Die 23. Ausgabe der Bieler Fototage öffnet morgen ihre Türen. Sie wird bis zum 2. Juni 2019 dauern. 27 Ausstellungen, 21 Künstlerinnen und Künstler, ein Thema: «Flood» – oder die Überschwemmung, das Überborden. Die in das Programm aufgenommenen Werke widerspiegeln das Thema, welches diese Ausgabe prägt. Im Zentrum steht weiterhin die Fotografie, die sich aber gegenüber anderen Kunstdisziplinen wie Performance, Musik, Literatur öffnet und die Zusammenarbeit stark erweitert. Tour d’horizon durch eine Ausgabe, die auf dem menschlichen und künstlerischen Gespräch und Austausch aufbaut.
Vanja Bucan (SI), Sequences of Truth and Deception
27 Ausstellungen, 7 Länder, 21 Welt- und Schweizer Premieren
Highlights aus der aufstrebenden und internationalen Fotografie geben sich während drei Wochen in Biel ein Stelldichein. Das Publikum kann 27 Ausstellungen entdecken. Die Künstlerinnen und Künstler stammen aus der Schweiz, Frankreich, Holland, Grossbritannien, Litauen und Slowenien bis hin zu China. Unter den Ausstellungen finden sich 10 Welt- und 11 Schweizer Premieren. Zahlreiche der gezeigten Arbeiten wurden eigens für das Festival realisiert, in enger Zusammenarbeit mit einigen der Ausstellungsorte.
Lisette Appeldorn (NL), Untitled
12 Ausstellungsorte, darunter vier neue
«Der Rundgang, den das Festival 2019 durch die Stadt Biel vorschlägt, hat ein neues Gesicht», wie die für die 23. Ausgabe zuständige Sarah Girard bekanntgibt. Zusätzlich zu den gewohnten Ausstellungsorten (Photoforum Pasquart, Neues Museum Biel, Espace Libre, Gewölbe Galerie, Le Grenier und Farelhaus) bespielen die Fototage neue Räume: die Industriehalle DISPO und die Altersresidenz au Lac öffnen dem Publikum erstmals ihre Tore. Zudem wird der öffentliche Raum für Ausstellungen genutzt, am Juraplatz, an der Untergasse und an der Schüsspromenade.
David Gagnebin-de Bons (CH), While Dreaming
Flood: eine Bilderflut geht über Biel
Das diesjährige Festivalthema «Flood» wird in den Werken der Künstler, die 2019 ausstellen, auf verschiedene Weise entwickelt. Marion Tampon-Lajariette (Schweiz) bietet eine Grenzerfahrung zwischen aussen und innen, zwischen real und virtuell. In ihren fotografischen Diptychen zeigt sie Felsenlandschaften, die aus dem Inneren von Höhlen heraus gezeigt werden, die wie Augäpfel aussehen. Marc Renaud (Schweiz) hat sich der Herausforderung gestellt, Elektrizität mit den Mitteln der Fotografie darzustellen. In seiner Reportage geht er zurück zu den Quellen dieser Energieform: Wasser, Wind und fossile Energien. Im Zentrum des Werks von Esther Hovers (Holland) und Indré Urbonaité (Litauen) stehen die Begriffe Überwachung und Ansehen. Die erste hinterfragt die Nutzung von Kameras im öffentlichen Raum und die letztere zeigt aktuelle Bilder von vor Gericht Angeklagten, die aus Scham ihr Gesicht verdecken. Im Zeitalter von Selfies und Gesichtserkennungstechnologien setzen sich die Porträts von Lisette Appeldorn (Holland), Alma Haser (Deutschland) und Pixy Liao (China) mit der Stellung des Individuums im Zusammenhang mit seinem/n Bild(ern) auseinander, sei es in der Gesellschaft oder im privaten Umfeld. David Gagnebin-de Bons (Schweiz) verwischt die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit. Er verleiht den Träumen ein Gesicht, indem er Bilder von eigenen oder ihm erzählten Träumen in einer Box unterbringt. Emmanuel Tussore (Frankreich) schnitzt aus Aleppo-Seife Ruinen, die zu Symbolen einer brutalen und zerstörerischen Kraft werden und eine Welt zeigen, in der das Verschwinden und Aufgelöstwerden im Vordergrund stehen. Auf halbem Weg zwischen Dokumentarfotografie und Inszenierung zeigt die Arbeit von Vanja Bucan (Slowenien) menschliche Körper in einer ansonsten weitgehend intakten und üppigen Natur. In den Landschaften von Thibaut Brunet (Frankreich) kreuzen sich die Welt der Videospiele und die romantische deutsche Malerei. Mit seinem scannerähnlichen Aufnahmegerät bildet der Künstler den Raum ab und setzt ihn in Punktansammlungen neu zusammen, eine Technik, die die Darstellungscodes auf den Kopf stellt. Der Zürcher Matthias Gabi (Schweiz) schliesslich bearbeitet Presse- und Werbebilder und ermöglicht es damit dem Betrachter, die Bilder aus einer neuen Perspektive zu sehen.
Maxime Genoud (CH), Camera(s)
Videos und Installationen
Gespenstisch und faszinierend zugleich erhebt sich der #Blue Screen Temple von Mathieu Merlet Briand (Frankreich) im Garten des Neuen Museums Biel in den Himmel und materialisiert statistische Daten von tausenden von Fotos, die im Zusammenhang mit einer Websuche zusammenkamen – eine Rohmasse, die der Künstler anschliessend mit selbst programmierten Bildbearbeitungsalgorithmen verändert. Das Thema «Flood» ist auch in der Installation von Romain Roucoules (Schweiz) sichtbar. In der Installation spucken drei Drucker in Echtzeit die Bilder aus, welche Besucherinnen und Besucher des Festivals unter dem Hashtag #floodedbiel posten, und die nach und nach den Boden überfluten. Die «Flood» wird bildlich greifbar im Video Liquid Panic von Augustin Rebetez (Schweiz), einer Art spritzigem, zuckendem Remake von Pulp Fiction. Das Video von Yingguang Guo (China) setzt sich mit der Praxis auseinander, bei der Mütter ihre Töchter auf dem Heiratsmarkt auf dem Platz des Volkes in Shanghai anbieten, indem sie deren Vorzüge hervorheben: Alter, Grösse, Verdienst, Ausbildung … Morgane Denzler (Frankreich) stellt die Beziehung zwischen der Landschaft von Les Arques, den dortigen Schafzüchtern und ihren Tieren auf einem bedruckten Schaffell dar, und sie hinterfragt den Willen des Menschen, die Natur um jeden Preis beherrschen zu wollen. Auf dem Juraplatz setzt sich die Installation in situ von Luzia Hürzeler (Schweiz) auseinander mit der Beziehung zwischen Bild und Objekt, zwischen einem Objekt und seinem Double, und sie spielt mit dem Innen und dem Aussen, tagsüber und in der Nacht. Die fotografische Installation Piegeception von Andrea Marioni (Schweiz) stellt Überlegungen an zur Dokumentation eines Raumes, aber auch zum Verlust der Kontrolle über die Bilder in einem Produktionssystem, das für uns heute nicht mehr greifbar ist. Während der gesamten Veranstaltung machen zwei von einer Zeitschaltuhr gesteuerte Kameras in regelmässigen Abständen Bilder. Die Besucherinnen und Besucher werden auf den Abzügen, die im Rahmen einer späteren Ausstellung gezeigt werden, zu Darstellern.
Alma Haser (GB), Cosmic Surgery
Zahlreiche Zusammenarbeiten
Das Festival hat die Zusammenarbeiten für diese 23. Ausgabe vervielfältigt. Zusätzlich zum Photoforum Pasquart für die Ausstellung Hochwasser, Sturm, Orkan von Myriam Ziehli (Schweiz) und dem Schweizerischen Nationalfonds für den SNF-Wettbewerb für wissenschaftliche Bilder arbeitet das Festival dieses Jahr mit der Bildagentur Magnum zusammen für die Ausstellung Women with Binoculars, die von Enrique Muñoz García kuratiert wird. Die Schule für Gestaltung Bern und Biel zeigt Arbeiten von Studierenden aus der Fachklasse Grafik (2. Jahr), welche die Bilder aus Women with Binoculars interpretieren, und die PH Bejune hat den Berner Fotografen Fabian Hugo (Schweiz) für eine Zusammenarbeit mit ihren Studierenden zum Thema «Flood» angefragt. Die Ausstellung Enquêtes photographiques: Herausforderungen und Perspektiven schliesslich wurde gemeinsam mit dem Genfer Anlass No’Photo realisiert, während sich die Bieler Sektion von Femmes-Tische für die Ausstellung We Call It Home mit dem Festival zusammengetan hat, in Zusammenarbeit mit der jungen Fotografin Solène Gün (Schweiz).
Fabian Hugo (CH), Formed Waters (in Kollaboration mit HEP-BEJUNE)
Überborden in andere künstlerische Disziplinen
Tanz, Musik und Literatur: Die Fototage erweitern das Feld und lassen die Fotografie mit anderen Formen der künstlerischen Ausdrucksweise in Dialog treten. So werden das Medienmusical METEO (in Zusammenarbeit mit der 9. Nuit des images des Musée de l’Elysée), die Tänzerin Lara Dâmaso und der Pianist Léo Tardin in der Eröffnungswoche erstmals gezeigte Performances aufführen. Eine weitere Performance, jene von John Lippens , hinterfragt die Herausforderungen der Skopophilie oder Schaulust. Studierende der Hochschule der Kunst Bern (HKB) werden zudem Texte lesen, die von den Ausstellungen des Festivals inspiriert sind, in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Literaturinstitut.
Romain Roucoules (CH), Social Printer
Editionen
Für das vierte Jahr der Editionen der Bieler Fototage hat das Festival das Bild Erreur chimique von Maxime Genoud ausgewählt. Das Foto wurde mit einer Camera Obscura aufgenommen, die der Schweizer Fotograf im Rahmen eines Workshops hergestellt hat. Die Arbeit, die er zusammen mit einer Schulklasse der Primarschule Madretsch realisiert hat, wird in seiner Ausstellung Camera(s) ebenfalls zu sehen sein.
Luzia Hürzeler (CH), L’un dans l’autre
Und dazu noch…
Fotowettbewerbe, Konferenzen, Workshops, Führungen und Tables Rondes – die 23. Bieler Fototage bietet parallel zu den Ausstellungen zahlreiche Aktivitäten. Das vollständige Programm ist hier zu finden.
(Pressetext Bieler Fototage 2019)
Praktische Hinweise
Öffnungszeiten
Vom 10. Mai bis am 2. Juni 2019
Mi – Fr: 12.00 – 18.00, Do: 12.00 – 20.00, Sa – So: 11.00 – 18.00
Montag und Dienstag geschlossen
Preise
Pass 1 Tag CHF 20.- / 15.- *
Pass 2 Tage CH 25.- / 18.-*
Abonnement CHF 30.- / 20.- *
Gruppe (ab 10 Pers.) CHF 10.- pro Pers.
Bis 16 Jahre gratis
Gratiseintritt: Abo-Karte 20 Jahre 100 Franken
* Preisermässigung für Studierende, AHV, IV, Arbeitslose und Kulturlegi (nur Kanton Bern)
Kontakt: Tel: 032 322 42 45, info [at] jouph.ch
Ausstellungsorte:
Weitere Informationen finden Sie unter www.jouph.ch
Hier schreibt ja mal wieder keiner einen Kommentar, aber zu den ewig selbigen Photo-Gear-Artikeln sind die Kommentarspalten voll! 😉 … Schade!
@ Marcel
Ich denke mal, man müsste eine Ausstellung gesehen haben, um sich darüber eine Meinung zu bilden und sie zu kommentieren. Ein, zwei Beispiele reichen da nicht aus. Das gilt erst recht bei einem Anlass von solchem Umfang, den man eigentlich «erleben» muss.
Bei Fotozeugs bzw. einem einzelnen Produkt kann man sich dagegen gut ein Bild machen, ob es von den Spezifikationen und den damit verbundenen Möglichkeiten einen persönlichen Nutzen bringt. So fällt das Äussern einer Meinung (das Kommentieren) leichter – selbst, wenn diese all zu oft auf einem Vorurteil beruht.