Die Hektik des Wirtschaftslebens, die verdichtete Bauweise und die Erneuerung der Architektur prägen die Entwicklung Zürichs. Da hat in den letzten Jahren vieles weichen müssen, was jahrzehntelang das Stadtbild geprägt hat. Und dennoch hat gerade die Altstadt viele erhalten gebliebene und geschützte Ecken, die nur den Zürich-Kennern bekannt sind und für Fotografinnen vielfältige Motive abgeben.
Deborah Berra ist eine von ihnen. Zürich ist ihre Heimat, und wenn immer sie Zeit für sich und ihre Muse verbringen will, streift sie durch die Züricher Altstadt. Sich erholen und Schönes geniessen. Seit letztem November ist auch ihre Kamera mit dabei. Von der Technik darum herum, will sie gar nicht allzu viel wissen. Nur die Impressionen ihrer Lieblingsstadt interessieren sie, die ihr mit einer fixen Voreinstellung so gelingen. Bearbeiten tut sie ihre Bilder nicht. Mit ihrer Licht- und Schattensprache hat sie ein neues Medium für sich entdeckt, mit der sie uns nicht nur ungewohnte Ansichten von Zürich schenkt, sondern auch ihre momentanen Gefühle und Stimmungen zum Ausdruck bringt.
«Meinen Text zu den Bildern habe ich auf Schweizerdeutsch verfasst, da dies die Sprache meines Herzens ist» schreibt uns Deborah Berra: (Eine hochdeutsche Übersetzung Version finden Sie am Schluss des Artikels).
«Züri isch mis dihei. Da bin ich ufgwachse, han i einige verschiedene Quartier gläbt. Ich han Züri zu mim dihei gmacht, well ich nie es richtigs dihei gha han …
Doch Züri veränderet sich, rasant schnäll. Mit em Abbriss und Umbruch verschwindät d’Erinnerigä, s’Heimatgfühl. En Usverchauf vo mim Dihei findet statt.
Agfange han i mit Bilder vo Neubautä. Ich han sie wellä schön machä. I dä Nacht fotografiert, verlüret sie ihre Chälti und zeiget dank em künstliche Liecht und Distanz en gwüsse Charme.
Ich han aber schnell agfange, das z’fotografiere was mir a und in Züri gfallt. Well ich s’Schöne sueche während so viel Hässlichs passiert. Als Troscht für mich …
«Züri isch mis dihei. Da bin ich ufgwachse, han i einige verschiedene Quartier gläbt. Ich han Züri zu mim dihei gmacht, well ich nie es richtigs dihei gha han …
Mängisch machi au Bildär zum mini Verfassig darstellä. Themenä z’benänne, wo mich beschäftiget, wie biespielswis s’50 Jährige «Jubiläum» vom Frauästimmrächt i der Schwiiz, Schmerzä wo i han, körperlichi oder seelischi oder Gedankä wo mich begleitet. Fotografiere isch mini Art mis Innere zum Usdruck z’bringe.
Glingt es Bild, isch guät. Glingt’s nöd, dänn blibts eso. Ich bearbeite mini Bilder nöd.»
Fotos: © Deborah Berra
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Deborah Berra
Seit ich, Deborah Berra (*1970), denken kann, war ich auf der Suche nach meinem persönlichen Ausdruck. Nichts hat mich so richtig gepackt.
Als die Welt im Herbst 2020 stillstand, der Winter kalt und grau vor der Tür lauerte, persönliche Kontakte auf ein Minimum beschränkt waren, nahm ich die in einem Fachgeschäft sorgfältig ausgesuchte Kamera und begann zu fotografieren. Seit da liess es mich nicht mehr los.
Schnell wurde mir klar, dass ich in Schwarzweiss fotografieren will. Schwarzweiss-Bilder haben es mir angetan. Ich liebe sie, wie ich die alten schwarzweissen Hollywood Filme mit Stars wie Katherine Hepburn, Grace Kelly oder Shirley MacLaine geliebt habe.
Linien, Licht und Schatten; sie kommen in Schwarzweiss viel besser zur Geltung. Die Schwarzweiss-Fotografie, sie hat ihren eigenen Reiz; ihren eigenen Charme und Ausdruckskraft.
Hier folgt der Text von Deborah Berra auf Hochdeutsch für unsere Leserinnen und Leser, die sich mit der dialektischen Sprachübung nicht abmühen wollten:
«Zürich ist mein Zuhause. Hier bin ich aufgewachsen und habe in verschiedenen Stadteilen gewohnt. Ich habe Zürich zu meinem Zuhause gemacht, weil ich nie ein richtiges Zuhause hatte …
Doch Zürich verändert sich rasant schnell. Mit jedem Abbruch und Umbruch verschwinden die Erinnerungen und das Heimatgefühl. Es findet ein Ausverkauf meines Zuhause statt.
Ich hatte begonnen Bilder von Neuhauten zu machen. Ich wollte sie schöner machen. In der Nacht fotografiert verlieren sie ihre Kälte, doch zeigen sie durch das künstliche Licht und die Distanz dennoch einen gewissen Charme.
Dann habe ich begonnen das zu fotografieren, was mir an und in Zürich gefällt. Weil ich das Schöne suche, während so viel Hässliches passiert. Als Trost für mich …
Manchmal mache ich auch Bilder, um meine Verfassung darzustellen. Um Themen zu benennen, die mich beschäftigen wie beispielsweise das 50-jährige Jubiläum des Frauenstimmrechts in der Schweiz, oder Schmerzen, die ich habe – körperliche oder seelische – oder Gedanken, die mich begleiten. Fotografieren ist meine Art, um mein Inneres zum Ausdruck zu bringen.
Gelingt ein Bild ist es gut so. Gelingt es nicht, dann lasse ich es wie es ist. Ich bearbeite meine Bilder nicht.»
Ich bearbeite mini Bilder nöd, sagt die Fotografin. Bleibt da nur die Frage, ob partielle Nachbelichtungen und/oder Aufhellungen unter „bearbeiten “ fallen oder nicht.
Einige Bilder (speziell das letzte und vorletzte) scheinen mir ganz eindeutig bearbeitet. Im Grunde finde ich das auch überhaupt nicht verwerflich, aber wenn die Aussage ist, dass keine Bearbeitung gemacht wird, sollte das auch so sein.
@ Volker und Hansruedi: Ich habe zur Erstellung dieses Artikels die Originaldaten bekommen und kann bestätigen, dass diese nicht bearbeitet waren. Für die Veröffentlichung habe ich diese lediglich heruntergerechnet. Die Effekte beruhen ausschliesslich auf den entsprechenden Voreinstellungen in der verwendeten OMD E-M10 III und auf den vorherrschenden Lichtverhältnissen. Urs Tillmanns