paris Photo» präsentiert sich «Fotofever», eine Fotokunstmesse mit Werken vorwiegend jüngerer Künstler, die im «Carrousel du Louvre» bereits zum sechsten Mal ausgetragen wird. Fotofever ist auf zeitgenössische Fotokunst spezialisiert und präsentiert die Werke von 150 Fotokünstlern der jüngeren Generation, die von 75 Galerien vertreten werden.
In Zusammenarbeit mit dem «Salon de la photo» und der Aktion «Start to collect» ist eines der Ziele von Fotofever das jüngere Publikum zum Sammeln von Fotokunst anzuhalten und damit das Interesse an Fotokunst zu fördern. Während man an der «Paris Photo» die weltbekanntesten Galerien mit vorwiegend klassischer Kunst und dem entsprechend investitionsfreudigen Publikum antrifft, ist Fotofever eher mit Werken von Newcomern bestückt. Das lässt mehr Platz für Originalität, für ausgefallenere Themen – für richtungsweisende Fotografie.
Fotointern hat Fotofever besucht und dabei einige originelle und gekonnte Arbeiten entdeckt:
An der kleinen Aktserie von Corinne Heraud kann man nicht einfach vorbeigehen. Die 20cm grossen Rahmen zeigen runde Bilder, die durch ihre Ästhetik ebenso faszinieren wie durch ihre Technik. Ein Holzuntergrund wird mit einer Goldfolie überzogen, auf welche das Schwarzweissbild im Transferdruck appliziert wird. (Courcelles Art Contemporain, Paris)
Farbenfreudiger präsentiert sich der Stand der Galerie Hegoa, Paris, mit Bodyart-Aktbildern von Eric Ceccarini. Der belgische Fotograf bemalt seine Modelle mit seiner eigenen Intuition und fotografiert sie in natürlichem Licht. Seine Serie «The Painters Project» umfasst bereits rund 100 Bilder, die auf Canvas ausgedruckt sind und in verschiedenen Grössen erhältlich sind.
Äusserst subtil ist auch die Aktserie von Hui Shen. Die Serie «Unique» besteht aus insgesamt 36 Bildern, die alle eine junge Frau mit Blick gegen den Horizont in einer wechselnden Landschaft zeigen. Die Bilder sind mit dem iPhone fotografiert. (Galerie 55Bellechasse, Paris)
Für ihre Porträtserie «FAKE i real me» suchte Corinne Mariaud Modelle in Singapur und Korea, welche ihre Erscheinung kosmetisch mit Implantaten bis farbigen Kontaktlinsen verändern, um einem neuen Schönheitsideal nachzueifern. (Viviane Esters, Paris)
Vor zwei Jahren war Daisuke Takakura mit seinen Multi-Personenbildern auf der Fotofever und begeisterte mit dem Leitbild der Messe, das eine Person rund zwanzigmal auf dem gleichen Bild zeigte. Takakura hat diese Technik weiter entwickel und zeigt eine Reihe neuer Werke im gleichen Stil. (Tezukayama Gallery, Osaka)
Die grossformatigen Nachtaufnahmen von Henri Lauras zeigen «Village de cases», «Mont Saint-Michel» und «Machu Pichu» mit aufsehenerregenden Blitzen. Wenn auch kaum echt, so sind die Bilder sehr gekonnt komponiert und haben eine eindrucksvolle Wirkung. (Nohoo Studios, Dubai)
Für die Bilderreihe «Lumières d’Or» hat der japanische Fotograf Keiichirô Muramatsu seine Blumen selbst im Ikebana-Stil arrangiert und mit einer sehr subtilen Lichtführung vor farbigen Hintergründen fotografiert. (Galerie Marie-Robin, Paris)
Die Galerie Manétiz aus Vevey präsentiert auf der Fotofever gleich drei Arbeiten von Schweizer Fotografen: In «L’amour muet» (links) zeigt uns Christoph Kern Landschaften seiner Reisen nach Kalifornien, in die Toskana und nach Rom. In der Serie von Sébastian Staub und Claudio Zenger (Mitte) geht es um den Toyota Corolla Sprinter Coupé, das 1970 meistverkaufte Auto der Welt, und in der Reportage «Queen Elisabeth» von Odile Meylan ist die Überfahrt mit einem Linienschiff von Southampton nach New York Thema. (Galerie Manétiz, Vevey)
Die Affenporträts der Serie «inHuman» von Pawel Bogumil wirken durch ihren menschenähnlichen Ausdruck faszinierend. Die Tiere wurden alle in Zoos fotografiert und danach vor schwarzen Hintergrund gesetzt. (Leica-Galerie 6×7, Warschau)
Fotofever hat sich in den letzten Jahren erfolgreich entwickelt und in der Kunstszene an Ansehen gewonnen. Rund 70% der ausstellenden Galerien nehmen bereits zum wiederholten Male teil, 30% sind Neuzugänge. Der Auslandsanteil beträgt rund 60%, was eine hohe internationale Beachtung der Kunstmesse dokumentiert.
Paris Photo, Fotofever und der Salon de la photo sind für dieses Jahr vorüber, doch werden die drei Events wiederum nächstes Jahr in der ersten Novemberhälfte zu besuchen sein.
Weitere Informationen finden Sie unter www.fotofever.com
(Text und Bilder: Urs Tillmanns)
Ich hatte auch das Vergnügen mir sowohl die Paris Photo als auch die Foto Fever ansehen zu können. Beide Veranstaltungen sind natürlich für jeden Fotografie-Interessierten ein Genuss.
Neben den von Urs Tillmanns bereits erwähnten Unterschieden ist mir auch noch besonders aufgefallen, dass an der Foto Fever deutlich mehr Galerien und/oder Künstler aus dem asiatischen Raum präsent waren. Man hatte hier also auch die Möglichkeit Arbeiten aus einer Weltregion zu bestaunen, die sonst hier bei uns in den einschlägigen Medien nicht sehr präsent ist.