Die Bank Vontobel eröffnet heute die Ausstellung zu ihrem Förderpreis «A New Gaze 2», der alle zwei Jahre vergeben wird. Träger des diesjährigen Vontobel-Fotopreises ist Kelvin Haizel, nachdem 2017 die erste Gewinnerin Eva O`Leary (*1989, USA) war (Fotointern berichtete). Der zweite Preisträger Kelvin Haizel wurde 1987 in Ghana geboren und überzeugt mit Bildern zu einem aktuellen gesellschaftspolitischen Thema.
A New Gaze 2: Kelvin Haizel – «Babysitting a Shark in a Cold Room, Comoros Encounters»
Der afrikanische Künstler Kelvin Haizel setzte sich mit seinem Projektvorschlag im Herbst 2017 unter 80 Bewerbungen durch. Sein Projekt zum Thema Identität führte ihn auf die Komoren, eine Inselgruppe im Indischen Ozean. Die Ausstellung «A New Gaze 2» mit dem Titel «Babysitting a Shark in a Cold Room – Comoros Encounters» zeigt die dort entstandenen Werke.
Die Komoren sind ein aussergewöhnlicher Ort. Die zwischen Madagaskar und Mozambik gelegene Inselgruppe setzt sich aus der unabhängigen Union der Komoren und der Insel Mayotte, einem französischen Übersee-Departement, zusammen. Die Komoren, eine ehemalige Kolonie Frankreichs, gelten als Inselparadies, gehören aber auch zu den ärmsten Ländern der Welt und verzeichnen eine rekordhohe Zahl von Putschen und Putschversuchen. Der Insel Mayotte geht es bedeutend besser. Als Teil Frankreichs profitiert sie von Transferzahlungen aus Paris, was den Lebensstandard der Bevölkerung wesentlich anhebt. Die Trennung zwischen Mayotte und der Union der Komoren wurde 1975 vollstreckt. Mayotte ist seit 2011 Frankreichs 101. Departement und seit 2014 EU-«Gebiet in äusserer Randlage». Die 1995 eingeführte Visumspflicht für BewohnerInnen der Nachbarinseln löste ein grosses aber im Westen weitgehend unbeachtetes Flüchtlingsdrama aus. Jedes Jahr versuchen hunderte Komorer mit Holzbooten nach Mayotte und so in die Europäische Union zu gelangen. Die Überfahrt endet bis heute für Tausende von Menschen in tödlichen Unglücken.
Diese aussergewöhnliche Situation veranlasste Kelvin Haizel sich hier mittels Fotografie, Video und Performance mit dem Ort und seinen multiplen Identitäten auseinanderzusetzten. Haizel machte sich zunächst auf die Suche nach einer gemeinsamen, die Union der Komoren und Mayotte verbindende Identität, tauchte dabei immer tiefer in die Mikrokosmen der einzelnen Inseln ein und lernte so die Unterschiede zwischen den BewohnerInnen kennen, bis er zu Freund- und Feindschaften und Fragen der Zugehörigkeit vorstiess.
Zusammen mit 25 Nominierenden wurden 80 FotokünstlerInnen eingeladen, einen Projektvorschlag einzureichen. Kelvin Haizel überzeugte die Jury, bestehend aus der Vontobel-Kunstkommission, den Kuratoren Urs Stahel und Luisa Baselgia sowie den Experten Julia Grosse (Chefredakteurin des Kunstmagazins «Contemporary And») und Azu Nwagbogu (Chefkurator des Zeitz Museum of Contemporary Art Africa (MOCAA)). Seit der Jurierung im November 2017 lebte und arbeitete Haizel während mehrerer Wochen auf den einzelnen Inseln. Das zusammengetragene Material – aufwändig inszenierte Fotografien, Sachaufnahmen, Reportagebilder, gefundenes Bild- und Videomaterial – verarbeitete er für die Ausstellung zu einzelnen installativen Arbeiten die alle in komplexer Beziehung zu den anderen Arbeiten stehen – ganz wie jede einzelne Insel des Archipels.
Die Ausstellung kuratierten Urs Stahel und Luisa Baselgia (Vontobel-Kunstsammlung). Ergänzend dazu erscheint ein Katalog, gestaltet von Teo Schifferli.
Kelvin Haizel (*1987) lebt und arbeitet in Accra, Ghana. Er interessiert sich für den zeitgenössischen Zustand des Bildes und bringt seine Ideen mittels Video, Fotografie und Objekten zum Ausdruck. Der Künstler hat einen BFA-Abschluss in Malerei und Bildhauerei vom College of Art, Kwame Nkrumah University of Science and Technology (Kumasi, Ghana), und einen MFA-Abschluss von derselben Universität. Seine Arbeiten waren in zahlreichen Ausstellungen in seiner Heimat Ghana sowie in Nigeria, Mosambik, Frankreich und Portugal vertreten. Die Arbeit «things and nothings» wurde an der 11. Ausgabe der Rencontres de Bamako, Biennale Africaine de la Photographie mit dem Titel «Afrotopia», gezeigt (2.12.2017–31.1.2018). An der Lagos Biennale 2017 war Kelvin Haizel Gastkurator.
Der Vontobel Förderpreis
A New Gaze wandert von Kontinent zu Kontinent. Die Teilnahme erfolgt über die Nominierung durch Experten aus dem Bereich Fotografie oder Gegenwartskunst im Kontext des ausgewählten Kontinents. Die enge Zusammenarbeit mit den Experten aus verschiedenen Teilen des Kontinents fördert eine möglichst grosse geografische, inhaltliche sowie fotografische Vielfalt und Abdeckung. Die nominierten FotokünstlerInnen sind eingeladen, einen Vorschlag für ein freies Projekt einzureichen. Einzige Vorgabe ist die Anlehnung an ein definiertes Thema, das Vontobel im laufenden Geschäftsjahr beschäftigt. Die Jury, bestehend aus der Vontobel-Kunstkommission, Luisa Baselgia (Projektleiterin/Kuratorin), Urs Stahel (Berater/Kurator) sowie zwei Experten, entscheidet anhand von Projektvorschlag, Portfolio und CV über das Siegerprojekt. Der Preisträger erhält 20’000 CHF zur Realisierung des Projekts, ideelle und finanzielle Unterstützung bei der Umsetzung sowie eine Publikation.
(Pressetext)
Die Ausstellung ist vom 8. März bis 5. April 2019 zu den Bürozeiten zu sehen in der Bank Vontobel AG, Gotthardstrasse 43, 8002 Zürich.
Öffentliche Vernissage: 8. März 2019, 18:00 Uhr
Weitere Informationen finden Sie auf www.vontobel.com