Urs Tillmanns, 11. Dezember 2021, 10:49 Uhr

Buchtipp: «Nach der Natur» – das Buch ist da!

Die Ausstellung «Nach der Natur» in der Fotostiftung Schweiz in Winterthur darf ohne Übertreibung als einzigartig bezeichnet werden. Einzigartig, weil noch nie so viele Originale – die meisten Leihgaben aus Privatsammlungen und Institutionen – aus der Frühzeit der Fotografie in der Schweiz zu sehen waren. Einzigartig auch, weil das Autorenteam des Buches unter der Leitung von Peter Gasser, Silvie Henguely und Peter Pfrunder, eine immense Quellenforschung betrieben haben, um viel bisher Unbekanntes aus der Zeitepoche von 1840 bis 1890 zu dokumentieren. Und diese neuen Erkenntnisse aus der Pionierzeit der Fotografie in der Schweiz, sind nun in diesem Buch festgehalten. Das Buch darf als Standardwerk zur Fotogeschichte der Schweiz bezeichnet werden, weil auch spätere Forscher und Autoren zum Thema nicht daran vorbeikommen werden.

Ein Team von einem Dutzend Autorinnen und Autoren, alle auf ein bestimmtes Fachbereich spezialisiert, haben hier einen Wissenfundus zur Schweizer Fotogeschichte von höchstem Wert zusammengetragen. Einzigartig auch deshalb, weil wahrscheinlich noch in keinem Land die Frühzeit der Fotografie so umfassend und unter Berücksichtigung verschiedenster künstlerischer, technischer, geschäftlicher und sozialer Aspekte erforscht wurde. Zwar hat es früher schon wichtige Werke zu diesem Thema gegeben, wie die Forschungen des deutschen Fotohistorikers Erich Stenger in den 1930er-Jahren (Erich Stenger: «Die beginnende Photographie im Spiegel der Tageszeitungen und Tagebüchern», 1940), dann der Katalog zur Ausstellung «Photographie in der Schweiz von 1840 bis heute» (1974 im Kunsthaus Zürich) oder das Buch von Elisabeth Breguet zur Fotografie in der Waadt («100 ans de photographie chez les Vaudois, 1839-1939») sowie zahlreiche andere Werke zu Teilaspekten der Schweizer Fotografie, welche Martin Gasser in seiner Einleitungen und Hans Rudolf Gabathuler in der umfassenden Bibliografie beschreiben. Das vorliegende Werk ist jedoch vom Autorenteam äusserst sorgfältig und mit wissenschaftlicher Genauigkeit – davon zeugen die unzähligen Fussnoten und Querverweise – erarbeitet worden und bringt viele neue Aspekte zur Schweizer Fotogeschichte sowie zahlreiche spannende Episoden aus dem Leben der Pioniere der Schweizer Fotografie an den Tag. So wird das wissenschaftliche Werk auch zu einer unterhaltsamen Lektüre.

Das Buch zur gleichnamigen Ausstellung, die übrigens nächstes Jahr noch im Museum Photo Elysée und im Museo d’arte della Svizzera italiana in Lugano zu sehen sein wird, ist mehr als ein Ausstellungskatalog. Es ist ein bleibendes Werk, das an diese Ausstellung nachhaltig erinnern wird, das vor allem durch die Hunderten von Abbildungen seltenster Zeugnisse der frühen Fotografie in einer hervorragenden Druckqualität aufgewertet wird.

Für wen ist dieses Buch? Für alle, die sich für die Geschichte der Fotografie in der Schweiz interessieren und eine auf neuesten Erkenntnissen zu diesem Thema beruhende Dokumentation suchen. Für Leserinnen und Leser aber auch, die Freude an diesen frühesten Fotografien haben, die hier erst- und einmalig in diesem Umfang gezeigt werden. Noch nie waren die Anfänge der Schweizer Fotografie so gut dokumentiert, wie in diesem neuen Standardwerk zur Fotogeschichte unseres Landes.

Urs Tillmanns

 

Buchbeschreibung des Verlages

Nachdem die Fotografie 1839 in Paris als französische Erfindung proklamiert worden war, eroberte das neue Medium in kürzester Zeit ganz Europa. Der Wettlauf um technische Verbesserungen ging zwar von den kulturellen Zentren aus, doch bald wurden die schweren Kameras auch in die Dörfer und aufs Land, in abgelegene Täler und auf die Berge getragen. In der Schweiz spielte der aufkommende Tourismus eine wichtige Rolle für das neue Geschäft mit der Fotografie. Neben dem Interesse an spektakulären Landschaften trugen auch die frühe Industrialisierung, technische Großprojekte sowie der wachsende Bedarf an Porträts zum Aufschwung des Mediums bei.

Die erste Übersichtsdarstellung über die Schweizer Fotografie im 19. Jahrhundert beleuchtet die herausragenden Leistungen der Pioniere ebenso wie gesellschaftlich bedingte Besonderheiten, so etwa den frühen Einsatz der Fahndungsfotografie. Die auf umfangreichen Recherchen beruhende Publikation stellt eine Fülle von exquisiten Werken, aus öffentlichen und privaten Sammlungen vor – viele davon unbekannt –, um sowohl die ästhetischen Qualitäten als auch die unterschiedlichen Gebrauchsweisen der Fotografie anschaulich zu vermitteln.

 

Der Inhalt

Vorwort (Peter Pfrunder, Tatyana Franck, Tobia Bezzola)

Einleitung («Fotografie nach der Natur» Martin Gasser

Westschweiz
«Kindheit einer kapriziösen Kunst», Die Westschweizer Fotoszene
Silvie Henguely

Deutschschweiz und Tessin
«In unnachahmlicher Treue», die Daguerreotypie in der Schweiz
René Perret

«Die Entdeckung der Schweiz –
vom Architekturerbe zum Naturerbe»
Wie die Schweiz von ausländischen Fotografen entdecket wurde (1840-1860
Agathe Frochot

«Im Geschäft – Wie wird die Fotografie zu Geld?»
Geschäftsmodelle von Fotografinnen und Fotografen von 1840 bis 1883
Markus Schürpf

«Tourismus – Die Schweiz als neuer Sehnsuchtsort»
Ricabeth Steiger

«In der Fremde – Schweizer im Ausland
Martin Gasser

«Und die Kunst?»
Über das Verhältnis zwischen Bildender Kunst und Fotografie. Eine Bestandesaufnahme
Sylvie Henguely

«Identität und Kontrolle – Schweizer Heimat(losen)politik
Porträtfotografie zwischen Identität und Kontrolle
Patrizia Munforte

«Fortschritt – Aufbruch in die moderne Zeit»
Dokumentation von Fortschritt in Wissenschaft, Technik und Gesellschaft
Nara Mathys und Markus Schürpf

«Anpreisen und Ausstellen –
Die Fotografie in den Ausstellungen der Schweiz von 1839 bis 1893
Olivier Lugon

«Drucksachen – Fotografie im Druck»
Vom Lieferungswerk zur Illustrierten Zeitung
Hans Rudolf Gabathuler

«Erhaltung – Was die Restaurierung zum Vorschein bringt»
Sandra Maria Petrillo

Anhang
Bibliografie fotografisch illustrierte Bücher (Hans Rudolf Gabathuler) / Allgemeine Bibliografie (Hans Rudolf Gabathuler) / Glossar (Hans Rudolf Gabathuler) / Bildnachweise / Kurzbiografien der Autor/innen / Namenregister / Dank der Herausgeber (Martin Gasser und Sylvie Henguely) / Sponsoren / Impressum

 

Das Autorenteam (in alphabetischer Reihenfolge)

Agathe Frochot, Hans Rudolf Gabathuler, Martin Gasser, Sylvie Henguely, Olivier Lugon, Nora Mathys, Patrizia Munforte, René Perret, Sandra Maria Petrillo, Peter Pfrunder, Markus Schürpf, Ricabeth Steiger.

 

Bibliografie

«Nach der Natur – Schweizer Fotografie im 19. Jahrhundert»

440 Seiten, reich illustriert, Fadenheftung
Fester Einband, Format 23 x 29.3 cm, 1. Auflage 11/2021
Herausgegeben von Martin Gasser und Sylvie Henguely
Sprache: Deutsch (Französisch erscheint im Frühjahr 2022)
Steidl-Verlag, Göttingen
ISBN 978-3-95829-992-4
Preis: CHF 85.00 / EUR 85,00
Erhältlich im Buchhandel, im Museumsshop der Fotostiftung, beim Verlag Steidl oder hier im Ausland.

Weitere Informationen finden Sie hier um Buch und hier zur Ausstellung (noch bis 30.01.2022)

 

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«Fotostiftung: Fotografien der ersten 50 Jahre» Top Story Fotointern, 31.10.2021

 

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