Urs Tillmanns, 16. Oktober 2024, 07:00 Uhr

Heute vor 30 Jahren erschien die erste Ausgabe von Fotointern

Rechtzeitig zur Eröffnung der Photokina kam heute vor 30 Jahren die erste Ausgabe von Fotointern auf den Markt. Damals noch eine gedruckte Zeitschrift, hatte sie in Köln ihr Debüt gefeiert und erschien bis anfangs 2009 alle zwei Wochen – insgesamt mehr als 330 Hefte.

Seit drei Jahrzehnten informiert Fotointern über die Aktualitäten in der Fotobranche und stellt alle Neuheiten über Fotografie und Digital Imaging vor. Zu Beginn ihrer Geschichte war Fotointern eine Print-Ausgabe, die zur Photokina 1994 erstmals und bist anfangs 2009 alle zwei Woche in gedruckter Form erschien. Die damalige Weltwirtschaftskrise erzwang eine Konzeptänderung – seither ist Fotointern nur noch online zu lesen – dafür tagesaktuell. Wie waren diese 30 Jahre für den Gründer und Herausgeber? Urs Tillmanns erinnert sich …

Fotointern: 30 Jahre Fotointern – herzliche Gratulation! Wir kam es zur Gründung dieser Zeitschrift, und wie sah damals die Presselandschaft aus?

Urs Tillmanns: Man kann sich heute kaum noch an drei Jahrzehnte zurückerinnern. Das Internet für den Allgemeingebrauch gab es seit rund einem Jahr, und der Gedanke, dass das www dereinst die Printmedien ablösen könnte, lag in weiter Ferne. Ich war damals seit 1977 bei der Zeitschrift ‘Photographie’, die es heute immer noch gibt, zunächst festangestellter Chefredakteur und danach freier Mitarbeiter, als sich die Verlagsleitung mit dem Gedanken trug, neben dem Publikumstitel eine Branchenzeitschrift herauszugeben. Das tat sie dann auch 1979 mit dem ‘Schweizer Fotomarkt’, die ‘Blick-ähnlich’ aufgemacht war und mit entsprechend reisserischen Themen daherkam. Ein Inserate-Boykott setzte dem Titel nach nur 20 Ausgaben ein Ende. Die Idee war damit aber nicht vom Tisch, und so wurde ein Konzept für eine vierzehntäglich erscheinende Zeitschrift entwickelt, die nicht nur für Brancheninsider gedacht war, sondern in erster Linie für den Fotohandel, Berufsfotografen, engagierte Amateure und Auszubildende.

Dies immer noch im Verlag Photographie, der die gleichnamige Zeitschrift als Haupttitel herausgab …

Richtig. Aber über die Konzeptphase kamen die Geschäftsleitung nie hinaus, da das Projekt nach dem Schock des ‘Fotomarkt’ zu riskant erschien. So erhielt ich den Auftrag einen Käufer für den Titel zu suchen, der das Projekt realisieren würde. Nach einer schlaflosen Nacht hatte ich den Abenteurer gefunden und schlug mich selbst als Käufer vor.

Wie hatte die Branche und vor allem die Lieferanten als künftige Inserenten darauf reagiert?

Sehr positiv, wobei ich mit der Idee nicht ganz alleine war, denn es gab die ‘Photorundschau’ im Verlag Mengis in Visp, die sich seit 1889 (!) zunächst als ‚Revue Suisse de Photographie‘ und bis 1994 an die gleiche Zielgruppe wandte. Und dann gab es in Genf den ‘Phot-Ciné-Expert’ in der Edition Jean Spinatsch, der vor allem die Suisse Romande abdeckte. Dennoch glaubte man an den neuen Titel und viele Lieferanten standen von Anfang an hinter dem Konzept, darunter als wichtigste Firmen der Branche Kodak, Agfa und Polaroid (Fujifilm, bzw Erno Photo, kam erste später dazu) und dann das Fotokollegium ‘Fomak’ mit Ott+Wyss, Schmid Aarau, Gujer Meuli, Rumitas und Perrot. Mit deren Zusagen hatte ich mich dann definitiv für den Start von Fotointern entschieden. Begünstigend kam hinzu, dass die Photorundschau gleichzeitig mit der Erstausgabe von Fotointern ihr Erscheinen einstellte, und so erhielt Fotointern als deren ‘Ersatz’ sehr viel Goodwill.

 

Fotointern im Wandel der Zeit mit der ersten Ausgabe 1994, mit dem Jubiläumsheft 10 Jahre später und der letzten Erscheinung 2009

Wie hast Du die vierzehntägliche Zeitschrift personell bewältigt?

Anfangs hatte ich nur eine Sekretärin und eine Anzahl freier Mitarbeiter und zusammen mit einer externen Grafik konnten die Kosten relativ niedrig gehalten werden. Doch schon bald drängte sich eine neue Firmenstruktur auf mit (in den besten Zeiten) sechs festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie einer internen Grafik bis und mit Druckvorstufe. Mit der Druckerei AVD in Goldach hatten wir die ganz Zeit über einen sehr verlässlichen Partner, der auch die Abonnementsverwaltung und die Spedition für uns abwickelte.

Dann hast Du doch auch einen Buchvertrieb aufgebaut …

Richtig. Wir waren mit sehr vielen Buchverlagen im Kontakt und besprachen regelmässig deren Neuerscheinungen in Fotointern. So drängte sich die Bestellung unserer Leserschaft und der Versand mit einem externen Vertriebspartner auf, der für uns das ganze Handling übernahm. Das war ein recht gutes Geschäft ohne grossen zusätzlichen Aufwand.

Wie hat sich Fotointern mit der Zeit entwickelt?

Recht gut. Durch regelmässige Werbeaktionen und der Präsenz an den Branchenmessen, wie zum Beispiel der Professional Imaging, erhielt die Leserschaft einen nicht berauschenden aber doch ständigen Zuwachs, so dass die Auflage in den besten Jahren 6000 Exemplare pro Ausgabe betrug. Das ist für einen Spezialtitel und die kleine Schweiz ausgesprochen viel. Eine Aktion war besonders erfolgreich und noch immer in den Köpfen vieler ehemaliger Leserinnen und Leser: Unter dem Moto ‘ Ich bin Stift und habe keinen Stutz’ konnten die Lernenden unter Vorlage einer Legitimation ein Gratisabo bis Ende der Lehrzeit beantragen. Danach erhielten Sie von mir ein nettes Gratulationsschreiben zur bestanden Lehrabschlussprüfung mit dem Angebot, Fotointern weiterhin vergünstigt zu abonnieren. Der Erfolg war fast garantiert. Wer auf der Branche blieb, wollte mit grosser Wahrscheinlichkeit Fotointern weiterhin lesen – so lag der Rücklauf bei rund 80 Prozent.

 

Die Gratisabo-Aktion «Ich bin Stift und habe keinen Stutz» war ein anhaltender Erfolg

Dann gab es Fotointern ja auch eine Zeit lang auf Französisch.

Das stimmt, von 2005 bis zum Schluss 2009, allerdings nicht vierzehntäglich, sondern als Kondensat monatlich. Schliesslich nahm die externe Übersetzung auch noch Zeit in Anspruch, und die Grafik war zeitweise so ziemlich am Anschlag. Inzwischen hatte auch der französischsprachige ‘Photo-Ciné-Expert’ sein Erscheinen eingestellt und so entstand für die welsche Leserschaft ein Vakuum, das Fotointern ausfüllen wollte. Ein grosses Geschäft war die französische Ausgabe nie, aber die Leserschaft wahr sehr, sehr dankbar. Zudem habe ich sowieso eine Sympathie für die Romands. Ich hatte selbst einmal in der Westschweiz gelebt und mag deren Sprache und ihre positive Lebenseinstellung.

Wie kam dann das Ende für die Printausgabe von Fotointern?

Das war anfangs 2009, mit schlechten Vorhersagen der wichtigsten Inserenten, die selbst die Entwicklung nach der Weltwirtschaftskrise 2008 nicht abschätzen konnten. Die grössten Partner, wie Agfa, Fujifilm und Kodak konnten keine Zusagen für das kommende Jahr mehr abgeben und sistierten ihre Aufträge. Und damit stand auch das Ende für die Printausgabe von Fotointern fest. Die Alternative hatten wir zwei Jahre zuvor schon mit der Online-Ausgabe aufgegleist, damals ohne zu ahnen, dass das neue, virtuelle Medium so schnell aktuell würde.

 

In den Glanzjahren war Fotointern auf jeder Fachmesse mit einem grossen Stand präsent, wie hier 2003 auf der Professional Imaging in der Messe Zürich. Rund 50 (!) Firmen stellten damals aus

War das ein schwieriger Entscheid?

Einer der schwersten in meinem Leben. Ich musste sechs Angestellten künden, was einem Arbeitgeber nie leichtfällt. Schliesslich steht hinter jeder Person ein familiäres Umfeld, das mitbetroffen ist. Allerdings fanden alle meine früheren, sehr qualifizierten Angestellten wieder einen Job, die meisten mit sehr guten Zukunftsaussichten.

Welches Fazit ziehst Du nach drei Jahrzehnten?

Mich freut es, dass Fotointern immer noch besteht, wenn auch in anderer Form als ursprünglich vorgesehen. Die Zeiten ändern sich eben, aber die Printausgabe bedaure ich schon sehr. Zwar war der Informationszyklus länger, aber die Berichterstattung war ausführlicher und fundierter als dies im schnellen Internet der Fall ist. Oft haben wir heute nur wenige Minuten Zeit um einen Artikel zu veröffentlichen – diese Hektik gab es früher nicht. Wie viele andere Medien hat sich auch Fotointern der Zeit anpassen müssen, und ich bin froh, in Markus Zitt einen Partner gefunden zu haben, der mein Lebenswerk übernommen hat und weiterführt.

Übrigens gibt es alle Printausgaben von Fotointern in digitalisierter Form (ETH-Bibliothek sei Dank) kostenlos einsehbar online, hier für die deutsche Ausgabe und hier für die französischsprachige.

 

2 Kommentare zu “Heute vor 30 Jahren erschien die erste Ausgabe von Fotointern”

  1. Lieber Urs, lieber Markus
    Herzliche Gratulation zum Jubiläum von fotointern.ch! Was, schon 30 Jahre begleitet mich fotointern.
    Vielen Dank für euer Engagement für die Fotografie und für die Reportagen und Berichte aus der Schweizer Fotografie Szene. Ohne euch hätte ich vieles nicht gelernt und mitbekommen. Habe mir ein paar Ausgaben im Archiv angeschaut, unglaublich wie schnell sich alles verändert hat. Bliebed gsund und danke für alles! Markus
    Markus

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