Der Pavillon Le Corbusier in Zürich zeigt noch bis 24. November 2024 Architekturaufnahmen von Lucien Hervé, von denen viele die architektonischen Werke von Le Corbusier dokumentieren. Zwischen den beiden bestand eine langjährige Freundschaft, wobei ihm Le Corbusier eine «Architektenseele» attestierte.
Lucien Hervé (1910–2007) stammte aus Ungarn, doch genoss er sein Studium der Wirtschaftswissenschaften in Wien und seine ersten Berufsjahre in der Modebranche in Paris. Während des Krieges geriet er in deutsche Gefangenschaft, doch gelang ihm die Flucht aus dem Lager Hohenstein in Ostpreussen und der Anschluss an die französische Untergrundbewegung. Nach dem Krieg wandte er sich gänzlich der Fotografie zu, arbeitete bei verschiedenen Bildredaktionen und lernte 1949 in Marseille Le Corbusier kennen, woraus sich eine enge Zusammenarbeit während mehr als 15 Jahren ergab.
Für Le Corbusier war das Bild seines eigenen Werks von grosser Bedeutung. Die Fotografie, das Medium schlechthin zur Verbreitung seiner Ideen, stand im Mittelpunkt seines Interesses. Le Corbusier, dem die minimalistische Sprache des Fotografen eine neue Dimension für die Verbreitung seiner Architektur eröffnete, sagte ihm: «Sie haben die Seele eines Architekten». Die beiden hatten gemeinsame Inspirationsquellen: die Volksarchitektur, die Antike und die Natur. Die humanistischen Werte Le Corbusiers motivierten Hervé, den Weg der Architekturfotografie einzuschlagen. Aber auch andere Architekten seiner Zeit engagierten Hervé, wegen seiner strengen Kompositionen, die in der modernistischen Vision des Bauhauses verankert waren und seiner Fähigkeit, die Bauwerke in ihren Details zu erfassen.
Dialog der Bauten
Die Ausstellung «Gebautes Licht» zeigt sowohl bekannte als auch bisher unveröffentlichte Fotografien aus dem Werk von Lucien Hervé. Auf diese Weise stellt sie einen Dialog zwischen den Fotografien der Bauten von Le Corbusier und denen anderer Architekten her. Die Gegenüberstellung von Architekturen aus sehr unterschiedlichen Epochen oder Kulturen ist für Lucien Hervé eine typische Methode. Die ausgestellten Fotografien sind von Zitaten Le Corbusiers aus dem Buch von Lucien Hervé Le Corbusier. Der Künstler und der Schriftsteller begleitet. Ergänzt werden sie durch Originaldokumente, wie etwa Briefe zwischen Le Corbusier und Lucien Hervé, von dokumentarischen Fotografien sowie Publikationen.
Eine Reise durch die Epochen
Im Erdgeschoss des Pavillons können die Besucherinnen und Besucher sehr persönliche Fotografien entdecken, sie zeigen Le Corbusier bei der Arbeit oder auch in Roquebrune-Cap-Martin FR am Strand. Im Obergeschoss trifft man auf den Eiffelturm, der für den Fotografen am Anfang seiner Reise eine wichtige Inspirationsquelle war. Es folgen die Bauten von Architekten wie Ludwig Mies van der Rohe, W. M. Förderer, Jean Prouvé, Oscar Niemeyer, Jean Nouvel uvm., die ihm eine neue Ästhetik von Materialien wie Metall und Stahlbeton nahegebracht hatten. Im Untergeschoss schliesslich laden drei Bilderserien zu einer Reise durch verschiedene Epochen ein. Lucien Hervé baute seine Bilder wie ein Maler auf: Er nutzte Kontraste und Volumen und verstärkte dadurch die Geometrie der Strukturen. Das Talent des Fotografen ermöglicht es, den Architekturen über ihre Räume zu begegnen, indem er ihre Rhythmen oder ihre Interaktion über das Licht hervorhebt. Auf diese Weise schafft er plastische Kompositionen, die manchmal bis in die Abstraktion gehen.
Lucien Hervé in Le Corbusiers gebautem Werk
Eine Auswahl an Fotografien von Lucien Hervé war bereits in anderen Bauten von Le Corbusier zu sehen, z. B. Maison La Roche (2007, 2014), Cité Frugès (2018), Villa Savoye (2019), Unités d’habitation de Marseille und Briey-en-Forêt (2022). Im Jahr 2024 bietet der Pavillon Le Corbusier in Zürich eine weitere Gelegenheit für eine bemerkenswerte Begegnung zwischen dem Architekten und seinem Fotografen.
Das Hauptexponat: der Pavillon
Der Pavillon Le Corbusier wird seit seiner Eröffnung 1967 als Ausstellungsort betrieben, um das Werk und die Ideen Le Corbusiers einem breiten Publikum zu vermitteln. Die Besuchenden können den Pavillon selbständig begehen und entdecken. Auf rund 600 Quadratmetern und über vier Geschosse hinweg bietet der Pavillon vielfältige Ein- und Ausblicke. Auch die Dachterrasse mit freiem Blick auf das Zürichhorn und den See ist beim Museumsbesuch zugänglich. Seit 2019 wird der Pavillon durch das Museum für Gestaltung Zürich im Auftrag der Stadt Zürich als öffentliches Museum geführt.
Die Publikation zur Ausstellung
Zur Ausstellung ist die Publikation «Lucien Hervé: Gebautes Licht» erschienen. Die vom Museum für Gestaltung Zürich herausgegeben und von Imola Gebauer und Simon Marius Zehnder verfasst wurde. Sie ist zum Preis von CHF 10.00 in den Shops der Museen für Gestaltung Zürich erhältlich sowie im eShop: eshop.museum-gestaltung.ch bestellbar.
Die Veranstaltungen
Während der Ausstellungsdauer sind verschiedene Führungen, Workshops, Gespräche und Konzerte geplant, deren Einzelheiten und Durchführungszeiten neben weiteren Informationen zur Ausstellung auf der Website zu finden sind.
Pavillon Le Corbusier
Höschgasse 8
CH-8008 Zürich
(Der Pavillon ist schön am Ufer des Zürichsees und nahe dem China-Garten gelegen.)
Museum für Gestaltung Zürich
Pfingstweidstrasse 96
CH-8005 Zürich
und
Ausstellungsstrasse 60
CH-8005 Zürich
Tel. 043 446 44 68
Die Situationsbilder stammen von Regula Bearth © ZHdK (Pressematerial)