Urs Tillmanns, 27. März 2024, 11:46 Uhr

Das Haus der Fotografie präsentiert «Vivian Maier – Anthology»

Das IPFO in Olten zeigt noch bis 19. Mai 2024 die 140 wichtigsten Bilder von Vivian Maier, der legendären amerikanischen Strassenfotografin, die das städtische Leben und die Menschen in New York und Chicago in eindrücklichen Bildern festgehalten hat. Sie hatte damit eine neue Stilrichtung in der Fotografie geprägt.

In der gegenwärtigen Ausstellung im Haus der Fotografie in Olten (IPFO) ist eine beeindruckende Auswahl an Werken der weltberühmten amerikanischen Fotografin Vivian Maier zu sehen. Die Künstlerin fokussierte sich bei ihrer Arbeit hauptsächlich auf Strassenfotografien, die meist spontan entstanden, sich aber gleichzeitig durch eine enorme Präzision auszeichnen. Sie schaffte es wie kaum sonst jemand, ihre Modelle in den Mittelpunkt zu stellen ohne die Geschichte des Umfeldes ausser Acht zu lassen.

 

 

Vivian Maiers Fotografien sind enorm vielseitig und bieten einen einzigartigen Einblick in das städtische Leben und die sozialen Strukturen der 1950er- und 1969er-Jahre in New York und Chicago. «Wer war diese Frau, die ein Leben lang unterwegs war, an unzähligen Orten wohnte, sich niemals festlegen und festsetzen wollte und kaum jemanden an ihrer Leidenschaft teilhaben liess? Dieser Frage geht diese Ausstellung nach, beleuchtet die Person Vivian Maier, die der Fotowelt eine unglaubliche Fülle an verblüffendem Material aus vier Jahrzehnten überlassen hat und stellt sie für einmal in den Vordergrund», sagt Isabelle Bitterli, Leiterin Haus der Fotografie.

 

 

Vivian Maier wurde am 1. Februar 1926 in der New Yorker Bronx geboren. Der Vater Charles Maier stammte aus einer Adelsfamilie österreichischer eingebürgerter Emigranten, die Mutter Maria Maier, geborene Jaussaud, war eine gebürtige Französin, arbeitete als Hausangestellte und erhielt 1919 durch Heirat die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Nach häufigen Trennungszeiten verliess Charles 1930 die Familie, wonach Maria zwei Jahre später mit ihrer Tochter nach Frankreich zurückkehrte. Dort wuchs Vivian in sehr bescheidenen Verhältnissen auf, so dass die Mutter mit ihrer Tochter 1938 wieder nach Amerika zurückreiste, wahrscheinlich auch, weil ihr der Verbleib in Frankreich durch die drohende Kriegsgefahr der nationalsozialistischen Bewegung Deutschlands zu unsicher erschien.
In den zerrütteten Familienverhältnissen war Vivian mehrheitlich auf sich selbst gestellt und kam mit der Finanzhilfe ihrer Grossmutter in ein Mädchenpensionat in Queens. Dort begann sie Englisch zu lernen, las Zeitungen und Bücher, ging in Theater und Kinos und interessierte sich für Kunst und Kultur, worunter auch für Fotografie und Film. Während eines kurzen Aufenthaltes 1948 wieder in Frankreich begann sie leidenschaftlich zu fotografieren und betrieb dies auch ab 1951, als sie sich wieder in Amerika als Kindermädchen ihren Lebensunterhalt verdiente.

 

 

Von nun an widmete sich Vivian intensiv der Fotografie. Mit ihrer Rolleiflex-Kamera dokumentierte sie das städtische Leben, Porträts von Menschen auf der Strasse, stimmungsvolle Strassenszenen und Alltagssituationen. Sie war bei einer reichen Familie angestellt und genoss dort eine eigene Dunkelkammer, was ihr ermöglichte, ihre Schwarzweissfilme zu entwickeln und Abzüge herzustellen. Doch dies sollte nicht für ewig sein, so dass sich bei ihren nächsten Anstellungen die unentwickelten Filme ansammelten und ihre Fotos nicht geprintet wurden. Zu dieser Zeit beschloss Maier, zur Farbfotografie überzugehen. Finanzieller Stress und mangelnde Stabilität führten dazu, dass sich nun auch die unentwickelten Farbfilme zu stapeln begannen. In den späten 1990er Jahren und den ersten Jahren des neuen Jahrtausends legte Vivian ihre Kamera weg und lagerte ihr Hab und Gut ein, während sie versuchte, sich finanziell über Wasser zu halten.

 

 

Angesichts der spärlichen Mittel wurden die gelagerten Fotos zu verlorenen Erinnerungen, bis sie 2007 wegen ausbleibender Mietzahlungen in einem Kleiderschrank lagernd verkauft wurden. Die Negative wurden von der Lagerfirma an RPN Sales versteigert, die die Kisten in einer viel grösseren Auktion an mehrere Käufer, darunter John Maloof, verteilte. Noch während dem Maloof begann, ihr gesamtes Werk zu kaufen, katalogisieren und in Teilen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wurde Vivian Maier in ein Pflegeheim in Chicago eingeliefert, wo sie am 21. April 2009 im Alter von 83 Jahren verstarb.

 

 

Maloofs Arbeit führte zu einer posthumen Anerkennung und einem wachsenden Interesse an Maiers Person und ihrem Werk. Ihr Vermächtnis lebt in ihren faszinierenden Bildern weiter, die einen einzigartigen Einblick in das amerikanische Leben der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bieten. So kamen Vivians beeindruckenden Fotografien nach ihrem Tod an die Öffentlichkeit und erlangten posthum grosse Anerkennung. Vivian Maier gilt heute als eine der bedeutendsten Strassenfotografinnen des 20. Jahrhunderts.

Organisiert und gestaltet wurde die Ausstellung von Anne Morin von DiChroma Photography auf der Grundlage von Fotos aus dem Archiv der Maloof Collection sowie der Howard Greenberg Gallery in New York.

Situationsfotos: Urs Tillmanns, Fotointern

 

Was? Ausstellung «Vivian Maier – Arthology»
Wann? 24. Februar bis 19. Mai 2024 jeweils Mittwoch 14.00 – 18.00 Uhr, Donnerstag und Freitag 14.00 – 20.00 Uhr, Samstag und Sonntag 11.00 – 17.00 Uhr
Wo? Haus der Fotografie, Kirchgasse 10, 4600 Olten
Wie viel? Erwachsene CHF 18.00, Studierende und Rentner/innen CHF 12.00. Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre Eintritt frei
Info? https://www.ipfo.ch/

Weitere biografische Informationen über Vivian Maier auf vivianmaier.com sowie auf Wikipedia

 

 

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