Urs Tillmanns, 21. September 2024, 10:19 Uhr

Buchtipp: Henry Leutwyler: «Philippe Halsman – A Photographer’s Life»

Zur Zeit ist im Kameramuseum Vevey die Ausstellung von Henry Leutwyler «Philippe Halsman – A Photographer’s Life» zu sehen, welche die wichtigsten Objekte des berühmten amerikanischen Fotografen zeigt. Wir besprechen hier das Buch dazu.

Erinnern Sie sich an unseren Bericht über die Freiluftausstellung Ausstellung «Humanity» am Quai Wilson in Genf? Das ist der Stil von Henry Leutwyler: Er fotografiert Objekte zu einem bestimmten Thema als perfekte Sachaufnahmen und schafft so eine Bildserie, die das Thema umfassend abhandelt; im Falle von «Humanity» dokumentierte er das Archiv des Roten Kreuzes und fotografierte Objekte, die Geschichten und Ereignisse erzählen – dies auf äusserst ergreifende und eindrucksvolle Art und Weise.

Genauso hat Henry Leutwyler auch das Leben von Philippe Halsman fotografisch nachgezeichnet, mit Objekten, die in den Halsman Archives in New York aufbewahrt worden sind. Dazu ist ein Buch im Verlag Steidel erschienen, das nun mit der gleichnamigen Ausstellung im Schweizerischen Kameramuseum in Vevey (noch bis 19. Januar 2024) eine neue Aktualität erfährt.

Philippe Halsman wurde 1906 in Riga (Lettland) geboren, studierte in Dresden Elektrotechnik und arbeitete freiberuflich als Fotograf. 1931 eröffnete er in Paris ein Fotostudio für Porträts und Modefotografie und studierte nebenbei an der Sorbonne. Nach der Besetzung Frankreichs emigrierte er nach New York, wo er sehr schnell als Presse- und Modefotograf erfolgreich war und eine Festanstellung bei der Zeitschrift Life erhielt. Bei Life hatte er über 100 Titelbilder und unzählige Bildserien publiziert, darunter auch das ikonische Porträt von Albert Einstein im Jahre 1947. Es folgten verschiedene Buchpublikationen, darunter das legendäre «Jump book» mit Leuten, die vom Boden abspringen, sowie sensationelle Bildfolgen, wie Salvator Dali in «Dali Atomicus» (1948), oder grossartige Porträts beispielsweise von US-Präsident Nixon, dem Filmkomiker Fernandel oder dem Herzogspaar von Windsor. 1963 wurde Halsman Mitglied der Famous Photographers School und erhielt viele Auszeichnungen für sein bedeutendes Lebenswerk.

Das Buch von Henry Leutwyler zeichnet das Leben von Philippe Halsman mit mehr als 300 Abbildungen nach, die legendäre Gegenstände aus den Halsman Archives zeigen und in hervorragender Qualität fotografiert sind. Es sind Objekte aus dem Schaffensumfeld Halsmans, die von ihm selbst konstruierte grossformatige zweiäugige Spiegelreflexkamera, dann Studio- und Laborutensilien, sein Retuschierbesteck, die Bestellbücher seiner Kunden, dann aber auch viele Gegenstände aus seinem Privatleben, wie Familienurkunden, Ausweise, seine Uhren, seine Krawatten oder Hemden. Hinzu kommen einmalige Schriftstücke, wie Zeitungsausschnitte, Glückwunsch- und Anerkennungsschreiben von Fotogrössen, wie Ansel Adams, Brassaï, Cornell Capa, David Douglas Duncan, Irwing Penn, Andreas Feininger, bis hin zu einem Gratulationsschreiben des US-Präsidenten Robert F. Kennedy. Nur schon die Gestaltung und die Texte dieser beispiellosen Schriftdokumente ist eine Augenweide.

Die Bilderdokumentation in diesem Buch ist von einmaligem Wert und visualisiert das berufliche und private Leben von Philippe Halsman auf besondere Art und Weise. Ergänzt wird das Buch mit ausführlichen Texten von Tochter Irene Halsman sowie Enkel Oliver Halsman Rosenberg, welche ihre Lebenserinnerungen festhalten und das Leben und Wirken ihrer Eltern charakterisieren.

Für wen ist dieses Buch? Einmal für Leserinnen und Leser, die am Leben und Wirken von einem der grössten Fotografen der Geschichte interessiert sind und in diesem Buch die wohl authentischste Biografie von Philippe Halsman finden, begleitet von reproduzierten, einmaligen Dokumenten. Dann aber auch für Leute, die ein besonders Flair für frühere fotografische Objekte habend, wie man sie zur Hochblüte der Fotografie mit Film im täglichen Umgang benutzte – fotografiert von einem Meister der Dokumentarfotografie: Henry Leutwyler.

Urs Tillmanns

 

Buchbeschreibung des Verlages 

In diesem Buch dokumentiert Henry Leutwyler das berufliche und private Leben des berühmten Life-Magazin-Fotografen Philippe Halsman (1906-1979), der insgesamt 101 Life-Titelbilder gemacht hat – mehr als jeder andere Fotograf. Leutwyler sah Halsmans Arbeiten zum ersten Mal als Teenager in einer Ausstellung im International Center of Photography im Jahr 1979; nun, mehr als 40 Jahre später, hat seine Faszination endlich Früchte getragen. Mit seinem charakteristischen Ansatz, der sowohl forensisch als auch fantasievoll ist, ergründet er die Bedeutungen, die unbelebten Objekten innewohnen und wie sie die Persönlichkeit ihres Besitzers offenbaren. In enger Zusammenarbeit mit dem Halsman-Archiv hat Leutwyler Hunderte von Gegenständen fotografiert, die Halsman gehörten – von seinen Kameras bis zu seinen Brillen, von seinem Reisepass bis zu einer Reihe von Briefen (von Janet Leigh, Richard Avedon und Richard Nixon, um nur einige zu nennen), von Tischtennisschlägern und -bällen bis zu einer Sammlung juwelenartiger, in Papier eingewickelter Seifen aus aller Welt – in den Worten von Halsmans Enkel Oliver Halsman Rosenberg «magische Beweise für eine Zeit, die es nie wieder geben wird.» (aus dem Englischen übersetzt)

 

Der Inhalt

Essay (von Mark Lubell)

Introduction (von Oliver Halsman Rosenberg und Irene Halsman)

Riga (von Irene Halsman)

1928-1930

Paris (von Irene Halsman)

Refugee (von Irene Halsman)

New York City (von Irene Halsman)

Travels (von Irene Halsman)

The Studio (von Irene Halsman)

Working Process (von Irene Halsman)

The Darkroom (von Irene Halsman)

Retouching (von Irene Halsman)

The Office (von Irene Halsman)

The Archive (von Irene Halsman)

At Home (von Irene Halsman)

Letters (von Oliver Halsman Rosenberg)

Epilogue (von Henry Leutwyler)

Acknowledgments

 

Der Fotograf

Henry Leutwyler wurde 1961 in Lenzburg geboren. Er kam autodidaktisch und «aus einer unerschütterlichen Liebe zu diesem Medium» zur Fotografie. Sein Grossvater und sein Vater waren beide Drucker, doch beschloss er, nicht in ihre Fussstapfen zu treten, sondern zu reisen und zu fotografieren, «um die Farben und Kulturen aus aller Welt aufzusaugen». Nachdem er von einer der führenden Schweizer Fotoschulen abgelehnt worden war, eröffnete er sein eigenes Fotostudio in Lausanne, fotografierte Käse, Schokolade und Uhren und ging nach anderthalb Jahren in Konkurs. 1985 zog Leutwyler nach Paris, wo er bei dem Fotografen Gilles Tapie in die Lehre ging und sich rasch als redaktioneller Fotograf etablierte. Ein Jahrzehnt später zog Leutwyler nach New York City. Er hat unter anderem Michelle Obama, Julia Roberts, Tom Wolfe, Iggy Pop, Rihanna und Martin Scorsese fotografiert, um nur einige zu nennen. Leutwyler lebt in Downtown Manhattan.

 

Bibliografie

Henry Leutwyler: «Philppe Halsman – A Photographer’s Life»

400 Seiten mit 322 Abbildungen, Fester Umschlag, Fadenheftung, Format 210 x 305 x 36 mm, Gewicht 1,95 kg, 1. Edition 12/2022
Sprache: Englisch
Steidle Verlag, Göttingen
Preis: CHF 101.00 / EUR 75,00
ISBN 978-3-95829-792-0

Das Buch ist im Buchhandel oder im Shop des Kameramuseums zu kaufen sowie direkt beim Verlag zu bestellen.

 

Hinweise:

• Morgen, Sonntag 22. September 2024 findet um 14 Uhr eine Führung durch die Ausstellung mit Henry Leutwyler statt, und im Anschluss daran eine Sitzung über das gleichnamige Buch, das hier besprochen wurde.

• Die Ausstellung «Philippe Halsman: A Photographer’s Life» ist noch bis 19. Januar 2025 zu sehen


 

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