Urs Tillmanns, 28. März 2021, 10:16 Uhr

IPFO Haus der Fotografie Olten zeigt David Lynch

Die Szene der Fotomuseen ist nach dem Fotomuseum und der Fotostiftung in Winterthur, dem noch im Bau befindlichen neuen Museum Elysée in Lausanne und dem Kameramuseum in Vevey seit letztem Freitag um einen Veranstaltungsort reicher geworden. Das «Internationale Photo Festival Olten» (IPFO) konnte mit Unterstützung der Stadt Olten das frühere Naturmuseum für Fotoausstellungen gewinnen, die nun auf drei Etagen stattfinden können. Wie es dazu kam und welches die Zielsetzungen der neuen fotokulturellen Institution sind, wollte Fotointern vom Museumsdirektor Remo Buess wissen.

 

Die Fotomuseum-Szene der Schweiz ist um eine Attraktion reicher: Das «Haus der Fotografie» in Olten steht unter dem Patronat des International Photo Festivals IPFO

Fotointern: Remo Buess, das «Haus der Fotografie» feierte am Freitag Eröffnung. Wie ist es zu diesem neuen Fotomuseum gekommen?

Remo Buess: Es war eigentlich eine Kaffee-Idee. Marco Grob und ich sassen im Kaffee nebenan und sinnierten, was wohl mit dem leerstehenden ehemaligen Naturmuseum gleich gegenüber dereinst passieren würde. ‘Man könnte doch eigentlich ein Fotomuseum daraus machen’ … war die Initialzündung, die dann in der Folge bei der Stadt Olten auch auf guten Boden fiel, weil die künftige Nutzung des Gebäudes noch sehr unsicher war, und weil wir mit dem IPFO Festival bereits einen Leistungsausweis vorzeigen konnten. Eine lange Geschichte, kurz erzählt …

 

Remo Buess leitet zusammen mit Christoph Zehnder das neue Fotomuseum

Eine Zwischennutzung also. Wie sind dann die Zukunftsaussichten?

Die Stadt Olten stellt uns das Haus während zwei Jahren für dieses Museum zur Verfügung. Danach soll es umgebaut und als Kunstmuseum genutzt werden, zu dem jetzt ein Architektur-Wettbewerb läuft. Solch grosse Projekte verzögern sich jedoch in der Regel, so dass wir für jeden weiteren Monat dankbar sind, wo wir länger in dem Haus bleiben können. Danach werden wir eine neue Lösung finden müssen.

Das neue Museum präsentiert sich sehr gelungen. Wie lief der Umbau und das Einrichten ab?

Wir haben den grössten Teil der Arbeiten mit unseren Familien und Freunden innerhalb von fünf Monaten selbst bewältigt. Aber dennoch hat uns alles zusammen über hunderttausend Franken gekostet – Geld das aus der Vereinskasse, von Sponsoren, aber auch von unserem eigenen Ersparten kam. Aber das Ergebnis ist schön und zweckdienlich geworden und macht grossen Spass.

 

Das ehemalige Naturmuseum wurde ausgehöhlt und in unzähligen Freizeitstunden völlig neu gestaltet

Ja, Sie können berechtigt stolz auf dieses Werk sein. Und jetzt habt Ihr gleich mit David Lynch einen fulminanten Start hingelegt. Wie kam es dazu?

Durch den Kontakt mit Christian Nørgaard in Kopenhagen, der schon länger mit dem Büro von David Lynch in Verhandlung war. Wir bekamen das Angebot, die Show zuerst bei uns in der Schweiz zu zeigen, danach geht sie nach Skandinavien.

 

Die Eröffnungsausstellung ist dem amerikanischen Surrealisten David Lynch gewidmet. Seine Bilder polarisieren und werfen mehr Fragen auf, als sie Antworten liefern.

David Lynch ist keine leichte Kost …

Das wissen wir. Die Arbeiten von David Lynch sind sicherlich nicht einfach, man muss sich mit ihm und seinen Bildern auseinandersetzen. Die Bilder sollen, ganz im Sinne von Lynch polarisieren und werfen mehr Fragen auf, als sie Antworten liefern. Aber wir wollten damit bewusst ein hohes Niveau unserer Ausstellungen markieren, wie man es schon von den IPFO-Festivals her gewohnt ist. Es ist natürlich noch verfrüht etwas über die Publikumsreaktionen zu sagen, aber bis jetzt sind diese sehr positiv, und auch die Presse hat lobend darüber geschrieben. Natürlich hat es einige Bilder darunter, die polarisieren, aber es war uns wichtig die gesamte Schaffensbreite des Künstlers zu zeigen, was mit dieser Ausstellung erstmals in der Schweiz der Fall sein dürfte.

Das IPFO Haus der Fotografie gibt erstmals in der Schweiz Einblick in das fotografische Werk des amerikanischen Filmregisseurs und Ausnahmekünstler David Lynch (geb. 1946), der in Los Angeles lebt. Die gezeigten Bilder sind in einem Zeitraum von zwei Jahrzehnten hinweg entstanden und spiegeln die unverwechselbare Vision des Künstlers wider. Mit Serien wie «Twin Peaks» und Kinowerken wie «Blue Vervet» hat David Lynch längst Kultstatus erreicht. Im IPFO Haus der Fotografie werden auf drei Etagen insgesamt 120 Werke von David Lynch gezeigt. 

Als Kuratorin konnten Sie Nathalie Herschdorfer gewinnen, die natürlich eine hohe Kompetenz zur Ausstellungsgestaltung mitbrachte. Wie kam dieser Kontakt zustande?

Wir haben sie angefragt, sind nach Le Locle gefahren – und sie hat zugesagt. Offensichtlich war es für sie eine willkommene Herausforderung eine Ausstellung über David Lynch kuratieren zu können. Die Zusammenarbeit mit Nathalie war extrem angenehm und sie hat einen super Job gemacht.

Resultiert daraus eine Kooperation mit dem Museum in Le Locle oder gibt es solche mit anderen Institutionen? Ich denke an Winterthur, Lausanne oder Vevey?

Bisher noch nicht, aber wir sind für alles offen. Das Fotomuseum ist Neuland für uns, und wir können und müssen noch viel lernen. Aber wir sind mit vielen im Gespräch und werden diese sehr wertvollen Kontakte natürlich auch in Zukunft pflegen. Wir haben als Quereinsteiger auch für diese Ausstellung viel lernen müssen, zum Beispiel das ganze Art Handling wie der Transport der Bilder von Los Angeles nach Olten, die ganze Dokumentation beim Auspacken der Bilder, Versicherungen, und was man darf und was nicht.

 

Die Bilderserien zum Thema «Nudes» zeigen menschliche Körper meist deformiert und lehnen sich an den Stil seiner kinematografischen Arbeiten an

Wie ist das Museum personell aufgestellt?

Wir sind insgesamt etwa zehn Mitarbeitende, von den die meisten im Teilzeitpensum arbeiten. Drei davon befassen sich mit der Kulturvermittlung, das heisst mit Führungen, Anlässen für Jugendliche und Workshops. Dann haben wir immer jemand der am Empfang ist und damit die Gesamtübersicht hat. Das Direktorium teilen wir uns, Christoph Zehnder und ich. In unseren Entscheidungen sind wir sehr frei, besprechen diese natürlich untereinander– aber sonst machen wir eigentlich was uns Spass macht und was wir für sinnvoll erachten.

 

Die Serie «Factories» ist in den 1980er-Jahren entstanden und zeigt «gespenstische Kathedralen» einer vergangenen industriellen Ära.

Welches sind die nächsten Projekte?

Das nächste grosse Highlight ist das IPFO-Festival, welches am 25. August beginnt. Eine der geplanten Ausstellungen wird natürlich hier ein Schwerpunkt sein – welche, steht derzeit noch nicht definitiv fest. Dann bieten wir unsere Räumlichkeiten im Oktober dem vfg-Nachwuchsförderpreis an, um die Wettbewerbsarbeiten zu präsentieren. Und danach folgt eine Ausstellung mit Bildern von Marco Grob.

Das IPFO Festival scheint ja auf Kurs zu sein …

Ja, wir sind mit Hochdruck an den Vorbereitungen und hoffen, dass wir es dieses Jahr durchführen können. Wir sind schon mal froh, dass wir das Museum eröffnen konnten, dies natürlich mit allen vorgeschriebenen Schutzmassnahmen. Es wird ein spannendes Festival mit vielen Highlights, mit dem sich Olten einmal mehr als Zentrum der Fotografie bestätigen will.

 

Ruhige Minuten, in denen man sich mit dem Filmschaffen des Surrealisten auseinandersetzen kann.

Gibt es etwas, was Dir als Fernziel vorschwebt?

Ja, man hat immer wieder Träume. Eine Ausstellung über Dan Winters wäre ein solches, wobei wir nicht nur die Bilder zeigen möchten, sondern auch seine Skizzen zum Setbau, wie die Bilder entstanden sind. Oder Herb Ritts steht auch auf der Wunschliste – die Ideen werden uns also sicher nicht ausgehen.

Remo Buess, wir danken Dir für dieses Gespräch und wünschen dem Haus für Fotografie alles Gute.

Interview und Situationsbilder: Urs Tillmanns

Exklusiv für die Ausstellung «Infinite Deep» hat David Lynch  das Bild «Emily Screem #1» in einer Sonderauflage von 100 Stück geprintet. Das Bild kann mit einem Echtheitszertifilkat für CHF 2000 nur im Musem gekauft werden. Der Reinerlös kommt dem Museum zugute.

Das IPFO Haus der Fotografie ist an der Kirchgasse 10 in Olten zu finden.

Weitere Information:
IPFO Haus der Fotografie
IPFO Festival 2021 
• Website von David Lynch

 

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