Urs Tillmanns, 24. August 2023, 00:28 Uhr

IPFO-Festival: 11 Top-Fotoausstellungen und 2 Videos

Vom 23. bis 27. August 2023 ist Olten Schwerpunkt der Fotografie in der Schweiz. Das IPFO-Festival zeigt neben vielen Workshops, Vorträgen und Portfolio-Reviews elf Ausstellungen und zwei Video-Präsentationen von hohem internationalem Niveau. Fotointern hat für Sie einen Rundgang gemacht.

Allerdings, die elf Ausstellungen sind nicht alle am gleichen Ort. Die meisten konzentrieren sich im Zentrum von Olten, dort wo sich auch das IPFO Haus der Fotografie befindet, oder an der nahe gelegenen Ringstrasse; doch einige sind etwas abgelegener, zum Beispiel bei der Schützi (Schützenmatt), am Lidefonsplatz, dann in der berühmten Holzbrücke, im Klostergarten oder gegenüber, auf der westlichen Aareseite, am Ländliweg. Doch der Rundgang lohnt sich, weil erstens jede Ausstellung eine neue Überraschung bietet und weil man, zweitens, das schmucke Aare-Städtchen dadurch etwas besser kennenlernt. 

Die Kirchgasse bei der Oltner Stadtkirche ist mit dem grossen Festivalzelt das Zentrum des IPFO-Festival, dies unweit des Hauses der Fotografie (hinten links), wo zur Zeit noch die Ausstellung von Martin Parr zu sehen ist.

Im Zentrum von Olten ist das Fotofestival omnipräsent. Die Kirchgasse präsentiert sich in festlichem Schmuck, das Festivalzelt bei der Stadtkirche lädt als Treffpunkt ein, und dahinter, auf dem Munzingerplatz, ist die Openair-Ausstellung der Photoville unübersehbar. Im IPFO Haus der Fotografie ist noch für kurze Zeit die Ausstellung von Martin Parr zu sehen (Fotointern berichtete), ein eigentliches Highlight der diesjährigen Schweizer Fotoszene, das man nicht verpassen sollte.

 

Ausstellungen noch und noch …

Martin Parr: Parrathon

Der britische Dokumentarfotograf Martin Parr zeigt in seiner Ausstellung «Parrathon» im IPFO Haus der Fotografie über 200 beeindruckende Fotografien, die in 14 Kategorien aufgeteilt sind. Daneben sind rund 220 ungerahmte Drucke ebenso Teil der Ausstellung, wie die Fotoserie von Olten, welche Martin Parr 2003 im Auftrag der NZZ realisiert hatte.

Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeiten ist seine Sammelleidenschaft, vor allem von Fotobüchern, aber auch von allen möglichen Objekten, die dann in seinen Fotoserien verewigt werden.

Ausstellungsort: IPFO Haus der Fotografie (A3). Weitere Infos => 

 

Sonja Maria Schobinger & Huber.Huber: The Secrets of Plants

Nur 100 Schritte vom Haus der Fotografie entfernt, zeigen die Schweizer Kunstschaffenden huber.huber (Zürich) sowie Sonja Maria Schobinger (Basel) unter dem Titel «The Secret Life of Plants», dass die Pflanzenwelt hat etwas Monumentales an sich haben kann.

Ihre Schönheit inspiriert, doch sie ist endlich und vergänglich. huber.huber und Schobinger zeigen mit ihren technisch ausgereiften Fotografien erstaunliche Momentaufnahmen, wo sie auf die physische, aber auch auf die emotionale und spirituelle Beziehung zwischen dem Menschen und der Pflanze hindeuten.

Ausstellungsort: im Nomadic Art Space (A10). Weitere Infos => 

 

Jens Krauer: Street Photography

Was viele im Strassenleben übersehen oder absichtlich ignorieren, bringt Jens Krauer ans Licht. Sein zehnjähriges Engagement in der Streetphotography vermittelt einen einzigartigen Einblick in die Komplexität der heutigen Gesellschaft.

New York, Hongkong, Kiew, Istanbul, Zürich – seit einem Jahrzehnt fängt der Schweizer Street- und Dokumentarfotograf Jens Krauer bewegende Momente auf der ganzen Welt ein. Der Fokus liegt dabei immer darauf, gesellschaftliche Aspekte und Augenblicke der Zufallskomik zu beleuchten. Um das nötige Vertrauen aufzubauen und ungefilterten Zugang zu seinen Motiven zu erhalten, investiert Krauer Wochen, Monate und manchmal sogar Jahre. Denn nur so ist es ihm möglich, zeitgenössische Geschichten unverfälscht und authentisch zu dokumentieren – und Sichtbarkeit für diejenigen zu schaffen, die sonst in Vergessenheit geraten würden.

Ausstellungsort: Lidefonsplatz (A2). Weitere Infos =>

 

Contemporary African Photography (CAP-Preis)

Ziel des CAP-Preises ist es, das Profil der afrikanischen Fotografie in der Kunst zu schärfen und ein Überdenken des Afrikabildes zu fördern. Jedes Jahr werden fünf Gewinner von einer international besetzten Jury ausgewählt, um die afrikanische Fotografie weltweit zu fördern. Der Preis umfasst eine Reihe von internationalen Ausstellungen in Zusammenarbeit mit renommierten Institutionen weltweit.

In der Gruppenausstellung Contemporary African Photography werden an den Glasfronten des Stadthauses fünf fotografische Positionen im öffentlichen Raum präsentiert. Die Bildserien von Pamela Tulizo, Mahefa Dimbiniaina Randrianarivelo, Lee-Ann Olwage, Remofiloe Nomandla Mayisela und Amina Kadous zeigen Bilder zu völlig unterschiedlichen Themen.

Ausstellungsort: Stadthaus (A4). Weitere Infos => 

 

13Photo: Time is running (out)

In einer Welt im Wandel, präsentiert die Schweizer Agentur für Fotografie «13Photo» mit der Ausstellung «Time is running (out)» ein Panorama der Veränderungen und Umbrüche, dies auf dem neu gestalteten Ländliweg entlang der Aare.

Die Ausstellung ist als ganzheitliche Schau gedacht, als facettenreiches Kaleidoskop, das die verschiedenen Aspekte des Wandels und Umbruchs, denen wir in der heutigen Zeit ausgesetzt sind, reflektiert. Inmitten dieser Darstellung stehen Menschen, die ihre individuelle Perspektive einbringen und kommentieren, aber auch unsere Umwelt, auf die wir direkt oder indirekt Einfluss nehmen.

Die 13Photo Fotografinnen und -Fotografenpräsentieren ihre eigene Interpretation zum Thema Wandel. Zu jedem Bild oder Bilderpaar gibt es auf 13Photo eine kleine Geschichte der jeweiligen Fotograf/in zu lesen.

Ausstellungsort: Ländliweg (A7). Weitere Infos => 

 

Martin Oeggerli: Ars ex machina – Navigation im Unsichtbaren

Ganz nah heran geht der Künstler Martin Oeggerli bei seinen Navigationen durch das Reich der Mikroobjekte. Was er unter dem Rasterelektronenmikroskop findet scheint so weit von der wirklichen Welt entfernt zu sein, wie die Kulisse eines Science Fiction Films. Invasionen von Bakterien, wuchernde Zellhaufen, netzartige Gewebe von Moskitoeiern, schaurig- schöne close ups von Milben, Fliegen und Flöhen.

Nicht nur die Formenvariabilität von Zellen, der Kopf des Katzenflohs oder das komplizierte Geäst aus Eiweissfäden gibt es hier zu entdecken, sondern auch die Kultur ihrer Betrachtungsweise. Denn die aufwendige Dramaturgie von Oeggerlis Enthüllungen des Unsichtbaren entreisst das vordergründig sachliche Naturabbild der wissenschaftlichen Betrachtung und führt es einer rein künstlerischen, genussvollen Benutzung zu. Mit diesen Grenzgängen verschmelzen Kunst und Wissenschaft zu einer Einheit. Seine Bilder erweitern das Terrain um ein Staunen über die verschwenderische, ungeahnte Schönheit der Dinge im Kleinsten.

Ausstellungsort: Mocca Rubin (A9), Weitere Infos =>  

 

Deanna Dikeman: Waving Hands

Deanna Dikeman fotografierte ihre Eltern beim Tschüss-Sagen, dies 27 Jahre lang. Eine 27 Jahre dauernde Serie, in der das Haus der Familie, die leere Einfahrt und die winkenden Eltern fotografiert werden.

Die Bildreihe, welche das Wahrzeichen Oltens, die berühmte Holzbrücke ziert, ist zugleich eine bildlich dokumentiert Zeitreise: In Leaving and Waving ist eine visuelle Chronologie von scheinbar alltäglichen Momenten. Sie zeigt die Liebe der Eltern und die Vergänglichkeit des Lebens.

Ausstellungsort: Holzbrücke (A1). Mehr Infos => 

 

Schweizer Illustrierte: Näher dran

Nah dran an den Menschen, nah dran an dem, was die Schweiz bewegt: Das ist die DNA der Schweizer Illustrierten und der L’Illustré. 30 Fotografinnen und Fotografen der führenden People-Magazine der Deutsch- und Westschweiz zeigen am IPFO in Olten Bilder von Menschen – und einem Affen.

Es sind Bilder von Persönlichkeiten, die beeindrucken, vorwärts drängen, zu Tränen rühren und uns Bewunderung abringen. Ob in einem stillen Moment eingefangen oder inszeniert – die Fotos gehen nahe und bleiben im Gedächtnis.

Ausstellungsort: Schützi (A11), Weitere Infos =>  

 

Evgenia Hyperborea: Stories from the Arctic

Nordlichter, die arktische Tundra, Eisschollen und Menschen, die den Elementen trotzen, um diese abgelegenen Regionen zu ihrem Zuhause zu machen – was den meisten von uns fremd und surreal erscheint, steht im Mittelpunkt des laufenden Langzeitprojekts von Evgenia Arbugaeva über die russische Arktis. Arbugaeva (geb. 1985) wuchs in der abgelegenen Hafenstadt Tiksi an der Laptewsee auf. Heute lebt sie im Vereinigten Königreich, ist aber nach wie vor eng mit Land und Leuten ihrer Heimat verbunden.

Die in einer satten Farbpalette gehaltenen Bilder, die Arbugaeva von ihren ausgedehnten Besuchen mitbringt, vermitteln eine Welt, in der alles miteinander verbunden zu sein scheint: Mensch und Natur, Himmel und Land. Ein elementarer Raum der tiefen Einsamkeit und des langsameren Lebensrhythmus. Ihre Bilder laden dazu ein, über dieses fragile Gebiet nachzudenken, das für viele ein Ort der Sehnsucht und der Fantasie war und das heute durch eine Vielzahl von Umweltveränderungen existenziell bedroht ist.

Ausstellungsort: Klostergarten (A5). Weitere Infos => 

 

Edward Burtynsky: Anthropocene

Das Projekt «Anthropocene» von Edward Burtynsky ist ein multidisziplinäres Werk, das Kunstfotografie, Film, Virtual Reality, Augmented Reality und wissenschaftliche Forschung kombiniert, um den menschlichen Einfluss auf den Zustand, die Dynamik und die Zukunft der Erde zu untersuchen.

 

Für Anthropocene reiste Burtynsky in alle Kontinente, mit Ausnahme der Antarktis, und besuchte zwanzig Länder. Seine grossformatigen Fotografien, die er oft aus der Vogelperspektive aus Flugzeugen, Helikoptern und mit Drohnen aufnimmt, sind detailreich und grenzen manchmal an malerische Abstraktionen. Seine Bilder schaffen eine komplizierte Balance zwischen einer düsteren Reportage und einer höchst verführerischen Ästhetik. Anthropocene widerspiegelt das Dilemma zwischen dem Wunsch der Gesellschaft nach Wohlstand und seinen Auswirkungen auf die Umwelt.

Ausstellungsort: Schauraum (A12). Weitere Infos =>

 

PhotoVille4600 by Fujifilm

In Zusammenarbeit mit Fujifilm zeigt die Ausstellung PhotoVille4600 die Werke von 50 Künstlerinnen und Künstlern, die von einer hochkarätigen internationalen Jury ausgewählt wurden und hier in Olten unter freiem Himmel in einem eindrücklichen Ambiente präsentiert werden.

 

Aus der PhotoVille4600 by Fujifilm wird die beste Fotografin oder der beste Fotograf ausgewählt, welche/welcher den mit CHF 6’000.00 dotierten IPFO Swiss Photo Award gewinnt. Der 2. Platz gewinnt CHF 2’500.00 und der 3. Platz CHF 1’500.00. Über 300 Schweizer Fotograf/innen folgten der Einladung des IPFO, ihre Arbeiten für die Ausstellung PhotoVille4600 einzusenden. «Wir hatten dieses Jahr wieder viele, sehr spannende Einsendungen von tollen Schweizer Künstler/innen. Die Arbeiten von Daniela Constantini zeigen eine besondere Originalität, die uns überzeugt hat. Damit haben wir eine würdige Gewinnerin, der ich auch auf diesem Weg herzlich gratuliere», sagt Jurypräsident und IPFO Co-Gründer Marco Grob. Den zweiten Platz belegte der Dokumentarfotograf Dominic Nahr, der dritte Platz geht an den Zürcher Fotografen Christian Bobst.

Ausstellungsort: Munzingerplatz. Mehr Infos =>  

 

Die Videos:

Axelle Bruniau: Leughenaer

Der autobiografische Kurzfilm «Leughenaer» von Axelle Bruniaus spielt in ihrer Heimat Dünkirch, Frankreich. Der Film bezieht sich vor allem auf Axelle Bruniaus Nicht-Binarität und Transfeminität in einem sozialen Kontext, in dem die Karnevalskultur und Transvestie drei Monate im Jahr eine treibende Kraft des Lebens ist. Axelle Bruniau interessiert sich besonders für die Architektur von Dünkirch und die Parallelen, die sie zu ihrer eigenen Person ziehen kann. Dünkirch wurde während des Zweiten Weltkriegs zu 90 % zerstört und schnell zu einer modernen Stadt wiederaufgebaut. Dekonstruieren, um wieder aufzubauen – das hat Axelle Bruniau dazu inspiriert, diesen Film zu drehen.

Ausstellungsort: Kunstverein (A6). Weitere Infos => 

 

Christof Nüssli & Tom Huber: Bigger Dreams

Das Thema: Grosse Träume, atemberaubende Landschaften und eine endlose Glückseligkeit an einem Ort der unbeschränkten Möglichkeiten. Die Künstler kombinieren und dekonstrukturieren Bilder aus zeitgenössischer Autowerbung zu einem Soundtrack der einem Fragen lässt: Schwebt man schon oder fährt man noch durch träumerische Landschaften, menschenleere Gebirge und tiefgrüne Wälder? Der Blick in den Rückspiegel vergewissert; immer mit dabei; glückliche Familien, verzückte Beifahrer/innen und dein Bewusstsein Einzigartig zu sein. Eine Welt der grossen Träume, der atemberaubenden Landschaften und einer endlose Glückseligkeit an einem Ort der unbeschränkten Möglichkeiten. Gebaut, um eine vertrauensvolle Verbindung zu schaffen. Gebaut, um jedes Terrain zu erobern, sich einer sich ständig verändernden Landschaft anzupassen. Bereit für alles was kommt. Zwischen Fahrer und Strasse. Komm steig ein ….

Ausstellungsort: Kunstverein (A6). Weitere Infos => 

 

Und noch vieles mehr …

Auf das breite Programm an Vorträgen und Workshops wurde auf Fotointern.ch bereits eingegangen. Noch sind nicht alle Events ausgebucht, und es können vor Ort immer noch freie Plätze gebucht werden.

Weiter ist auch auf sozialer Ebene viel los. Man trifft sich da und dort zu einem Glas oder zu interessanten Gesprächen. An Stoff dazu sollte es nach dem Besuch der vielen und vielfältigen Ausstellungen ebenso wenig mangeln, wie nach den drei spannenden Keynotes von Robert Bösch (Do 24.08.23), Evgenia Arbugaeva (Fr 25.08.23) und Dan Winters am Samstagabend im Rahmen der IPFO Swiss Photo Award Preisverleihung.
Olten ist in den nächsten vier Tagen «the place to be».

Weitere Informationen zum IPFO-Festival finden Sie laufend aktualisiert auf  www.ipfo.ch

Das Wichtigste in Kürze

Wann? 23. bis 27. August 2023
Wo? An 12 Orten in der Innenstadt von Olten
Wie viel? Der Besuch der meisten Ausstellungen ist kostenlos (wobei der fakultative Ausstellungspass zur Unterstützung des IPFO empfohlen wird)
Die Mehrheit der Events ist kostenpflichtig, einige wurden von Sony gesponsort.
Infos? www.ipfo.ch

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