Peter Heman (1919-2001) war vor allem in der Basler Fotoszene bekannt. Jetzt hat sein Neffe Peter Röllin den fotografischen Nachlass aufgearbeitet und damit einen beachtlichen Bildband gestaltet; beachtlich, was das Bildschaffen seines Onkels anbelangt, beachtlich aber auch, wie er akribisch sein Leben nachgezeichnet hat.
Peter Heman gehört nicht zu den bekannten Schweizer Fotografen. Oder noch nicht. Bekannt ist sein Name vor allem in der Regio Basiliensis, wo er von 1936 bis Ende des letzten Jahrhunderts fotografisch tätig war. Im Vordergrund seines Schaffens stand die Architekturfotografie der sich rasch entwickelnden Stadt und Umgebung von Basel sowie die Auftragsfotografie namentlich für die Chemische Industrie. Aber nicht nur. Heman pflegte auch das Porträt als eine seiner Lieblingsdisziplinen und suchte in der experimentellen Fotografie immer wieder nach neuen Gestaltungs- und Ausdrucksmitteln.
Es ist seinem Neffen Peter Röllin zu verdanken, dass es nun eine lückenlose Monografie in einem umfassenden Bildband zum Leben und Wirken von Peter Heman gibt. Allerdings hat er zu seinem Onkel erst relativ spät einen intensiven Kontakt gepflegt, doch bewunderte er seine Kreativität sowie seine ruhige, überlegte und perfekte Arbeitsweise. Nach Hemans Tod 2001, als Folge eines Schlaganfalls, war Röllin prädestiniert den fotografischen Nachlass zu sichten und zu bearbeiten. Niemand wusste über die Details und Hintergründe der Bilder besser Bescheid als er, kannte viele Legenden und Geschichten, die sich hinter den Fotos verbergen. Und so ist nach fast zwei jahrzehntelanger Arbeit dieses Werk entstanden, als grossartigen Bildband einerseits, als spannende und in vielerlei Hinsicht vorbildliche Monografie eines Fotografen andererseits, der posthum jene Bekanntheit verdient, die ihm zu Lebzeiten nicht zuteil wurde.
Dass Peter Heman über Basel hinaus nicht so bekannt wurde, wie viele seiner Zeitgenossen, beispielsweise Gotthard Schuh, Hans Staub, Paul Senn, Werner Bischof oder René Burri, begründet Peter Pfrunder in seiner Einleitung damit, dass die genannten Fotogrössen vor allem durch die Reportagefotografie in den grossen Illustrierten bekannt wurden – ein Bereich, den Peter Heman weniger, oder nur beschränkt auf das Geschehen in Basel ausübte. Heman war in erster Linie ein Auftrags- und Werbefotograf, der mit seinem Stil eine sehr anspruchsvolle Kundschaft in der Architektur und Industrie bediente. Und doch gibt es Ausnahmen zu dieser Aussage, zum Beispiel die Bilder der Landesausstellung von 1939 in Zürich (die dann allerdings mit dem Namen seines Vorgesetzten Robert Spreng publiziert worden waren), oder die Dokumentation der Deckenbilder in der St. Martins-Kirche von Zillis, die als Bestseller im Eigenverlag international auf hohe Beachtung stiessen, und nicht zuletzt durch die vielen reportageähnlichen Schnappschüsse des Basler Gesellschaftslebens, die 1963 in einem Bildband im Pharos-Verlag erschienen.
Für wen ist dieses Buch? In erster Linie dürfte es natürlich bei Baslern und Heimweh-Baslern auf grosses Interesse stossen, weil uns viele der Bilder an das «alte Basel» der Fünfziger- und Sechzigerjahre erinnern. Hier hat Peter Heman als fotografischer Chronist Grossartiges geleistet und fotografische Ikonen geschaffen. Dann ist das Buch als Monografie für jene spannend (und auch entsprechend zu lesen), die sich für das Schaffen eines erfolgreichen Fotografen der analogen Zeit interessieren – einer Zeit, die für viele wieder Vorbildcharakter haben dürfte.
Urs Tillmanns
Buchbeschreibung des Verlages
Dieses Buch ist eine Einladung, den Basler Fotografen und Verleger Peter Heman (1919-2001) und sein vielfältiges Schaffen neu zu entdecken. Heman hat nicht nur mit seinen Aufnahmen historischer und zeitgenössischer Bauten ein breites und international bekanntes Oeuvre hinterlassen. Seine «Reportagen» aus dem städtischen Lebensraum Basels überzeugen durch ihren poetischen und doch realitätsnahen Charakter und erinnern zeitweise an grosse Vorbilder wie Henri Cartier-Bresson. Thematisiert werden auch die innovativen experimentellen Fotografien, die Heman vor allem in den 1950er Jahren für die Werbeabteilungen der grossen Basler Chemieunternehmen anfertigte. In grossformatigen Abbildungen lassen sich Hemans Werke im Detail erkunden. Der begleitende Text verbindet biografische Erzählung, fotografische Analyse und kulturgeschichtliche Einordnung.
Der Inhalt
Ein Meister der angewandten Fotografie (Vorwort von Peter Pfrunder)
Einleitung
Wege und Wegmarken
Herkunft und Familie / Jugend in Arlesheim / Erwin und Ellen Heman – Einfluss und Ermunterung / Schritthalten mit der künstlerischen Neuorientierung / Lehrjahre im «Artistisch-photographischen Atelier August Höflinger» / Robert Spreng und das Goldene Buch der Landesausstellung 1939
Krieg, Kunst und «tüchtige Geschäftsbereitschaft» / Ateliergemeinschaft mit Dieter Widmer / Lebensgemeinschaft mit Eva Burri / Durchbruch zur Architekturfotografie
Fotograf und Verleger
Nadelberg 1: exponierter Wohn- und Arbeitsort / Ein beeindruckendes Arsenal an Kameras / Schwarz-Weiss- und Farbfotografie / Werbung und Ästhetik: Aufträge für Geigy-Design / Fotomontagen, Collagen, Solarisationen / Experimente mit farbigem Licht
Lust an der Verfremdung / Blicke auf Bodenfunde / Hochsitz über der Baugrube / Die Rolle des Fotografen im Wandel der Stadt / Editor und Verleger in eigener Sache / Ein unvollendetes Projekt: Hemans Stadtbiografie / «Zillis» – Bestseller über Jahrzehnte / Der Judaskuss im Verlagsgeschäft / … und noch ein Prozess um die biblischen Tafeln
Basel – Das Auge des Fotografen
Momentaufnahmen vom Rheinknie, festgehalten in Schwarz-Weiss / Widersprüche einfangen – Janus als Metapher / Der Fluss, die Brücken und die Stadt / Grenze, Zoll und Baggage claim / Anhöhen und Ausblicke / Die Stadt von ihren Rändern betrachtet / Neue Heimaten, auch in der Innenstadt / Licht und Luft- Freizeit und Freiräume
Mustermesse, Markt und Rolltreppen / Fünf nach zwölf. Chemiearbeiter durchschreiten / Werktor / Mobilität und Kommunikation / Solide Anlagen: Kultur und Kunst / Die Fasnacht als Teil des Basler Selbstbildes / Kulturerbe als Teil der Lebensqualität
Lyrik und Sachlichkeit – Kunst der Architekturfotografie
Erzählkunst und Suggestion in Hemans Architekturfotografie / Baudokumentationen en gros / Unterwegs zur katalanischen Romanik / Brennpunkt Basel
Auf Treppen und unter Kuppeln des Barocks / Gegensätze und Kontraste: ein Blick auf die jüngere bauliche Entwicklung Basels / Der Fotograf und seine Architekturgeschichten
Zeitgenosse des Wandels: Dokumentation der Nachkriegsurbanistik / Aufträge für das Architekturbüro Suter + Suter / Vorschnelle Kritik und präzise Beobachtungen
Biografie Peter Heman
Anhang
Anmerkungen / Bibliografie / Ausstellungen / Archive / Bildnachweis / Dank und Impressum
Der Fotograf
Peter Heman wuchs in Arlesheim auf und besuchte die Gewerbeschule in Basel. Er absolvierte die Fotografenlehre im «Atelier Höflinger» in Basel (1936–1938) und arbeitete kurz bei Robert Spreng (1939). 1939 war er als Fotograf für die Schweizerische Landesausstellung in Zürich tätig. Im selben Jahr gründete er ein Atelier, gemeinsam mit Dieter Widmer, und arbeitete von da an als freischaffender Fotograf, insbesondere in den Bereichen Architektur, Industrie, Sachaufnahme und Werbung. 1955 erwarb er das Haus Nadelberg 1 als Wohn- und Atelierhaus. Peter Heman arbeitete für eine breite Palette von Auftraggebern, darunter die Basler Denkmalpflege, die Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Basler Museen sowie zahlreiche Architekturbüros. 1963 gründete Peter Heman seinen Eigenverlag. Es folgten verschiedene Reisen nach Italien, Spanien und Mitteleuropa für Bildbände. (Quelle: foto-ch.ch)
Der Autor
Peter Röllin (* 1946 in St. Gallen), Neffe von Peter Heman, Kultur- und Kunstwissenschaftler, Publizist, Experte für Städtebau, Ausstellungsmacher und Autor vieler Publikationen. Seine Hauptbereiche sind die Kulturgeschichte und aktuelle Kulturarbeit; Veränderungsprozesse und Veränderungserfahrung; Theorie und Praxis Architektur und Städtebau; Kultur- und Kunstvermittlung; Bereiche Ausstellungen, Kunst und Raum, Corporate Design. Er war von 1989 bis 1995 Dozent an der Journalistenschule St. Gallen, Fach Kultur + Visuelle Information und von 1991 bis 2011 Dozent an der Hochschule für Technik Rapperswil für Kultur, Architektur-, Stadtbau- und Technikgeschichte. Seit 1996 ist Röllin assoziiertes Mitglied BSA (Bund Schweizer Architekten) und SWB. Peter Röllin lebt und arbeitet mit Familie seit 1972 in Rapperswil SG.
Bibliografie
Flaneur der Präzision – Peter Heman
336 Seiten, 320 teils farbige Abbildungen, gebunden, Hardcover, Format 22 x 28 cm, 2023
Text: Peter Röllin, Vorwort von Peter Pfrunder
Christoph Merian Verlag, Basel
Preis: CHF 68.– / EUR 68,–
ISBN 978-3-85616-999-2
Das Buch kann im Buchhandel erworben oder direkt beim Verlag bestellt werden.
So interessant, dass ich den Band bei der Buchhandlung im Quartier bestelle. Das erste Bild in der Rezension ist aktuell, da es zeigt, wie Street-Fotos heute aussehen müssen: Alle Personen von hinten und Autonummern verdeckt 😉
andere basler fotosammlungen.
http://www.fotoarchive.org/
Sollte https sein .muss es denen melden. kein wunder Basler Hauptseite mit DDos-attacke.!