Die Bilder, welche der bekannte Ostschweizer Fotograf und Landschaftsschützer Herbert Maeder (1930–2017) Ende der 60er-Jahre in Afghanistan gemacht hatte, gewinnen nach den dramatischen Ereignissen im August letzten Jahres einmal mehr an Bedeutung. Deshalb ruft sie das Appenzeller Volkskundemuseum in Stein AR mit einer eindrücklichen Sonderausstellung in Erinnerung.
Im zentralen Ausstellungsraum des Appenzeller Volkskundemuseum zeigen grossformatige Farbbilder und Schwarzweiss-Impressionen das Leben in Afghanistan vor sechs Jahrzehnten
Herbert Maeder (03.02.1930 bis 23.01.2017), Fotojournalist, Nationalrat und Landschaftsschützer hat Afghanistan, das damals ein Königreich war, erstmals 1967 und danach im Rahmen zweier ausgedehnter Reisen in den Jahren 1968 und 1969/70 bereist. Als leidenschaftlicher Fotograf und Alpinist waren die Berge – von der Ostschweiz bis nach Afghanistan – von jeher sein grosses fotografisches Thema. Fotografieren hiess für den begnadeten Erzähler und Redner, visuell zu dokumentieren, was er unterwegs erlebt und gesehen hatte. Maeder veröffentlichte mehrere erfolgreiche Bildbände, die ihn national bekannt machten.
Eine besondere Attraktion sind die vielen Afghanistan-Impressionen, die uns Herbert Maeder aus verschiedenen ländlichen Regionen und Städten mitbrachte. Weiter unten zeigen wir Ihnen einige Highlight daraus.
Nach Zentralasien gelangte Herbert Maeder eher zufällig. Nachdem er 1967 sein Buch «Die Berge der Schweiz» fertiggestellt hatte, lud ihn eine Gruppe deutscher Wissenschaftler, die als Gastdozenten an der Universität Kabul tätig waren, nach Afghanistan ein. Als erfahrener Bergsteiger sollte Maeder die Gruppe auf eine alpinistische Expedition in den Hindukusch begleiten. Völlig fasziniert von diesem damals schwer zugänglichen Land, nutzte Maeder die während seines ersten Aufenthaltes geknüpften Beziehungen – vor allem auch zu einem einheimischen Studenten und Dolmetscher –, um 1968 und im Winter 1969/70 zwei weitere Reisen zu unternehmen.
Mit Unterstützung der St. Galler Konrad Widmer und Emilio Pagani, die eine afghanisch-schweizerische Handelsfirma aufgebaut hatten, konnte Herbert Maeder seine Reisen in einem Bildband dokumentieren. 1972 erschien sein Fotoband «Berge, Pferde und Bazare – Afghanistan, das Land am Hindukusch» im Walter-Verlag, Olten. 1980, nach dem Einmarsch der Sowjets, publizierte der Verlag das Buch in einer erweiterten und neu bearbeiteten Auflage unter dem schlichten Titel «Afghanistan».
Teil des inhaltlichen Wertes dieser Ausstellung ist die Gegenüberstellung von Maeders Bilder aus dem Appenzellerland und den Landschaften Afghanistans. Er zeigt ein Land zwischen Vergangenheit und Zukunft: unberührte Natur, karge, ockerfarbene Landschaften, Menschen unterwegs mit ihren Tieren, Karawanen, Lehmdörfer, archaisches Brauchtum, traditionelles Handwerk, die lokale Esskultur und Menschen verschiedenster ethnischer Zugehörigkeit. Zugleich fotografierte er auch das urbane Kabul der 60er-Jahre mit modernen Infrastrukturbauten, westlich gekleideten Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohnern, Industrie und Forschungslaboren. Im Vorwort zum Fotoband schrieb Maeder: «Ich suchte Berge und fand Menschen.»
Ergänzt werden die Afghanistan-Bilder von Herbert Maeder mit Appenzellerlandschaften – eine spannende Gegenüberstellung
Verschiedene persönliche Relikte aus Herbert Maeders Afghanistan-Zeit bereichern die Ausstellung
Spannende Erfahrung für Kinder: Wie lebt es sich heute in einem Nomadenzelt? (Foto © Helen Prates de Matos)
Die Ausstellung lädt ein, anhand von Herbert Maeders eindrücklichen Bildern ein anderes Afghanistan zu entdecken: das Afghanistan vor den verheerenden Kriegen. Und sich dabei auch zu fragen, welche Heimat fotografiere ich selber eigentlich, wenn ich unterwegs bin.
Die Ausstellung wurde kuratiert von Nathalie Büsser und gestaltet von Helen Prates de Matos.
Sie ist noch bis 30. April 2022 zu sehen im
Appenzeller Volkskunde-Museum
CH-9063 Stein AR
Weitere Informationen finden Sie unter www.appenzeller-museum.ch/
Ausstellungsbilder: Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden,
© Herbert Maeder, Fotograf
Situationsbilder: Urs Tillmanns / Fotointern.ch