Die digitale Fotografie hat uns eine Flut von Bildern beschert. Vorbei das Bewusstsein, dass nur gerademal 36 Bilder bis zum nächsten Filmwechsel möglich sind, vorbei der Mahnfinger, das jedes Bild etwas kostet und damit vorbei das überlegte Fotografieren, ob das Motiv wirklich ein Bild wert sei und ob es nicht aus einer anderen Perspektive wirkungsvoller wäre. Überlegtes Fotografieren ist denn auch die Kernbotschaft des neuesten Buches von Sophie Howarth «Der achtsame Blick», in welchem sie mit sechzehn Konzepten und je einer dazu passenden Meditationsübung uns zur fotografischen Entschleunigung aufruft.
Das Buch regt zum Nachdenken an, zum Innehalten mit unserer gängigen Praxis, von einem Motiv Unmengen Bilder mit immer grösseren RAW-Dateien zu schiessen, von denen nur ein Bruchteil zu gebrauchen ist. Es regt an, sich intensiv mit dem Motiv zu befassen schon bevor man durch den Sucher schaut, zu überlegen aus welcher Richtung und Perspektive das Motiv am besten wirkt und ob sich das Bild bei den vorherrschenden Lichtverhältnissen überhaupt lohnt. Das Bild soll im Kopf entstehen, lange bevor die Kamera zur Hand genommen wird.
Das Buch ist in sechszehn Kapitel aufgeteilt, denen je ein Schlagwort wie «Neugier», «Hingabe», Kulturelle Achtsamkeit» oder «Mitgefühl» voransteht und dieses mit einfühlsamen Texten, Bildern und Aussagen berühmter Fotografen und Anekdoten erörtert. Und jedes davon ist von einer «Achtsamkeitsübung» begleitet, in der die Leserin und der Leser aufgefordert werden aktiv über das eigene Verhalten zum Thema nachzudenken und eigene Schlüsse daraus zu ziehen. Die Übungen haben durchaus meditativen Charakter, motivieren zum Mitmachen und zum Überdenken der eigenen bisherigen Verhaltensweise. Dabei stellt Sophie Howarth nicht einfach eigene Theorien in den Raum, sondern sie versteht es perfekt berühmte Fotografen zu Wort kommen zu lassen, die von ihren Erfahrungen erzählen, welche zu den weltbesten Bildern geführt haben.
In einer Zeit, in der neben der digitalen Fotografie die Fotografie mit Film wieder einen markanten Aufschwung erlebt, in der auch die Grossformatfotografie wieder zum Thema wird, ist das überlegte Fotografieren, der «achtsame Blick», wichtiger den je. Und hierbei ist das Buch von Sophie Howarth wahrscheinlich die beste Schule.
Für wen ist dieses Buch? Für Fotografinnen und Fotografen, die in ihrer Arbeitsweise eine Denkpause und eine Neuorientierung einlegen und sich meditativ mit ihrer Fotografie auseinandersetzen wollen. Wenn man dazu bereit ist, dann wird «der achtsame Blick» zur fesselnden Lektüre.
Urs Tillmanns
Buchbeschreibung des Verlages
In einer Welt, in der jeden Tag Millionen von Bildern geschossen werden und in der Hektik die Kreativität erschöpft und erstickt, schlägt dieses Buch ein Gegenmittel vor: Entschleunigung. Anhand von sechzehn Konzepten wie «Vertrauen», «Dankbarkeit», «Verspieltheit» und «Mitgefühl», die alle mit praktischen Aufgaben kombiniert sind, lädt Sophie Howarth die Leserinnen und Leser ein, über ihre fotografische Praxis nachzudenken und zu lernen, innezuhalten und mit der Welt um sich herum mehr in Einklang zu kommen.
Von der klassischen bis zur zeitgenössischen Fotografie zeigt das Buch die Werke von Fotografen wie Saul Leiter, Rinko Kawauchi, Sally Mann, Edward Weston, Gueorgui Pinkhassov, Teju Cole, Sarker Protick und vielen anderen. Die Bilder werden von Zitaten, Geschichten und Anekdoten begleitet, um das Publikum zu inspirieren und gleichzeitig sein fotografisches Wissen und seine kreativen Perspektiven zu erweitern.
Ein unverzichtbares Buch für alle, die die spirituellen Vorteile kreativer Praxis und einen achtsamen Umgang mit der Welt durch Fotografie suchen. Einfühlsame Texte begleiten die meisterhaften Beispiele und lehren sowohl einen bewussten Umgang mit der Fotografie, als auch einen Zugang zur Fotografie als Meditation.
Der Inhalt
Einleitung
1. Klarheit.
Achtsamkeitsübung: Einfach Meditation
2. Neugier.
Achtsamkeitsübung: Der Geist des Anfängers
3. Hingabe.
Achtsamkeitsübung: Fotografie als innere Einkehr
4. Vertrauen.
Achtsamkeitsübung: Ein Brief an die Angst
5.·Bescheidenheit.
Achtsamkeitsübung: Sich selbst einordnen
6. Kulturelle Achtsamkeit.
Achtsamkeitsübung: Gegen unbewusste Vorurteile kämpfen
7. Dankbarkeit.
Achtsamkeitsübung: Die Kamera wertschätzen
8. Offenheit.
Achtsamkeitsübung: Fotos angeln
9. Doppeldeutigkeit.
Achtsamkeitsübung: Wie das Wasser
10. Spielerische Leichtigkeit.
Achtsamkeitsübung: Improvisieren
11. Ausdauer.
Achtsamkeitsübung: Die Lücke schliessen
12. Mitgefühl.
Achtsamkeitsübung: Die Kreise des Mitgefühls erweitern
13. Ehrlichkeit.
Achtsamkeitsübung: Körperreise für Fotografen
14. Akzeptanz.
Achtsamkeitsübung: Unliebsame Erfahrungen willkommen heissen
15. Grosszügigkeit.
Achtsamkeitsübung: Was kannst Du geben?
16. Vergänglichkeit.
Achtsamkeitsübung: Memento Mori
Nachwort
Quellenangaben
Weiterführende Literatur
Bildnachweise
Danksagung
Die Autorin
Sophie Howarth ist Künstlerin, Schriftstellerin und Sozialunternehmerin. In ihrer Arbeit geht es um die Vertiefung der Verbindung zu uns selbst, zueinander und zum weiteren Netz des Lebens. Ihre vielseitige Karriere war immer auf Kunst, Aktivismus und soziale Unternehmung ausgerichtet. Sie war Mitbegründerin von «The School of Life» und Gründerin des «Dept Store for the Mind». Ausserdem war sie Leiterin der Abteilung Bildung und Forschung bei «Institute of International Visual Arts» (Iniva), Kuratorin für öffentliche Programme bei der «Tate Modern» und Sonderberaterin für soziale Massnahmen in der «Number 10 Policy Unit». Sie gibt regelmässig Kurse über Kreativität und Veränderungsprozesse. Neben diesem Buch «The Mindful Photographer» erschienen von ihr «Street Photography Now» und «Family Photography Now». Sophie Howarth lebt in London.
Bibliografie
Sophie Howarth «Der achtsame Blick»
Kreativ Fotografieren mit Inspiration
144 Seiten, eingeschlagener Softcover, gebunden, Format 15,3 x 22,8 cm
Preis: CHF 25.00 / EUR 20.00
Midas Verlag Zürich, (Midas Collection)
ISBN 978-3-03876-237-9
Originaltitel: «The Mindfull Photographer» (Thames & Hudson Ltd, London, 2022)
Das Buch ist im Buchhandel oder direkt beim Verlag erhältlich.
Eigentlich seltsam, dass es ein Buch für die Achtsamkeit braucht. Wird wirklich meist wahllos wahllos ausgelösz und Unnötiges fotografiert? Das Gegenteil erinnert an Helmuth Newton, der trotzt höchsten Stunden-Sätzen gerne gebucht wurde. Er erschien gut vorbereitet zum Shooting und war schliesslich meist günstiger als viele Konkurrenten. Er kannte sein Equipment im Detail und lieh sich kein Material aus, das er nicht beherrschte.