Die Japan-Bilder gehören nicht zu den Berühmtesten von Werner Bischof – mit Ausnahme des Bildes mit den drei Mönchen im Garten des Meiji-Schreins, das Werner Bischof selbst als das Charakteristischste seiner Japanreise von 1951 bezeichnete. Damals war Japan ein im Westen noch weitgehend unbekanntes und vor allem touristisch wenig erschlossenes Land, und es ist seinem Freund und Fotografen Ihē Kimura zu verdanken, dass Bischof mit den ungewöhnlichen Lebensgewohnheiten und der unverständlichen Sprache zurechtfand und in Kreise der japanischen Kultur eingeweiht wurde, die damals den Fremden weitgehend unzugänglich waren. So sind Bilder entstanden, welche die westliche Welt noch nie gesehen hatte, und die 1955 an der Smithsonian Institution in Washington D.C., und danach auf einer Wanderausstellung auf grosse Beachtung stiessen.
Das Bild der drei Mönche vor dem verschneiten Meiji-Schrein von Tokio ist das bekannteste Japanbild von Werner Bischof
Die Reise und der lange Aufenthalt in Japan hatte Werner Bischof nicht so geplant. Er hatte im Sommer 1951 den Auftrag erhalten, im Kriegsgebiet von Korea zu fotografieren, was mit einer Reise über Japan verbunden war. Nach den Aufnahmen in Korea reist Bischof nach Japan zurück und beschloss seine Reise für ein Jahr zu unterbrechen, um «das Land der aufgehenden Sonne», seine Kultur und seine Eigenheiten fotografisch zu dokumentieren. In Japan blühte Bischof auf, konnte sich in seine eigenen Projekte vertiefen und die Kriegsszenen aus Korea vergessen. «Ich versuche, mich in die japanische Seele einzuleben … Ich gehe immer und überall zu tief in die Materie hinein. Das ist nicht journalistisch. Ich merke, dass ich kein Zeitungsreporter bin. In meinem Innersten bin ich immer noch – und werde es immer bleiben – ein Künstler.»
Zusammen mit Ihē Kimura konzentriert sich Bischof nicht nur auf die nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaute Metropole Tokio, sondern er bereist die verschiedenen Provinzen des Landes und gewinnt so einen ungewöhnlich tiefen Einblick in die japanische Kultur und die traditionellen Kunstarten des Landes. Er erlebt ein Japan, das – vor allem auf dem Land – noch immer sehr traditionsverbunden ist, noch vor dem sich abzeichnenden Aufbruch in ein neues Zeitalter der Industrialisierung nach westlichem Muster.
Um seine Faszination zu Japan mit seiner Frau Rosellina teilen zu können, reist sie Ende 1951 nach, und zusammen erleben sie die Besonderheiten und die Kultur Japans. Zu der Zeit ist auch das bekannteste Bild aus der Japanserie von Werner Bischof entstanden. Die beiden waren unterwegs im verschneiten Garten des Meiji-Schreins von Tokio, als Werner plötzlich drei Mönche sieht, die der Aussenmauer entlangschreiten. Er ergriff seine Kamera, suchte sich den besten Standort und schoss eines seiner später berühmtersten Bilder. «Jetzt habe ich das Bild von Japan gemacht!» sagte er zu seiner Frau – was sich später bewahrheitete.
Werner und Rosellina Bischof reisten im Sommer 1952 über Hongkong und Indochina nach Europa zurück. Werner Bischof hatte in verschiedenen fernöstlichen Ländern die hungernde Bevölkerung fotografiert, was ihm durch Artikel in mehreren internationalen Zeitschriften zu weiterer Bekanntheit verhalf. 1953 trat Werner Bischof eine lange vorgeplante Reise durch Nord- und Südamerika an, von welcher er allerdings nicht wieder zurückkehren sollte: Er verunglückte am 16. Mai 1954 in den peruanischen Anden tödlich, als sein Geländewagen in einen Abgrund stürzte.
Sein grosser Bildnachlass wurde von Rosellina Bischof (und heute von seinem Sohn Marco) verwaltet, die eine Vielzahl von Ausstellungen und Publikationen organisierte. So wurden auch seine als freie Arbeit entstanden Japanbilder bekannt, als der Manesse Verlag daraus 1954 ein Buch herausgab, dessen französische Ausgabe im Delpire Verlag als erstes Buch mit dem «Prix Nadar» ausgezeichnet wurde.
Neben den vielen als Auftragsarbeiten entstandene Bildserien, zeigen seine Japanbilder von Werner Bischof eine sensible und kreative Bildsprache und sind von Bischofs eigenem Stil und seiner persönlichen Ausdrucksweise geprägt. Die Bildhalle in Zürich ruft nun diesen typischen Stil von Werner Bischof wieder in Erinnerung mit einer Ausstellung, die neben fotografischen Ikonen des Künstlers auch viele bis her ungesehene Werke präsentiert. Dies noch bis Ende Februar 2022.
Weitere Informationen finden Sie unter www.bildhalle.ch
Bildhalle, Stauffacherquai 56, CH-8004 Zürich, Tel. 044 552 09 18
Text: Urs Tillmanns
Bildmaterial: Pressebilder Bildhalle