Urs Tillmanns, 10. Oktober 2024, 21:15 Uhr

Round Table-Gespräch «Ethik in der Fotografie» – jetzt als Podcast

Das Thema «Ethik in der Fotografie» ist äusserst komplex, aber gleichzeitig auch inspirierend. Am 3. Oktober 2024 hatte der Fotoverband SIYU Romande ein Roundtable-Gespräch organisiert, das jetzt – auf Französisch – als Podcast auf Youtube nachgehört werden kann.

Am Round Table-Gespräch am 3. Oktober 2024 im Strates in Lausanne erörterten eine Soziologin, eine Künstlerin und ein Fotojournalist das Thema der Ethik in der Fotografie (Fotointern informierte), woraus sich eine inspirierende und horizonterweiternde Diskussion entwickelte. Seit Kurzem kann die Gesprächsrunde als Podcast auf Französisch nachgehört werden.

Zu Gast waren die Soziologin Cornelia Hummel (deren wissenschaftliches Hilfsmittel die Fotografie ist), die Künstlerin Virginie Rebetez (die sich mittels fotografischen Arbeitens mit dem Thema Präsenz/Absenz auseinandersetzt und sich in ihren langjährigen Arbeiten selbst in die Nähe von ethisch herausfordernden Situationen versetzt) sowie der Fotojournalist Klaus Petrus, der oft in den Bereichen Armut und Migration recherchiert. Alle drei stellten ihre Arbeiten mittels kurzer Präsentationen vor und da wurde bereits sichtbar, wie verschieden alle drei das Medium Fotografie nutzen und in welch verschiedener Form sich konsequenterweise auch das Thema «Ethik» darauf zu applizieren war.

Die Gesprächs-Teilnehmenden (vlnr): Cornelia Hummel, Virginie Rebetez und Klaus Petrus

Was auf den ersten Blick als disparate Auswahl erscheint, erwies sind in der Abfolge des gesamten, zwei Stunden dauernden Gesprächs als höchst fruchtbar. Bei Cornelia Hummels Forschungsarbeit geht es darum, wie Menschen auf Fotografien reagieren. Und was besonders herausstach – dass sie das Mittel der Fotografie zunehmend einsetzt, um zu Erkenntnissen zu gelangen – zum Beispiel beim Dokumentieren von Altersprozessen im Gefängnis, wo die Insassen selbst ihren Alltag fotografisch festgehalten haben und so der soziologischen Analyse Erkenntnisse verschafften.

Virginie Rebetez hat in einigen ihrer Arbeiten (Flirting with Charon, Out of the Blue) Menschen – hier sehr einsame, dort spurlos Verschwundene, sowie eine bis heute namenslose Ertrunkene) durch fotografisch-künstlerische Untersuchung eine Präsenz gibt. Durch die Langzeitrecherche bewegt sie sich beinahe schon auf eine wissenschaftliche Art auf ihr Subjekt hin – damit verbunden natürlich starke ethische Fragen, inwieweit man «das überhaupt kann und darf». Hier spürte man die Vielschichtigkeit eines ethischen Zugangs besonders stark, da es um Menschen geht, die nicht mehr für sich selbst Position ergreifen können.

Klaus Petrus schliesslich, der seine Arbeit als Fotojournalist explizit nicht als «aktivistisch» bezeichnen mochte, wenn auch die Grenze dazu eine sehr dünne sei. Für ihn geht die Ethik in der Fotografie in zwei Richtungen: eine bezieht sich auf das fotografierte Objekt, die andere auf das Publikum, und wies darauf hin, dass in den Medien oft die gleichen, stereotypen Bilder (vornehmlich aus Kriegs- und Krisengebieten) gezeigt würden.

Daraus entspann sich eine von viel Engagement aller Gäste getragene Diskussion unter der fundierten Begleitung von Lydia Gabor – das Publikum folgte den Ausführungen mit spürbar grossem Interesse. Herausgeschält wurden neuralgische Punkte «der Fotografie», zum Beispiel die genannte Manifestation von stereotypen Bildern. Dahinter verschwinde dann oft das fotografierte Objekt – sprich, die Menschen. Solchen vereinfachenden, einschlägigen Mechanismen entgegenzuwirken, ist einfacher gesagt als getan, denn es braucht auch ein kritisches Publikum, um solche Prozesse zu entlarven.

Auch muss man sich fragen, inwiefern man althergebrachten, seit jeher tradierten Bildtraditionen folgt, die in unserer (katholisch-reformierten) Kultur vorherrschen. Zahlreiche Fragen kamen auch im Nachgang des Gesprächs auf, zu denen es keine schnellen Antworten gibt. Die Diskussion vom 3. Oktober 2024 hat aber gezeigt, dass der (lange) Weg zu (möglichen) Antworten ein höchst interessanter sein kann.

Das Round Table-Gespräch kann auf Französisch auf Youtube verfolgt werden (1h 44m).

Text: Susanne Martinez
Podcast: Charlotte Aebischern

 

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