Urs Tillmanns, 7. Februar 2025, 12:00 Uhr

20. photoSCHWEIZ 2025: Standortbestimmung in neuem Umfeld

Heute Freitag wird die photoSCHWEIZ als bedeutendste Werkschau für Schweizer Fotografie eröffnet. Die Schau zeigt die aktuellsten Werke von rund 250 Fotokünstler/innen, wobei der Einfluss von KI als spannendes kreatives Mittel nicht zu übersehen ist.

Dass die photoSCHWEIZ dieses Jahr nicht mehr in Zürich-Oerlikon stattfindet, sondern in der Kongresshalle am See, dürfte inzwischen allseits bekannt sein. Die grösste fotografische Werkschau der Schweiz, die dieses Jahr ihre zwanzigste Durchführung feiern kann, präsentiert sich nicht nur in einem edleren Rahmen mitten in Zürich, sondern sie ist in allen Räumen des Kongresshauses auf rund 5000 Quadratmetern auch übersichtlicher und luftiger geworden. Damit gewinnen die Besuchenden eine grösseren Betrachtungsabstand zu den einzelnen Positionen, wodurch die Fotoserien besser zur Geltung kommen. Die Organisatoren haben dieses Jahr wieder zu dem Styroporkuben zurückgefunden, nicht mehr in weiss, sondern aus flammfesten anthrazitfarben Material, das hinterher ökologisch zur Gebäudeisolation zweitverwendet wird, wir Michel Pernet, Direktor von photoSCHWEIZ betont. Die Kuben sind unterschiedlich hoch, was gestalterisch zwar originell wirkt, jedoch Rollstuhlabhängige behindert alle Bilder zu sehen.

Die diesjährige photoSCHWEIZ präsentiert rund 250 Fotografen in der Werkschau sowie in 14 Sonderschauen. Der erste Eindruck, natürlich auch begünstigt durch die neue Location, ist durchwegs positiv, das Niveau der präsentierten Arbeiten scheint deutlich höher als dasjenige der letzten derartigen Werkschauen. Fotointern hat vor der Eröffnung schon einmal einen ersten Rundgang gemacht und einige Rosinen herausgepickt. Hier das Ergebnis – alles natürlich sehr subjektiv.

 

Zu Beginn gleich ein Highlight: Die Sonderschau über den italienischen Fotografen Mario Giacomelli (1925–2000) wirkt als Retrospektive mit seinen ausdrucksstarken Schwarzweiss-Bildern; sehr emotionale Arbeiten, die in Form von Bildserien unter die Haut der Wirklichkeit gehen, um seine Innenwelt sichtbar zu machen. Sie stammen aus der Privatsammlung von Claudio Righetti (unser Bild), der Giacomelli über Jahre bei seinem Schaffen und bis zu dessen Tod begleitet hatte.

 

Melchior Imboden dokumentiert seit Anfang der 1990er Jahre nationale und internationale Grössen der Fotografie, zum Beispiel Robert Frank, James Nachtwey, Sabine Weiss, Elliott Erwitt, William Klein oder Peter Lindbergh. Viele der Begegnungen seien, so der preisgekrönte Stanser Künstler, im Kontext der photoSCHWEIZ entstanden, die er seit 20 Jahren erst als Gast, später als Freund vor und hinter den Kulissen begleitet. Zum 20 Jahre Jubiläum der photoSCHWEIZ gibt Melchior Imboden erstmals mit dieser Sonderschau Einblicke in sein Langzeitprojekt.

 

Thomas Biasotto zeigt mit «Öserigi» die Vielfalt der Appenzeller Trachtenkultur und dokumentiert Frauen in ihren traditionellen Gewändern als zeitloses, künstlerisches Zeugnis. In seinen Bildern zeigt er einerseits die typischen Trachten, andersseits sind es jedoch auch hervorragende Porträts der Frauen, welche diese tragen. 2025 soll die Serie mit den Männertrachten fortgesetzt werden, um so die einzigartige Identität des Appenzellerlands umfassend festzuhalten.

 

Andreas Pretali konzentriert sich für seine Porträts auf Menschen, denen er irgendwo begegnet. «Auf meinen Street Photography Streifzügen durch verschiedene Städte und Regionen begegnete ich immer wieder interessanten Menschen. So ist auch die Idee entstanden, diese Personen zu porträtieren und daraus eine Serie zu erstellen. Die gezeigten Fotografien entstanden in Zürich, London und Glasgow und zeigen Personen, welche ich jeweils spontan um Erlaubnis bat sie zu porträtieren.»

 

Adrian Schaub strebt in seinen Schwarzweissfotografien nach Einfachheit. Die Bilder verbinden die Ruhe geometrischer Formen mit der Dynamik der Asymmetrie. Der Fokus auf das Wesentliche wird durch Leerräume und starke Kontraste unterstrichen. Schaub zeigt seine Bilderserie zum Kernthema «Solitude» auseinander, das die beiden Facetten des Alleinseins – Unabhängigkeit und Einsamkeit – beleuchtet. Die Serie zeigt Zuschauer des 24-Stunden-Rennens in Le Mans 2024.

 

Klaus Hoffmann realisiert seine Reportagen am liebsten Schwarzweiss und im quadratischen Format. Hier zeigt er ein langjähriges Projekt über isländische Architektur, die tief mit der natürlichen Landschaft verbunden ist. Die harsche, aber atemberaubende Natur des Landes fordert die Architektur heraus, sich praktisch und ästhetisch an die Gegebenheiten anzupassen.

 

André Caradonna fotografierte am Tanz-Contest «Find your Flow» die weltbesten Breakdancer in Solothurn. Im Vorfeld der Competition trafen Breakdancer aus aller Welt zum einzigartigen Fotoshooting im Kunstmuseum aufeinander. Die entstandenen Aufnahmen fangen die Dynamik dieser aussergewöhnlichen Begegnung ein: Urbane Bewegung und kunstvolle Stille im Dialog. Kraftvoll, unerwartet, ungesehen.

 

Simon Villiger macht seit rund 20 Jahren Indien zu seinem Thema. Seine Reisen prägen seine Arbeit, die den Alltag, welche die Spiritualität und die Vielfalt des Landes authentisch einfängt. Seine Schwerpunkte sind Indiens Feste, die Religion und die Kultur mit Bräuchen und Traditionen, die das tägliche Leben prägen und so Freude mit tiefem spirituellem Erbe verbinden. Die Bilder zeigen, wie stark die Menschen ihre Identität aus der Verwurzelung mit ihrem Land, ihrer Gemeinschaft und Kultur schöpfen.

 

aurelyx ist besonders von den digitalen Möglichkeiten im Porträtbereich fasziniert. Mit KI-gestützter Porträtfotografie verbindet er handwerkliches Können mit künstlicher Intelligenz, um einzigartige und ausdrucksstarke Porträts zu schaffen. Die gezeigten Bilder sollen zudem durch den hohen Kontrastumfang und die gesteigerte Farbsättigung Lebensfreude und Lebendigkeit vermitteln.

 

Hein Hustinx will in seinen Bildern die reichen Formen und Strukturen der Natur zu betonen. Dazu gehören verblühte oder erfrorene Blüten zu seinen Lieblingsthemen, weil sie in ihrer Metamorphose zu neuer Schönheit erwachen; «sie zeichnen eine etwas andere, wunderbare Welt», so Hustinx. Seit er pensioniert ist, widmet er sich der experimentellen Fotografie, um so seine Fotografie auf ein höheres Niveau zu bringen.

 

Oliver Lengacher entdeckt auf seinen Reisen in der Schweiz immer wieder beeindruckende Landschaften. Sein Ziel ist es, in seinen Fotografien die Schönheit unseres Landes festzuhalten und eine Atmosphäre von Ruhe und Entschleunigung zu schaffen. Als ambitionierter Amateurfotograf hält er die Szenen so fest, wie sie sich ihm im Augenblick zeigen. Diese Authentizität verleiht seinen Bildern ihren besonderen Charakter.

 

Peter Schäublin hat «Silence» zu seinem Langzeitprojekt gemacht, dem er sich immer wieder unter neuen Aspekten widmet. Dazu verbringt er Zeit an Orten, «wo die Uhren langsamer und leiser ticken», sagt Schäublin. «Die Fotografie lehrt mich, diese kostbaren Momente in mich aufzusaugen. Die magischen Momente möchte ich mit anderen teilen, damit die Schwingungen der Natur das Herz erreichen und Ruhe einkehrt.»

 

Lorea Hausheer ist eine leidenschaftliche Pferdefotografin. Authentizität und Emotion stehen im Zentrum ihrer Arbeit, die oft in den Bergen ihre Perfektion findet. Ihre Bilder fangen echte Momente ein, welche die einzigartige Verbindung zwischen Mensch, Pferd und Natur zum Ausdruck bringen. «Zuerst nur als schemenhafte Silhouetten sichtbar, wurden die Tiere klarer, je näher ich kam – eine mystische Begegnung mit Pferden im Nebel. Diese Aufnahmen spiegeln die stille Präsenz der Herde wider und zeigen, wie durch das intuitive Erspüren von Licht, Wetter und Tieren einzigartige Momente entstehen können.»

 

Patrick Biland ist fasziniert von den kreativen Möglichkeiten seiner Fotografie, um Momente in einer abstrakten Form festzuhalten und dabei eine Art fotografisches Gemälde zu erschaffen. In dieser Arbeit wollte er den ständigen Wandel und die Vielfalt der Farben in der Natur einfangen. «Die unscharfen, verzogenen Elemente sollen das Bild wie eine Art fotografisches Gemälde wirken lassen. Besonders bei Sonnenuntergängen ändern sich die Farbverhältnisse im Minutentakt, wodurch immer neue Kombinationen entstehen – jeder Tag malt sein eigenes Bild.»

 

Marin Puskaric pflegt eine Leidenschaft für das Fotografieren abstrakter Architektur. Das gezeigt Werke erforscht das dynamische Zusammenspiel von Schatten, geometrischen Formen und Farben, um alltägliche Strukturen in abstrakte Kunst zu verwandeln. Eine begrenzte Farbpalette verleiht eine minimalistische Ästhetik und lenkt die Aufmerksamkeit auf die scharfen Kontraste innerhalb der Strukturen. Die starken Schatten erzeugen deutliche Unterschiede und ein Gefühl der visuellen Spannung.

 

Cynthia Fleischmann ist mit ihrer «Bodypaintography» auf Körperbemalung von nackten Personen spezialisiert, die sich mit der örtlichen Umgebung verbinden. Sie schafft so in ihren Kreationen einen harmonischen und dezenten Übergang des menschlichen Körpers mit der Natur. Cynthia stellt auf der photoSCHWEIZ ihre Bilder in Form von Tragtaschen aus, die an einer Garderobe hängen – Produkte übrigens, die sie in ihrer Galerie in Zürich auch verkauft.

 

Unser kleiner Rundgang soll als Appetitanreger wirken, denn die photoSCHWEIZ zeigt in ihrer diesjährigen Werkschau ein besonders breites Spektrum kreativer Fotografie, die derzeit nach der digitalen Bildbearbeitung mit kreativer Intelligenz enorm beflügelt wird. Anzeichen dieser Entwicklung sind auf der photoSCHWEIZ unübersehbar – man darf gespannt sein, ob sich der Trend für nächstes Jahr (6. – 10. Februar 2026) fortsetzt.

Die photoSCHWEIZ Ist noch bis nächsten Dienstag im Kongresshaus Zürich zu sehen. Sie ist täglich von 11 bis 20 Uhr geöffnet.
Alle Informationen dazu finden Sie unter www.photo-schweiz.ch

Situationsfotos: © Urs Tillmanns / Fotointern

Ausstellende an der Werkschau der photoSCHWEIZ 2025

A Abdiaziz Abdullahi / Aepsy / Delaor Ali / Martin Altwegg / Tiziana Amico / Annaongella / Samuel Andres Asuncion / Sunny Attias / Aurelyx  B Kristina B / Thomas Bachmann / Philipp Baer / Arno Balzarini / Thomas Baumann / Martin Baumgarten / Wolfgang Dieter Beck / Olivia Bellew / Christopher Berwing / Thomas Biasotto / Patrick Biland / Christian Bobst / Daniel Bolliger / Markus Bossard / Pedro Blas / Tom Bretschneider / Isabelle Bruhin / Markus Brupbacher C Korkut Canayakin / Roman Cantieni / André Caradonna / Roberto Carbone / Casajordi / Patrick Cernoch / Arianna Chiodo / Paul Christener / Cortis & Sonderegger / Morgan Cox / Paul Cupido / Małgorzata Czech-Fink D Martin Denkinger / Nadia De Lange / Marc Deragisch / Sabina Diethelm / Dijana_photography / Torsten Dodillet / Marcel Dubacher E Thomas Ebner / Michael Eggenberger / Andreas Eggler / Mathias Eicher / ellaArt F Karina Farinati-Kramer / Joachim Feigl / Joachim Feldmann / Jumoke Fernandez / Lorenz Andreas Fischer / Pascale Florio / Peter Flury / Marcel Fricker / Johannes Frigg / Philipp Fuchs G Monica Daniela Gabrielli Castellan / Olëza Gashi / Evita & Thomas Galanou/Wollenberger / Rolf Gasser / Pascal Gauch / Beat Gauderon / Raffael Gava / Judith Geiser / Ginsig Photography / Matthias Glatthaar / Olaf Geuer / Philippe Girard / Manuel Giron / Andrea Gizzi / Diana Gomez / Rolf Grau / gropethink / Anna Guarino / Claudio Guarisco / Pascal Gugler / Heinz M. Gut H Gabriele Magnaghi / Maurice Haas / Jeannette Haefeli / Thomas Halfmann / Roger Harrison / Eva Hauser Wyder / Lorea Hausheer / Stefan Heesch / Heroes of the Sea / Jo Herrmann / Hans Hofmann / Joa Hoffmann / Klaus Hoffmann / York-Hovest / Aileen Howlett / Tom Huber / Hein Hustinx I Vincent Inglin J Peter Jäggi / Michel Jaussi / Cornelia Jenny / Anniina Joki / Joseph&Caspari / Maja Juzwiak K Florian Kalotay / Markus Kammermann / Sabine Kasper / Shirin Kavin / Joseph Khakshouri / Khrissy / Mirjam Kluka / Roger Koch / Andreas Köhler / Jens Krauer / Dirk Koy / Sven Kurt L Farid Laid / Carlos Leal / Francesco-Legnani / Oliver Lengacher / Reta Lusser  M Markus Maeder / Werner Mäder / Patrick Maier / Daria Martinoni / Mik Matter / Stefanie Maurer / Christian Meier / Michael Meili / Raphaela Meyer / Sandrine Michelmore / Caroline Mohnke / Sue Morgenegg / Alexandra Morozova / Thomas Mosel / Susanne Mueller / Frédéric Muller / Boris Müller / Céline Müller / Vera Mulyani N Sue Neuenschwander / Mahnoosh Niakan / Werner Nussbaum / Nora Nussbaumer O Ardennes Fatimah Ornati P Nina Pacherová / Gabi Pavanello / Fabian Pfrunder / Roman Pfund / Silvia Pietsch / Ariane Pochon und Betty heART / Andreas Pretali / Rotraud Priesner-Berger / Marin Puskaric R Nicole Rampa / Regula Rebecchi / Martin Reichenbach / Urs Renggli / Dominik Richner / Nils Riedweg / Lynn Riegger / Renato Righetti / Tim Rod / Tomas Rodak / Bruno Rohner / Milan Rohrer S SAE Institute Zürich / Miguel Sanchez / René Schädler / Peter Schaeublin / Adrian Schaub / Uwe Schlupp / Elena Schmid / René Schön / Aaron Schwartz / Diego Scotoni / seliv photo / Serifa / Ivo Dominique Stalder / Sandra Stamm / Christophe Starck / Claude Settele / Alexander Sitner / Isabelle Sommer / Tina Sturzenegger / SUPSI – Arianna Chiodo Professor – giovanni profeta / Philipp Suter T Oz J. Tabib / Daniel Tscharner / Eliza Tsitsimeaua-Badoiu U Burak Uestuen / Tobias Ulbrich V Marco Vannotti / Fabiana Nunes Vieira / Simon Villiger / Simone Vogel / Eric von Schulthess W Lukas Wagner / Nick Walter / Tianyu Wang / Pascale Weber / Manuel Wenk / Margrith Widmer / Mani Winkler / Grit Wolany / Wümi Z Zalaba Design / Laura Zalenga / Gian-Reto Zanetti / Sandro Zanetti / Michael Zanghellini und Tatjana Schnalzger / Kinga Zgirska / Raymond-Paul Zurschmitten / Cristina Zilioli / Martina Zingg-Schir / Thomas Zumbrunnen

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Lesen Sie auch:

• «In drei Tagen beginnt die photoSCHWEIZ 2025 im Kongresshaus Zürich», Fotointern 04.02.2025

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