Heute wird die neue Sony α7c bzw. Alpha 7c vorgestellt, eine der kleinsten spiegellosen Vollformatkameras, die schon geraume Zeit durch die Rumor-Seiten geistert. Erstaunlich, wie viele Fakten (und Bilder!) schon an die Oberfläche kamen – viele richtig, andere spekuliert. Fotointern konnte unter dem Siegel der Verschwiegenheit und mit abgeklebter Typenbezeichnung die Kamera schon vorab testen. Zwar noch ein Vorserienmuster, aber immerhin soweit fortgeschritten, dass alles funktioniert und die Kamera gut beurteilbar macht.
An ihren Äusseren erkennt man die Verwandtschaft mit der Alpha 6600 sofort – mit dem wichtigsten Unterschied, dass sie nicht mit einem APS-C-Sensor ausgestattet ist, sondern mit einem Vollformat-CMOS. Die Auflösung ist mit 24 Megapixel zwar identisch, doch sind bei der neuen α7c die Pixel grösser, was einen höheren Dynamikumfang und ein besseres Rauschverhalten bewirkt.
Der Schritt von APS-C zum Vollformat in dieser Produktereihe kommt nicht ganz unerwartet. Im September 2010 hat Toru Katsumoto, Leiter des Sony ILC-Geschäftsbereiches, in einem Interview gegenüber «Digicame Watch» erklärt, dass es technisch möglich wäre, in den NEX-Kameras einen Vollformat-Sensor zu integrieren. Das ist acht Jahre her, die NEX-Reihe wurde inzwischen durch die 6000er-Serie abgelöst, und jetzt ist Toru Katsumotos Prognose Wirklichkeit geworden.
Sony hat eine klare Linie. Mit dem Erscheinen der α7c («c» steht für «compact») ist die gesamte Alpha-Reihe, von der Kompakten über die A7ener- und die A9er-Linie mit Vollformatsensoren ausgestattet. Damit ist auch die lästige Geschichte mit dem Crop-Faktor und den «falschen» Brennweitenangaben auf den Objektiven gegessen. Mehr noch: Alle diese Kamera verfügen über das identische Bajonett, womit von Sony insgesamt 58 Wechselobjektive (38 für Vollformat und 20 für APS-C) zur Verfügung stehen – ergänzt mit unzähligen interessanten Objektiven anderer Hersteller mit passendem Anschluss.
Der Vater: α7 III. Die Mutter: α6600
Die Eltern der Sony α7c: Links der Vater α7 III. Von ihm kommt der 24 Megapixel Vollformat-Sensor und viel Erbgut. Rechts die Mutter α6600, von der das Design und das Innenleben stammt.
Das Gehäuse der α7c ist praktisch gleich gross wie dasjenige der α6600 und mit 510 g nur sieben Gramm schwerer ihre Mutter. Die konstruktive Grundlage der α7c ist ein stabiles Gehäuse aus einer Magnesium-Legierung, in welchem neben Sensor und der dazugehörenden Elektronik, ein neuer, in 5 Achsen schwingender Bildstabilisator Platz findet, sowie ein neu konstruierter, platzsparender Verschluss, der für mehr als 220’000 Auslösungen konzipiert wurde. Zudem ist das Gehäuse gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet und erträgt damit auch harte Einsätze und feuchte Klimatas. Die Energiequelle ist derselbe Akku NP-FZ100 wie bei der α6600 mit dem (bei Verwendung des Displays) etwa 740 Fotos oder 215 Minuten Video aufgenommen werden können.
Das Design der neuen α7c (rechts) ist von der α6600 (links) abgeleitet. Auffallend: Das neue Kitobjektiv 4-5,6/28-60mm der α7c (rechts) ist rund halb so gross, wie das 3,5-5,6/28-70mm an der α6600 mit fast gleichem Brennweitenbereich
Der Sensor ist das bewährte 24.2 MP Halbleiterelement mit rückwärtiger Belichtung, dessen Daten in einem Bionz X-Prozessor der neuesten Generation verarbeitet werden. Mit den im Vergleich zur α6600 grösseren Pixel ergibt sich laut Sony ein Dynamikumfang von 15 Stufen und damit ein besseres Rauschverhalten als bei der α6600. Nach unserem ersten Test gewinnt man damit eine Empfindlichkeitsstufe, so dass Bilder mit ISO 25’600 in entsprechender Schwachlichtsituationen noch durchaus akzeptable Resultate ergeben. Was darüber liegt sollte man wirklich nur im Notfall benutzen. Fotointern hat dazu einen Test gemacht, der allerdings mit dem Vorserienmodell nur bedingt repräsentativ ist. Vielleicht wird das Rauschverhalten mit kommenden Firmware-Updates nochmals verbessert, so dass wir es vorerst bei dieser verbalen Aussage belassen.
Auch der Autofokus ist deutlich schneller geworden, deckt mit 693 phasendetektions-Sensoren 93% der Bildfläche ab, erkennt, dank der Erbmasse der Alpha 7R IV, auch Menschen- und Tieraugen und ist in der Lage diesen in Real Time zu folgen.
Die Serienbildfunktion lässt im kontinuierlichen Modus mit 10 Bilder pro Sekunde 223 JPEGs oder 115 RAW-Bilder mit AF/AE-Tracking zu, was vor allem dem neuen Verschluss und der schnelleren Signalverarbeitung zu verdanken ist. Mit einer Minimallichtgrenze entsprechend LW-4 arbeitet der Autofokus auch in absoluten Lowlight-Situationen noch schnell und zuverlässig.
Für das bewegte Bild
Was die Videofunktionen anbelangt, so bietet die α7c zwar (noch) kein 8K, aber ein gutes 4K mit 30p und einer höheren Abtastung von 6k (oversampling). Auch werden die Pixel im Videomodus voll ausgelesen, ohne dass benachbarte Pixel miteinberechnet werden (binning). Im Full-HD Modus sind Bildraten bis 120p möglich. Ferner gibt es einen 8bit XAVC-S Modus für eine einfache Nachbearbeitung, eine verbesserte Farbwiedergabe insbesondere der Hauttöne, die von der Alpha A7R IV entliehen wurde, sowie Aufzeichnungsmöglichkeiten mit S-LOG und HLG Profilen.
Das Display der α6600 (links) ist nur vertikal schwenkbar, während dasjenige der α7c ausgeklappt und um 270° gedreht werden kann
Passend zum Trend und zur Freude der Vlogger*innen und Videoproduzenten wurde der neuen Kamera ein seitlich ausklappbares Display verpasst, das um 270° vertikal geschwenkt werden kann. Zudem ist der Videoauslöser auf der Oberseite der Kamera ergonomischer platziert; er wird damit auch weniger oft versehentlich betätigt.
Der Videoauslöser ist bei der α7c (rechts) auf der Kameraoberseite ergonomischer und bedienungssicherer platziert.
Ergonomisches Design mit neuen Elementen
Die Kamera macht allgemein einen sehr bedienungsfreundlichen Eindruck. Der Handgriff ist etwas kleiner geworden und fühlt sich damit griffiger an – was allerdings Ansichtssache ist. Die Daumenmulde an der Rückseite der Kamera hätte noch etwas ausgeprägter gestaltet werden dürfen. Neu angeordnet ist das hintere Bedienungsrad, das bisher auf der Kameraoberseite war und nun ins Gehäuse integriert wurde. Damit gab es Platz für das Belichtungskorrekturrad, das ebenso ergonomisch platziert ist wie bei der α7 III und ähnlichen Modellen. Damit hat die α7c ein wichtiges zusätzliches Einstellelement erhalten.
Die α7c (rechts) ist jetzt mit einem Belichtungskorrekturrad ausgestattet. Das Einstellrad wurde in das Gehäuse integriert.
Die übrigen Tasten sind so angeordnet, wie wir es von nahezu allen Alpha-Modellen her kennen. Auch die Menüstruktur kommt in gewohnter Sony-Manier daher – kein Umlernen für Auf- oder Modellumsteiger. Allerdings hat die Miniaturisierung und die bestmögliche Einhaltung der Dimensionen der α6600 den Nachteil, dass der Sucher an Grösse eingebüsst hat. Er hat zwar die gleiche Auflösung von 2,3 mio. Bildpunkten, jedoch bei der α7c nur eine Vergrösserung von 0,59x, während die α6600 den Vergrösserungsfaktor von 1,07x aufwies, Zudem ist die Okularmuschel bei der α7c zwar keiner, aber nicht unbedingt besser geworden.
Neues Kit-Objektiv FE 4-5,6/28-60mm
Zur α7c wird ein neues, besonders kompaktes Zoom im Kit angeboten. Es soll laut Sony das kleinste und leichteste Vollformat-Zoom sein. Es wiegt nur 167 Gramm und ist etwa halb so gross wie das bisherige FE 3,5/28-70mm Zoom. Der Brennweitenbereich ist mit 28 bis 60 mm ist für die meisten Motive ideal, und auch die Lichtstärke ist 4,0 bis 5,6 ist für generelle Anwendungen ausreichend. Durch seine Rückzugskonstruktion, bei welcher die innere Linsenfassung in die äussere zurückgezogen wird, ist es sehr kompakt, womit die α7c in einer kleinen Fototasche Platz findet und gerne zu allen Gelegenheiten mitgenommen wird.
Übrigens hat uns die Bildqualität des kleinen Zooms überrascht. Die Überlegung, dieses Objektiv auch zu anderen Alpha-Kameras anzuschaffen, um eine kompaktere Ausrüstung zu gewinnen, ist durchaus gerechtfertigt. Mit einem neuen Linearmotor ist der Autofokus sehr schnell geworden, die sieben Blendenlamellen ergeben ein angenehmes Bokeh und mit der optimierten Abdichtung trotzt es auch Staub und Spitzwasser.
Zur α7c gibt es auch das neue Blitzgerät HVL-F28RM mit Zwillingsreflektor für direktes und indirektes Blitzen. Das Gerät hat Leitzahl 28 und kann kabellos und mit High Speed Sync eingesetzt werden.
Fazit: Die Sony α7c im Vergleich mit der Sony α6600
Die neue Sony α7c bietet den Besitzern einer Kamera aus der 6000er-Reihe die Gelegenheit jetzt von APS-C auf das Vollformat umzusteigen und mit den bestehenden Objektiven mehr Bildwinkel zu gewinnen. Offensichtlich, dass die α7c aus der α6600 weiterentwickelt wurde – sie ähneln sich so sehr, dass sich jeder 6000er-Fotograf sofort mit der α7c heimisch finden wird. Die Kameras sind praktisch gleich gross, die Menüstruktur ist, wie bei allen Sony-Kameras praktisch identisch mit einigen Ergänzungen, und die Bedienelemente sind nur geringfügig und für die meisten Benutzer logischer angeordnet.
Der Speicherkarteneinschub (Pfeil) ist bei der α7c im Steckerfach untergebracht. Dadurch konnte das Akkufach verkleinert werden. Übrigens verwenden beide Kameras denselben Akku vom Typ NP-FZ100
Hier die wichtigsten Unterschiede auf einen Blick:
• Augenfälligste Differenz der beiden Modelle ist das Display. Während es bei der α6600 nur vertikal schwenkbar ist, wurde die α7c zeitgemäss mit einem 270° beweglichen Ausklappdisplay versehen. Das freut die Vlogger ebenso, wie die Selphy-Liebhaber.
• Die α7c ist rund 4 Millimeter breiter und höher als die α6600, was aber praktisch keinen Einfluss auf die Ergonomie der Kamera hat.
• Die α7c ist handlicher als die α6600. Durch den Wegfall des Speicherkarteneinschubs im Akkufach ist der Handgriff etwas kleiner geworden. Fotograf(-innen) mit kleineren Händen werden dies zu schätzen wissen.
• Das hintere Bedienungsrad ist bei der α7c ins Gehäuse integriert worden. Dort wo es bei der α6600 war, ist neu ein Drehrad für die Belichtungskorrektur – wie bei der α7er-Reihe.
• Der Videoauslöser befindet sich bei der α7c besser angeordnet auf der Gehäuseoberseite und ist kein Stolperstein mehr hinten an der Daumenauflage.
• Die Speicherkarte wurde bei der α7c aus dem Akkufach verbannt und im Streckerfach auf der linken Kameraseite untergebracht. Dass eine zweite Speicherkarte in dem kompakten Gehäuse keinen Platzt mehr hatte, braucht kaum extra betont zu werden.
• Der Sucher der α7c ist etwas kleiner als derjenige der α6600, was im direkten Vergleich auffällt, in der Praxis jedoch kaum störend ist.
Die Sony α7c ist ein klarer Richtungsweiser zum Vollformat, ideal für Einsteiger in eine Fotografie mit einem grösseren Sensor und mehr Qualität. Das ist insbesondere für bisherige NEX- oder α6600-Besitzer interessant, die im APS-C/Super 35mm Modus übrigens auch ihre bisherigen Objektive verwenden können, allerdings mit weniger Bildwinkel und geringerer Auflösung.
Text und Bilder: Urs Tillmanns
Preise und Verfügbarkeit
Die Alpha 7C (ILCE-7C) ist in Silber ab Oktober 2020 und in Schwarz ab November 2020 für CHF 2250 lieferbar. Im Kit mit dem SEL-2860 wird sie CHF 2550 kosten. Das Blitzgerät HVL-F28RM gibt es ab November 2020 für CHF 300. Das Zoomobjektiv FE 4-5.6/28-60mm (SEL-2860) gibt es einzeln ab Januar 2021 zum Preis von CHF 530.
Weitere Informationen finden Sie auf der Produkteseite von Sony
Sony α7c und Sony α6600 – Spezifikationen im Vergleich | ||
Modell | Sony α7c | Sony α6600 |
Modellbezeichnung | ILCE-7C | ILCE-6600 |
Sensor | CMOS 36x24mm, 24,2 MP | CMOS, 23,6×15,8mm, 24,2 MP |
Pixelpitch | 6.0 µm | 3,9 µm |
Fotoauflösung | max. 6000×4000 px | max. 6000×4000 px |
Videoauflösung | max 3840×2160 px | max 3840×2160 px |
Cropfaktor | keiner | 1,5x |
Dynamikumfang | 15 Stufen | k.A. |
Prozessor | Bionz X (wie A7RM4) | Bionz X |
Autofokus | 693 AF-Messpunkte, 93%, EV -4; Phasendetektion | 425 AF-Messpunkte, 84%, EV -2; Phasendetektion |
Augenerkennung | Menschen / Tiere | Menschen / Tiere |
Verschlusszeiten | 30s – 1/4000 (1/8000 elektronisch) | 30s – 1/4000 |
Blitzsynchronzeit | 1/160s | 1/160s |
Blitzkontakt | in Zubehörsschuh | in Zubehörsschuh |
Belichtungsfunktionen | P, S, A, M | P, S, A, M |
Belichtungskorrektur | -5 LW bis +5 LW | -5 LW bis +5 LW |
LCD-Display | 921K, 3.0″, ausklappbar | 921K, 3.0″, vertikal schwenkbar |
Touchscreen | ja | ja |
Sucher | 100% XGA OLED, 0,59x, 2,3 mio px | 100% XGA OLED, 1,07x, 2,3 mio px |
Bildstabilisierung | 5 Achsen / 5 Stufen | 5 Achsen / 5 Stufen |
Bildfolge | 10 B/s 232 jpg (115 RAW). | 11 B/s, 99 jpg (46 RAW) |
ISO-Einstellung | 100-51200 (erw. 50-204800) | 100-32000 (erw 50 bis 102400) |
Video-Formate | MPEG-4, XAVC S, H.264, Linear PCM, 6K oversampling 3840 x 2160 @ 30p / 25p / 24p / 100 Mbps 1920 x 1080 @ 120p / 60p / 50p / 30p / 25p / 24 / 100 |
XAVC S, AVCHD, MPEG4, H.264 3840 x 2160 @ 30 p / 25p / 24p 1920 x 1080 @ 120p / 100p / 60p / 50p / 30p / 25p / 24p |
Gehäusematerial | Magnesium-Legierung | Magnesium-Legierung |
Akku | NP-FZ100, 7,2V, 16,4 Wh, 2280 mAh | NP-FZ100, 7,2V, 16,4 Wh, 2280 mAh |
Abmessungen | 124 x 71,1 x 59,7 mm | 120 x 66,9 x 59 mm |
Gewicht | 510 g (inkl. Akku) | 503 g |
Markteinführung | Oktober 2020 | Oktober 2019 |
Preis (Gehäuse) | CHF 2250.00 | CHF 1750.00 |
Besten Dank für den tollen und ausführlichen Bericht. Was mich sehr erstaunt ist das SONY in der neuen Kamera Linie nicht gerade das neue Menu der Sony Alpha 7s III integriert. Allerdings passt es ja dann auch wieder zu den veralteten seit fünf Jahren gleichen Video spezifikationen. Neu ist eigentlich nur das kompaktere Gehäuse und das Objektiv?!