Urs Tillmanns, 1. April 2019, 16:00 Uhr

Sebastião Salgado – Genesis

Gletscher, dicht bevölkert von Robben, endlose Dünen der Sahara oder nebelumhüllte Berge im Regenwald des Amazonas: Sebastião Salgado zeigt uns die Erde als Schöpfung von überwältigender Schönheit und schärft damit unser Bewusstsein für ihre Kostbarkeit. Die Ausstellung Genesis ist ein dramatisches Manifest, das in opulenten Schwarzweiss-Fotografien nicht nur berührt, sondern auch Fragen zu unserem Umgang mit dem Planeten aufwirft.

Sebastião Salgado, Kälber des Südlichen Seeelefanten (Mirounga leonina) in der Saint Andrews Bay auf Südgeorgien, 2009, © Sebastião Salgado / Amazonas images

Auf beeindruckende Weise hält der französisch-brasilianische Fotograf Sebastião Salgado die letzten noch unberührten Winkel dieser Erde in grossformatigen Schwarzweiss-Bildern fest. Mit seiner fotografischen Dokumentation intakter Flora und Fauna und indigener Völker führt er uns sowohl die die Majestät als auch die Verletzlichkeit unserer Umwelt deutlich vor Augen. Das Genesis-Projekt ist Sebastião Salgados politischer Appell an die Zivilisation, einen Teil des Planeten in seiner Ursprünglichkeit und faszinierenden Diversität zu bewahren. Innerhalb von acht Jahren hat Salgado 32 Reisen an solche Orte unternommen – in kleinen Propellerflugzeugen, zu Fuss, mit dem Schiff, im Kanu und im Fesselballon. Er war unterwegs in klimatischen Extremen und unwegsamen, kaum bekannten Gebieten.

Sebastião Salgado, Blick vom Navajo-Territorium auf den Zusammenfluss von Colorado und Little Colorado. Der Grand-Canyon Nationalpark beginnt hinter diesem Punkt. Arizona, USA, 2010, © Sebastião Salgado / Amazonas images

Vom Amazonas bis in die Antarktis Die aus diesen Reisen entstandene Ausstellung Genesis ist inhaltlich in fünf Kapitel mit insgesamt 245 Fotografien unterteilt: Planet South zeigt die Galapagosinseln mit Seelöwen, Kormoranen, sowie den Südatlantik mit Pinguinen und Walen in der Antarktis. In Sanctuaries bereist Sebastião Salgado isolierte, artenreiche Zonen wie Madagaskar, Sumatra und West-Papua und porträtiert die Bewohner der Mentawai-Inseln sowie das Volk der Korowai. In Africa bewegt er sich zwischen Grosswild, Dünenwogen, Lava und inmitten des Nomadenvolks der Dinka im Sudan. An den Northern Spaces faszinieren Sebastião Salgado grosse Rentierherden am Polarkreis, die Kamtschatka-Halbinsel, die zerklüfteten Bergmassive Alaskas und die vom Eis gezeichneten Menschen samt ihrer Schlitten, Hunde und Zelte. Amazônia schlussendlich präsentiert Alligatoren und Jaguare an den Flussläufen des Amazonas, sowie das Volk der Zo’é im Dschungel Brasiliens.

Sebastião Salgado, Ist das Wetter besonders rau, verbringen die Nenzen mit ihren Rentieren mehrere Tage am selben Ort. Nördlich des Ob im Nordpolargebiet, Halbinsel Jamal, Sibirien, Russland, 2011, © Sebastião Salgado / Amazonas images

Ein visueller Weckruf Sebastião Salgado – Genesis will auf die ökologischen und geologischen Veränderungen der Welt in den letzten 50 Jahren aufmerksam machen und das Bewusstsein des Einzelnen für die Vielfalt der Erde und die Notwendigkeit für deren Erhalt schärfen. Dazu wählt Salgado einen direkten Weg: Über die beeindruckende Ästhetik seiner Bilder schafft er eine starke Emotionalisierung jenseits von Moral und Pädagogik, welche einen sinnvollen Gegenpol zu den sonst eher intellektuell-kognitiv geprägten Appellen zu Themen wie Klimawandel, Naturschutz oder auch Nachhaltigkeit darstellt. Formal bestechen seine Fotografien durch feine Schattierungen und Grauabstufungen sowie scharfe Hell-Dunkel-Kontraste. Gerade aufgrund der bewussten, ruhigen Komposition aus klaren Strukturen, Linien und Formen üben seine Bilder eine starke Anziehungskraft aus. Seinen Anliegen verleiht der Fotograf durch sein einzigartiges persönliches Engagement zusätzliche Kraft: Das 1998 von ihm gegründete Instituto Terra pflanzte im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais über 2 Millionen neue Bäume und erreichte damit die Wiederaufforstung des Regenwalds auf einem weitläufigen, durch Rodung versteppten Gebiet.

Sebastião Salgado, Die Frauen der Mursi und der Surma sind die letzten Frauen der Welt, die Lippenteller tragen. Im Mursi-Dorf Dargui im Mago-Nationalpark bei Jinka. Äthiopien, 2007, © Sebastião Salgado / Amazonas images

Über Sebastião Salgado. Geboren 1944 in Brasilien, gehört Sebastião Salgado zu den sozial engagierten Fotografen in der Tradition der sozialdokumentarischen Fotografie. Der promovierte Ökonom arbeitete ursprünglich als Verwaltungsangestellter für die International Coffee Organisation (ICO) und kam erst spät als Autodidakt zur Fotografie – seit 1973 ist er als Fotojournalist tätig. Salgado dokumentiert in selbst ausgewählten, weltweiten Langzeitprojekten mittels Schwarz-Weiss-Fotografien das Leben der Menschen am unteren Ende der Gesellschaft. Von 1986 bis 2001 widmete er sich hauptsächlich der Dokumentation des Endes des Industriezeitalters sowie der globalen Migration – nicht nur Flüchtlingen und Vertriebenen, sondern auch Zuwanderern in den Megastädten der Dritten Welt. Sebastião Salgado, der zunächst in der renommierten Agentur Magnum Mitglied war, verliess diese und vermarktet seine Fotos durch die eigene Agentur Amazonas Images. Der Fotograf wurde mit zahlreichen Fotopreisen ausgezeichnet – unter anderem mit dem Eugene Smith-, dem Hasselblad- und dem Oskar Barnack-Preis. Er lebt und arbeitet in Paris.

(Pressetext Museum für Gestaltung)

Die von Lélia Wanick Salgado organisierte und kuratierte Ausstellung ist noch bis 23. Juni 2019 zu sehen im

Museum für Gestaltung
Ausstellungsstrasse 60
CH-8031 Zürich
Tel. 043 446 67 67

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr, Mittwoch 10 bis 20 Uhr

Weitere Informationen: www.museum-gestaltung.ch

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