Knapp drei Wochen sind es her, seit seiner Buch- und Ausstellungsvernissage in Diessenhofen. Nun ist der Schaffhauser Fotograf Rolf Wessendorf gestern, am 13. Juli 2023 im Alterszentrum Wiesli in Schaffhausen verstorben. Fotografie war für ihn nicht nur Beruf, sondern eine von Kreativität geprägte Leidenschaft.
Rolf Wessendorf war weit über Schaffhausen hinaus bekannt, wo er während rund fünf Jahrzehnten in seinem Fotogeschäft auf Personenbildnisse, Reportagen, Industrie- und Werbeaufnahmen spezialisiert war. Zudem war er rund 15 Jahre lang Mitglied der Meisterprüfungskommission des Schweizerischen Photographenverbands. In Schaffhausen war Rolf Wessendorf die erste Adresse für technische, Architektur- und Personenfotografie, doch pflegte er daneben auch seine eigenen kreativen Ideen aus Interesse an einem bestimmten Thema und aus leidenschaftlicher Kreativität.
Rolf Wessendorf (24. Juni 1931 – 13. Juli 2023)
Rolf Wessendorf wurde am 24. Juni 1931 in Kreuzlingen geboren und absolvierte die Fotografenlehre bei Arthur Brugger in Kreuzlingen. Danach war er bei verschiedenen Fotografen in der ganzen Schweiz tätig, bis er 1956 zu Carl Koch (1916-2005) nach Schaffhausen kam. Auf Grund dieser geglückten Nachfolge zog sich Carl Koch, der Erfinder der Sinar-Fachkamera, zwei Jahre später aus dem Fotogeschäft zurück und widmete sich ganz seinem Unternehmen Sinar. Rolf Wessendorf führte das Fotofachgeschäft zusammen mit seiner Frau Alice Wessendorf-Sigler (1931-2015) während rund 50 Jahren sehr erfolgreich und dokumentierte mit seinen Aufnahmen auch die städtebauliche Entwicklung der Stadt. Er porträtierte viele Prominente aus Industrie, Wirtschaft und Politik und führte das Archiv der seit 1886 bestehenden Fotografendynastie Koch weiter, welches zu den bedeutenden Fotoarchiven der Schweiz gehört.
Neben seiner Auftragsfotografie entwickelte Wessendorf auch seine eigenen kreativen Projekte immer weiter. Dazu gehörten neben vielen Landschafts- und Stimmungsbilder vor allem seine Berufsbilder, mit denen er 1996 das Buch «Werktag» gestaltete. Ein weiteres bedeutendes Projekt war die Reportage des historischen Restaurants und Weinstube «Tanne», in welchem Wessendorf Stammgast war und 2006 das Buch «Die Tanne – ein Stück Schaffhausen. Illustration einer Passion» publizierte.
Das Thema der Berufsbilder hat Rolf Wessendorf auch nach seinem Buch noch weiter vertieft, immer mit der Idee, daraus noch eines Tages ein weiteres Buch herausbringen zu können. Die Jahre vergingen, in denen Wessendorf unentwegt fotografisch aktiv blieb, ohne dass er dieses Projekt weiterverfolgen konnte. Da kamen zwei wichtige Personen in sein Leben: Urs Oskar Keller, der sich, mit Wessendorf befreundet, während vielen Jahren mit seiner Biografie befasste, und der Fotohistoriker Fritz Franz Vogel, welcher die Idee der Berufsbilder neu aufgriff und daraus das Buch «Wir von hier, die von dort – damals wie heute» (Fotointern berichtete) gestaltete. Am 25. Juni dieses Jahres war es dann so weit, dass das Buch im Rahmen der gleichnamigen Ausstellung in Diessenhofen (noch bis 2. Juli 2023 in der Tigerfinklifabrik) vorgestellt werden konnte.
Rolf Wessendorf durfte vor knapp drei Wochen mit 92 Jahren noch die Buch- und Ausstellungsvernissage zu seinen Berufsbildern in Diessenhofen geniessen
Ein grossartiger Moment für Rolf Wessendorf, den er – inzwischen leider an den Rollstuhl gebunden – noch erleben durfte. Sein jahrzehntelanges Projekt der Berufsbilder fand endlich seinen Abschluss! Was für eine Genugtuung und Anerkennung für ein grossartiges Werk, in welches er viel Zeit, Energie und kreative Ideen investiert hatte. Vielleicht war nun auch der Moment gekommen, um mit einem langen, reichhaltigen, erfolgreichen und glücklichen Leben abzuschliessen.
Rolf Wessendorf gehört zu den grossen Fotografen unseres Landes, der die Qualität der Fotografie in der Schweiz gefördert und selbst gelebt hatte. Höchste Kreativität und Professionalität, um den Wunsch seiner Kundschaft oder die eigene qualitative Massgabe mit bestem Wissen und Können zu erfüllen. Rolf war auch immer und für viele ein grosses Vorbild, nicht nur wenn es um fotografische Aspekte ging, sondern er war als empathischer und aufgeschlossener Gesprächspartner von einem grossen Freundes- und Bekanntenkreis umgeben.
Urs Tillmanns
Lesen Sie auch die ausführliche Biografie von Urs Oskar Keller im Buch «Wir von hier, die von dort – damals wie heute»
Die Fotos wurden uns freundlicherweise von Urs Oskar Keller, Landschlacht, zur Verfügung gestellt.
Herzlichen Dank für diesen hervorragenden Nachruf. Wessendorfs Berufsbilder habe ich in bester Erinnerung. Dieses Lebensprojekt kann für jeden Fotografen Vorbild sein.