Urs Tillmanns, 24. März 2018, 09:00 Uhr

Buchtipp: Alexander Decker – Leitz und die Leica

Interessieren Sie sich für die Geschichte der Leica? «Noch eine …» werden Sie abwinken. Man hat sie doch schon so oft gelesen, wie Oskar Barnack die Idee seiner Kleinbildkamera umsetzte und Ernst Leitz schliesslich legendär entschied «… es wird riskiert». Aber alle diese Geschichten enden irgendwo in den 1950er-Jahren. Doch was hinterher geschah ist kaumwo festgehalten.

Und genau hier setzt Alexander Decker an und hält mit akribischer Sorgfalt fest, was sich von 1945 bis heute in der Geschäftsleitung und dem Entwicklungsbüro abspielte. Wir wissen: Leica war jahrzehntelang auf Berg- und Talfahrt, doch was sich alles wie genau zugetragen hat, wie sich die verschiedenen CEOs die Klinke reichten und wie schliesslich das schlingernde Schiff doch wieder auf Kurs kam, gibt es bisher nirgends lückenlos zu lesen.

Alexander Decker, seit fast 50 Jahren begeisterter Leica-Sammler, hat sich dieses Thema zur Aufgabe gemacht. Er hat die Ereignisse der vergangenen 70 Jahre aufmerksam verfolgt, hat entsprechende Berichte und Pressemitteilungen gesammelt und zahlreiche Zeitzeugen befragt, um Licht in eine nebulöse Geschichte zu bringen und zu erörtern, was sich in den Konzernetagen wirklich abgespielt hatte. Dabei beleuchtet er auch die vielen Eigner von Leica und ihre Beweggründe sich dem Traditionslabel anzunehmen, zeigt auf, wie sich die Familie Leitz von ihrer Marke verabschiedete, wie Leica unter der Ägide von Wild Heerbrugg von Schweizern geführt wurde und wie schliesslich Investoren die Marke wieder auf die Gerade bringen wollten – und schliesslich mit Dr. Andreas Kaufmann auch brachten.

Das Buch ist einmal ein wichtiges Stück Wirtschaftsgeschichte – aber nicht nur. Was das Werk von Alexander Decker gerade für Sammler besonders wertvoll macht, ist der unmittelbare Vergleich mit Konkurrenzmodellen entsprechender Epochen, welche kommerziell erfolgreicher und in vielen Fällen technologisch fortschrittlicher waren, jedoch keinen unwesentlichen Einfluss auf die technische Entwicklung bei Leica hatten. Wertvoll auch, die seltenen Abbildungen und Beschreibungen von Leica Prototypen und die Erklärungen dazu, weshalb sie es nie bis zur Theke geschafft hatten.

Dann nimmt Decker auch kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht Managementfehler und Fehlentscheide aufzudecken, erklärt genau, weshalb Leica bei verschiedenen Trends nicht rechtzeitig mithalten konnte – bei der Motorisierung, beim Autofokus beispielsweise und letztlich auch bei der Digitalisierung.

Dies alles sind objektiv zusammengetragene Fakten, die das Buch von Decker unverzichtbar für all jene machen, die sich intensiv mit der modernen Geschichte von Leica und den Hintergründen zu den verschiedenen Kameramodellen befassen.

Urs Tillmanns

 

Buchbeschreibung des Verlages

Die Geschichte des renommierten Kameraherstellers Leitz in der Nachkriegszeit ähnelt einer Achterbahnfahrt. Zunächst ging es wie auch sonst im Wirtschaftswunderland stetig bergauf, seit dem Ende der sechziger Jahre wechselten dramatische, existenzbedrohende Krisen und kurze Zwischenhochs einander ab. Erst seit 2009 gibt es dank eines tatkräftigen und zugleich Leica-begeisterten Investors wieder eine kontinuierlich positive Entwicklung. Diese wechselhafte Geschichte des de facto einzigen überlebenden deutschen Kameraherstellers wird hier sowohl unter wirtschaftlichen als auch unter modellpolitischen Aspekten unterhaltsam erzählt und mit zahlreichen Abbildung illustriert.

 

Der Inhalt

Kapitel 1
Blitzstart in der Stunde Null: Produktionsrekorde in knappen Zeiten

Kapitel 2
Ein Paukenschlag 1954: Besser als alle anderen – die Leica M3

Kapitel 3
ln schwierigem Fahrwasser: Systempflege und zunehmende Konkurrenz

Kapitel 4
Detailverliebte Systempflege: EPZOO oder die Tasche mit doppeltem Boden

Kapitel 5
Unternehmenskultur in einer Region: Wetzlar und die Leitzianer

Kapitel 6
Verpasste Trends I: Die Motorisierung

Kapitel 7
Bei der Vorstellung schon veraltet: Eine schwere Geburt – die Leicaflex

Kapitel 8
Zu spät und zu gross: Die Leica M5 (und ihre kleine Schwester)

Kapitel 9
Wilds Zeiten: Vom Ende eines Familienunternehmens

Kapitel 10
Die Me-Too-Kameras: Von der Avantgarde zum Mitläufer

Kapitel 11
Ein Traum wird wahr: Endlich ein Lichtblick – die Leica M6

Kapitel 12
Wieder zurück auf LOS: Die Leica GmbH in Solms (1986-1996)

Kapitel13
Verpasste Trends II: Der Autofokus

Kapitel 14
Monument der Krise: Die Leica R8

Kapitel 15
Rolltreppe abwärts: Die Leica Camera AG

Kapitel 16
Wirklich immer zu teuer? – Leica-Preise

Kapitel 17
Ein neuer Tiefpunkt: Der Ausverkauf des Leitz-Museums

Kapitel 18
Verpasste Trends III: Die Digitalisierung

Kapitel 19
Rettung in höchster Not: Diesmal richtig? Ein kleiner Wirtschaftskrimi …

 

Der Autor

Alexander Decker, Jahrgang 1949, sammelt seit 1971 Kameras (und nicht nur Leicas). Beruflich arbeitete er als Lehrer bzw. Schulleiter in Bremerhaven und zeitweise in Porto. Zusammen mit seiner Frau verfasste er dort in den achtziger Jahren mehrere Reiseführer und eine Länderkunde über Portugal. Mehr als 15 Jahre war er Autor einer Kolumne in der Zeitschrift «PHOTO Deal». Heute lebt er vergnügt im Ruhestand in Würzburg. Neben seiner Leica-Sammlung faszinieren ihn auch noch Dampfloks und die Geschichte der Eisenbahn.

 

Bibliografie

Alexander Decker
Leitz und die Leica – Höhen und Tiefen einer Weltfirma, 1945 – 2017

160 Seiten, Hardcover, gebunden, 220 x 285 mm
Preis: CHF 54.90, EUR 39.95
2018, Verlag Rudolf Hillebrand, D-41470 Neuss
ISBN 978-3-9817723-6-4

Das Buch kann hier online bestellt werden.

 

 

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